Daniel 11:29-45

Antiochus IV. Epiphanes

(Dan 11:21) Nach dem Tod von Seleukus IV. ergreift jedoch nicht Heliodorus die Macht, sondern Antiochus IV. Epiphanes. Dieser Mann ist einer der größten Feinde des Volkes Gottes im Alten Testament. Die Römer lassen ihre verachtete Geisel Antiochus IV., den Bruder des Königs Seleukus IV., aus der Gefangenschaft in Rom in seine Heimat zurückkehren. Ihm war das Königtum keineswegs zugedacht. Die Söhne seines Bruders Seleukus IV., Demetrius und Antiochus, haben mehr Anrecht auf den Thron als er. Doch Antiochus IV. schafft es, sich die Herrschaft durch Schmeichelei und Freundlichkeit anzueignen. Auch Heliodorus muss vor ihm weichen.

(Dan 11:22) Jeder Widerstand, alles, was diesem übermächtigen Antiochus IV. Epiphanes im Weg steht, wird von ihm aus dem Weg geräumt. Nichts kann sein Durchsetzungsvermögen aufhalten. Der „Fürst des Bundes“ ist der Hohepriester Onias III., der 175 v. Chr. von Antiochus IV. abgesetzt und ins Exil geschickt („überschwemmt“) wurde. 171 v. Chr. wurde Onias III. ermordet („zertrümmert“).

(Dan 11:23) In Jerusalem gibt es eine vom orthodoxen Judentum abgefallene hellenistisch gesinnte Partei. Diese Gruppe wird von Jason, dem Bruder Onias' III., angeführt. Diese Partei hat viel Einfluss in Israel. Daher gelingt es ihr, einen Bund mit Antiochus IV. Epiphanes zu schließen. Sie will einen heidnischen Lebensstil in Israel einführen und hofft so auf ein friedlicheres und angenehmeres Zusammenleben mit anderen Völkern. Aber das Gegenteil ist der Fall! Die anfängliche Freundlichkeit des syrischen Königs Antiochus Epiphanes gegenüber den Juden ist nichts anderes als Täuschung und Betrug.

Nach seinem ersten Feldzug gegen Ägypten reist Antiochus Epiphanes auf dem Heimweg durch Israel. Er geht nach Jerusalem, um dort seine Macht zu festigen. Als er in Ägypten ist, gibt es in dieser Stadt große militärische Unruhen. Das müssen die Juden bezahlen! Obwohl er nur wenige Leute bei sich hat, erobert er die Stadt ohne Probleme. Die ihm wohlgesonnene hellenistische Partei der Juden öffnet ihm die Tore. Daraufhin plündert Antiochus den Tempel und richtet ein grässliches Blutbad an.

(Dan 11:24) Antiochus Epiphanes plündert Israel mehr aus als alle seine Vorfahren. Die Mitglieder der hellenistischen Partei der Juden, die hinter ihm stehen, werden von ihm mit Geldzuwendungen und Jobs belohnt. Auch griechische Offiziere und Beamte profitieren von seiner Beute. Unter seinen Grausamkeiten hat die befestigte Stadt Jerusalem unbeschreiblich zu leiden. Aber zu ihrem Trost kommt hinzu, dass dieses Leiden nicht dauerhaft sein wird. Wir wissen, dass Gott seine Zeit bestimmt hat.

(Dan 11:25; 26) Die in den Dan 11:25-27 beschriebenen Ereignisse liegen vor denen in den Dan 11:23b; 24. Die Ereignisse der Dan 11:23b; 24 finden in der Zeit ab 175 v. Chr. statt. In Dan 11:25 sind wir wieder im Jahr 170 v. Chr. In seinem Durst nach Expansion seines Reiches beginnt Antiochus Epiphanes in diesem Jahr mit einer großen Armee den sogenannten „Sechsten Syrischen Krieg“ gegen „den König des Südens“, also Ägypten. Zu diesem Zeitpunkt sitzt sein noch minderjähriger Neffe Ptolemäus VI. Philometor in Ägypten auf dem Thron. Dies scheint für Antiochus Epiphanes eine günstige Gelegenheit zur Erweiterung seines Reichs zu sein.

