Acts 17:1-10

Die Predigt des Paulus in Thessalonich

Nachdem Paulus, Silas und Timotheus Philippi verlassen haben, reisen sie weiter in den Süden nach Amphipolis und Apollonia. In Apollonia gehen sie westwärts und kommen nach Thessalonich. Hier wird insbesondere erwähnt, dass dort eine Synagoge der Juden war. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass es in den beiden vorherigen Orten keine Synagoge gab, weshalb er an diesen Orten vorüberreiste. Wir wissen, dass Paulus nach Möglichkeit den Grundsatz einhielt: „dem Juden zuerst als auch dem Griechen“ (vgl. Röm 1:16). Es war seine Gewohnheit (vgl. Lk 4:16), wenn er in eine Stadt kam, zunächst die Synagoge aufzusuchen.

Eine Synagoge hat den Vorteil, dass sich dort sowohl Juden als auch Heiden aufhalten, die Interesse am Gott Israels haben. Das war eine gute Gelegenheit, um vorbereiteten Menschen das Evangelium bringen zu können. Die Synagoge ist ein Ort der Belehrung, wo die Juden nicht nur am Sabbat zusammenkamen, sondern auch an anderen Tagen. Man kann daher annehmen, dass Paulus, obwohl er sich vor allem an den Sabbaten mit den Besuchern der Synagoge unterredete, sich auch an anderen Tagen mit Interessierten unterhielt.

Lukas berichtet von „drei Sabbaten“. Das ist auch ein Hinweis auf die Zeit, die Paulus in Thessalonich verbringt. Das müssen also drei bis vier Wochen gewesen sein. In diesen gut drei Wochen unterredete er sich mit ihnen aus den Schriften. Indem er daraus zitierte, eröffnete er ihnen, dass Christus, das ist der Messias, bei seinem Kommen leiden und aus den Toten auferstehen musste. Er musste ihnen das zunächst erklären, weil sie nach einem Messias Ausschau hielten, der sie als ihr politischer Führer vom Joch der Römer befreien würde. Doch die Schriften sprechen eine andere Sprache, und das stellt er ihnen zuerst einmal vor. Danach kann er einfach auf den Herrn Jesus als den Messias hinweisen und sagen, dass Christus in Jesus gekommen ist.

Der Christus, von dem er soeben aus den Schriften gezeigt hat, was mit Ihm geschehen musste, ist niemand anderes als „Jesus“. Das ist der Inhalt seiner Verkündigung. In diesem einen Vers wird der Kern des Evangeliums zusammengefasst, so wie das heute vor allem den Juden verkündigt werden kann. Der Kern ist, dass der Messias Jesus gekommen ist, gelitten hat, gestorben und auferstanden ist.

In diesen wenigen Wochen, in denen Paulus in Thessalonich war, hat er nicht nur das Evangelium gepredigt, sondern auch über prophetische Wahrheiten gesprochen. Dabei hat er das zweite Kommen Christi betont. Davon zeugen seine Briefe, die er ihnen geschrieben hat. In seinem zweiten Brief erinnert er sie an seine mündlichen Belehrungen, die er ihnen gab, als er bei ihnen war (2Thes 2:5).

Reaktionen auf seine Predigt in Thessalonich

Die Überzeugung, mit der Paulus und Silas gesprochen haben, bleibt nicht ohne Ergebnis. Sie haben das Wort mit Kraft geredet (1Thes 1:5). Das hat auf drei Gruppen von Menschen einen derartigen Eindruck gemacht, dass sie sich Paulus und Silas anschlossen. Die erste Gruppe besteht aus einigen „von ihnen“, das sind einige der Juden, denn in ihrer Synagoge hatten sie gesprochen (Apg 17:1). Die zweite Gruppe bildet eine „große Menge anbetender Griechen“. Das sind keine Proselyten, sondern solche, die den Gott Israels verehrten und sich an den Bund Noahs hielten. Die dritte Gruppe besteht aus den „vornehmsten Frauen“.

Auch heute sind Frauen oft in der Mehrzahl, wenn es um die Annahme des Evangeliums geht. Das kann mit der Tatsache zu tun haben, dass sie sich leichter als Männer einer Autorität unterordnen. Auch ist eine Frau durch ihre Natur mehr mit den Leiden der Welt vertraut. Das erfährt sie persönlich beispielsweise bei der Geburt von Kindern, die mit Schmerzen verbunden ist (1Mo 3:16). Sie stellt sich auch mehr als ein Mann die Frage, warum es Leid in der Welt gibt. Deshalb ist sie häufig offener für das Evangelium. Männer sind oftmals unempfindlich hinsichtlich der Folgen der Sünde.

