Acts 9:4

Die Bekehrung des Saulus

Saulus verhielt sich wie ein Rasender gegenüber der neuen Sekte, für die man das Christentum in der Anfangszeit hielt. Er meinte, Gott damit einen Dienst zu erweisen (Joh 16:2; 3). Der Herr ließ das geschehen, weil Er diesen größten Feind der Gemeinde zum größten Zeugen und Apostel seiner souveränen Gnade in der Gemeinde machen wollte. Seine Bekehrungsgeschichte wird in der Apostelgeschichte dreimal erwähnt, einmal von Lukas (in diesem Kapitel) und zweimal von dem bekehrten Paulus selbst (Kapitel 22 und 26).

Der Tod des Stephanus hatte die feste Absicht des Saulus, die Gemeinde zu verwüsten, noch verstärkt. Dass er Drohung und Mord „schnaubte“, deutet an, dass er sie ausatmete. Das kam von innen heraus. Wohin immer er kam, bewirkte er den Tod der Christen und er spie ihnen in seiner Wut das Gift entgegen. In seinem unersättlichen Durst nach dem Blut dieser Feinde der Religion der Väter beschränkte er sich bei ihrer Verfolgung nicht auf Jerusalem und die Umgebung. Er suchte sie auch in ausländischen Städten auf (Apg 26:11). Damaskus stand ebenfalls auf seiner Liste.

Damaskus hatte eine große jüdische Gemeinschaft mit mehreren Synagogen. Unter ihnen konnte es solche geben, die Christen geworden waren, da sie noch nicht von den Juden getrennt waren. Über diese Synagogen hatte der Hohepriester in Jerusalem noch geistliche Autorität. Die Rechtsprechung des Synedriums galt auch für die Synagogen in ausländischen Städten. Die Obrigkeiten dieser Länder gewährten ihnen eine gewisse Befugnis, weil sie dachten, dass dies der Ruhe ihres Landes dienlich wäre.

Die neue Bewegung, das Christentum, wird hier „der Weg“ genannt Apg 19:9; 23; Apg 22:4; Apg 24:14). Das zeigt die Dynamik des Christentums, wie es sich entwickelte. Es weist vor allen Dingen auf den Herrn Jesus hin, der gesagt hat: „Ich bin der Weg“ (Joh 14:6). Saulus verfolgte mit seiner Reise nach Damaskus das Ziel, dort Männer und Frauen zu fesseln, die „des Weges“ waren, und sie nach Jerusalem zu bringen. Dort sollten sie vor das Synedrium gestellt werden, um verurteilt zu werden.

Doch unterwegs nach Damaskus geschieht das für ihn völlig Unvorhersehbare und auch völlig Unerwünschte, ja, sogar überaus Gehasste. Plötzlich umstrahlte ihn ein Licht aus dem Himmel, so dass er auf die Erde fiel. Saulus wird zu Fuß unterwegs gewesen sein. Dass er als Pharisäer mit dem Pferd ritt, ist sehr unwahrscheinlich. Die Entfernung zwischen Jerusalem und Damaskus beträgt ungefähr zweihundert Kilometer. Die Reise wird daher mehrere Tage gedauert haben. Daher ist auch verständlich, dass die Nachricht von seinem Kommen vorausgeeilt ist und die Christen in Damaskus davon Kenntnis hatten (Apg 9:14). In dem Licht, das ihn umstrahlt, erscheint der Herr Jesus diesem Sohn Abrahams (Apg 9:17; vgl. Apg 7:2).

Die Worte, die der Herr Jesus bei seiner Erscheinung zu Saulus spricht, zeigen, dass Er sich mit den Seinen auf der Erde einsmacht. Indem Saulus die Seinen auf der Erde verfolgt, verfolgt er Ihn. Die völlige Einheit des verherrlichten Herrn im Himmel mit der Gemeinde auf der Erde wird der Inhalt des Dienstes des Saulus, des späteren Paulus, sein. Ihm ist das Geheimnis des Christus offenbart worden, d. h. die Einheit der Gemeinde als ein himmlisches Volk mit dem im Himmel verherrlichten Christus (Eph 3:3-11).

