Ephesians 3:14-21

Zweites Gebet (1)

Eph 3:14. Die großen Wahrheiten, die Paulus bisher vorstellen durfte, erfüllen auch sein eigenes Herz. Überwältigt von allem, was er von Gott empfangen hat, fällt er vor dem „Vater unseres Herrn Jesus Christus“ auf die Knie. Er war bereits früher, in Kapitel 1, im Gebet zu Gott gegangen (Eph 1:15-23). Dort wandte er sich an den „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“. Über den Unterschied zwischen dem „Gott unseres ...“ und dem „Vater unseres ...“ habe ich bereits bei Kapitel 1,3 etwas gesagt. In Kapitel 1 betet Paulus, dass die Epheser lernten, die Reichtümer, die er beschrieben hat, auch wirklich zu begreifen und zu genießen. Er konnte ihnen zwar schreiben, dass sie mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern gesegnet waren, er konnte ihnen jedoch nicht die Fähigkeit geben, sich diese Segnungen auch zu eigen zu machen und zu genießen.

Dazu musste der „Gott unseres Herrn Jesus Christus“ sie befähigen. Deshalb wendet er sich an Ihn und bittet Ihn, das zu bewirken, indem Er ihnen „den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst“ und erleuchtete Augen des Herzens gab. Die Segnungen, über die Paulus dort spricht, sind der Besitz jedes Gläubigen persönlich.

Es ist großartig zu sehen, wie Paulus sich dafür einsetzt. Für ihn bedeutet es nicht, eine Botschaft abzuliefern und dann weiterzugehen. Er verlangt danach, dass das, was er weitergeben durfte, auch wirklich in den Herzen der Gläubigen „landete“.

Wenn auch einige Dinge manchmal schwierig zu verstehen sind, passt er seine Botschaft nicht an. Das ist heutzutage häufig die Tendenz in der Christenheit. Die Botschaft wird dann ein Produkt, das den Wünschen des „Kunden“ angepasst wird. Doch wenn Paulus das Wort verkündigt, tut er das, wie es ihm gegeben ist, und zugleich bittet er seinen Auftraggeber, in dessen Namen er spricht, dass Er es gebe, dass das gepredigte Wort auch verstanden wird. Diesem Beispiel sollte jeder Prediger folgen. Paulus hatte sicher einen Blick für sein „Publikum“. Er wusste, dass Er den Inhalt des Briefes an die Epheser beispielsweise nicht den Gläubigen in Korinth mitteilen konnte. Die waren nicht so weit, weil sie fleischlich gesinnt waren. Doch dass er die gewaltigen Segnungen – für die Gläubigen persönlich und für die Gemeinde – den Ephesern mitteilen konnte, bedeutet noch nicht, dass sie in sich selbst Kraft hatten, das alles aufzunehmen. Das ist nämlich nicht eine Frage der verstandesmäßigen Fähigkeit, eines großes Intellekts, sondern des Herzens. Wenn es in das Herz aufgenommen wird, wird es seine Auswirkung im Leben haben. Es ist der Wunsch des Paulus, dass dies geschehen möge, und dafür betet er, sowohl in Kapitel 1 als auch in Kapitel 3.

Der Anlass für sein Gebet hier ist das, was er im vorhergehenden Abschnitt gesagt hat. Sein Kern ist der „unergründliche Reichtum des Christus“. Das meint er mit „deshalb“. Es ist sein Verlangen, dass die Gläubigen neben ihren persönlichen Segnungen auch Einsicht in die Segnungen bekommen, die sie gemeinschaftlich, als Gemeinde, bekommen haben. Die Segnungen der Gemeinde sind möglicherweise noch größer als die der einzelnen Gläubigen. Ein Beispiel kann das verdeutlichen. Du kannst eine große Anzahl Steine auf einen Haufen werfen, doch du kannst mit diesen Steinen auch ein Haus bauen. In beiden Fällen hast du dieselbe Anzahl Steine, doch wenn damit ein Haus gebaut ist, hat dieser Haufen Steine einen weitaus größeren Wert.

So ist es auch mit der Gemeinde. Alle, die den Herrn Jesus kennen, sind lebendige Steine, weil sie Ihn als ihr Leben haben. Doch sie stellen mehr dar. Zusammen bilden sie das Haus Gottes, das ist die Gemeinde des lebendigen Gottes. Dasselbe gilt für die Gemeinde als Leib. Jeder Gläubige ist ein Glied des Leibes. Doch sie sind nicht Glieder, die jedes für sich leben: Zusammen bilden sie den Leib Christi. Er ist das Haupt dieses Leibes. Paulus hat soeben dargelegt, welche herrlichen Segnungen damit verbunden sind. Doch auch hier fühlt er seine Ohnmacht, sie dazu zu bringen, dass sie diese Segnungen in ihr Herz aufnehmen und sie genießen.