Nach den drei Gruppen, die sich Paulus und Silas angeschlossen haben, bildet sich eine Gruppe, die dem Evangelium sehr widersteht. Der größte Teil der Juden will mit der Botschaft, die Paulus bringt, nichts zu tun haben. Wir sehen immer wieder, dass sie das Evangelium abweisen und es auch anderen nicht gönnen, davon zu hören. Sie engagieren Leute, die auf dem Markt rumhängen (das ist die wörtliche Bedeutung des Wortes „Gassenpöbel“). Diese Nichtsnutze sind leicht dafür zu gewinnen, einen Volksauflauf anzuzetteln und die Stadt aufzuwiegeln.

Sie ziehen zum Haus Jasons und hoffen, dass sie Paulus und Silas dort treffen. Offensichtlich beherbergte Jason diese beiden Prediger. Sie beabsichtigen, Paulus und Silas vor das Volk zu führen, damit sie von einem Volksvertreter verurteilt werden. Doch sie treffen weder Paulus noch Silas im Haus Jasons an.

In ihrem Frust ergreifen sie stattdessen Jason und einige Brüder und schleppen sie vor die Obersten der Stadt und klagen sie der Dinge an, die sie gegen Paulus und Silas vorbringen wollten. So teilen Jason und die Brüder die Verfolgung um des Evangeliums willen, weil sie sich damit einsmachten, indem sie Paulus und Silas beherbergt hatten. Lukas redet häufiger über die Ausübung von Gastfreundschaft (Apg 16:15; Apg 18:3; Apg 21:16). Der Herr Jesus spricht seine Wertschätzung darüber aus (Mt 25:38-40; vgl. 1Pet 4:9; 3Joh 1:5-8).

Die Anklage lautet, dass sie den Erdkreis aufwiegeln. Einerseits bezeugen sie damit ungewollt die Macht des Christentums. Andrerseits sagen sie damit, dass das Christentum staatsgefährdend sei. Mit einer derartigen Anklage bekommen es bibeltreue Christen ebenfalls zunehmend zu tun. Sie werden schnell als Fundamentalisten bezeichnet und für Leute gehalten, die eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Die Aufwiegelung des Erdkreises (das ist das römische Weltreich; vgl. Lk 2:1) hat nach Meinung der Ankläger seinen Ursprung in der Verkündigung eines anderen Königs als des Kaisers: „Jesus“.

Das Wort „anderer“ bedeutet „von einer anderen Art“, also nicht wie Caesar. Es betrifft also nicht nur eine andere Person als Caesar, sondern jemanden, der seinem Wesen nach anders ist. Wenn es jemand gibt, der alle Macht im Himmel und auf der Erde hat, ist Er die größte Bedrohung für das Kaiserreich, die man sich nur denken kann. Wir sehen hier – genau wie damals, als der Herr Jesus vor Pilatus stand –, dass es um den Gegensatz zwischen Christus und dem Römischen Reich geht. Das wird auch in der Endzeit zu sehen sein.

Die Juden erkennen immer noch lieber den Kaiser als ihren König an, als den Herrn Jesus als ihren König zu akzeptieren. Sie sagten es ja zu Pilatus, dass sie keinen König haben, als nur den Kaiser (Joh 19:15). In der Endzeit wird das abtrünnige Volk diese Wahl bestätigen, indem sie den Antichrist annehmen und mit ihm den Diktator des wiederhergestellten Römischen Reiches (Off 13:11; Off 13:1).

Die Anklage macht deutlich, dass Paulus und Silas über das Königtum des Herrn Jesus gesprochen haben. Dieses Königtum ist auch ein zentrales Thema in den beiden Briefen, die Paulus an die Thessalonicher schreibt. Er geht in fast in jedem Kapitel darauf ein. Das Königtum Christi bedeutet, dass Er ein Reich hat. Dieses Reich ist jetzt noch nicht auf der Erde offenbar, es existiert jedoch bereits. Es besteht nämlich in den Herzen derer, die Ihn als Herrn über ihr Leben anerkennen (Röm 14:17). Es wird jedoch auch öffentlich auf der Erde errichtet werden, wenn der Herr Jesus aus dem Himmel zurückkehrt und seinen Platz auf seinem Thron auf der Erde einnimmt.

Der erste Teil der Anklage besteht nicht zu Recht. Paulus und Silas haben nirgends gegen die Verordnungen des Kaisers verstoßen. Nirgends werden Christen aufgerufen, das Reich Gottes durch politische Aktivitäten zu errichten, sondern auf den zu warten, der das tun wird.

Mit ihren Aktionen bringen die Juden – und nicht die Prediger des Evangeliums – alle, die ihre Anklage hören, in Aufruhr. Gegner des Evangeliums bringen niemals Ruhe. Das können sie auch gar nicht, denn die Argumente, die sie gegen das Evangelium vorbringen, sind untauglich. Gegner des Evangeliums haben niemals klare Argumente, sondern benutzen eine schwammige Ausdrucksweise, auch wenn sie mit noch so großer Überzeugungskraft reden.