Ptolemäus versucht, den Angreifer mit einer großen und mächtigen Armee zu stoppen, verliert aber den Kampf. Er versucht zu fliehen, entkommt aber seinem Onkel nicht. Die Stadt Alexandria, die im Gegensatz zu einem großen Teil Ägyptens nicht von Antiochus Epiphanes erobert werden kann, ruft daraufhin verräterisch den jüngeren Bruder von Ptolemäus VI. zum König aus. Das sind die Pläne, die gegen Ptolemäus von denen ausgeheckt werden, „die seine Tafelkost essen“. Sie „werden ihn zugrunde richten“. Dieser innere Verrat führt zu seiner Niederlage.

(Dan 11:27) Als die beiden Könige, Antiochus Epiphanes und Ptolemäus, nach dem Krieg, den Antiochus gewonnen hat, zusammen am Tisch sitzen, ist es, als ob sie miteinander Frieden hätten. In einem Vertrag erkennt Ptolemäus VI. seine Unterwerfung unter Antiochus Epiphanes an, hält sich aber nicht an diesen Vertrag. Antiochus wiederum will ganz Ägypten erobern und unterstützt deshalb Ptolemäus in seiner Absicht, gegen seinen Bruder zu kämpfen, der in Alexandria zum König erklärt wurde. Beide Könige handeln gemäß ihrer eigenen falschen Natur.

Die Abkommen zwischen Ägypten und Syrien erreichen jedoch nicht ihr Ziel. Dies liegt daran, dass „das Ende sich verzieht“. diese Entwicklungen müssen also deshalb noch andauern, weil das Ende, das Gott im Sinn hat, noch nicht kommen kann. Das bedeutet: Die Zeit des Endes der Unterdrückung Israels ist noch nicht gekommen.

(Dan 11:28) Antiochus Epiphanes verlässt Ägypten mit einer beispiellosen Kriegsbeute. Er hätte auch gerne Alexandria eingenommen, aber Berichte über Unruhen in Syrien zwingen ihn, vom Kriegsschauplatz abzuziehen. Sein Hass gegen den Glauben an den Gott der Bibel ist enorm. Als er auf dem Rückweg nach Jerusalem zurückkehrt, begeht er dort die größten Gräueltaten und gebraucht die schamloseste Sprache. Sein Hass zielt auf die ab, die nach dem „heiligen Bund“ leben und Gott im Verborgenen treu bleiben. Nachdem er seinem Abscheu über Gott und das, was Ihm gehört, freien Lauf gelassen hat, kehrt er in sein Land zurück.

(Dan 11:29; 30) 168 v. Chr. beginnt Antiochus Epiphanes einen neuen Krieg gegen Ägypten. Einer der Gründe dafür ist die Nachricht von der Versöhnung zwischen seinen beiden Neffen. Allerdings führt dieser Angriff, im Gegensatz zu den anderen, ganz und gar nicht zum Erfolg. Es kommen „Schiffe von Kittim“ gegen ihn. Der Ausdruck „Schiffe von Kittim“ scheint sich auf Zypern zu beziehen, kann aber auch weiter gefasst werden und die Länder des Mittelmeerraums unter der Herrschaft der Römer mit einschließen. Die Ankunft der Römer schreckt den König des Nordens ab, so dass er umkehrt. Sein Rückweg führt durch Palästina. Unterwegs lässt er seinen ganzen wütenden Zorn an den Juden aus. Dabei ist ihm die abtrünnige Partei der Juden, die den heiligen Bund verlassen haben (also die treulosen, abtrünnigen Juden) erneut sehr von Nutzen.

Die Geschichte zeigt uns: Als Antiochus Epiphanes mit seiner Armee nach Alexandria marschiert, tritt ihm eine römische Gesandtschaft entgegen, angeführt vom Konsul Gajus Popilius Laenas. Der Konsul überbringt ihm die ultimative Forderung, Ägypten innerhalb einer bestimmten Frist zu verlassen. Als sich der listige Syrerkönig Antiochus Bedenkzeit erbittet, zieht der Konsul Popilius mit einem Stab im Sand einen Kreis um ihn und spricht: „Hier musst du dich entscheiden!“ Antiochus Epiphanes knirscht mit den Zähnen und ist voller ohnmächtiger Wut. Er sieht sich gezwungen, sich dem eisernen und unbeugsamen Willen der römischen Macht zu unterwerfen.

