Genesis 19

Kapitel 19

1
[Status: Ungeprüft]
Und die Boten (Engel) kamen am Abend nach Sodom, als Lot gerade im Tor
Das Stadttor war der Ort, wo man sich traf, zu Gericht saß, Verträge abschloss, Handel trieb u.dgl.m. Die Begegnung der beiden Männer mit Lot geschah demnach in aller Öffentlichkeit.
Sodoms saß
als Lot gerade saß: wörtl. und Lot sitzend
; {und} Lot sah [sie], stand auf, [ging] ihnen entgegen und warf sich [mit dem] Gesicht zur Erde nieder.
2Und er sagte: Bitte
wörtl.: sieh/seht doch
, meine Herren, kommt
wörtl. weicht, d.h. sie sollen ihren eingeschlagenen Weg verlassen
doch zum Haus eures Dieners (Sklaven, Knechts), übernachtet [dort] und wascht eure Füße; dann (und)
Die hebr. Verbform (perf. cons.) drückt als Fortsetzung der Imperative deren Folge aus.
könnt (werdet) ihr euch [morgen] früh aufmachen und eures Weges gehen (weitergehen). Aber (und) sie sagten: Nein, sondern im Torplatz
Der  רְחֹב ist ein freier Platz beim Stadttor innerhalb oder außerhalb der Stadt.
werden (wollen) wir übernachten.
3Da drang er sehr in sie (nötigte er sie sehr), so dass sie [schließlich] zu ihm kamen
so dass sie kamen: wörtl. und sie kamen. Das Hebräische bevorzugt die Beiordnung durch Hauptsätze, wo das Deutsche die Unterordnung durch Nebensätze hat.
(wichen) und in sein Haus hineingingen; dort (und) machte er für sie ein Festmahl; außerdem
außerdem buk er Mazzen: wörtl. und Mazzen buk er; im Hebr. ein invertierter Verbalsatz, der die Erzählung unterbricht.
buk er Mazzen
Festmahl … Mazzen:  מִשְׁתֶּה bezeichnet vorwiegend ein profanes Fest (Gen 21,8; 29,22; 40;20; Ri 14,10; Est 1,3) bei dem neben dem Essen auch Getränke gereicht wurden ( שׁתה bedeutet trinken). Hiermit wird Lots Gastfreunschaft unterstrichen. Die auffällige Erwähnung der Mazzen mag Eile in die Erzählung hineintragen, da ungesäuertes Brot schnell hergestellt werden konnte (vgl. Dtn 16,3).
und sie aßen.
4Noch ehe sie sich schlafen legten, hatten die Männer
wörtl.: Sie legten sich noch nicht schlafen und die Männer hatten … (Beiordnung statt Unterordnung)
der Stadt, die Männer Sodoms, sich [schon] rings gegen das Haus versammelt, vom Jungen {und} bis zum Alten, die ganze Bevölkerung, ohne Ausnahme
Ausnahme: wörtl. Ende/Grenze
.
5Und sie riefen nach Lot und fragten ihn (sagten ihm): Wo [sind] die Männer, die heute Nacht
heute Nacht: wörtl. die[se] Nacht; der Artikel hat hier noch seine ursprüngliche demonstrative Funktion.
zu dir hineingegangen sind (bei dir eingekehrt sind)? Bring sie hinaus zu uns {und} wir werden es ihnen [schon] besorgen
es ihnen besorgen: wörtl. sie erkennen; hier ein euphemistischer Ausdruck für den Geschlechtsverkehr, der hier ein Akt der Demütigung sein soll.
.
6Da ging Lot zu ihnen hinaus [vor] den Eingang, aber (und) die Tür verschloss er hinter sich.
Das heißt vermutlich, dass er die im Haus Verbliebenen angewiesen hat die Tür hinter ihm zu verriegeln.
7Und er sagte: Tut doch nicht[s] Böse[s]
wörtl. ihr mögt/dürft doch nicht böse handeln. Lot befiehlt nicht, sondern fordert sie höflich - vgl. die Anrede! - auf.
, meine Brüder!
Brüder: hier wohl im Sinne von Freunde (vgl. Ges. s.v.  אָח
8Seht doch, mir [gehören] zwei Töchter, die [noch] keinem Mann beigewohnt
keinem Mann beigewohnt: wörtl. keinen Mann erkannt; im Hebräischen eine Umschreibung für den Geschlechtsverkehr
haben: Lasst mich doch sie zu euch hinausbringen, und tut ihnen wie [es] gut in euren Augen [ist]
d.h. macht mit ihnen, was ihr wollt.
; nur diesen Männern mögt (sollt, dürft) ihr nichts tun, denn deshalb sind sie in den Schutz meines Hauses
Schutz meines Hauses: wörtl. Schatten meines Gebälks
gekommen.