Jason und die, die mit ihm vor die Obersten der Stadt geschleppt wurden, werden aufgrund einer Bürgschaft freigelassen. Man konnte nichts gegen sie unternehmen. Offensichtlich konnte man sie nicht wegen ihres Umgangs mit den „staatsgefährdenden“ Predigern bestraften. Die Obersten der Stadt wollen aber mit der Bürgschaft sicherstellen, dass sie diese Eindringlinge nicht weiter unterstützen.

Paulus und Silas in Beröa

Die Brüder meinen, dass Paulus und Silas Thessalonich verlassen sollten. Es ist für sie viel zu gefährlich, dort zu bleiben. Paulus und Silas hören auf die Brüder. Sie erkannten in dem, was die Brüder sagen, die Stimme des Herrn. Die Brüder bestimmen auch, wohin sie gehen sollen, denn sie senden sie nach Beröa. Paulus und Silas ziehen unbemerkt in der Nacht weg. Nachdem sie in Beröa angekommen sind, gehen sie auf dieselbe Weise vor, wie sie es immer tun: Sie gehen zuerst zur Synagoge der Juden.

Die Juden, die sie in der Synagoge antreffen, beschreibt Lukas als „edler als die in Thessalonich“. Dabei geht es nicht um eine edle Abstammung, sondern um ihre Bereitwilligkeit, mit der sie das Wort aufnehmen. Es geht um eine edle Gesinnung.

Dass sie das Wort bereitwillig aufnahmen, bedeutet nicht, dass sie es ungeprüft aufnahmen. Sie prüften es anhand der Schriften. Sie hörten manches über den Messias und untersuchten anhand des Alten Testaments, ob das, was sie hörten, dem entsprach, was geschrieben steht. Untersuchen bedeutet, Schrift mit Schrift zu vergleichen, also gründlich untersuchen. Sie taten das auch nicht nur bei bestimmten Gelegenheiten, sondern täglich. Durch dieses Studium kamen viele zum Glauben. Solch ein Glaube hat ein solides Fundament der Schrift.

Wir sehen in der Reihenfolge (zunächst bereitwillig aufnehmen und danach untersuchen) einen wichtigen Hinweis für fruchtbringendes Bibelstudium. Es beginnt mit der Gesinnung der Bereitwilligkeit, etwas zu lernen, und danach kommt das Studium der Bibel. Es ist also nicht umgekehrt. Das wäre Bibelstudium ohne die Bereitwilligkeit, das zu tun, was die Bibel sagt. Das führt zu Formalismus und Gesetzlichkeit. Diese Reihenfolge führt nicht zur Kenntnis der Gedanken Gottes, sondern zu Hochmut.

Außen den vielen Juden, die zum Glauben kommen, kommen auch viele griechische Frauen und Männer zum Glauben. Die Frauen werden zuerst genannt, was darauf hinweisen könnte, dass sie in der Mehrzahl waren oder aber, dass sie schneller überzeugt waren als die Männer.

Dieser Sieg des Evangeliums in Beröa kommt den Juden in Thessalonich zu Ohren. Der Bericht schlägt wie eine Bombe ein. Die Wirkung ist daher explosiv. Die Juden aus Thessalonich ziehen nach Beröa. Ihr Neid und ihr Hass auf das Evangelium sind so groß, dass sie bereit sind, siebzig bis achtzig Kilometer zu gehen, um dem Evangelium auch in Beröa zu widerstehen. Sie wirken mit ihren falschen Vorstellungen hinsichtlich des Evangeliums auf die Volksmengen ein. Dadurch entsteht auch dort Unruhe und Aufregung. Auch in Beröa halten die Brüder es für ratsam, dass Paulus weiterzieht.

Der Hass der Juden konzentriert sich auf Paulus. Silas und Timotheus können bleiben, um die Gläubigen in Beröa weiter im Glauben zu unterweisen. Die Brüder schlagen Paulus vor, bis an das Meer zu reisen. Einige Brüder gehen mit Paulus, um ihn zu begleiten. Diese Brüder geleiten ihn sogar bis Athen. Die Begleitung über eine so große Entfernung beweist auch ihre bereitwillige Teilnahme am Evangelium. Sie setzen etwas dafür ein. Von dort aus kehren sie nach Beröa zurück.

Paulus gibt ihnen noch die Botschaft für Silas und Timotheus mit, dass sie so schnell wie möglich zu ihm nach Athen kommen sollten. Er will damit keinen Druck auf ihren Dienst ausüben, sondern möchte sie gern bei sich haben. Er war sehr auf ihre Begleitung angewiesen, weil sie ihn im Dienst unterstützten. Es ist wichtig, dass Diener nicht als Einzelgänger ihren Weg gehen, sondern erkennen, dass sie einander brauchen. Das ist eine Anerkennung der Verschiedenheit der Gaben, die der Herr gegeben hat und die einander ergänzen.

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