2 Timothy 1:17

Wort, Geist und Barmherzigkeit

2Tim 1:13. In den vorhergehenden Versen hat Paulus sein absolutes Vertrauen auf den Herrn Jesus zum Ausdruck gebracht. Das war natürlich für Timotheus und ist auch für dich ein großer Ansporn, dasselbe zu tun. Aber es gibt noch etwas, was uns in der Zeit des Verfalls Halt gibt, weil es absolut zuverlässig ist. Diesen Halt findest du in den „gesunden Worten“. Paulus weist Timotheus darauf hin, dass er die „gesunden Worte“, die er von Paulus gehört hatte, als Bild festhalten sollte. Das Wort „Bild“ bezeichnet einen Entwurf, ein Modell oder Muster eines Bauvorhabens, der Reihenfolge der Maßnahmen und der Konstruktion. Paulus spricht hier über das inspirierte Wort Gottes. Das gilt es in seiner Gesamtheit festzuhalten. Nichts davon darf aufgegeben werden. Nicht nur der Inhalt der Botschaft ist wichtig, auch die Worte und ihre Reihenfolge sind von Gott gegeben, damit wir daran festhalten.

Bekenntnisschriften können zwar versuchen, Gottes Wort mit menschlichen Worten zu erklären, sie bleiben aber Menschenworte und sind darum unvollkommen. Sie schützen auch nicht vor gröbster Irrlehre. Nur das Wort Gottes ist vollkommen. Nur darin haben wir eine sichere Garantie, dass wir nicht abirren, wenn wir an diesem Bild festhalten. Jedes Wort darin steht an dem Platz, wo Gott es haben wollte. Das Wort Gottes kann nicht verbessert werden. Lass dich nicht beirren durch Aussagen wie: Es geht nicht um die Wortwahl, sondern um die Botschaft. Es geht in der Tat auch um die Wortwahl.

Ich denke, dass eine Warnung vor modernen Bibelübersetzungen angebracht ist. Damit meine ich nicht, dass eine Übersetzung in einem möglichst alten Deutsch die zuverlässigste ist. Die Verwendung von heutigem Deutsch schließt eine gute Übersetzung aus dem Grundtext sicher nicht aus. Nein, es geht darum, dass die Bibel nur von solchen zuverlässig übersetzt werden kann, die im lebendigen Glauben an den Herrn Jesus stehen und große Ehrfurcht vor dem Wort Gottes haben. Ob eine gute Übersetzung abgeliefert wird, hängt nicht von einer Technik oder der Wissenschaft ab, sondern von Sachverstand, der mit der richtigen Herangehensweise an das Wort Gottes verbunden ist. Diese richtige Herangehensweise besteht darin, dass man sich der Heiligkeit und der Autorität jedes Wortes, das Gott in seinem Wort hat aufschreiben lassen, tief bewusst ist. Wenn das auch deine innere Haltung beim Lesen des Wortes Gottes ist, wirst du die bewahrende Kraft erfahren, die von diesem Wort ausgeht. Die Gefahr, dass du Irrlehren zum Opfer fällst, ist dann ausgeschlossen.

Das im Grundtext für „gesund“ benutzte Wort hat mit Hygiene zu tun und kann auch mit „gesund machen“ übersetzt werden. Die Worte des Paulus, die inspiriert sind, haben also den Zweck, geistliche Gesundung zu bewirken. Trotzdem fügt Paulus noch etwas hinzu, nämlich, dass „das Bild gesunder Worte“ festgehalten werden soll „in Glaube und Liebe, die in Christus Jesus sind“. Wenn das Wort Gottes nicht mit der Person Christi verbunden wird, wird der Glaube an den Buchstaben der Schrift zu einer toten Form. Man kann die Wahrheit nur dann festhalten, wenn man an das Wort Gottes in Glauben und Liebe herangeht. Dies sind zwei Merkmale oder Handlungsweisen des neuen Lebens, dessen Quelle Christus ist.