9Sie aber sagten: Mach, dass du wegkommst!
Mach, dass du wegkommst: wörtl. tritt näher (komm) dorthin (i.S.v. weg)
Und sie fuhren fort (sagten): Dieser Ein[zeln]e ist [doch] gekommen [um] unseren Schutz zu genießen!
[um] unseren Schutz zu genießen: wörtl. Schutzbürger zu sein
Und nun will er in der Tat das Sagen haben.
in der Tat das Sagen haben: wörtl. ein Richten richten (Inf. abs. mit Prädikat gleicher Wurzel);  שפט umfasst die Bedeutungen von richten, entscheiden, herrschen
Wir werden dir ihretwegen
ihretwegen: oder mehr als ihnen
übel mitspielen
übel mitspielen: wörtl. Böses tun
. Und sie drangen sehr gegen (in) den Mann, gegen (in) Lot, und kamen näher um die Tür aufzubrechen.
10Da ergriffen die Männer [Lot von drinnen]
ergriffen die Männer: wörtl. streckten die Männer ihre Hand aus
und zogen (brachten) ihn (Lot) zu sich ins Haus hinein, {und} die Tür verschlossen sie [wieder].
11{Und} die Männer {die} [vor dem] Eingang des Hauses schlugen sie mit völliger Blindheit
völliger Blindheit: eig. steht das Wort im Plural, der sich vielleicht auf die Mehrzahl der Männer bezieht. Das Wort erscheint nur noch in 2Kö 6,18
, von jung bis alt
d.h. ausnahmslos jeden
, so dass sie’s müde wurden
so dass sie's müde wurden: wörtl. und sie wurden‘s müde; Beiordnung statt Unterordnung;  לאה (müde werden) kann man auch als "sich vergeblich abmühen", "nicht können" übersetzen
den Eingang zu finden.
12Dann sagten die Männer zu Lot: Wer noch hier [zu] dir [gehört], ein Schwiegersohn, deine Söhne und deine Töchter und alles, was dir in der Stadt [gehört]
oder: alle, die dir … gehören
, [die] bring hinaus aus dem Ort!
13Denn wir sind dabei diesen Ort zu vernichten
wir sind dabei zu vernichten: wörtl. wir [sind] vernichtend; das aktive Partizip markiert den (beginnenden) Vollzug einer Handlung.
, weil die Klage über sie (die Bewohner) groß geworden ist vor JHWH
wörtl. beim Angesicht JHWHs
, da hat JHWH uns geschickt sie (die Stadt) zu vernichten.
14Da ging Lot hinaus [in die Stadt] und redete zu (mit) seinen Schwiegersöhnen, die seine Töchter nehmen würden (sollten)
die seine Töchter nehmen würden: wörtl. den seine Töchter Nehmenden
und sagte: {Steht} auf, geht hinaus aus diesem Ort, denn JHWH ist im Begriff die Stadt zu vernichten
JHWH ist im Begriff zu vernichten: wörtl. vernichtend JHWH
. Da war er in den Augen seiner Schwiegersöhne wie ein Scherzender.
15Als das Morgenrot aufstieg, da drängten die Boten
da drängten die Boten: wörtl. und die Boten drängten (Beiordnung statt Unterordnung)
auf (in) Lot ein:
Im Hebräischen, das ursprünglich keine Satzzeichen kannte, wurde wörtl. Rede durch idiomatisches  לֵאמֹר (wörtl.: zu sagen) eingeleitet. Diese Funktion übernimmt bei uns der Doppelpunkt.
{Steh} auf (los), nimm deine Frau und deine beiden Töchter, die sich [hier] befinden, damit nicht du weggerafft wirst in der Sünde
in der Sünde: d.h. vielleicht „samt der Sünde“ (doch würde man dann eher „samt den Bewohnern“ erwarten) oder „wegen der Sünde“. Die Neue Zürcher Bibel übersetzt „im Strafgericht“
der Stadt.
16Als er zögerte
als er zögerte: wörtl. und er zögerte und es ergriffen ihn …
ergriffen die Männer seine Hand und die Hand seiner Frau und die Hand seiner zwei Töchter, weil JHWH Mitleid mit ihm hatte,
weil JHWH Mitleid mit ihm hatte: wörtl. im Mitleid JHWHs auf ihm
und sie führten ihn hinaus und brachten ihn [zu einem Ort] außerhalb der Stadt.
17{Und es geschah,} als sie sie nach draußen hinausgeführt hatten, da sagte [einer der Männer]
da sagte [einer der Männer]: wörtl. und er sagte
: Rette dich um deines Lebens willen
um deines Lebens willen: wörtl. auf dein Leben
! Blicke nicht hinter dich und bleib nicht irgendwo im Umkreis [der Stadt]
irgendwo im Umkreis: wörtl. in all dem Umkreis
stehen; ins Gebirge rette dich, sonst wirst du umkommen (weggerafft)
sonst wirst du: od. damit du nicht
.