Tief gedemütigt kehrt Antiochus Epiphanes heim. Auf diesem Weg zieht er wieder durch Israel. Dort lässt er seiner feurigen Wut freien Lauf und gießt sie über die gottesfürchtigen Juden aus. Die abtrünnige Partei der Juden, die als „die den Heiligen Bund verlassen“ bezeichnet wird, ist für ihn einmal mehr von großem Nutzen.

(Dan 11:31) Um 167 v. Chr. sendet Antiochus Epiphanes seinen Steuereintreiber Apollonius mit einer mächtigen Armee nach Jerusalem. Dieser greift Jerusalem aus einem gemeinen Hinterhalt an, plündert die Stadt, entfacht Brände, ermordet unzählige Juden, lässt Frauen und Kinder – wenn sie nicht in der Lage waren zu fliehen – wegführen, reißt die Stadtmauern nieder und errichtet eine Terrorherrschaft über Jerusalem. Er verwandelt die Stadt Davids in eine befestigte Stadt und setzt dort eine Besatzungsmacht ein.

Dann wird der Gottesdienst im Tempel abgeschafft. Dies geschieht im Dezember 167 v. Chr. Das Halten der göttlichen Gebote des Alten Testaments wird bei Todesstrafe verboten. Der Brandopferaltar wird zum Zeusaltar gemacht. Man errichtet ein Götzenbild des Zeus, das die Gesichtszüge von Antiochus Epiphanes trägt.

Die Verständigen

(Dan 11:32) Antiochus Epiphanes versucht nicht nur durch Gewalt, sondern auch durch Schmeicheleien, die Juden zum Abfall von dem Gott der Bibel zu bringen. Bei denen, die schon früher keine Entschiedenheit für die göttlichen Offenbarungen an den Tag gelegt hatten, kommt er auch zu seinem Ziel. Er hebt nicht nur den Gottesdienst für den wahren Gott auf, sondern bezieht auch die abtrünnigen Juden mit ein.

In Israel gibt es jedoch eine große Anzahl Juden, die dem Gott ihrer Väter auch in größter Not treu bleiben wollen. Hier begegnen wir den Makkabäern. Sie widersetzen sich den schrecklichen Praktiken des Antiochus Epiphanes und kämpfen für die Wiederherstellung des Dienstes im Tempel. Der Priester Mattatias startet zusammen mit seinen fünf Söhnen den Widerstand gegen den Abfall.

Mit seinen Söhnen und allen, die sich ihnen anschließen, geht er in die Wildnis und führt von dort aus einen Guerillakrieg gegen die syrische Besatzungsmacht und gegen die abgefallenen Juden. Auch die Götzenaltäre vernichten sie, so weit es geht. Nach dem Tod des Priesters Mattatias führen seine Söhne Simon und Judas den entschiedenen Kampf weiter.

Der Aufstand der Makkabäer hat ein phänomenales Ergebnis. Die gesetzestreuen Juden schlagen in vielen Schlachten die syrischen Armeen so sehr zurück, dass sie die Kontrolle über Jerusalem wiedererlangen. Am 4. Dezember 164 v. Chr. wird der Tempel neu eingeweiht. Das Gedenken daran wird im Neuen Testament erwähnt (Joh 10:22).

(Dan 11:33) Die gesetzestreuen Juden, die „Verständigen“, wollen die Massen des jüdischen Volkes aufrufen, dem lebendigen Gott und seinem Wort treu zu sein. Doch in diesen verwirrten Zeiten müssen sehr viele ihre Hingabe an Gott mit dem Leben bezahlen. Ihnen werden die grausamsten und vielfältigsten Qualen auferlegt. „Schwert und Flamme“ sowie „Gefangenschaft und Raub“ machen ihr Leben unerträglich. Der Autor des Hebräerbriefes verweist im Kapitel der Glaubenshelden auf diese Situation, die auch diese „Verständigen“ nicht verschont (Heb 11:35b-37).