Die Autorität der Person, die redet, ist nicht zu leugnen. Saulus spricht sie unmittelbar mit „Herr“ an, obwohl er noch gar nicht wusste, wer Er war. Deshalb fragt er Ihn anschließend, wer Er sei. Das sind die ersten Worte eines zum Stehen gebrachten und niedergeworfenen Saulus. Die Antwort, die der Herr ihm gibt, wirft ihn auch geistlich völlig zu Boden. „Jesus“ sprach zum ihm!

Der tot geglaubte Jesus schien zu leben und der Herr der Herrlichkeit zu sein. Was für eine schockierende Entdeckung! Dazu kommt, dass Jesus nicht nur der Herr der Herrlichkeit war, sondern Er anerkannte auch die Jünger, die Saulus gefangen nehmen wollte, als eins mit Ihm. Die wehrlosen Schafe, die er verfolgte, hatten in dem Herrn Jesus einen Verteidiger und Beschützer. Darüber hinaus kam er zu der Erkenntnis, dass Eifer für das Judentum Eifer gegen den Herrn bedeutete.

Die Bekehrung des Paulus ist ein Beispiel für die Bekehrung Israels, wenn sie Auge in Auge dem gegenüberstehen werden, den Sie verworfen haben (Sach 12:10). Seine Bekehrung ist auch ein Beispiel für alle anderen Menschen: Wenn der größte Sünder (1Tim 1:15) gerettet wird, gibt es Hoffnung für jeden anderen Sünder, der zwangsläufig ein kleinerer Sünder sein muss.

Der Herr Jesus hat damit begonnen, ein Werk zu tun, das den größten Gegner des christlichen Glaubens zum feurigsten Verfechter dieses Glaubens machte. Um damit fortzusetzen, gibt Er Saulus den Auftrag, aufzustehen und in die Stadt zu gehen. Dort wird ihm gesagt werden, was er tun soll. Der Herr hat ihm persönlich Einhalt in seinem Wüten gegen Ihn geboten. Er wird nun andere dazu gebrauchen, Saulus weiterhin zu formen.

Saulus reiste nicht allein. Es waren Männer bei ihm, von denen wir annehmen können, dass sie ihm bei der Ausführung seines Auftrags halfen. Es liegt auf der Hand, dass es Polizeidiener des Synedriums waren. Auch diese Männer waren durch das plötzliche Licht, das auch sie umstrahlte, zu Boden gefallen (Apg 26:13; 14). Sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand. Das war für sie eine unerklärliche Erscheinung, die sie nicht beschreiben konnten.

Sie teilten alle äußeren Kennzeichen, die die Begegnung ihres Anführers mit dem Herrn der Herrlichkeit begleiteten, doch an der eigentlichen Sache hatten sie keinen Anteil. Der Herr Jesus erschien ihnen nicht, auch verstanden sie seine Worte an Saulus nicht. Sie waren blind und taub für Ihn und seine Worte.

Die Auswirkung der Begegnung ist für Saulus dafür umso beeindruckender. Es gibt kein einziges Widerwort, sein Wille ist gebrochen, sein Herz überwältigt und sein Geist zerschlagen. Er unterwirft sich völlig der Stimme, die zu ihm redete. In der Gegenwart Gottes gibt es weder eine Entschuldigung noch eine Rechtfertigung. Wie ganz anders hatte er sich seine Ankunft in Damaskus vorgestellt. Sein Plan wurde völlig vereitelt.

Ohne dass er etwas dagegen einzuwenden hat, wird er an die Hand genommen und nach Damaskus geführt, um dort einer Gemeinschaft zugefügt zu werden, die er auszurotten suchte. Der, der die Gemeinde hasste und verwüstete, ist wie ein zahmes Lamm geworden, das sich willenlos leiten lässt. Er konnte nicht anders, als sich der Führung anderer zu übergeben, denn er war blind. In diesem Zustand der Blindheit konnte sein Geist durch nichts abgelenkt werden. Seine Blindheit machte ihm auch deutlich, dass er von nun an kein Auge mehr haben sollte für die Pracht und den Glanz des jüdischen Gottesdienstes, der ja auf das Äußere gerichtet war.

Im Licht der Not seiner Seele verschwinden auch die Bedürfnisse des Körpers. Er aß und trank nichts. In diesen Tagen wird ihm wohl das Schreckliche seines Wütens gegen den Herrn bewusst geworden sein (1Tim 1:12-17). Wir lesen nichts davon, dass seine Mitstreiter ihn besuchten und trösten wollten. Doch der Herr beschäftigte sich mit ihm.

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