Judges 5:3

Einleitung

Das Lied, das Barak und Debora nach dem Sieg singen, ist ein besonderes und beeindruckendes Lied. Es ist auch ein langes Lied, wenn wir die kurze Beschreibung des Kampfes beachten. Es ist das einzige Lied im Buch, es wird weiter nicht gesungen. Der Inhalt des Liedes passt zum Zustand jener Tage. Die durchlebten Gefühle kommen darin zum Ausdruck, und die Erinnerung an Gottes Taten bleibt bewahrt.

Doch es geht nicht allein um den Blick zurück in die Vergangenheit, auf das, was Gott getan hat und wie die verschiedenen Personen und Stämme sich verhalten haben. Es ist auch ein Lied, in dem der Glaube den zukünftigen Endsieg sieht. Es entnimmt diese Sicherheit aus dem, was Gott gerade für sein Volk bewirkt hat. Im Leben des Gläubigen ist jeder Sieg, den er erringt, ein Vorschuss auf den Endsieg. Er darf im Glauben mit der Erfüllung rechnen: „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten“ (Röm 16:20). Der Endsieg steht fest. Jeder Glaubenssieg verweist auf jenen Augenblick und ermutigt den Gläubigen in seinem Vertrauen auf Gott.

Im ersten Lied, dem wir in der Bibel begegnen, dem Lied des Mose (2Mo 15:1), sehen wir etwas Derartiges. Wir lesen dort, wie der Glaube Moses über die ganze Wüstenreise hinweg, die damals noch vor ihnen lag, gleichsam in das verheißene Land hineinsieht (2Mo 15:13; 17). Das besingt er, und das ganze Volk stimmt mit ein. Letzteres verhält sich im Lied der Debora nicht so. Wir hören nur zwei Stimmen. Schön zu sehen ist, wie dieses Lied mit dem HERRN beginnt und endigt (Ri 5:1-5; Ri 5:31).

Eine Einteilung dieses Liedes kann helfen, den Inhalt besser zu verstehen:

1. Der HERR wird gepriesen für sein Eingreifen (Ri 5:1-5).

2. Israel während der Besatzungszeit (Ri 5:6-8).

3. Aufruf, von dem Sieg des HERRN zu zeugen (Ri 5:9-11).

4. Die Rolle der einzelnen Stämme (Ri 5:12-18).

5. Beschreibung des Kampfes (Ri 5:19-23).

6. Jael wird für ihre Tat gerühmt (Ri 5:24-27).

7. Die Mutter Siseras wartet vergeblich (Ri 5:28-30).

8. Umkommen und aufgehen (Ri 5:31).

1. Der HERR wird gepriesen

Ri 5:1. Wie gesagt, wird dieses Lied nur von zwei Menschen gesungen, einer Frau des Glaubens und einem Mann des Glaubens, während doch das ganze Volk an dem Sieg teilhatte. Doch es bleibt ein Lied nach dem Herzen Gottes. Es geht in Zeiten des Verfalls nicht darum, eine Masse Menschen zum Singen von Lobliedern zusammenzubringen. Wir dürfen uns heute wirklich fragen, ob die Organisation von Lobpreis-Zusammenkünften, wozu jeder eingeladen wird, aus der Wirksamkeit des Geistes Gottes hervorgeht. Doch wenn solche Zusammenkünfte abgehalten werden, um die Einheit unter Christen zu bewirken, dann wird das Singen für eine Sache gebraucht, die nicht von der Bibel unterstützt wird.

Wie entsteht ein Loblied? Es wird in einem Herzen geboren, das eine Erfahrung mit Gott gemacht hat. Gott ist in einem solchen Leben auf eine besondere Weise gegenwärtig gewesen. Die Folge davon ist ein Loblied. Wer weiß, dass seine Sünden vergeben sind, kann davon singen. Das kann zusammen mit allen geschehen, die ebenfalls die Sicherheit der Vergebung ihrer Sünden haben. Das bringt zusammen; es gibt dann einen gemeinsamen Anlass für das gemeinsame Singen. Wie könnte man gemeinsam mit Ungläubigen zur Ehre Gottes singen? Sie haben doch keine Erfahrungen mit Gott gemacht?

