Luke 24:13-21

Unterwegs von Jerusalem nach Emmaus

Damit wir von der Wahrheit des Wortes Gottes überzeugt werden, ist es nötig, dass der Herr selbst unsere Herzen berührt. Das sehen wir in der folgenden Begebenheit, die wir nur in dem Evangelium finden, das Lukas geschrieben hat. An demselben Tag, das ist der Tag der Auferstehung des Herrn Jesus, sehen wir zwei seiner Jünger von Jerusalem nach Emmaus gehen. Ihnen hat Jerusalem nichts mehr zu bieten. Alles ist vorbei. Sie verlassen auch die Gemeinschaft der Gläubigen. Die brauchen sie nicht mehr. Geradeso wie Petrus gehen sie fort, nach Hause.

Ihre Gedanken sind noch mit dem beschäftigt, was geschehen ist, und das alles hat einen tiefen Eindruck hinterlassen. Es ist schön, wenn man als Nachfolger des Herrn Jesus Dinge, die man erlebt hat, miteinander teilen kann. Noch schöner ist es, wenn die Schrift – und nicht nur die Gefühle – die Grundlage dazu bildet.

Der Herr Jesus gesellt sich zu ihnen

Da das Herz mit guten Dingen beschäftigt ist, geschieht das Allerschönste: Der Herr Jesus nähert sich und geht mit ihnen. Er hat einen Auferstehungsleib, der von ganz anderer Art ist als der Leib seiner Erniedrigung. Doch Er ist dieselbe Person. Auch bei uns kann es sein, dass wir zwar mit den Dingen des Herrn beschäftigt sind, doch dass wir in unserem Denken nicht auf einem guten Weg sind. Dann will Er zu uns kommen und unser Denken wieder zurechtrücken. In diesem Fall sorgt Er dafür, dass die beiden Jünger Ihn nicht erkennen. Das ist nötig, damit sie ihr ganzes Herz vor Ihm ausschütten können. Er nötigt sie, zu sagen, was sie beschäftigt.

Die Jünger bleiben wie verdutzt und mit traurigem Gesicht stehen. Wie kann jemand in Dingen so ahnungslos sein, die für sie so viel bedeuten! Sie sind von den Ereignissen dermaßen niedergedrückt, dass ihnen der Gedanke, jemand könnte nichts davon wissen, gar nicht kommt. Sie tauschen nicht ganz neutral die letzten Neuigkeiten aus, sondern sind äußerst traurig wegen der Dinge, die geschehen sind. Es hat sie getroffen, und es beschäftigt sie.

Einer der beiden – dessen Namen Lukas nennt (der andere bleibt anonym) – begreift nicht, warum dieser Fremde nach den Ereignissen fragt. Hat Er denn gar keine Kenntnis von alledem, was in den vergangenen Tagen in Jerusalem geschehen ist? Das ist doch nicht zu fassen! Jeder weiß das und spricht darüber.

Der Bericht der Ereignisse

Mit einem freundlichen „Was denn?“ bittet der Herr sie, Ihm zu erzählen, was denn da geschehen ist. Sie erzählen Ihm sofort von „Jesus, dem Nazarener“, dem Mann aus Nazareth. Ihr Herz ist noch immer von Ihm erfüllt. Sie hatten von Ihm den Eindruck, Er sei ein Prophet. Was sie von Ihm gesehen und gehört hatten, machte klar, dass Gott zugunsten seines Volkes gegenwärtig war und wirkte. Davon waren sie überzeugt. Weiter war ihr Glaube offensichtlich nicht gekommen. Sie hatten in Ihm noch nicht den Sohn Gottes gesehen, über den der Tod keine Macht hat; dieser konnte Ihn nicht festhalten. Darum bedeutete für sie sein Tod das Ende seiner Geschichte und damit ihrer Hoffnung.

Sie erzählen, was „die Hohenpriester und unsere Obersten“ mit Ihm getan haben und wie das ihre ganze Hoffnung auf die Erlösung Israels vernichtet hat. Sie geben nicht den Römern die Schuld an seinem Tod, obwohl die natürlich mitschuldig sind. Diesen Ausgang haben sie nicht für möglich gehalten. Sie verstehen nicht, wie Gott es hat zulassen können, dass ihre Führer sich an Christus vergreifen konnten. Sie hatten, geradeso wie ihre Führer, auf eine Herrlichkeit ohne Leiden gehofft, aber anders als ihre Führer hatten sie im Herrn Jesus den Messias gesehen.

Ihre Erwartungen, Er ginge nach Jerusalem, um sich dort auf den Thron seines Vaters David zu setzen, hatten jedoch keine Grundlage in der Schrift. Durch solche unbegründeten Erwartungen, die sich dann auch nicht erfüllen, haben manche dem Glauben den Rücken gekehrt und sind wieder in die Welt gegangen. Das kann geschehen, wenn christliche Arbeit nicht bringt, was man davon erwartet hat, oder wenn die Predigt des Evangeliums zu keinem Ergebnis führt oder wenn die Glaubensgemeinschaft uns enttäuscht.

Christus begegnet jeder Enttäuschung, indem Er sich selbst uns vorstellt. Wenn wir Ihn als den Mittelpunkt der Ratschlüsse Gottes sehen, werden wir davor bewahrt bleiben, etwas anderes in den Mittelpunkt zu stellen. Letzteres führt immer zu Enttäuschung. Bei ihnen standen Israel und ihre eigene Wichtigkeit im Mittelpunkt. Bei uns kann es etwas anderes sein.

Und es war jetzt schon der dritte Tag, seitdem dies geschah, und noch immer konnten sie nicht begreifen, dass es so ausgegangen war. Bei all ihren Fragen über den für sie so enttäuschenden Gang des Geschehens erzählen sie von einem weiteren schockierenden Ereignis. Dafür hatten einige Frauen „von uns“ gesorgt, Frauen aus der Mitte der Jünger, also Frauen, sie sie kannten und die auch den Herrn liebten. Diese Frauen waren in der Frühe beim Grab gewesen. Dort angekommen, fanden sie den Leib des Herrn Jesus nicht.

Allerdings geschah dort etwas anderes, wenigstens behaupteten die Frauen das. Sie sagten, sie hätten eine Erscheinung von Engeln gesehen, und diese Engel hätten gesagt, dass Er lebe. Das war doch wohl eine ganz ungewöhnliche Nachricht. Auch sind „einige von denen, die mit uns sind“ (das sind Petrus und Johannes; Joh 20:8) sofort nach diesem Bericht zum Grab gegangen. Und es war genauso, wie die Frauen gesagt hatten. Ihn sahen sie jedoch nicht. Das Rätsel ist also nicht gelöst. Ihre Erwartungen haben wirklich einen Knacks bekommen. Zuerst durch seine Verwerfung und dann durch die Nachricht, Er lebe, doch dafür gebe es keinen Beweis.

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