Er betet nun zu dem „Vater unseres Herrn Jesus Christus“, weil es in dem folgenden Abschnitt um den Herrn Jesus geht, der als der ewige Sohn der Mittelpunkt aller Pläne Gottes ist. In Kapitel 1 wollte er, dass die Gläubigen das Bewusstsein darüber bekämen, was Gott durch Christus für sie getan hat. Nun will er gern, dass die Gläubigen verstehen, was der Vater durch seinen Geist in ihnen wirkt.

Eph 3:15. Die Herrlichkeit dieses Vaters ist gewaltig groß. Sie strahlt von allen Familien wider, die schließlich die Himmel und die Erde erfüllen werden. Alle diese Familien sind nach Ihm genannt, weil sie aus Ihm hervorgekommen sind. Er ist es, der sie sich „ausgedacht“ hat. Er hat ihnen allen einen Platz in seinen Plänen gegeben.

Bei diesen Familien kannst du an Familien von Engeln und an allerlei Familien von Menschen denken, sowohl im Judentum als auch bei den Völkern. Nicht, dass all diese Familien Ihn Vater nennen. Das können nur die, die durch den Glauben an den Herrn Jesus seine Kinder geworden sind. Wir sind in diese intime Beziehung gebracht. Der Herr Jesus ist von Ewigkeit her der Sohn des Vaters. Deshalb steht Er – in gewissem Sinn – auch an der Spitze dieser verschiedenen Familien. Doch die Gemeinde ist unmittelbar mit Ihm verbunden. Alle, die ihr angehören, dürfen auf besondere Weise die Familie Gottes bilden. Das kommt auf die herrlichste Weise zum Ausdruck, wenn wir bald als Söhne ins Vaterhaus eingehen dürfen, um dort ewig bei dem Vater und dem Sohn zu sein (Joh 14:1-3).

Eph 3:16. Paulus bittet hier den Vater, dass Er in Übereinstimmung mit seiner Herrlichkeit durch seinen Geist in den Gläubigen wirken möge. Sie besitzen den Geist als Unterpfand (Eph 1:13). Doch es ist auch nur durch den Geist möglich, „mit Kraft gestärkt zu werden ... an dem inneren Menschen“. Es muss etwas in dem Gläubigen geschehen und nicht nur mit ihm und für ihn. Mit dem „inneren Menschen“ werden das Denken und die Gefühle des Menschen bezeichnet, seine Überlegungen, alles, was nicht sichtbar ist (vgl. 1Kor 2:11). Und Paulus wünscht, dass der Geist des Vaters Gelegenheit bekommt, den ganzen „Bereich“ mit seiner Kraft zu erfüllen. Wie schön wäre es, wenn du und ich das auch füreinander beten würden. Und mit welcher Folge?

Eph 3:17. „… dass der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.“ Möge das doch bei uns, ja, bei jedem Kind Gottes geschehen. Paulus verlangt danach, dass Christus beständig das alles beherrschende Zentrum deiner tiefsten Gefühle und Zuneigungen ist. Das ist allein „durch den Glauben“ möglich, das bedeutet, dass Ihm in völligem Vertrauen dieser Platz gegeben wird. Durch den Glauben richtest du dich mit allem, was in dir ist, auf Ihn aus. Er ist der Mittelpunkt auch deines Lebens, wie Er das ewig für den Vater war. Dann ist Christus nicht „nur auf Besuch“, ein zeitweiliger Gast, sondern kann Er dort „wohnen“, was auch bedeutet, dass Er dort Ruhe findet. Über dieses „Wohnen“ macht der Herr Jesus in Johannes 14 eine wunderschöne Bemerkung (Joh 14:23). Unlösbar damit verbunden ist „die Liebe“, die gleichsam die Grundlage des Vorhergehenden ist. Gott ist Liebe. Seine Liebe ist der Ursprung all seiner Ratschlüsse. Wer seine Wurzeln in der göttlichen Liebe eingesenkt („gewurzelt“) hat, von dort seine Lebenssäfte bezieht, wer diese Liebe als die Grundlage seines Bestehens hat („gegründet“ ist), der ist in der Lage, alle von Paulus aufgezählten Herrlichkeiten zu genießen. Mehr darüber in den folgenden Versen.

Lies noch einmal Epheser 3,14–17.

Wie kann es Wirklichkeit werden, dass Christus durch den Glauben in deinem Herzen wohnt?