Der Anlass für das Lied Deboras und Baraks ist das, was Gott mit Jabin getan hat. Im vorherigen Kapitel steht: „So beugte Gott an jenem Tag Jabin“ (Ri 4:23). In Ri 5:1 unseres Kapitels steht: „Debora und Barak … sangen an jenem Tag.“ Am selben Tag, da Gott Jabin beugte, wurde gesungen. Es gab keine Wartezeit für eine formelle Angelegenheit. Das Handeln Gottes zugunsten seines Volkes ruft offensichtlich eine spontane Reaktion in Form eines Liedes bei Debora und Barak hervor. So ist auch jede Form der Befreiung für uns ein direkter Grund zum Singen eines Lobliedes. Uns wird sogar gesagt, dass wir durch den Herrn Jesus „Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen“ (Heb 13:15). Tun wir das auch?

Ri 5:2. Die Übersetzung des ersten Teils dieses Verses scheint nicht einfach zu sein. Jemand, der des Hebräischen, der Sprache, in der das Alte Testament größtenteils geschrieben worden ist, mächtig ist, schreibt in einer Erläuterung zu diesem Vers: „Der Öffnungssatz ist einer der unklarsten Verse des Liedes. Er kann auch so übersetzt werden: „Als die Haarlocken lang wuchsen in Israel“, was ein Hinweis auf eine Praxis sein könnte, bei der man sein Haar nicht schneiden ließ, um ein Gelübde zu erfüllen (4Mo 6:5; 18). Dies würde eine Hingabe an den HERRN zur Teilnahme an einem heiligen Krieg bedeuten. 5. Mose 32,42 kann einen Hinweis auf langhaarige Soldaten beinhalten, obwohl „Führer“ dort auch möglich ist (5Mo 32:42).“

Das lange Haar weist auf Hingabe und Unterwürfigkeit hin. Von der Frau heißt es, dass das lange Haar „eine Ehre für sie ist, weil das Haar ihr anstatt eines Schleiers gegeben ist“ (1Kor 11:15). Es geht in diesem Abschnitt um ihr Verhältnis zum Mann und darum, wie Gott dieses sieht. Die Frau kann an ihrem Äußeren erkennen lassen, dass sie innerlich eine Gesinnung der Hingabe und Unterwürfigkeit dem Mann gegenüber hat. Die Frau kann durch das Tragen von langem Haar erkennen lassen, dass sie mit dem übereinstimmt, was Gott in ihrer Beziehung zum Mann von ihr verlangt. Sie gibt ihren eigenen Willen preis und nimmt eine Stellung der Unterordnung ein. Dieser allgemeine Gedanke über das lange Haar kann auch auf Stellen im Alten Testament angewandt werden, wo das lange Haar erwähnt wird.

Wenn wir auf die andere Übersetzung blicken, in der von Führern die Rede ist, dann scheint dies einen völlig anderen Aspekt zu beleuchten. Aber das ist nicht so. Wenn Führer wieder so zu funktionieren beginnen, wie es von ihnen erwartet werden darf, und sie aufs Neue ihre Verantwortlichkeiten auf sich nehmen, dann können sie erst gut funktionieren, wenn sie sich Gott hingeben und sich ihrer Unterwürfigkeit Ihm gegenüber bewusst sind. Das Ergebnis davon ist, dass das Volk sich freiwillig anbietet. Es wird kein Befehl ausgestellt, es wird ein Beispiel gegeben. Ein gutes Vorbild lässt Gutes folgen. Wenn die Verhältnisse im Volk Gottes wieder so zu wirken beginnen, dann ist das ein Grund, den HERRN zu preisen.

