Acts 15:5-10

Unterwegs nach und in Jerusalem

Die Reise nach Jerusalem gereichte zur Ehre Gottes und zum Segen der Gemeinden. Unterwegs berichtete die Reisegesellschaft in den Gegenden, durch die sie zogen, von der Bekehrung derer aus den Nationen. Das machten sie in Phönizien (dem heutigen Libanon) und Samaria (heute die Westbank). Ihre Berichte lösten große Freude aus. Als sie vor einiger Zeit selbst das Evangelium hörten und annahmen, hatte sie das froh gemacht (Apg 8:8). Nun entsteht große Freude, als sie hören, dass andere, die keine Juden waren, es angenommen haben.

Die Brüder hatten bisher noch nichts von diesem Werk gehört. Was sie hören ist neu für sie, doch sie erkennen es mit großer Freude an. Es ist wichtig, immer daran zu denken, dass das Besondere der Bekehrung der Nationen ist, dass sie losgelöst vom Judentum geschieht, ohne dass sie nach ihrer Bekehrung Juden werden müssen.

Als die Reisenden in Jerusalem ankommen, werden sie von der Gemeinde aufgenommen, die zweifellos zusammengerufen wurde. Die Apostel und die Ältesten werden besonders erwähnt. Paulus und Barnabas und die anderen fangen nicht sofort mit der Streitfrage an. Zunächst berichten sie, so wie sie es unterwegs getan hatten, alles, was Gott mit ihnen getan hatte. Sie berichten, wie Gott überall Heiden-Gemeinden entstehen ließ.

Das ist für einige von der Sekte der Pharisäer der Anlass, aufzustehen und ihre Auffassungen bezüglich der Beschneidung und des Gesetzes darzulegen. Sie werden nicht gehindert, ihre Lehren zu äußern, sondern bekommen ausreichend Möglichkeit, das zu sagen, was sie wollen. Für eine gute Lösung ist es wichtig, dass jeder die Gelegenheit bekommt, seine Gedanken zu äußern. Diese Dinge werden nicht einfach durch ein einzelnes Wort geregelt.

Die Verteidiger des Gesetzes bekommen also als erstes die Gelegenheit, ihre Sichtweise darzulegen. Sie haben vieles an dem Bericht auszusetzen, denn sie sind absolut dagegen, dass die Apostel nicht die Beschneidung gepredigt hatten und auch nichts über das Halten des Gesetzes Moses gesagt hatten. Die Wortführer sind als Pharisäer sehr vertraut mit dem ganzen Gesetz, an das sie sich selbst auch sehr genau halten.

Lukas spricht von „der Sekte der Pharisäer“. Eine Sekte ist eine Gruppe, die sich von anderen Gruppen abgrenzt. Das Wort „Sekte“ bedeutet „erwählen“. Es braucht dabei nicht um falsche Lehren zu gehen, es geht aber wohl um eine Überbetonung einer Lehre oder darum, eine Person besonders herauszuheben.

Das Wort „Sekte“ kommt neunmal im Neuen Testament vor, sechsmal in der Apostelgeschichte und dreimal in den Briefen (1Kor 11:19; Gal 2:20; 2Pet 2:1). Es geht in Korinth um Gruppen von Gläubigen, die sich voneinander absondern, indem sie Personen nachfolgen, die sie jeweils favorisieren. Im Brief an die Galater werden Sekten zu den Werken des Fleisches gezählt. Petrus schreibt über Verderben bringende Sekten als das Werk falscher Lehrer.

Eine Sekte kommt nicht aus dem Geist hervor, sondern vom Menschen, vom Fleisch und vom Teufel. Die Pharisäer, die hier ihre Stimme erheben, sind zum Glauben an den Messias Jesus gekommen, blieben aber dem Gesetz und seinen Gebräuchen mit Herz und Seele verbunden. Es waren ja Einsetzungen Gottes, die daher auch von den Gläubigen aus den Heiden beachtet werden müssten, wie meinten sie.

Nachdem die Pharisäer ihre Bemerkungen gemacht haben und damit den Kern des Problems umrissen haben, versammeln sich die Apostel und Ältesten, um sich mit diesem Problem zu beschäftigen. Es scheint so, dass nur die Apostel und die Ältesten über diese Sache geredet haben, ohne dass die ganze Gemeinde dabei anwesend war. In jedem Fall haben Brüder, die für die Gemeinde verantwortlich sind, miteinander darüber gesprochen. Die Sache wurde nicht lediglich von einigen Aposteln behandelt, die ihren Beschluss den anderen aufgezwungen haben. Es ist gut, so viele verantwortliche Brüder wie möglich in die Beschlussfassung einzubeziehen.