18Und Lot sagte zu ihnen: Bloß nicht, bei allem Respekt!
bei allem Respekt: wörtl. meine Herren
!
19Sieh doch, dein Knecht hat Gnade (Beachtung, Gunst, Wohlwollen) gefunden in deinen Augen und du hast mir große Güte (Liebe, Treue, Solidarität) erwiesen
du hast mir große Güte erwiesen: wörtl. du hast deine Güte groß gemacht, die du erwiesen (gemacht) hast an (mit, bei) mir
, indem du mich (meine Seele) am leben lässt
indem du mich am leben lässt: wörtl. am leben zu lassen meine Seele
: aber (und) ich kann mich nicht ins Gebirge retten, sonst werde ich das Unheil nicht mehr los
werde ich das Unheil nicht mehr los: od. holt mich das Unheil ein. Wörtl. klebt das Unheil an mir. Entweder befürchtet Lot, dass ihm im Gebirge Unheil droht, oder dass er auf der Flucht ins entfernte Gebirge doch noch vom Untergang Sodoms ereilt wird.
und ich werde sterben.
20Siehe, diese Stadt [da liegt] nahe [genug], [um] dorthin zu fliehen, und sie [ist] klein. Lass mich doch dorthin entkommen
od. Ich will mich dorthin retten
, klein wie sie ist
klein wie sie ist: [ist] sie nicht klein?
, dann bleibe ich am leben
dann bleibe ich am leben: wörtl. und am leben bleibt meine Seele
.
21Da sagte [der Mann] zu ihm: Siehe, auch in dieser Sache
in dieser Sache: od. in diesem Wort
habe ich dein Angesicht erhoben
„jmds Angesicht erheben“ ist im Hebräischen ein Idiom für vielfältige Formen freundlicher Zuwendung, hier etwa „auf jmd. Rücksicht nehmen“
, so dass ich die Stadt nicht verwüsten werde
so dass ich die Stadt nicht verwüsten werde: wörtl. nicht umzuwenden meiner die Stadt
, [von] der du geredet hast.
22Beeile dich dorthin zu entkommen, denn ich kann nichts
wörtl. nicht etwas; „etwas“ ist im Hebräischen dieselbe Vokabel wie „Wort“,  דָּבָר
tun, bis du dorthin gekommen bist
bis du dorthin gekommen bist: wörtl. [bis] zu deinem Kommen dorthin
. Deshalb hat man
od. er
die Stadt Zoar (klein) genannt
die Stadt Zoar genannt: wörtl. den Namen der Stadt Zoar gerufen
.
23Die Sonne war über (auf) dem Land (der Gegend, der Erde) aufgegangen
wörtl. hinausgegangen
, als Lot nach Zoar
als Lot kam: wörtl. und Lot kam
kam.
24Und JHWH ließ es regnen auf Sodom und {auf} Gomorra, Schwefel und Feuer von
von: wörtl. von-bei  מֵאֵת; das Hebräische kann zwei Präpositionen zusammensetzen (hier  מִן und  אֵת ), von denen die zweite den Ort angibt, wo sich jmd. bzw. etwas vorher befand.
JHWH aus dem (vom) Himmel.
25Und [so] verwüstete er diese Städte und den gesamten Umkreis (die gesamte Umgebung) und alle Bewohner der Städte und das Gewächs
Textkritik: LXX und Vulgata überliefern „alles Gewächs“, allerdings ist der lectio brevior (d.h. kürzeren Lesart) des MTs der Vorzug zu geben.
des Erdbodens (Ackerlandes).
26Und seine Frau blickte hinter
hinter: wörtl. von-hinter
sich
hinter sich: wörtl. hinter ihm; allerdings handelt es sich hier sehr wahrscheinlich um eine Nachlässigkeit oder Unsicherheit im Genus der Pronominalsuffixe, wie dies öfter zu beobachten ist (vgl. Gesenius/Kautzsch §135 o, wo weitere Vorkommen belegt sind.). Die NZB übersetzt „Lots Frau aber, hinter ihm …“
und wurde eine Salzsäule.
27Und Abraham machte sich früh am Morgen zu dem Ort auf, wo er vor dem (beim) Angesicht JHWHs gestanden hatte.
Die Vulgata überliefert „ubi steterat prius cum Domino“ d.h. wo er zuvor mit (bei) dem Herrn gestanden hatte. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen erklärenden Zusatz (vgl. MT und Vulgata in Lev 16,23; Num 5,25; 31,12; Ri 18,14).
28Und er schaute auf Sodom und Gomorra
auf Sodom und Gomorra: wörtl. auf die Fläche (das Angesicht) Sodoms und Gomorras
hinab und auf das ganze
Textkritik: „ganze“ fehlt in der LXX, was als Haplographie von  על־כל erklärt werden kann.