Zweites Gebet (2)

Eph 3:18. Das Wort „damit“ gibt das Ziel des Vorhergehenden an. Paulus hat in Eph 3:17 gebetet, dass Christus durch den Glauben in ihren Herzen wohnen möge. Er hat dort auch die Atmosphäre dieses Wohnens beschrieben, indem er darauf hinwies, dass sie in Liebe gewurzelt und gegründet wären. Wenn Glaube und Liebe so wirken, können die Gläubigen die Dinge, die folgen, „völlig … erfassen … und … erkennen“. Das ist ein wichtiges Prinzip beim Bibelstudium. Nicht der Intellekt ist dabei das Wichtigste, sondern die Tatsache, dass der Mittelpunkt der Ratschlüsse Gottes in unseren Herzen wohnt. Wenn Christus nicht der Mittelpunkt des Bibelstudiums ist und wenn die Liebe nicht die Grundlage ist, führt Bibelstudium zu einer Erkenntnis, die aufgeblasen macht. Deshalb ist dieses Gebet so wichtig. Zu „vermögen“ ist keine Frage der Intelligenz, einer bestimmten verstandesmäßigen Fähigkeit, sondern das geistliche Vermögen, die folgenden Dinge zu begreifen. Diese Dinge haben mit den Ratschlüssen Gottes zu tun, die vor allem in Kapitel 1 beschrieben wurden.

In diesem zweiten Gebet verbindet Paulus diese Ratschlüsse auf besondere Weise mit Christus, der ihr Mittelpunkt ist. Wenn du verstehen willst, wovon sie handeln, kannst du nicht als Einzelner vorgehen. Dafür brauchst du „alle Heiligen“. Das ist auch logisch. Die große Reichweite all dieser Ratschlüsse und die Unbegrenztheit der Liebe Christi kannst du nur dadurch kennen lernen, dass du mit anderen darüber nachdenkst und die Dinge mit ihnen teilst. Um ein möglichst vollständiges Bild von den Ratschlüssen Gottes und der Liebe Christi zu bekommen, ist jeder Heilige nötig. Wie sollten du und ich, beschränkte Wesen, wie wir sind, so viel Herrlichkeit begreifen können?

Die Herrlichkeit der Ratschlüsse Gottes und die Herrlichkeit Christi als deren Mittelpunkt haben eine Reichweite, die nicht zu überblicken ist. Denk einmal an die Breite. Sie umfasst alle Heiligen seit dem Pfingsttag bis zur Aufnahme der Gemeinde. Und dann deren Länge. Sie erstreckt sich von Ewigkeit zu Ewigkeit. Schau einmal nach oben. Dort siehst du Christus, erhoben über alle Regierung und Autorität, und mit Ihm vereinigt seine Gemeinde. Sieh einmal nach unten. In dieser Tiefe lagst du, verloren in deinen Sünden. Doch Christus ging tiefer hinab, nahm dich auf und versetzte dich und mich und alle, die zur Gemeinde gehören, in die Höhe, in das Vaterhaus, an das Herz des Vaters.

Eph 3:19. Christus tat all das, getrieben von einer vollkommenen Liebe zu seinem Vater, zu der Gemeinde und zu jedem Glied der Gemeinde insbesondere (vgl. 2Mo 21:5). Über allem erstrahlt seine Liebe in seinem Werk auf dem Kreuz.

Es ist das tiefe Verlangen des Paulus, dass wir diese Liebe immer besser kennen lernen. Zugleich sagt er dazu, dass es eigentlich unmöglich ist, diese Liebe zu erkennen. Wie könnte diese ewige, göttliche Lieben vom Herzen eines Menschen völlig umschlossen werden? Ist das nicht entmutigend? Nein, es ist herausfordernd! Wer möchte nicht in eine Liebe eindringen, die in ihrer Fülle niemals zu ergründen ist? Zur Verdeutlichung das folgende, häufig gebrauchte Bild: Ein Kind steht mit seinem Eimerchen am Ozean. Es schöpft sein Eimerchen mit Wasser voll und sagt: „Sieh mal, ich habe den Ozean in meinem Eimer.“ So wird es der Wunsch jedes Herzens sein, das Ihn kennt, in dem diese vollkommene Liebe Gottes sichtbar geworden ist, vollständig mit dieser Liebe gefüllt zu werden.

Die Folge ist, dass du erfüllt wirst „zu der ganzen Fülle Gottes“. Hier steht nicht: „mit der ganzen Fülle Gottes“. Wie gesagt, ist es für ein Geschöpft unmöglich, mit der ganzen Fülle Gottes erfüllt zu werden. Doch wenn wir uns danach ausstrecken, die Liebe Christi mehr zu erkennen, wachsen wir stets mehr in diese Richtung. Dann kommen wir wieder zum Anfang zurück. Es hat ja alles mit der Fülle Gottes angefangen. Durch Christus haben wir alle aus dieser Fülle empfangen, und zwar Gnade um Gnade (Joh 1:16). In Christus ist diese Fülle leibhaftig auf der Erde erschienen: „Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen“ (Kol 1:19).

