Ruth 1:1

Einleitung

Das Buch Ruth steht zwischen dem Buch Richter und dem ersten und zweiten Buch Samuel. Was im ersten und zweiten Buch Samuel beschrieben wird, schließt an das Buch Ruth an. Wir können das an dem letzten Wort des Buches sehen. Das letzte Wort ist der Name „David“. Um ihn geht es in den Büchern Samuel. Das Buch Ruth ist daher auch die Einleitung zu diesen Büchern. Es ist wahrscheinlich zu Lebzeiten Davids oder kurz danach geschrieben worden. Das Buch Ruth zeigt uns die Vorgeschichte und die Vorfahren des Königs, der ein Mann nach dem Herzen Gottes war. Darum kann dieser König im ersten Buch Samuel ohne Geschlechtsregister, sozusagen plötzlich, erscheinen (1Sam 16:11-13). Das ist anders als beim ersten König, bei Saul. Als Saul erscheint, wird uns von ihm sehr wohl ein Geschlechtsregister mitgeteilt (1Sam 9:1; 2).

Das Buch Ruth macht deutlich, aus welcher Familie David stammt. Das Licht fällt jedoch nicht nur auf gesegnete Vorfahren, die zum Stamm Juda gehören. Es fällt auch auf eine Person, die als Moabiterin weder zum Volk Gottes gehörte noch Anteil daran hatte, und für die es auch keinerlei Aussicht gab, jemals dazu gehören zu können.

Historisch folgen dann auf dieses Buch die Bücher Samuel. Das Buch Ruth folgt aber nicht historisch auf das Buch Richter. Nach Ruth 1 spielt es sich während der Zeit des Buches Richter ab (Rt 1:1). Boas, einer der Hauptpersonen dieses Buches, ist der Sohn Rahabs (Mt 1:5), die wir aus Josua 2 kennen (Jos 2:1b). Die Geschichte Ruths muss historisch also an den Anfang der Zeit der Richter eingeordnet werden. Man kann an die Zeit Gideons denken, weil in dieser Zeit von einer Hungersnot die Rede ist (Ri 6:6; 11), wie auch in den ersten Versen des Buches Ruth.

Die Zeit, in der die Richter das Volk führen, ist durch Streit und Verfall gekennzeichnet. Davon ist im Buch Ruth nichts zu finden. Es ist die Geschichte einer normalen, unauffälligen Familie, wie es so viele gibt, einer Familie, die in Einfachheit in Bethlehem in Juda lebt.

Der Lauf der Ereignisse wird im Allgemeinen nicht durch solche Menschen bestimmt, im Gegensatz zu den Richtern und Königen, obwohl Gott natürlich über allem steht und letztendlich die Geschichte bestimmt. Wir hören in Verbindung mit dieser Familie auch nichts von Götzendienst oder anderen nationalen Sünden, die im Buch Richter so oft vorkommen.

Obwohl die Familie Elimelechs eine von vielen ist, richtet Gott den Scheinwerfer besonders auf diese Menschen, weil Er einen Plan mit ihnen hat. Er will in dieser Familie seine Gnade auf eine besondere Weise hervortreten lassen. Wenn wir das Buch Ruth auf dem Hintergrund dieser Zeit lesen, ist es wohltuend, von einer Familie Kenntnis zu nehmen, in der Gottes Gnade auf besondere Weise wirkt. Es ist auch eine Ermutigung zu hören, dass es in dieser Zeit einen Mann wie Boas gibt.

Das Buch Ruth hat eine wunderschöne prophetische Bedeutung. Diese hängt mit dem Ziel des Buches zusammen, nämlich David einzuführen. Dabei müssen wir natürlich an den wahren David, den Herrn Jesus, denken. Auch Boas, zusammen mit Ruth und Noomi die Hauptperson dieses Buches, ist ein Bild vom Herrn Jesus. Aber von wem ist Ruth ein Bild? Nicht von der Gemeinde, denn der Weg, auf dem Ruth mit Boas verbunden wird, ist nicht der Weg, auf dem die Gemeinde mit Christus verbunden wird. In Ruth haben wir ein Bild des künftigen Überrests Israels.