Umland
das ganze Umland: wörtl. die ganze Fläche des Landes des Umkreises
und sah: {und siehe} es stieg Rauch (Qualm) vom Land auf
Rauch vom Land: wörtl. der Rauch des Landes
wie der Rauch (Qualm) eines Schmelzofens (Brennofens)
wörtl. des Schmelzofens
.
29Und {es geschah} als Gott die umliegenden Städte vernichtete
als Gott die umliegenden Städte vernichtete: wörtl. im Vernichten Gottes die Städte des Umkreises
, da gedachte Gott Abrahams
gedachte: im Sinn von "wandte sich gnädig zu"
und ließ Lot mitten aus (aus der Mitte) der Zerstörung ziehen
ließ Lot ... ziehen: od. schickte Lot
als er die Städte zerstörte
als er die Städte zerstörte: wörtl. im Zerstören der Städte
, in denen Lot wohnte.
30{Und} Lot zog hinauf von Zoar und ließ sich (wohnte) im Gebirge nieder, und seine zwei Töchter mit ihm; denn er fürchtete sich in Zoar zu wohnen; so wohnte er
so wohnte er: wörtl. und er wohnte
in einer Höhle,
in einer Höhle: wörtl. in der Höhle; Artikel vor allgemein bekannten Gattungsbegriffen (vgl. er ging in die Berge/ins Gebirge; er fuhr auf das Meer hinaus; viele Menschen leben auf dem Land)
er und seine zwei Töchter.
31Nun sagte die ältere [Tochter] zu der jüngeren
die ältere [Tochter] zu der jüngeren: wörtl. die Erstgeborene zu der Jungen; das Hebräische kennt keine Steigerungsformen des Adjektivs.
: „Unser Vater [ist] alt und da ist kein Mann im Land um sich mit uns zu verbinden
sich mit uns zu verbinden: wörtl. hineinzugehen zu (od. auf) uns
wie das in aller Welt geschieht
wie das in aller Welt geschieht: wörtl. wie es der Weg der ganzen Erde [ist]
.
32Komm, wir machen unseren Vater betrunken
betrunken machen - wörtl.: Wein trinken lassen
um mit ihm zu schlafen (liegen) und um [so] von unserem Vater Nachkommenschaft (Samen) ins Leben zu rufen.“
um …zu und um ... zu - oder und wir werden ... und wir werden ...
33In jener Nacht machten sie ihren Vater betrunken; da ging die Ältere [zu ihm] hinein und schlief (lag) mit ihrem Vater; er aber bemerkte nicht, wie (als) sie mit ihm schlief (lag) und wie (als) sie [wieder] aufstand. 34{Und es geschah} am folgenden Tag sagte die Ältere zur Jüngeren: „Hör zu (siehe), letzte Nacht habe ich mit meinem Vater geschlafen (gelegen). Wir werden ihn auch heute Nacht
heute Nacht - wörtl. die Nacht = diese Nacht; der Artikel hat hier noch seine ursprüngliche demonstraktive Funktion.
betrunken machen; [dann] geh [du zu ihm] hinein und schlaf (lieg) mit ihm, damit wir [so] von unserem Vater Nachkommenschaft (Samen) ins Leben zu rufen.“
35Und auch in jener Nacht machten sie ihren Vater betrunken; da stand die Jüngere auf
Textkritik: stand ... auf - LXX und Vulgata hatten in ihrer hebräischen Vorlage offensichtlich  וַתָּבֹא (wattăbō und sie ging hinein); es handelt sich um eine Angleichung an Vers 33 und das masoretische  וַתָּקָם (wattāqŏm und sie stand auf) hat den ursprünglichen Text bewahrt.
und schlief mit ihm; er aber bemerkte nicht, wie (als) sie mit ihm schlief (lag) und wie (als) sie [wieder] aufstand.
36Beide Töchters Lots wurden schwanger von ihrem Vater. 37Die Ältere gebar einen Sohn und nannte seinen Namen Moab
 מוֹאָב (môʾāb) klingt so ähnlich wie  מֵאָב (mēʾāb) d.h. vom Vater
; er ist der [Stamm]vater der Moabiter (Moabs) bis zum [heutigen] Tag.
d.h. der heutigen Moabiter
38Auch die Jüngeregebar einen Sohn und nannte seinen Namen Ben-Ammi
d.h. Sohn meines (nächsten) Verwandten
; er ist der [Stamm]vater der Ammoniter
Hebräisch  בְנֵי־עַמּוֹן (bənê-ʿammôn) d.h. der Söhne Ammon
bis zum [heutigen] Tag.
d.h. der heutigen Ammoniter
Copyright information for GerOffBiSt