Die „Verständigen“ sind die Makkabäer und solche, die ihnen helfen. Vieles wurde von ihnen in Bezug auf den Dienst im Tempel erreicht. Sie sind von Gott gestärkt worden. Das hebräische Wort für „Verständige“, Maskilim, bedeutet: „durch Unterricht verständig gemachte“. In der Schule Gottes wurden sie in Weisheit und Verständnis ausgebildet. Das ist gesammelte Erfahrung. Weisheit ist Erfahrungswissen – man weiß, wie man sich zu verhalten hat, besonders in der Endzeit.

Die Verständigen, die handeln, wurden im Verborgenen ausgebildet. Verständnis ist nicht an ein Mindestalter gebunden. Daniel ist bereits als junger Mann ein Verständiger (Dan 1:3-6; 19; 20). Gott beginnt in der Endzeit sein Werk der Wiederherstellung unter seinem Volk durch die Verständigen. Sie unterrichten in der Gerechtigkeit. Diese Verständigen sind ein Überrest. In der großen Drangsal kommt ihnen große Bedeutung zu (Hos 14:10; Ps 107:43; Jak 3:13-18).

(Dan 11:34) Die treuen Juden haben, wie wir gesehen haben, enorme militärische Erfolge erzielt, wiewohl auch viele von ihnen in dieser Zeit als Märtyrer haben leiden müssen. „Eine kleine Hilfe“ bezieht sich auf diese Erfolge sowie auf den Widerstand von Mattatias. Die „große Hilfe“ wird erst kommen, wenn der Messias in das Weltgeschehen eingreift und eine weltweite Friedensherrschaft aufrichtet.

Es ist klar, dass die glänzenden Siege der Makkabäer viele treulose Juden dazu veranlassen, sich ihnen anzuschließen. Dies geschieht mit unaufrichtigen Motiven und ohne dass ihre Herzen für die Wahrheit des lebendigen Gottes erwärmt worden wären. Diese „Mitläufer“ schließen sich nur deshalb an, weil es ihnen als die günstigste Wahl erscheint.

(Dan 11:35a) Auch die Verständigen müssen geläutert, gereinigt und weiß werden. Läuterung ist das, was im Blick auf ihren Verstand geschieht; Reinigung hat mit ihrem Verhalten, ihrem Äußeren zu tun (vgl. Spr 25:4; Mal 3:3a). Das Ergebnis ist reines Weiß, sowohl des Geistes als auch des Verhaltens. Das Ziel der syrischen Macht wird mit den Verfolgungen dieser Zeit in keinerlei Weise erreicht.

Die Glaubenstreue derer, die das Märtyrertum ertragen müssen, führt in vielen Fällen zu einem Umdenken und einem noch entschiedeneren Ja zum in der Heiligen Schrift geoffenbarten Willen Gottes. Dies macht ihren Glauben noch reiner. Im Lauf der Jahrhunderte und bis heute ist die Treue der Juden in dieser Zeit ein Anreiz für viele Gläubige gewesen, in Verfolgung und Schwierigkeiten auszuharren!

(Dan 11:35b) Der zweite Teil des Verses macht deutlich, dass die Verfolgungen in der Zeit der Makkabäer noch nicht die „Zeit des Endes“ sein können. Zwar ist hier vieles ähnlich wie in der Endzeit, aber nach diesen Verfolgungen hat die weltweite Herrschaft des Herrn Jesus noch nicht begonnen. Noch müssen Zeiten vergehen, bis Gottes Verheißungen in Verbindung mit der Endzeit erfüllt sein werden.