Wenn die Gemeinde entrückt ist, wird Gott in Israel einen Überrest bilden. Das wird durch schwere Prüfungen geschehen, durch eine große Drangsal. Dieser Überrest wird von der Liebe des Herrn Jesus angezogen. Dasselbe sehen wir im Buch Hohelied.

Der Überrest, so wie er uns in Ruth, der Moabiterin, vorgestellt wird, wird allerdings nicht durch Drangsal und Prüfung mit dem wahren Boas verbunden. Auch die Sühnung der Schuld – ein Aspekt, von dem andere Teile der Schrift handeln, steht nicht im Vordergrund. Das Buch Ruth lässt uns sehen, wie Gott eine Nachkommenschaft gründet, die sein Land, aus dem das Volk weggezogen ist, wieder in Besitz nehmen kann. Es geht in diesem Buch um eine Wiedergewinnung verspielter und verlorener Segnungen. Wir sehen, dass diese Wiedergewinnung nicht durch Drangsal oder Sühnung zustandekommt, sondern als Folge der Liebe zwischen zwei Herzen, die sich zueinander hingezogen fühlen.

Da stellt sich die Frage: Wie kann es sein, dass eine Frau aus den Nationen, und dann auch noch ganz besonders aus Moab, ein Bild von dem Überrest Israels ist? Wenn wir uns den Zustand des Überrestes vor Augen halten, wird deutlich, dass es kein besseres Vorbild geben kann als Ruth, gerade weil sie eine Moabiterin ist. Darin kommt am deutlichsten zum Ausdruck, dass das Volk jedes Recht auf eine Wiederherstellung im Land und auf den Besitz des Erbteils verloren hat. Israel hat alles verloren, denn es hat in allem versagt. Es kann und wird niemals mehr Frucht vom Feigenbaum kommen (Mk 11:13; 14). Der Feigenbaum ist ein Bild von Israel nach dem Fleisch.

Wenn es eine Wiederherstellung gibt, dann nur aufgrund der Ratschlüsse, der Verheißungen und der Gnade Gottes. Von der Verantwortung her gesehen, kann es nicht das geringste Recht auf Wiederherstellung geben. Israel ist wie ein Fremder geworden, ein Volk, dass Gott als „Lo-Ammi“ (Hos 1:9) bezeichnet hat, das heißt „Nicht-mein-Volk“. Weil sie Götzendienst ausübten und den Herrn Jesus verworfen haben, rechnet Gott dieses Volk zu den Nationen. Wenn das Volk, und zwar ein Überrest, als Fremder in dem Bewusstsein kommt, dass sie alles durch eigene Schuld verloren haben, werden sie als Gegenstand der Gnade Gottes angenommen werden.

Ruth kommt mit Noomi aus Moab zurück. Noomi kann als Witwe eines jüdischen Mannes die Rechte ihres verstorbenen Mannes für sich beanspruchen. Solche Rechte hat Ruth nicht. Sie hat einen Löser nötig, um eigene Rechte zu bekommen. Es ist auffallend, dass es auch von Ruth heißt, dass sie – mit Noomi – zurückkehrt (Rt 1:22), obwohl sie genau genommen doch gar nicht aus Juda weggezogen ist. Wir sehen in den beiden Frauen daher auch zwei Aspekte des Volkes Israel.

In Noomi sehen wir das frühere Israel, das als Frau mit Gott in Verbindung stand. So sagt Gott zu Jeremia: „Geh und rufe vor den Ohren Jerusalems und sprich: So spricht der HERR: Ich gedenke dir die Zuneigung deiner Jugend, die Liebe deines Brautstandes“ (Jer 2:2; vgl. Hes 16:8). In Ruth sehen wir das das Volk Israel, das in der Zukunft als Frau mit Gott in Verbindung stehen wird.

Elimelech bedeutet „mein Gott ist König“, ein Name, der andeutet, wer Gott für das Volk ist. Noomi bedeutet „meine Freude“, ein Name, der andeutet, was das Volk für Gott ist. Elimelech und Noomi stellen gemeinsam die ursprüngliche Beziehung zwischen Gott und seinem Volk dar. Elimelech stirbt, weil das Volk Gott verwirft.