Reaktion des Petrus

Auch im kleinen Kreis der verantwortlichen Brüder ist die Einstimmigkeit anfänglich nicht vorhanden. Es entsteht viel Wortwechsel. Es besteht die Freiheit, das zu sagen, was einem am Herzen liegt, obwohl das Fleisch das missbrauchen kann. Dennoch wird nicht gesagt: „Hier wird nicht diskutiert.“ Auch werden keine Strukturen geschaffen, um diese Diskussionen zu verhindern. Damit würde die Freiheit, sich zu äußern, eingeengt. Bei allem Wortwechsel muss es darum gehen, dass man den Willen des Heiligen Geistes zu verstehen sucht, so dass schließlich gesagt werden kann, dass „der Heilige Geist und wir“ zu einem bestimmten Beschluss gekommen sind (Apg 15:28).

Während des Wortwechsels steht Petrus auf. Nach seiner Befreiung aus dem Gefängnis war er an einen anderen Ort gezogen (Apg 12:17), doch hier ist er wieder in Jerusalem. Was er darlegt, zeigt, dass er die Belehrung in Verbindung mit Kornelius gründlich gelernt hat (Apg 10:34). Er hat dem, was die anderen sagen, gut zugehört, und geleitet durch den Geist steht er im richtigen Augenblick auf (Spr 18:13). Nachdem die Menschen ihre Gedanken geäußert haben, werden nun die Gedanken Gottes geäußert, so dass man zu einem einstimmigen Beschluss kommt.

Er beginnt, indem er sie daran erinnert, wie Gott ihn als besonderes Instrument mit der Absicht eingesetzt hat, dass durch seinen Mund die Nationen das Evangelium hören und auch daran glauben sollten. Es war nicht Gottes Absicht, dass sie das nur hören sollten, nein, das Ziel war, dass sie auch zum Glauben kämen.

Dass sie in der Tat zum Glauben gekommen sind, hat Gott dadurch bewiesen, dass Er ihnen den Heiligen Geist gegeben hat, „wie auch uns“, also den gläubigen Juden. Indem Gott seinen Geist auch bekehrten Heiden gegeben hat, hat Er selbst Zeugnis davon gegeben, dass Er sie errettet hat (Röm 8:9; Eph 1:13). Gott hat ihren Glauben mit dem Heiligen Geist versiegelt, ohne irgendeine vorausgehende Bedingung, sondern allein auf der Grundlage des Glaubens. Gott kannte die Herzen von Kornelius und den Seinen und sah den Glauben in diesen Herzen. Niemals hätte Er seinen Geist in ihre Herzen gegeben, wenn sie nicht durch den Glauben gereinigt worden wären.

Wie könnten Menschen daher noch zusätzliche Bedingungen stellen, Bedingungen, die nicht einmal von denen erfüllt wurden, die sie stellten? Gott fordert keine äußere Handlung wie die Beschneidung oder die Proselytentaufe, sondern Gott reinigt die Herzen durch den Glauben. Die Aufgabe des Gesetzes ist, den Menschen zu verurteilen. Durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde, doch das Gesetz bringt nicht die Rettung von der Sünde.

Petrus erklärt die Funktion des Gesetzes und die Auswirkung des Gesetzes. Er legt mit Nachdruck dar, dass das nicht zu tragende Joch und die Unmöglichkeit dadurch errettet zu werden, gewiss anderen nicht auferlegt werden darf. Wie sollte das möglich sein, und warum sollten sie das dann tun? Es ist eine derart große Sünde, dass Petrus sie auf eine Stufe stellt mit Gott versuchen. Das bedeutet, Gott herauszufordern und Ihn auf die Probe zu stellen, um zu sehen, wie weit man gehen kann.

Es ist eine Beleidigung Gottes, wenn man sagt, dass zusätzlich zu dem Werk, das der Herr Jesus getan hat, noch etwas geschehen muss, um errettet zu werden. Nein, die Grundlage, auf der die Heiden stehen, ist die der Gnade und des Glaubens. Auf dieser Grundlage sind sie errettet worden. Petrus nennt die Weise, wie Gott Heiden errettet als Beispiel, wie auch Juden gerettet werden können – und nicht andersherum. Der Ursprung liegt in der Gnade des Herrn Jesus, und Gnade stellt jeden auf dieselbe Grundlage vor Gott.

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