Das letztendliche Ziel des Gebetes des Paulus, dass die Gläubigen erfüllt sein mögen zu „der ganzen Fülle Gottes“, bedeutet also, dass nur noch Christus unsere Aufmerksamkeit hat, dass unser ganzes Herz und unser ganzes Leben mit Ihm erfüllt ist. Du empfindest, dass es kein geringeres Ziel geben kann. Zugleich empfindest du, wie entsetzlich schwierig das in der Welt, in der wir leben, zu verwirklichen ist. Es gibt so viele Dinge um dich herum, die dich in Beschlag nehmen können und manchmal auch nehmen müssen.

Eph 3:20. Deshalb ist das, was in diesem Vers steht, eine gewaltige Ermutigung. Es ist ohnehin ein prächtiger Vers. Du kannst ihn auf allerlei praktische Situationen anwenden. Doch wenn du diesen Vers in seinem Zusammenhang auf dich einwirken lässt, dann bekommt er seine wahre Bedeutung. Und die geht über eine Anwendung auf unsere täglichen Nöte hinaus. Du verlangst danach, dass der Inhalt dieses Gebetes in deinem Leben wahr wird.

Es wird deutlich sein, dass es darum geht und nicht um etwas, was erst im Himmel geschieht. Dort ist kein Gebet mehr nötig. Nein, gerade auf der Erde ist dieses Gebet wichtig, wo du deine Beschränkungen fühlst und manchmal daran zweifelst, ob es bei dir wohl gelingen wird. Dadurch wird dein Auge auf den gerichtet, der in der Lage ist, es in deinem Leben zu verwirklichen. Dann beginnst du, dafür zu beten. Wieder schaust du nach oben, zu Ihm hinauf, der dein Gebet zu erhören vermag. Manchmal betest du nicht einmal und denkst nur daran, wie schön es wäre, wenn dein ganzes Leben von Christus und seiner Liebe durchdrungen wäre. Dann schaust du wieder nach oben. Dann siehst du Ihn, der dein Denken kennt und in der Lage ist, deine Wünsche zu erfüllen.

Es ist gewaltig, auf Ihn zu schauen, der deine Bitten und dein Denken kennt und darauf antwortet. Doch es geht noch viel weiter. Er „vermag über die Maßen mehr“ zu tun, „als was wir erbitten oder erdenken“. Alles geschieht „über die Maßen“ und übersteigt alles, was ein Mensch erbitten und erdenken kann. Das passt völlig zu der Weise, in der Gott uns in diesem Brief vorgestellt wird, nämlich als die Quelle allen Segens. Gott gibt nicht spärlich. Wenn Er nach seiner Fülle gibt, gibt es keine Beschränkung. Wenn du betest und über Gottes Ratschlüsse und Christus und seine Liebe nachdenkst, versinkst du darin. An diesem Punkt angekommen, spricht Paulus nicht mehr nur die Gläubigen an, sondern bezieht sich selbst mit ein, indem er „wir“ sagt. Auch er empfindet, dass er bezüglich der Verwirklichung abhängig ist von der „Kraft , die in uns wirkt“. Damit weist er zurück auf den Anfang seines Gebetes in Eph 3:16. Der Geist des Vaters kann bewirken, dass die Dinge, für die du betest und über die du nachdenkst, ihre völlige Auswirkung in deinem Leben bekommen.

Eph 3:21. Diese Herrlichkeit Gottes ist von Paulus völlig entfaltet worden. Sie ist in Gottes Ratschlüssen im Blick auf die Gemeinde sichtbar geworden, wobei Christus deren Mittelpunkt ist. Angesichts alles dessen bleibt nur noch eins übrig: den Vater der Herrlichkeit zu preisen und zu loben und zu sagen, dass Ihm alle Herrlichkeit zukommt. Was auf der Erde nur für wenige sichtbar ist und nur von wenigen gezeigt wird, wird in alle Ewigkeit gesehen werden. Alle Geschlechter aller Ewigkeiten werden in der Gemeinde und in Christus Jesus diese Herrlichkeit bewundern und anbeten. Mit einem passenden „Amen“ schließt Paulus diesen Lobpreis, dieses besondere Gebet, ab. Er bestätigt damit den Inhalt: So ist es.

Lies noch einmal Epheser 3,18–21.

Bete, dass du die Liebe Christi so kennen lernen kannst, wie es in diesem Gebet beschrieben wird.

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