1 Corinthians 9:1

Bin ich nicht frei?

Denke nicht, dass Paulus im vorigen Kapitel nur ein bisschen Theorie verkündigt hätte. In dem Kapitel, das du jetzt vor dir hast, wird sich zeigen, dass er in der Praxis danach gelebt hat. In seinem gesamten Dienst unter den Korinthern wurde das deutlich. Er zeigte, dass er freiwillig auf Dinge verzichtete, auf die er als Diener und Apostel ein Recht hatte und die er von den Korinthern hätte erwarten können. Sie sollten sich dessen bewusst werden. Darum stellt er eine Reihe von Fragen. Es sind keine schwierigen Fragen, über die man lange nachdenken müsste. Die Antworten sind eigentlich schon in den Fragen enthalten.

1Kor 9:1. Er beginnt mit der Frage: „Bin ich nicht frei?“ Natürlich war er frei. Das Gesetz hatte keine Autorität mehr über ihn. Keinem Menschen war er Verantwortung schuldig, denn Jesus Christus war sein Herr.

Die nächste Frage ist: „Bin ich nicht ein Apostel?“ Am Anfang dieses Briefes hat er sich „Apostel Christi Jesu“ genannt. Das Wort Apostel bedeutet „Gesandter“. Ein Gesandter hat den Auftrag dessen auszuführen, der ihn gesandt hat. Konnte Paulus sich nun so ohne weiteres Apostel nennen? Unter den Korinthern ging das böse Gerücht um, Paulus bilde sich nur ein, Apostel zu sein. Um Apostel zu sein, musste jemand u. a. die Bedingung erfüllen, dass er den Herrn Jesus gesehen hatte, nachdem Er auferstanden war. In Apostelgeschichte 1 liest man von der Wahl eines anderen Apostels anstelle von Judas. Petrus spricht dort von jemand, der „mit uns ein Zeuge seiner Auferstehung“ werden musste (Apg 1:22). Diese Bedingung erfüllte Paulus.

Daher seine dritte Frage: „Habe ich nicht Jesus, unseren Herrn, gesehen?“ Das bedeutet nicht, dass er zu den zwölf Aposteln gehörte, die mit dem Herrn Jesus durch Israel gezogen waren. Er hatte den Herrn Jesus jedoch gesehen, als er die Versammlung verfolgte und sich zu diesem Zweck auf dem Weg nach Damaskus befand. Diese Begebenheit findest du in Apostelgeschichte 9 (Apg 9:1-9). Er war also wirklich ein Apostel. Die Menschen, die dem widersprachen, wollten seinen Einfluss unter den Korinthern schmälern. Sie wollten gern selbst von den Korinthern profitieren und schoben deshalb Paulus diese Beschuldigung in die Schuhe. Es ist bemerkenswert, wie schnell die Korinther geneigt waren (und auch wir es sind), solchem Geschwätz zu glauben.

Paulus konnte diese Art von Beschuldigung sehr leicht widerlegen. Er weist auf sie selbst hin und fragt: „Seid nicht ihr mein Werk im Herrn?“ Er sagt gleichsam: „Betrachtet euch einmal selbst. Wie seid ihr zur Bekehrung gekommen?“ Darin liegt der leise Vorwurf, dass sie es besser hätten wissen müssen.

1Kor 9:2. Sie waren das Siegel, das ist die Bestätigung seiner Apostelschaft. Gerade sie hätten nicht an seiner Apostelschaft zweifeln sollen. Siehst du, wie er sich den Korinthern gegenüber verantwortet? Er stellt seine Fragen so, dass sie nur auf eine Weise antworten konnten. Also keine Fragen mit mehreren Antworten.

In der Bibel werden viele Fragen gestellt. Oft sind sie nicht so schwierig. Auch die Antworten sind meistens einfach. Wir weichen jedoch manchmal einer richtigen Antwort aus, weil wir merken, dass sich sonst etwas in unserem Leben ändern müsste. Sehr treffend sieht man das in Matthäus 21 (Mt 21:24-27). Wenn die Hohenpriester und Ältesten die richtige Antwort gegeben hätten (und sie kannten die richtige Antwort!), hätten sie den Herrn Jesus auch annehmen müssen, und das wollten sie nicht. Hier sieht man, dass die Antwort auf eine Frage vom Herzenszustand abhängt. Es geht darum, ob man bereit ist, die Konsequenzen aus der Antwort zu ziehen.

1Kor 9:3. Die folgenden Fragen von Paulus sind an die Menschen gerichtet, die ihn bei den Korinthern in ein schlechtes Licht stellen wollten. Aber die Korinther (und du) hören diese Fragen ebenfalls. Es sind Fragen, die zeigen, wie Paulus sich unter den Gläubigen in Korinth verhalten hatte.