So wird die Trennung dargestellt, die zwischen Gott und seinem Volk eingetreten ist. Gott kann sein Volk nicht zu sich nehmen. Die Trennung ist vollzogen, der Scheidebrief ist übergeben worden (Jer 3:8). Mit dem alten Israel, dem Feigenbaum, wird es nie wieder gut werden (Mt 21:19). Aber Gott nimmt ein neues Israel an. Die zurückgekehrte Noomi stellt das neue Israel dar. In der Schwiegertochter Ruth sehen wir die Braut der Zukunft, die irdische Braut, mit der sich der Herr Jesus verbindet.

Um den Weg für diese Verbindung freizumachen, muss die Braut gelöst werden, das heißt von ihrer Vergangenheit gelöst werden. Das tut Boas. In Jesaja 50 wird auch über einen Scheidebrief gesprochen (Jes 50:1), der aber nicht geschrieben wurde, weil es dort um einen Überrest geht. Gott hat Israel zwar verworfen, aber Er hat sich immer einen „Überrest nach Auswahl der Gnade“ bewahrt (Röm 11:5). Dieser Überrest gehörte ursprünglich zwar zu den gottlosen Nationen, wurde aber daraus gelöst oder durch den wahren Boas erlöst. So wird der Herr Jesus in den nachfolgenden Kapiteln von Jesaja 50 als „Mann“ und „Erlöser“ bezeichnet.

Was auf Israel prophetisch angewandt werden kann, hat für uns eine praktische Bedeutung. Sie betrifft uns nicht so sehr als Gemeinde, sondern mehr als individuelle Gläubige. Dieses Buch gibt eine Antwort auf die Frage, ob eine Wiederherstellung möglich ist, wenn wir alles verspielt und keine Rechte mehr haben. Es geht, wie gesagt, nicht um Versöhnung und Vergebung, sondern um ein Wiedergewinnen des Genusses dessen, was verlorengegangen ist, für die, die wirklich Buße tun und danach verlangen, Gemeinschaft mit Gott zu haben. Es gibt die Möglichkeit der Wiederherstellung, und zwar durch die Gnade und den Erlöser – den Löser.

Es geht hierbei übrigens nicht um einen Sünder, der Ruhe für sein Gewissen findet (Mt 11:28). Es geht um einen Gläubigen, der Ruhe für seine Seele findet in dem Gedanken, dass Gott mit ihm ist (Mt 11:29). Ruhe für unsere Seele finden wir nur, wenn wir uns abwenden von allem, was uns von dem Herrn Jesus entfernt, und uns Ihm anvertrauen.

Hungersnot in Betlehem

Eine Hungersnot (Rt 1:1) in dem Land, von dem Gott gesagt hat, dass sein Volk dort an nichts Mangel haben sollte (5Mo 8:9a), muss eine bestimmte Ursache haben. Die Ursache liegt darin, dass das Volk Gott gegenüber untreu geworden ist. Wegen dieser Untreue sendet Gott eine Hungersnot. Sein Ziel ist, dass sein Volk zur Besinnung kommt, sich bekehrt und Ihm wieder treu dient. Er will gerne, dass sein Volk glücklich ist, und das geht nur in Verbindung mit Ihm. Die Treuen – das sind die, die Ihm inmitten der allgemeinen Untreue trotzdem treu bleiben – sind ebenfalls von der Hungersnot betroffen. Die Hungersnot ist für sie eine Prüfung, ob sie Ihm weiter vertrauen, auch wenn der Segen, der mit der Treue verbunden ist, zurückgehalten wird.

Die „Tage, als die Richter richteten“ in Israel, sind Tage, in denen die Stabilität im Zusammenleben in weiter Ferne liegt. Es gibt keinen König in Israel und jeder tut, was gut ist in seinen eigenen Augen (Ri 17:6; Ri 18:1; Ri 19:1; Ri 21:25). In einer solch unsicheren Zeit der Krise ist es nicht leicht zu wissen, was man tun muss. Ohne den HERRN um Zustimmung zu bitten, flieht „ein Mann von Betlehem–Juda“ auf eigene Initiative mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen von seinem Wohnort weg. Das Ziel seiner Reise sind die Ebenen Moabs.