Der Antichrist und seine Religion

(Dan 11:36) In diesem Vers wird ein Sprung gemacht bis zur Endzeit, d. h.: Die in diesem Vers beschriebenen Ereignisse werden erst in der Endzeit ihre volle und wahre Erfüllung finden. Der Ausdruck „der König“ erscheint hier zum ersten Mal in diesem Kapitel. Der König des Südens oder der König des Nordens wurden schon immer erwähnt. „Der König“ ist zwar noch immer Antiochus Epiphanes, doch wird er hier nachdrücklich „der König“ genannt, ohne Hinzufügung von „des Südens“ oder „des Nordens“, denn von diesem Vers an verkörpert er eindeutig den Antichrist. Was hier über Antiochus Epiphanes gesagt wird, gilt eigentlich und im vollen Sinn für den Antichrist.

Wenn wir diesen Vers mit etwas Kenntnis von dem Charakter des Antichrists betrachten, sehen wir, wie das Gesagte voll auf ihn zutrifft. In gewissem Maß gilt diese Beschreibung auch für Antiochus Epiphanes, aber wir haben gesehen, dass er von den Römern gezwungen wurde, sich zu demütigen. So etwas sehen wir bei dem Antichrist nicht. Der Antichrist handelt nach eigenem Gutdünken, also völlig unabhängig und eigenmächtig. An Gott denkt er überhaupt nicht; Gott wird komplett ignoriert.

Das zweite Merkmal des Antichrists ist, dass er sich selbst über jeden Gott erhebt. Er duldet nicht, dass außer ihm noch irgend jemand sonst verehrt wird. Nicht nur, dass er Gott ignoriert; er setzt ihn auch beiseite und macht sich selbst zu Gott.

Das dritte Merkmal ist, dass er seinen großen Mund gegen den höchsten, einzigen, wahren Gott aufreißt. Hier provoziert er Gott. Was Paulus über den Antichrist an die Thessalonicher schreibt (2Thes 2:3; 4), entspricht dem, was wir hier in Daniel über „den König“ lesen (vgl. Off 13:11-18).

Scheinbar kann ihn niemand in seiner Gottlosigkeit aufhalten oder ihm das Maul stopfen. Es scheint so, als könne er sein Geschäft ungestört weiter treiben. Aber Gottes Gericht über ihn wird zu der von Gott bestimmten Zeit kommen. Der Antichrist wird seinen eigenen Weg gehen können, bis sich erfüllt hat, was Gott über sein Volk beschlossen hat. Der Zorn, von dem hier gesprochen wird, ist der Zorn Gottes über sein Volk wegen Götzenverehrung und Ablehnung seines Sohnes. Wie Antiochus Epiphanes, ist auch der Antichrist eine Zuchtrute in der Hand Gottes, die Er in seinem Zorn gebraucht (vgl. Jes 10:5).

(Dan 11:37) Auch dieser Vers handelt von Antiochus Epiphanes; darüber hinaus geht es aber auch um den Antichrist. Der Antichrist ist ein Jude, aber er achtet nicht auf den Gott seiner Väter. Mit „der Sehnsucht der Frauen“ ist der Messias gemeint, dessen Mutter jede jüdische Frau werden möchte. Er ignoriert also auch den Messias Gottes, denn er wird sich selbst als solcher präsentieren. Es geht nur um ihn. Er beansprucht alle Ehre für sich. Noch einmal wird betont, dass er sich selbst als Gott sieht. Er beansprucht den ersten Platz und duldet niemanden neben, geschweige denn über sich.

(Dan 11:38) Während er einerseits niemanden über oder neben sich duldet und einziger Gegenstand der Anbetung sein will, hat er selbst auch einen Gegenstand der Anbetung. Seine Huldigung gilt dem „Gott der Festungen“. Damit ist seine militärische Macht gemeint. Dieser Gott kannte seine Väter nicht, weil sie sich auf Gott, und nicht auf ihre militärische Stärke verließen.

Der Antichrist verehrt seine militärische Macht als Gott. Das ist seine Stärke. Darauf verlässt er sich. Darauf beruht seine Kontrolle über die umliegenden feindlichen Länder. Um diesem Gott das Notwendige zu geben, wendet er alles wertvolle Material auf. Er verfügt über das technologische Wissen und kauft alles, was notwendig ist, um sich mit den modernsten Waffen zu versorgen.