Es geht um Glauben und Liebe, wie sie bei Ihm waren und in Ihm zu finden sind. Dazu musst du dich bei Ihm aufhalten. Von Ihm lernst du, täglich dein Glaubensvertrauen auf Gott zu richten. Du siehst das in seinem Leben auf der Erde. Von Ihm lernst du auch, wie Gottes Liebe sich den Menschen zuwendet. Diese Hinzufügung ist deshalb wichtig, weil das Bild sonst zu einer Schablone wird und damit das lebendige Glaubensleben untergeht und zu einer toten Orthodoxie entartet. Wenn „Glauben und Liebe, die in Christus Jesus sind“, die beiden Elemente sind, die bewirken, dass „das Bild gesunder Worte“ festgehalten wird, wirst du erfahren, wie das Wort Gottes dich stützt. Wenn du dann auch an der Gemeinde im Ganzen gesehen keine Stütze mehr hast, weil Verfall eingedrungen ist, wirst du die Stütze jedoch im Wort Gottes finden – selbst wenn du allein sein solltest.

2Tim 1:14. Es gibt noch eine Ermutigung: Nachdem Paulus auf den Herrn Jesus und das Wort Gottes hingewiesen hat, spricht er über „den Heiligen Geist, der in uns wohnt“. Paulus stand kurz vor dem Märtyrertod. Er würde bald zu seinem Herrn gehen. Timotheus würde noch hier zurückbleiben müssen, und auch du bist immer noch hier. Die Verhältnisse würden nicht einfacher werden, was du sicher bestätigen kannst. Der Verfall hat nur noch weiter zugenommen. Die Angriffe gegen den Dienst des Timotheus würden heftiger werden. Wenn du dem Herrn dienen willst, wirst du das auch erfahren. Durch all das würde der Druck auf ihn (und auch auf dich), das anvertraute Gut aufzugeben, größer werden. Doch höre zu: Du wirst angespornt, das zu bewahren, was dir anvertraut worden ist.

Paulus bezeichnet dieses Gut als „schön“, d. h. von göttlichem Wert. Auch dir sind all die gesunden Worte der Schrift als ein Gut von göttlichem Wert anvertraut worden. Das sollst du bewahren. Nichts darfst du davon aufgeben. Das schaffst du nicht aus eigener Kraft und brauchst es auch nicht. Deshalb weist 2Tim 1:14 darauf hin, dass der Heilige Geist in dir wohnt. Er gibt dir die nötige Kraft, das zu bewahren, was dir anvertraut ist. Jeder Teil der Wahrheit, den du erkannt und für den du Gott gedankt hast, wird unter feindlichen Beschuss geraten. Doch der, der in dir wohnt, ist größer als der, der in der Welt ist (1Joh 4:4). Er befähigt dich, jeden Angriff des Feindes auf die Wahrheit zurückzuschlagen. Sorge nur dafür, dass du dem Heiligen Geist nichts in den Weg legst, was Ihn daran hindert, dein Leben ganz und gar unter Kontrolle zu haben.

2Tim 1:15. Im Kampf „für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben“ (Jud 1:3) brauchst du nicht mit allzu viel Unterstützung durch andere zu rechnen. Paulus weist Timotheus auf die Gläubigen in Asien hin. Es war Timotheus bekannt, dass alle in Asien sich von dem großen Apostel abgewandt hatten. In dieser Gegend hatte er doch intensiv das Evangelium verkündigt. Die vielen, die dort zum Glauben gekommen waren, hatte er in den Gedanken Gottes unterwiesen. Wie er den Gläubigen dort gedient hatte, kannst du beispielsweise in den Briefen an die Thessalonicher und an die Epheser lesen. Die Ältesten von Ephesus hatten unter Tränen Abschied von ihm genommen, am meisten darüber betrübt, dass sie ihn nicht mehr wiedersehen würden (Apg 20:37; 38). Inzwischen waren einige Jahre verstrichen. Und wie war es jetzt? Die guten Erinnerungen an Paulus waren weggewischt. Man hatte sich sogar von ihm abgewandt!

Der Mann, dem sie so viel zu verdanken hatten, wurde von ihnen allen verworfen, also nicht nur von einem Einzelnen. Warum? Vielleicht schämten sie sich seiner, des armen Gefangenen, der bei der Regierung in Ungnade gefallen war. Sie hatten natürlich das Christentum nicht aufgegeben, aber Paulus betonte das Christsein doch wohl ein bisschen zu stark. Man muss doch nicht sein Möglichstes tun, um sich Feinde zu machen? Das stimmt. Doch ein treuer Zeuge macht sich nun einmal Feinde. Er beabsichtigt das nicht, aber Treue dem Herrn und der Wahrheit gegenüber macht Feindschaft offenbar.