Wir brauchen wegen dieser eigenmächtigen Entscheidung nicht auf ihn herabzuschauen. Auch Abraham und Isaak haben die Quellen eines anderen Landes angezapft, als es Hunger in dem Land gab, das Gott ihnen verheißen hat. Abraham zog nach Ägypten (1Mo 12:10) und Isaak in das Land der Philister (1Mo 26:1). Elimelech hat sich an diese Ereignisse möglicherweise nicht erinnert und ist weggezogen, so wie sie es getan haben. Haben wir uns immer warnen lassen durch das Beispiel von Gläubigen, die abgewichen sind?

Elimelech beabsichtigt nicht, für immer dort zu bleiben, er will als Fremder dort sein. Er geht auch nicht so ganz weit weg, nur wenige Kilometer. Er geht schließlich schon gar nicht nach Ägypten, sondern bleibt in der Nähe des Landes. „Ich kann ganz einfach zurück“, muss er gedacht haben. Aber es läuft anders. Der Ort, von dem er meint, dass das Gras dort grüner ist, wird zum Friedhof.

In Rt 1:2 nennt der Schreiber die Namen der Familienmitglieder, die wegziehen. Das führt uns zu der Bedeutung der Namen. Der Name des HERRN, der mehr als zehnmal in diesem kleinen Buch vorkommt, kommt in den Rt 1:1-5 nicht vor. Der HERR ist der große Abwesende bei diesem Umzug. Der erste Name ist der von Elimelech. Er ist als Familienoberhaupt für diesen Umzug verantwortlich. In seinem Namen kommt der Name Gottes zwar vor, denn sein Name bedeutet „mein Gott ist König“, aber er macht seinem Namen keine Ehre. Er bekennt in der Bedeutung seines Namens Gott als König, aber in seinem praktischen Leben erkennt er Ihn nicht als König an.

Dann wird der Name seiner Frau genannt, Noomi. Der Name bedeutet „meine Liebliche“. Sie wird eine strahlende Frau gewesen sein. Durch alles, was sie mitmachen muss, wird sich das dramatisch ändern. Sie lässt sich später Mara nennen, wegen der Bitterkeit, die sie auf ihrem Lebensweg erfahren hat (Rt 1:20). Mara bedeutet „Bitterkeit“.

Auch die Namen seiner Söhne werden erwähnt und haben ebenfalls eine Bedeutung. Machlon bedeutet „krank“ und Kiljon bedeutet „dahinsiechen“. Lässt sich daraus vielleicht etwas von dem geistlichen Zustand erkennen, in dem Elimelech sich befindet, als die Jungen geboren werden? In der Namensgebung zeigt sich etwas von dem Glauben der Eltern. Es scheint so, dass Elimelech Gott als jemanden sieht, der nur Mühen und Kummer verursacht. In diesem Licht gesehen, ist es verständlich, dass er so schnell wie möglich wegläuft, als der Hunger zu nagen beginnt.

Es scheint übrigens nicht so, dass er Teil einer größeren Gruppe ist, die ebenso wie er durch Hunger getrieben und auf der Suche nach Nahrung Bethlehem verlässt. Es gibt einen Hinweis, dass er noch keinen Hunger leidet, als er wegzieht. Noomi sagt nämlich später, als sie wieder zurückgekommen ist, dass sie „voll“ weggegangen ist (Rt 1:21). Auf jeden Fall ist die Flucht nach Moab nicht aus Glauben geschehen, sondern aus Berechnung. Wenn alle so gedacht hätten, wäre in Bethlehem niemand übriggeblieben. Durch die ganze Geschichte hindurch sieht man deutlich, wie sehr diese Familie durch eigenmächtiges Handeln alles verspielt hat, so dass jeder Segen, den sie noch bekommt, überdeutlich ein Gnadenerweis Gottes ist.

So, wie Elimelech in der Praxis nicht mehr zu der Bedeutung seines Namens steht, so erkennt er auch die Bedeutung des Namens Bethlehem-Juda praktisch nicht mehr an. Bethlehem bedeutet „Brothaus“ und Juda „Lobpreis“. Anstatt den HERRN zu fragen, warum Er kein Brot gibt, zieht Elimelech mit seiner Familie nach Moab. Als ob er sich auf diese Weise der Zucht Gottes entziehen könnte. Wie er den HERRN nicht fragt, warum es eine Hungersnot gibt, so fragt er den HERRN auch nicht, wo er am besten hingehen kann. Sein Wegziehen bedeutet auch, dass sein Lobpreis aufhört.

