Luke 11:51

Rede gegen die Gesetzgelehrten

Der Pharisäer hat offensichtlich auch Gesetzgelehrte eingeladen. Einer von ihnen fühlt sich mächtig angesprochen. Er findet das alles beleidigend für die Pharisäer. Und nicht nur das. Er will wohl schnell loswerden, dass der Herr nicht nur die Pharisäer beleidigt hat, sondern auch sie. Sie sind es schließlich, die sich alle diese Gesetzchen und Gebötchen ausgedacht haben, die die Pharisäer so gewissenhaft umsetzen wollen.

Der Herr macht ihnen deutlich, dass der Scheinwerfer der Wahrheit auch auf sie gerichtet ist und dass auch sie unter sein Urteil fallen. Auch den Gesetzgelehrten sagt Er „Wehe euch“ und teilt ihnen den Anlass dazu mit. Sie sind genauso heuchlerisch wie die Pharisäer. Mit ihren selbsterdachten Anwendungen des Gesetzes legen sie den Menschen Lasten auf, und selbst leben sie nicht danach. Sie verdrehen das Gesetz in einer Weise, dass ihr Gewissen nicht erreicht wird, wodurch sie jedoch Macht über andere ausüben können.

Die Gesetzgelehrten sind Menschen mit einem starken Geschichtsbewusstsein. Sie haben eine gute Geschichtskenntnis und eine große Wertschätzung für die Propheten, die in Treue zu Gott gesprochen haben und dafür getötet wurden. Solche Personen muss man in Ehren halten. Für die Gesetzgelehrten sind das jedoch lediglich Reliquien. Sie ehren diese Propheten, indem sie Grabmäler für sie machen, die als Wallfahrtsorte dienen können, aber mit der Botschaft der Propheten haben sie nichts zu schaffen. Sie machen sich nicht klar, dass sie Nachkommen ihrer Väter sind, die die Propheten getötet haben.

Der Herr legt offen, was ihre äußeren Handlungen wirklich sind. Was sie tun, ist eine Fortsetzung des Tuns ihrer Väter. Ihre Väter haben die Propheten getötet, und sie bauen Grabmäler für sie. Sie sind geistlicherweise nicht Nachkommen der Propheten, denn sie identifizieren sich nicht mit ihrer Botschaft. Sie verwerfen die Botschaft der Propheten genauso wie ihre Väter, und dadurch identifizieren sie sich mit ihren Vätern, die die Propheten getötet haben.

Die Zukunft wird zeigen, dass sie genauso sind wie ihre Väter, nämlich wenn Propheten und Apostel zu ihnen gesandt werden, wie der Herr ankündigt. Diese Sendung wird im Buch der Apostelgeschichte beschrieben. Es geht also um Propheten und Apostel des Neuen Testaments. Der Herr sagt ausdrücklich, dass die Weisheit Gottes das tut. Menschen wären ja nie auf den Gedanken gekommen, andere der Verwerfung und dem Tod auszusetzen, um das Herz von Menschen offenbar zu machen. Nach menschlicher Wahrnehmung erscheint die Sendung vergeblich und töricht. Mit der „Weisheit Gottes“ kann der Herr auch sich selbst meinen. Er ist ja die Weisheit von Gott (1Kor 1:24; 30). Er wird sie senden.

Es sieht so aus, als wären die Leute, die die Grabmäler der Märtyrer bauen, überhaupt nicht an der Verfolgung und der Gewalt beteiligt, die die Väter geübt haben. Das ist jedoch nur Schein. Das Gegenteil wird sich bald zeigen. Gott wird sie in Kürze auf die Probe stellen, wenn Er Apostel und Propheten sendet. Einige von ihnen werden sie umbringen und andere verfolgen, um auf die eine oder andere Weise mit ihnen fertigzuwerden. Statt dass das Beispiel ihrer Väter sie abhält, treten sie in ihre sündigen Fußstapfen. Sie sind noch schuldiger, weil sie solch eine ernste Warnung in den Wind schlagen. In der Weisheit Gottes wird das Tun der Menschen, zu denen der Herr hier spricht, das Maß der Ungerechtigkeit „dieses Geschlechts“ ‒ das ist dieser heuchlerischen Menschen ‒ vollmachen.

Gott wird dann das Blut aller Propheten von ihnen fordern, das sie durch die Jahrhunderte vom allerersten Beginn an vergossen haben. Abel ist der Erste, dessen Blut vergossen wurde. Wir lesen von ihm kein Wort, das er gesprochen hätte. Und doch nennt der Herr ihn hier einen Propheten. Durch seine Weise zu leben, worin sich die Gemeinschaft mit Gott zeigte, verurteilte er Kain. Was Abel tat, warf Licht auf Kain; der wies das Licht zurück, indem er Abel tötete. Kain ist der fromme gesetzliche Pharisäer, der seine Wut an jemandem auslässt, der Gott wirklich ehrt. Das würde dieses Geschlecht in Kürze mit dem Herrn Jesus tun.

Als Letzten in der langen Reihe der Propheten, die das Volk tötete, nennt der Herr Sacharja (oder: Sekarja). Die Geschichte Sacharjas steht am Ende des zweiten Buches der Chronika (2Chr 24:20; 21). Dieses Buch steht in unserer Bibel irgendwo mittendrin, aber in der hebräischen Bibel ist es das letzte Buch des Alten Testaments. Es stimmt also, was der Herr sagt (selbstverständlich!). Er nennt auch den Ort, wo dieser treue Mann getötet wurde. Das war auf dem Tempelgelände. Die Bosheit der Menschen war so groß geworden, dass sie nicht davor zurückschreckten, diesen heiligen Bereich zu betreten und dort jemanden zu ermorden, der im Namen Gottes zu ihnen geredet hatte.

Danach wiederholt der Herr seine Gerichtsankündigung über dieses Geschlecht, die Er mit einem bestätigenden „Ja“ und einem energischen „Ich sage euch“ einleitet. In seinem letzten „Wehe“ an die Schriftgelehrten deckt Er ihre schreckliche Schuld auf: Sie haben den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen, das heißt die Möglichkeit, Kenntnis über Gott zu bekommen. Sie haben ihn nicht versehentlich verloren, sondern ihn bewusst weggenommen.

Der Schlüssel der Erkenntnis (und der Weisheit) ist die Furcht des Herrn. Die wahre Furcht des Herrn öffnet das Verständnis, Ihn zu kennen sowie die Weisheit seiner Ratschlüsse (Spr 1:7; Hiob 28:28), die in Christus zum Ausdruck gekommen sind. In Christus sind „alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“ verborgen (Kol 2:3). Den Schlüssel zu dieser Schatzkammer haben sie weggenommen, indem sie die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sich selbst in den Mittelpunkt gestellt und nur an ihre eigene Ehre gedacht haben.

Um hineinzugehen, müssten sie die Stelle von Schülern einnehmen, den Platz eines bedürftigen und verlorenen Menschen, aber das wollen sie nicht. Dadurch sind sie selbst nicht hineingegangen in die herrliche Erkenntnis Gottes in Christus, der Weisheit von Gott ist (1Kor 1:30). Und indem sie anderen ihre eigenen Gesetze auferlegten, haben sie auch die anderen, die das wohl wollten, daran gehindert, hineinzugehen. Sie wollen weiterhin Macht über andere ausüben. Es wäre auch eine Verurteilung ihrer eigenen Stellung, wenn sie andere hineingehen ließen. Die Gesetzgelehrten scheuen das Licht und verwerfen es, genauso wie die Pharisäer.

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