Acts 16:1-4

Paulus nimmt Timotheus mit

Nachdem Paulus Syrien und Zilizien durchzogen hatte, kommt er in die Städte Derbe und Lystra (Apg 14:6). In Lystra trifft er einen Jünger, der Timotheus heißt. Timotheus wird hier zum ersten Mal erwähnt. Im weiteren Verlauf der Apostelgeschichte und auch in den Briefen des Paulus werden wir viel von ihm hören.

Es scheint so, dass er durch die Predigt des Paulus während seiner ersten Missionsreise zum Glauben gekommen ist. Das können wir den Briefen entnehmen, die Paulus später an Timotheus schreibt. Darin nennt er ihn sein Kind im Glauben (1Tim 1:2) und richtet sich an ihn als sein geliebtes Kind (2Tim 1:2; vgl 1Kor 4:17). Er wird der Mitarbeiter des Paulus werden, den er am meisten schätzte.

Die Ehe, aus der Timotheus stammte, war nach den Maßstäben des Gesetzes völlig verboten (5Mo 7:3; Neh 13:25). Doch die Gnade siegt und macht aus dem, der in einer ungesetzlichen Ehe geboren wurde, ein Instrument zur Ehre Gottes (sein Name bedeutet „Gott ehrend“). Seine Mutter und ebenso seine Großmutter waren gläubige Frauen (2Tim 1:5), die ihn in den Schriften unterwiesen hatten. Er kannte die Schriften von Jugend an (2Tim 3:15).

Seit seiner Bekehrung ist Timotheus im Glauben gewachsen. Durch seine Kenntnis der Heiligen Schriften ist er schon bald in der Lage, auch mit dem Wort zu dienen. Die Brüder in Lystra, wo er wohnte, haben seine geistliche Entwicklung beobachtet. So auch die Brüder in Ikonium, wo er offensichtlich hin und wieder war, um mit dem Wort zu dienen.

Als Paulus wieder nach Lystra kommt und seine Aufmerksamkeit zweifellos auf diesen vielversprechenden jungen Mann gerichtet wird, will er, dass Timotheus mit ihm auf Reisen geht. Aus den Briefen, die Paulus später an Timotheus schreiben wird, wissen wir, dass dieser in besonderer Weise für den Dienst zugerüstet ist. Wir können darin vier Aspekte entdecken, die eine Rolle gespielt haben: vorhergehende Prophezeiungen (1Tim 1:18), eine Gnadengabe Gottes (1Tim 4:14; 2Tim 1:6), Handauflegen des Paulus (2Tim 1:6) und Handauflegen der Ältestenschaft (1Tim 4:14). Wie bereits gesagt, bedeutet das Auflegen der Hände nicht Weihung oder Berufung, sondern Einsmachung und Gemeinschaft (Apg 6:6; Apg 13:3).

Danach tut Paulus etwas, was auf den ersten Blick sehr merkwürdig erscheint, weil es um etwas geht, das er vor Kurzem noch massiv bekämpft hatte. Er beschnitt Timotheus nämlich eigenhändig. Der Grund dazu folgt sofort. Er beschnitt Timotheus, um die Vorurteile der Juden zu überwinden (1Kor 9:20). Timotheus wäre für die Juden inakzeptabel gewesen, wenn er nicht völlig Jude gewesen wäre.

Paulus stand in der Freiheit des Geistes. Deshalb konnte er Timotheus beschneiden. Er tat das auch, ohne dass irgendein Zwang auf ihn ausgeübt wurde. Als er gedrängt wurde, Titus zu beschneiden, tat er das nicht (Gal 2:3). Christliche Freiheit erkennt das Gesetz auf seinem Platz völlig an, obwohl das Gesetz in der christlichen Freiheit selbst keinen Platz hat. Bei Titus ging es um die christliche Lehre, als gäbe es ohne Beschneidung keine Errettung. Deshalb wurde Titus nicht beschnitten.

Bei Timotheus geht es um die Frage, was für das Werk nützlich ist. Es war nützlich, ihn zu beschneiden, um dadurch besseren Zugang zu den Juden zu haben und die Juden zu gewinnen. Die Beschneidung des Timotheus hat also nichts mit seiner Errettung zu tun, sondern ausschließlich mit der Aufgabe, die er unter jüdischen Gläubigen tun würde.

Weil die Mutter des Timotheus eine Jüdin war, war auch er durch Geburt ein Jude. Das hat seinen Grund darin, dass man einfacher beweisen konnte, dass eine Mutter Jüdin war als dass ein Vater Jude war. Ein Kind wird zudem von der Religion der Mutter weitaus stärker beeinflusst als durch die Religion des Vaters.

Paulus hat die Juden nirgendwo aufgefordert, sich nicht mehr an das Gesetz zu halten. Wo es nützlich war, unterwarf er sich selbst dem Gesetz wegen der Verkündigung des Evangeliums unter den Juden. Erst im Brief an die Hebräer schreibt er vom Verschwinden des Zeitalters des Gesetzes und der damit verbundenen Bedeutung des Gesetzes für die Juden; er fordert sie auf, das Lager zu verlassen.

Zusammen mit Silas und Timotheus durchzieht Paulus die Städte, um überall in den Gemeinden das weiterzugeben, was in Jerusalem bezüglich der notwendigen Dinge beschlossen worden war, die von den Gläubigen aus den Nationen beachtet werden sollten. Vom Halten der Gebote des Gesetzes ist nicht die Rede.

Copyright information for GerKingComments