Paulus war in Gefangenschaft, weil er die Wahrheit bezeugt hatte. Das Abwenden von Paulus war deshalb auch ein Abwenden von der Wahrheit, die Paulus predigte. Das machte seine Gefangenschaft für ihn noch schwerer. Zwei von denen, die sich von ihm abgewandt hatten, nennt er mit Namen. Es war wohl nötig, diese Namen zu nennen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es führende Brüder waren, die einen großen Einfluss hatten und die ihren Einfluss und die Tatsache, dass Paulus ausgeschaltet war, dazu benutzten, die Gemeinde auf eine falsche Spur zu setzen. Indem er ihre Namen nannte, entlarvte Paulus sie.

2Tim 1:16. Er nannte noch einen Namen, den aber nennt er mit Freuden. Inmitten all der erfahrenen Untreue waren die Treue von Onesiphorus und seinem Haus für Paulus eine Wohltat. Dieser treue Gläubige hatte sich des treuen Dieners Gottes nicht geschämt. Onesiphorus hatte den Apostel in der Hitze der Verfolgung erquickt, ein Ausdruck, der wörtlich „kühlen“ bedeutet. Diese Erfrischung erfuhr Paulus, als er im Gefängnis auf einmal das Gesicht von Onesiphorus auftauchen sah.

2Tim 1:17. Wie muss es dem einsamen Gefangenen gutgetan haben, dass ihn jemand besuchte, der viel Mühe eingesetzt hatte, zu ihm zu kommen. Es war nicht einfach, Paulus zu finden. Doch welch eine Welle der Dankbarkeit dem Herrn gegenüber wird Onesiphorus durchströmt haben, als er Paulus in die Arme schloss! Seine Mühe war nicht umsonst. Und wie wird Paulus dem Herrn gedankt haben! Hast du eine solche Erquickung auch schon einmal erfahren, als Gläubige dich wissen ließen, dass sie für dich beteten oder dir Hilfe anboten, als du es schwerhattest?

Onesiphorus hatte keine Adresse. Aber er wird den Herrn gebeten haben, ihn zu Paulus zu führen. Das tat der Herr auch, allerdings nicht, indem Er ihn auf dem kürzesten und schnellsten Weg zu Paulus brachte. Nein, Onesiphorus musste immer wieder den Herrn fragen, ob er auf dem richtigen Weg war. Wenn du den Herrn bittest, dich zu führen, um etwas zu erreichen, von dem du weist, dass es dem Willen des Herrn entspricht, heißt das nicht, dass du dieses Ziel auch ganz schnell erreichen wirst. Der Herr möchte, dass du dazu Mühe aufwendest. Dadurch möchte Er dich lehren, Schritt für Schritt von Ihm abhängig zu sein.

2Tim 1:18. Paulus wünschte, dass der Herr das Haus des Onesiphorus für die Barmherzigkeit, die er erfahren hatte, auch mit Barmherzigkeit belohnen möge (Mt 5:7). Sein „Haus“ – ich glaube, dass er verheiratet war und Kinder hatte, vielleicht auch Personal – stand ganz hinter dem, was Onesiphorus tat. Sie ließen ihn gehen und werden ihm Grüße an Paulus und vielleicht auch Waren mitgegeben haben. Was für ein Segen, wenn es auch heute Familien gibt, wo alle Familienmitglieder der Wahrheit treu bleiben wollen und sich für die einsetzen, die die Wahrheit verkündigen!

Dann wünscht Paulus noch, dass Onesiphorus „von Seiten des Herrn Barmherzigkeit finde an jenem Tag“ (vgl. Jud 1:21). Damit fügt Paulus seinem vorhergehenden Wunsch noch hinzu, dass der Herr Onesiphorus vor dem Richterstuhl für seinen Einsatz belohnen möge. Jener Tag ist auch hier wieder der Tag, an dem der Herr erscheinen wird und sein Lohn mit Ihm (2Tim 1:12; Off 22:12).

Onesiphorus war für Timotheus kein Unbekannter. Er hatte ihn in Ephesus kennengelernt und konnte, mehr noch als Paulus, davon berichten, wie dieser Mann es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, dem Herrn und seiner Sache zu dienen. Wie schön ist es, wenn es in einer örtlichen Gemeinde Leute gibt, von denen man sagen kann, dass sie viel gedient haben. Wäre das nicht eine Freude für den Herrn und die Gemeinde, wenn dies nach einiger Zeit auch von dir gesagt werden könnte?

Lies noch einmal 2. Timotheus 1,13–18.

Frage oder Aufgabe: Wie kannst du an dem Bild gesunder Worte festhalten?

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