Tut es nicht wohl, wenn in einer Glaubensgemeinschaft Führung auf eine biblische Weise ausgeübt wird, und zwar von Führern, die nicht von Menschen, sondern von Gott angestellt sind? Über solche Personen spricht Paulus, wenn er sagt: „Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat“ (Apg 20:28a). Ist das Ergebnis ihres Auftretens nicht, dass andere sich freiwillig anbieten, etwas für den Herrn zu tun? Haben wir einen Blick dafür, und was ist unsere Reaktion?

Ri 5:3. Die Treue der Führer und die Bereitwilligkeit des Volkes lassen aus Debora ein Lied zur Ehre des HERRN zum Vorschein kommen. Zugleich ist dieses Lied ein Zeugnis für andere Würdenträger. Könige und andere Machthaber werden aufgerufen, auf das zu hören, was sie singen will. Sie können viel davon lernen. Machthaber, die auf den Willen Gottes Rücksicht nehmen wollen, werden von Debora in ihrem Lied ermutigt. Wer Gottes Willen jedoch nicht berücksichtigt, bekommt in demselben Lied deutliche Warnungen zu hören.

Wenn wir bedenken, dass wir, das heißt die Gläubigen der Gemeinde, auch Könige genannt werden (1Pet 2:9; Off 5:10a), dann hat ihr Lied auch uns das Nötige zu sagen. Lasst uns unsere Ohren weit aufmachen und den Inhalt dieses Liedes gut in uns aufnehmen.

Ri 5:4; 5. In diesen Versen richtet sich alle Aufmerksamkeit auf den HERRN selbst und auf das, was Er in der Vergangenheit getan hat. Er wird hier als eine sichtbare Erscheinung beschrieben. So wird Gott auch in Psalm 68 beschrieben, wo Er ebenfalls als der Erlöser seines Volkes besungen wird (Ps 68:7; 8). Debora stellt das Auftreten Gottes zugunsten seines Volkes im vorausgegangenen Kapitel so vor, indem sie dies mit seinem Auftreten am Anfang der Geschichte Israels vergleicht.

Sie sieht Ihn mit einer Majestät ausziehen, welche die Widersacher lähmt. Groß und beeindruckend ist die Majestät dieses Helden. Auch Habakuk gibt eine lebendige Beschreibung des Auftretens Gottes für sein Volk in der Vergangenheit (Hab 3:3-15). Vieles vom Handeln Gottes in der Geschichte wird erklärt, wenn wir einmal auf sein Auftreten in früheren Zeiten blicken.

Seir ist ein Name für die Berge, in denen die Nachkommen Esaus, die Edomiter, wohnen. Sie behandelten die Israeliten feindlich, als sie von ihnen gebeten wurden, durch ihr Land ziehen zu dürfen (4Mo 20:14-21; 5Mo 2:1-8). Die Israeliten durften keinen Krieg gegen die Edomiter führen und mussten daher um ihr Land herumziehen.

Hier, im Lied Deboras, hören wir, wie Gott selbst in Erhabenheit für sein Volk auszog. Berge sind in der Bibel oft ein Bild großer irdischer Mächte. Doch sie wanken gegenüber der Größe Gottes. Sie halten vor Ihm nicht stand. Auch Sinai, der Berg, an dem Gott seinem Volk das Gesetz gab, vermittelt denselben Eindruck (Heb 12:18-21). Die Tatsache, dass Gott Israel dazu auserwählt hat, sein Volk zu sein, nimmt nicht weg, dass Er auch für sie eine beeindruckende Erscheinung bleibt.

Obwohl wir als Gläubige, die zur Gemeinde gehören, nicht in einer Bundesbeziehung zu Gott stehen und Ihn unseren Vater nennen dürfen, steht auch für uns geschrieben: „Auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Heb 12:29). Dies braucht uns keine Angst einzujagen, aber es wird unsere Ehrerbietung und Ehrfurcht vor Ihm zunehmen lassen. Zugleich ist es eine Ermutigung, wissen zu dürfen, dass dieser Gott unser Gott ist. Er zieht für uns in den Kampf gegen den Feind aus. Welcher Feind wird dann standhalten können?

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