Job 8:11

Der Tag des Bösen

Bildad unterstützt seine Ausführungen zu Ursache und Wirkung mit einem Beispiel aus der Natur. Er stellt auch den Bezug zu früheren Generationen und der Schnelllebigkeit ihres Daseins her. Die Weisheit der Vergangenheit hat bereits erkannt, dass keine Papyrusbinsen wachsen, wo kein Sumpf ist, und dass Riedgras nicht ohne Wasser wächst (Hiob 8:11). Hiob weiß das genauso gut, wie er und frühere Generationen, dass das so ist.

Es ist auch klar, wie kurzfristig das Riedgras ist, wenn es kein Wasser gibt (Hiob 8:12). Wenn es nicht gezupft wird, ist es nicht sehr langlebig. Bildad wendet dies dann auf „die Pfade aller, die Gott vergessen“ und „die Hoffnung des Ruchlosen“ an (Hiob 8:13). Wieder scheint er diese Anwendung aus der Weisheit früherer Generationen auszugraben. Er will damit sagen, dass er nichts Neues behauptet und dass Hiob sich das bitte mal gut merken solle.

In der Vergangenheit war es immer so, dass diejenigen, die in Gott verwurzelt sind, Wohlstand haben, und diejenigen, die handeln und wandeln, ohne Gott einzubeziehen, nur ein kurzes Leben haben. Wer Gott vergisst, kann auch seine Hoffnung auf Segen vergessen, so wie das Riedgras nicht damit zu rechnen braucht, zu wachsen, wenn es kein Wasser gibt. Der Ruchlose ist derjenige, der meint, Gottes Segen zu haben, während er Gott in seinem Tun einfach ignoriert. In verschleierten Worten nennt Bildad Hiob einen Ruchlosen. Das Leiden Hiobs ist für ihn der Beweis, dass Hiob Gott vergessen hat. Das ist eine sehr niederträchtige Unterstellung in Bezug auf einen aufrechten Mann, der im Elend versinkt.

Wer Gott vergisst und von Ihm dafür bestraft wird, dem wird seine frühere Hoffnung auf ein glückliches Leben genommen werden (Hiob 8:14). Hiob, sagt Bildad wieder in verhüllten Worten, habe auf seine Aufrichtigkeit vertraut, und geglaubt, dass Gott ihn segnen würde. Dieses Vertrauen entpuppt sich als die Stärke eines Spinnengewebes, das heißt, es ist ohne Kraft. Wenn ein Sturm kommt, versucht die Spinne, alle Fäden ihres Spinnengewebes, ihres gesponnenen Hauses, zusammenzuhalten, aber der Wind bläst ihr Haus weg. Es ist töricht, anzunehmen, dass Spinnengeweben irgendeinen Schutz vor einem Sturm bieten (vgl. Jes 59:6).

„Spinnengewebe“ bedeutet im Hebräischen „Haus einer Spinne“. Dies veranlasst Bildad, auf das Haus desjenigen zu verweisen, der Gott vergisst (Hiob 8:15). Ein solcher Mensch mag denken, dass sein Haus seine Stärke ist, aber da täuscht er sich gewaltig. Sein Spinnengewebehaus bietet ihm keine Sicherheit; wenn er es festhalten will, stürzt es ein.

Hiob wird dieses Bild sicher wiedererkennen. Ist es nicht das, was mit ihm und seinem Haus passiert ist? Mit all seinen zwar an sich wahren Worten verfehlt Bildad völlig das Ziel, indem er alles, was er zu Hiob sagt, als Vorwurf vorträgt. Er stellt Hiob als jemanden dar, der Gott vergessen hat und deshalb nichts mehr von dem hat, worauf er sich früher verlassen konnte. Nach Ansicht von Bildad ist Hiob ein Ruchloser. Seine ganze Aufrichtigkeit hat er immer nur vorgespielt. Solche Aufrichtigkeit ist wie Spinnengeweben und bietet keinen Schutz, wenn ein Sturm über sein Leben tobt. Dies zeigt sich doch wohl deutlich in seiner jetzigen Situation.

Bildad vergleicht Hiob mit einer Pflanze, die „saftvoll vor der Sonne“ ist (Hiob 8:16). Dies bezieht sich auf die Situation des Wohlstandes, in der Hiob lebte. „Seine Schösslinge“ stehen für Hiobs Kinder. Aber wegen des steinigen Bodens schlägt die Pflanze keine Wurzeln (Hiob 8:17; vgl. Mt 13:5; 20; 21). Ein Sturm reißt die Pflanze leicht von ihrem Platz (Hiob 8:18). Von dieser „saftvollen Pflanze“ ist nichts mehr übrig; es scheint, als ob sie nie da gewesen wäre (Ps 37:35; 36). In Hiobs aktueller Situation erinnert nichts mehr an seinen früheren Wohlstand.

In Hiob 8:19 sagt Bildad ziemlich sarkastisch, was er mit den vorherigen Vergleichen meinte. Die Freude von jemandem, der großen Wohlstand erlebt hat und damit geprahlt hat, ist nur von kurzer Dauer. Das ist nun mal das Schicksal aller Ruchlosen. Er ist eine kurze Zeit da und dann verschwindet er von der Erde und aus der Erinnerung. An seiner Stelle werden andere aus dem Staub auftauchen und seinen Platz einnehmen. Keiner denkt mehr an ihn, alles dreht sich um diese Neuankömmlinge.

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