Moab ist das Land seiner eigenen Wahl. In dieser Wahl hat er sich allein durch die Frage leiten lassen, wo es denn wohl Brot gibt. Er zieht in die Ebenen Moabs, weil er meint, dort das zu finden, was er in Bethlehem vermisst. Er tauscht die Zucht des HERRN gegen das Brot von Moab ein.

Moab ist für seinen Hochmut und seine Trägheit bekannt (Jes 16:6; Jer 48:11). Moab ist ein Feind des Volkes Gottes, der versucht hat, einen Fluch über Gottes Volk zu bringen (4Mo 22:1-7; 4Mo 23:1-6; 13-17; 27-30). Bei einem solchen Feind sucht Elimelech seine Zuflucht. Damit bringt er Schande auf den Namen Gottes. Wer sein Bekenntnis nicht in Ehren hält, macht dem Namen Gottes Schande.

Doch wie reagieren wir auf Prüfung, Krankheit, Schwierigkeiten und dergleichen? Wollen wir ihnen entfliehen, oder fragen wir uns, welche Lektion der Herr uns damit lehren will? Nehmen wir bei Krankheit eher Zuflucht zu einem Medikament oder zu einem Arzt anstatt zu Gott? Natürlich dürfen wir ein Medikament benutzen und einen Arzt aufsuchen, aber was ist unsere erste Reaktion? Und wenn wir finanziell in der Klemme sitzen? Denken wir dann zuerst an den Herrn, oder suchen wir selbst nach Möglichkeiten, um dieses Problem zu lösen?

Wenn wir in Prüfungen kommen, muss unsere erste Reaktion ein Erforschen unseres eigenen Herzens sein. Dann sind wir im Licht Gottes und in seiner Gegenwart sehen wir auch, welche Lösung Er schenkt. Wenn uns Segen vorenthalten wird, versuchen wir ihn dann durch eigene Bemühungen zu bekommen, oder gehen wir zum Herrn, um Ihn zu fragen, ob es Dinge gibt, die seinen Segen aufhalten? Wir sind oft geneigt, vor den Schwierigkeiten wegzulaufen und suchen den kürzesten Weg zum Glück.

In geistlicher Hinsicht können wir in Bethlehem ein Bild von einer örtlichen Gemeinde sehen, in der der Herr Jesus als das Brot des Lebens im Mittelpunkt steht. Es kann vorkommen, dass in einer örtlichen Gemeinde das geistliche Leben abflaut. Jedes Glied der Gemeinde ist dafür verantwortlich, denn die Gemeinde bildet man gemeinsam. Die Schuld darf nicht zu schnell bei jemand anderem gesucht werden. Weggehen ist der Weg des geringsten Widerstandes. Und wenn du doch weggehst, wo landest du dann? Nicht in Ägypten, ein Bild von der Welt. Nein, du gibst deinen Glauben nicht auf. Du landest in Moab. Das ist nicht die Welt, sondern ein Gebiet zwischen der Welt und der Gemeinde.

Moab stellt in geistlicher Hinsicht ein Gebiet dar, wo man bequem und entspannt – Moab ist ein Bild von Bequemlichkeit! – Christ sein kann, ohne sich um seine Verantwortung in der Gemeinde zu kümmern. Manchmal geht es zwar um Jesus, aber seine Autorität fehlt einfach. Er ist ein gutes Vorbild, aber Er sollte einem nicht zu nahe kommen und vorgestellt werden als jemand, der Verfügungsgewalt über dein Leben hat. Immer öfter hört man nur über Gott sprechen. Gott klingt so schön allgemein. Es steht dann jedem frei, für sich zu definieren, wen oder was er mit Gott meint.

Wer wirklich Gott als Vater kennt, hat den Herrn Jesus lieb (Joh 8:42) und ehrt Ihn. Es ist sogar unmöglich, Gott zu ehren, wenn man den Sohn nicht ehrt: „Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat“ (Joh 5:23). In Moab steht im Glaubensleben nicht der Sohn im Mittelpunkt, sondern ob man irgendwie ein angenehmes Gefühl bekommt. In Bethlehem bekommt man es nicht, in Moab wohl.

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