1Kor 9:4-6. In erster Linie stellt er Fragen, die sich auf die Rechte bezogen, die er hatte. Hatte er nicht ein Recht darauf, von den Korinthern Essen und Trinken zu bekommen? Durfte er nicht von den Gaben leben, die die Versammlungen ihm schickten? Und wenn er verheiratet gewesen wäre, hätte er dann nicht – so gut wie viele andere – seine Frau auf seinen Reisen mitnehmen dürfen? Seine Frau hätte dann auch ein Recht auf die liebevolle Versorgung durch die Versammlung gehabt. Und was seine berufliche Tätigkeit betrifft – er war von Beruf Zeltmacher (Apg 18:3). Waren er und Barnabas verpflichtet zu arbeiten und so ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen? Sie hatten das Recht, von der Versammlung unterhalten zu werden.

1Kor 9:7. Später, in 1Kor 9:12, macht er klar, warum er von diesem Recht keinen Gebrauch machte. Hier weist er nur auf das Recht hin, das er hatte, von der Versammlung mit Essen und Trinken versorgt zu werden.

Um dieses Recht zu bekräftigen, führt er drei Beispiele aus dem täglichen Leben an, die bestätigen, was er gesagt hat. Für den Befehlshaber eines Heeres ist die Versorgung mit Essen und Trinken keine Frage, sondern eine eindeutige Sache. Nimm nun einen Soldaten. Das Einzige, woran er zu denken hat, ist der Krieg. Dazu ist er in den Dienst gestellt worden (2Tim 2:4). Er muss kämpfen, er muss siegen. Daraus wird nichts, wenn er auch noch für sein Essen und Trinken sorgen muss. Das Essen muss ihm gebracht werden, auch wenn er in den heftigsten Kampf verwickelt ist. So erhält der Soldat Kraft, um weiterzukämpfen. Die beiden anderen Beispiele stammen aus dem Ackerbau und der Viehzucht. Wer einen Weinberg hat, will, dass dieser viel Frucht bringt. Je mehr Frucht er erntet, desto mehr Wein kann er verkaufen und desto größer sind der Ertrag und der Gewinn. Aber heißt das, dass der, der einen Weinberg für einen anderen gepflanzt hat, selbst nicht von der Frucht essen darf? Natürlich wird er auch selbst davon essen. Mit dem Hüten einer Herde ist es genauso. Wer den ganzen Tag mit der Herde beschäftigt ist, für sie sorgt, darf auch von der Milch trinken, die die Herde liefert. In vielen Firmen ist das heutzutage noch so. Die Produkte, die sie herstellen, dürfen von den Arbeitern manchmal gratis oder für einen geringen Betrag mitgenommen werden.

Warum hat Paulus gerade diese drei Beispiele eines Soldaten, eines Weinbauern und eines Hirten gewählt? Diese Beispiele haben auch dir etwas zu sagen. Du kannst dich in diesen Beispielen wiedererkennen. Im zweiten Brief, den Paulus an Timotheus schreibt, nennt er ihn einen „Streiter Jesu Christi“ (2Tim 2:3). Du wirst es sicher schon erfahren haben, dass du dich auf feindlichem Gebiet befindest. Du bist von vielen Feinden umgeben. Aber der Herr Jesus ist der Befehlshaber im Kampf. Er sorgt dafür, dass du, solange du auf Ihn vertraust, standhalten kannst.

Auch das zweite Beispiel ist auf dich anwendbar. Der Herr Jesus erzählt in Matthäus 20 ein Gleichnis von Arbeitern, die in einen Weinberg geschickt werden (Mt 20:1-16). Du bist auch so ein Arbeiter, der im Weinberg arbeiten darf. Du darfst darauf vertrauen, dass der Herr Jesus dir für deinen Dienst bald eine Belohnung geben wird, die „recht“ ist (Mt 20:4). Aber ist es nicht so, dass du jetzt schon von den Dingen genießen darfst, die du für Ihn tust?

Das dritte Beispiel, das von der Herde, hat mit der Fürsorge für die Gläubigen zu tun. In Johannes 10 spricht der Herr Jesus von der einen Herde, deren Hirte Er ist (Joh 10:16). Diese Herde besteht aus allen Schafen, die Ihm angehören und die Er „meine Schafe“ nennt (Joh 10:27). Auch du gehörst zu diesen Schafen. Wenn du einen Gläubigen siehst, der abirrt, darfst du ihn aufsuchen. Du darfst versuchen, ihn anhand der Bibel wieder zur Herde zurückzubringen. Du versuchst ihm aus der Bibel Nahrung zu geben und seinen Geschmack dafür wieder anzuregen. Die Bibel wird die vernünftige, unverfälschte Milch genannt (1Pet 2:2). Wenn du den anderen davon kosten lässt, wirst du auch selbst gestärkt werden. So siehst du also, wie du im Dienst für Gott – und jeder Gläubige hat einen Dienst von Gott bekommen – selbst von Gott alles Erforderliche erhältst.

Lies noch einmal 1. Korinther 9,1–7.

Frage oder Aufgabe: Welcher Zusammenhang besteht zwischen Kapitel 8 und Kapitel 9?

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