Matthew 18:21-35

Die Frage über das Vergeben

Nachdem der Herr über jemanden gesprochen hat, der gegen einen anderen sündigt (Mt 18:15), geht es jetzt um den anderen, gegen den gesündigt wurde, und wie dessen Haltung und Gesinnung sein soll. Der Herr nimmt eine Frage des Petrus zum Anlass seiner Belehrungen. Die Antwort des Herrn macht deutlich, dass uns Vergebungsbereitschaft kennzeichnen soll.

Petrus macht selbst einen Vorschlag, von dem er zweifellos meint, dass er schon sehr weit geht: Soll er seinem Bruder wohl bis zu siebenmal vergeben? Der Herr antwortet aber, dass dies entschieden zu wenig ist. Indem Er von „siebzig mal siebenmal“ spricht, betont Er, dass die Bereitschaft zum Vergeben niemals zu Ende sein darf. Vergebungsbereitschaft gehört zum Herzen eines Christen einfach dazu.

Gleichnis über das Vergeben

Mit einem Gleichnis illustriert der Herr nun, welche Haltung und Gesinnung in Bezug auf das Vergeben die Untertanen im Reich kennzeichnen sollten. Er beschreibt die Situation, dass ein König mit seinen Knechten abrechnet. Dabei wird ein Sklave zum König gebracht, der ihm eine enorme Summe schuldet. Wenn wir es auf heutige Verhältnisse umrechnen, kommen wir auf einen Betrag von 3 Milliarden Euro. Das berechnen wir so: Ein Denar war damals der Lohn eines Tagelöhners (Mt 20:2). Am 1. Januar 2008 betrug der Brutto-Mindestlohn pro Tag für einen Arbeiter ab 23 Jahren 61,62 Euro, das ergibt etwas mehr als 50 Euro netto. Der Einfachheit halber gehen wir von 50 Euro aus. Ein Talent bestand aus 6000 Denaren, umgerechnet also 300.000 Euro. Der Sklave schuldete seinem Herrn 10.000 Talente, das sind umgerechnet 3.000.000.000 Euro bzw. 3 Milliarden Euro.

Der Mann konnte allerdings nicht bezahlen. Er konnte noch nicht einmal eine Anzahlung leisten, denn er hatte gar nichts. Um nun wenigstens ein bisschen von dieser Riesenschuld erhalten zu können, befahl sein Herr, ihn zu verkaufen und ebenso seine Frau, seine Kinder und alles, was er sonst noch besaß.

Als der Sklave das hört, wirft er sich vor seinem Herrn nieder und fleht ihn an, Geduld mit ihm zu haben, bis er alles bezahlt hätte. Diese Worte allein beweisen schon, dass der Mann überhaupt keine Ahnung von der Größe seiner Schuld hat und wie unmöglich es ihm ist, sie abzutragen. Wenn er diese Schuld wirklich hätte bezahlen wollen, hätte er dafür 164.383,56 Jahre (3.000.000.000 € / Jahreslohn ) arbeiten müssen, ohne auch nur einen Cent für seine eigenen Bedürfnisse auszugeben.

Obwohl der Herr die prahlerische Übertreibung seines Sklaven durchschaut und genau weiß, dass er seine Schuld nie bezahlen können wird, erlässt er ihm die gesamte Schuld. Er tut das aus reinem Erbarmen über die aussichtslose Situation seines Sklaven.

Nun ist es außerordentlich enttäuschend, zu sehen, wie dieser Sklave, dem eine solch enorm große Schuld erlassen worden ist, mit einem Mitknecht umgeht, der ihm die vergleichsweise geringe Summe von 100 Denaren, also etwa 5000 Euro schuldet. Die Unbarmherzigkeit springt einem geradezu ins Auge. Er scheint auf die Suche nach diesem Mitknecht gegangen zu sein, der ihm etwas schuldete, denn es heißt „er fand ihn“. Die ihm erwiesene Gnade hat keinerlei Wirkung bei ihm. Anstatt in tiefster Dankbarkeit seinem Mitsklaven zu erzählen, was ihm widerfahren ist, welche Last ihm abgenommen worden ist, greift er ihm an die Kehle und fordert Bezahlung der Schuld.

Der Mitsklave tut jetzt dasselbe, was auch der böse Knecht bei seinem Herrn getan hat: Er fällt vor ihm nieder und fleht um Geduld, bis er bezahlt hätte. Diese Geduld hat der böse Knecht aber nicht, denn er ist nicht wirklich beeindruckt worden von dem Erbarmen, das sein Herr ihm erwiesen hat und von der Höhe der empfangenen Vergebung. Er hat es nicht etwa vergessen, sondern es hat bei ihm überhaupt nichts bewirkt, es hat ihn nicht verändert. Dies ist die größte Undankbarkeit, die man sich denken kann. Sie zeigt, wie hart das Herz des Menschen ist.

Als die übrigen Mitsklaven dies alles beobachten, werden sie sehr betrübt. Sie verstehen nicht, wie so etwas möglich ist. Anstatt zu versuchen, selbst für Recht zu sorgen, tun sie das einzig Richtige: Sie berichten ihrem Herrn alles, was geschehen ist. Das müssen auch wir tun, wenn wir beobachten, dass irgendwo gefühllos und gnadenlos gehandelt wird. Dann können wir nichts anderes tun, als es unserem Herrn vorlegen, im Herzen betrübt über das harte Auftreten eines unserer Mitknechte.

Als der Herr davon Kenntnis erhält, lässt er seinen Sklaven zu sich rufen. Er ist ja sein Sklave und er kann nach seinem Gutdünken über ihn verfügen. Er nennt ihn einen „bösen Knecht“. Das hatte jener Mann durch seine Handlungsweise selbst verursacht. Der Herr erinnert ihn daran, dass er ihm seine ganze Schuld erlassen hat, weil der Sklave seinen Herrn so angefleht hatte. Der Herr hält ihm auch vor, dass die ihm erwiesene Gnade auch seine Haltung gegenüber seinem Mitsklaven hätte prägen müssen. Das ist auch für uns sehr wichtig. Auch uns ist große Barmherzigkeit erwiesen worden, als Gott uns unsere Sünden vergeben hat. Auch wir hatten eine Riesenschuld vor Gott, die wir niemals hätten abtragen können. Da Gott uns nun diese Schuld vergeben hat, erwartet Er von uns, dass auch wir gegenüber unseren Brüdern und Schwestern die gleiche Barmherzigkeit an den Tag legen.

Eine solche Undankbarkeit gegenüber dem Herrn und die daraus folgende Unbarmherzigkeit gegenüber dem Mitsklaven bringt den Herrn zum Zorn. Er überliefert seinen Sklaven den Peinigern, bis er, wie angekündigt, seine Schuld bezahlt haben würde. Das bedeutet hier eine ewige Folter, weil der Sklave niemals in der Lage sein wird, seine Schuld zu bezahlen.

Mit diesem Gleichnis verbindet der Herr Jesus die ernste Lektion, dass auch wir unserem Bruder von Herzen vergeben müssen, weil wir sonst das Schicksal des bösen Sklaven teilen werden.

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