Song of Solomon 4:6

Der Myrrhenberg und der Weihrauchhügel

Es ist nicht klar, wer in diesem Vers spricht. Es kann sein, dass die Braut hier auf die Beschreibung des Bräutigams antwortet, die er ihr im vorigen Vers gegeben hat. Es kann auch sein, dass der Bräutigam immer noch spricht. Man kann etwas zu beiden Sichtweisen sagen. Wir werden uns zuerst die Perspektive der Braut anschauen. Sie sagt sozusagen, dass sie davon überwältigt ist, dass sie ihm so viel bedeutet. Sie muss sich mit alledem auseinandersetzen. Sie fühlt sich in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, es aufzunehmen. Sie kann nicht alles fassen.

Die Zeit, die sie benötigt, um über alles nachzudenken, was der Bräutigam gesagt hat, reicht, „bis der Tag sich kühlt und die Schatten fliehen“. Das weist darauf hin, dass es noch nicht taghell ist. Die Schatten sind noch da. Es weist darauf hin, dass sie immer noch undeutlich sieht. So wird von uns gesagt, dass wir jetzt „mittels eines Spiegels, undeutlich“ sehen und dass wir „stückweise“ erkennen (1Kor 13:12). ,Undeutlich’ bedeutet ,rätselhaft’. Es ist noch nicht alles völlig klar. Die völlige Erkenntnis ist noch nicht da.

Deswegen geht sie „zum Myrrhenberg“ und „zum Weihrauchhügel“. Wir haben vorher schon von Myrrhe und Weihrauch gelesen (Hld 3:6). Hier in Hohelied 4 lesen wir von einem Myrrhenberg und einem Weihrauchhügel, was auf eine große Menge hinweist sowie auf eine Erhöhung, die höher ist als die Erde. Myrrhe spricht von dem Leiden des Herrn Jesus. Weihrauch spricht von dem süßen Geruch, der der Herr Jesus für seinen Gott ist. Es spricht zu uns von der Bitterkeit des Leidens Christi und der Süße seiner Lieblichkeit. Er nahm unsere Leiden auf sich, um uns von unseren Sünden zu erretten. Dadurch wurde Er fähig, uns seine Lieblichkeit zu zeigen und jetzt stehen wir in Gottes Gunst (Eph 1:6; vgl. Hes 16:14).

Es ist gut, das zu bedenken, wenn wir von der Liebe des Herrn Jesus beeindruckt sind, mit der Er uns liebt. Wir können das im Besonderen als Gemeinde tun, wenn wir seinen Tod an seinem Tisch verkünden. Oder muss von uns gesagt werden, dass wir noch nicht einmal eine Stunde mit Ihm wachen können? Wir sollen lernen, im Licht des Kreuzes zu wandeln. Das Verlangen wird da sein und weiter wachsen, wenn wir Ihn durch diese Bibelstelle zu uns reden lassen.

Nehmen wir uns die Zeit, um darüber nachzudenken, wie Er uns sieht? Wir sind vielleicht ganz erstaunt, wenn Er sagt: „So sehe ich dich“. Wenn wir das in aller Demut und mit großer Dankbarkeit annehmen, dann ehren wir Ihn. Es ist eine falsche Demut, die sagt, dass das Geschenk zu groß ist, als dass man es annehmen kann. Wer es annimmt, weil Er es gibt, wird Ihn auch darum bitten, dass Er auf alles andere in seinem Leben hinweist, das nicht in Übereinstimmung mit Ihm ist. Er möchte es gern verändern, damit wir auf die Art und Weise leben, wie Er es möchte.

Wie schon gesagt, kann es auch sein, dass der Bräutigam immer noch diese Verse ausspricht. Die Bedeutung der Kühle des Tages, der Schatten, des Myrrhenberges und des Weihrauchhügels bleibt die gleiche, aber wir sehen es jetzt aus seiner Perspektive. Solange es noch nicht Tag ist und die Schatten der Nacht noch da sind, ist der Herr Jesus noch im Himmel für die Seinen da. Er ist da wegen seiner Leiden auf der Erde – wovon die Myrrhe spricht – und seiner Lieblichkeit vor Gott.

Dass Er bei dem Myrrhenberg ist, bedeutet, dass Er unser Hoherpriester bei Gott ist. Er ist ein Hoherpriester, der Mitleid mit uns hat, während wir noch in den Prüfungen auf der Erde sind (Heb 4:15; vgl. Mt 14:23; 24). Der Weihrauchhügel erinnert uns an seine Freude vor dem Vater und daran, dass wir in Ihm angenehm gemacht sind. Auf dieser Grundlage ist Er unser Sachwalter bei dem Vater (1Joh 2:1).

Er wird dort sein, bis es völlig Tag ist. Der helle Tag – ohne Schatten – kommt, wenn Er aus dem Himmel kommt, um seine Gerechtigkeit auf der Erde aufzurichten. Dann wird Er leuchten wie „die Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal 3:20). Es gibt keine Wolke, die irgendetwas verdunkelt (2Sam 23:4). Der gläubige Überrest Israels wird das auch erfahren, wenn er nach den heftigen Prüfungen der großen Trübsal in den Frieden des Friedensreiches eingeht. Das ist jetzt noch nicht der Fall, wie wir in den folgenden Versen sehen, aber wir sehen im Glauben das volle Ergebnis des Werkes Christi, sowohl seines Werkes am Kreuz als auch sein Werk jetzt im Himmel.

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