(Dan 11:39) Neben seinem eigenen Militärapparat erhält der Antichrist auch Unterstützung vom Diktator des wiederhergestellten weströmischen Reiches, des vereinten Europas, mit dem er ein Bündnis eingehen wird. Wie wir bereits gesehen haben, wird sich dies als ein Bund mit dem Tod erweisen (Dan 9:27; Jes 28:15a). Er wird alle belohnen, die seine Politik verteidigen. Sie werden Führungspositionen empfangen, in denen sie Macht über andere ausüben können.

Auch seine treuen Anhänger wird er wegen ihrer Loyalität ihm gegenüber mit Grundstücken in „dem Land“, also Israel, belohnen. Nur wer öffentlich Götzendienst betreibt und den Antichrist anerkennt, kann kaufen und verkaufen (Off 13:16; 17). Die treuesten Diener empfangen große Belohnungen. Hinsichtlich der Anwendung auf die Endzeit befinden wir uns nun in der zweiten Hälfte der letzten Jahrwoche.

Der zukünftige König des Nordens

(Dan 11:40) Die Geschichte geht hier weiter. Der König des Südens wird „mit ihm“, also dem König der vorangegangenen Verse, „zusammenstoßen“. Dieses „ihm“ lässt uns zunächst an Antiochus Epiphanes als König des Nordens denken. Allerdings sehen wir hier noch deutlicher als in den vorangegangenen Versen: Es geht um die Endzeit, denn in diesem Vers lesen wir von einem Ereignis „zur Zeit des Endes“.

Die in den Dan 11:36-39 genannten Eigenschaften zeigen uns die deutliche Parallele zwischen Antiochus Epiphanes und dem Antichrist. Es sei daran erinnert, dass in Dan 11:36 von „dem König“ die Rede ist und dass es bis einschließlich Dan 11:39 immer um „den König“ geht; ohne das in den vorherigen Versen konsequent hinzugefügte „des Nordens“. So verblasst der Gedanke an „den König des Nordens“ und tritt in den Hintergrund, was nun den Raum schafft, an den Antichrist zu denken.

Als Bild vom Antichrist hat Antiochus Epiphanes den Gottesdienst der Juden zu einer Religion des Glaubensabfalls von Gott gemacht. So wird auch die abgefallene Masse zur Anbetung des Diktators des wiederhergestellten weströmischen Reiches gebracht, für den der Antichrist ein Götzenbild im Tempel aufstellen lässt. Er ist der Feind innerhalb des Volkes Gottes.

Ab Dan 11:40 wird jedoch wieder vom „König des Nordens“ gesprochen, der nun aber explizit mit der Zeit des Endes oder der Endzeit verbunden ist. Das bedeutet, dass wir hier nicht mehr an den historischen Antiochus Epiphanes denken sollten, sondern an jemanden, der sich in der Endzeit als der Feind von außerhalb des Volkes zeigen wird. Hier wird Antiochus Epiphanes aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: Er ist nicht nur der religiöse Feind der Juden; er ist auch ihr politischer Feind. Als König des Nordens ist er darauf aus, Israel vom Erdboden auszulöschen.

Das ist es, was wir in den Dan 11:40-45 vor uns haben. Hier sehen wir nicht mehr den historischen Antiochus Epiphanes, sondern den zukünftigen König des Nordens. Wie wir schon beim Antichrist gesehen haben, wird diese Person ganz so wie der historische Antiochus Epiphanes handeln.

Der Grund für die Offenbarung seiner Feindschaft gegen das jüdische Volk ist ein Angriff des Königs des Südens auf „ihn“, den König des Nordens. Es kann auch sein, dass mit „ihm“ der Antichrist gemeint ist. Jedenfalls wird die Initiative zu dieser Konfrontation zwischen den beiden Königen in der Endzeit vom König des Südens ergriffen. Jede Bewegung des Königs des Südens auf den König des Nordens, wird vom König des Nordens als Kriegserklärung gesehen.

Der König des Nordens wird seine Armeen mobilisieren, seine Flotte einsetzen und mit einer großen Machtdemonstration Ägypten angreifen. Er wird auch andere Länder aufsuchen und sie an seinen Siegeswagen hängen. Diese Länder wird er wie eine überwältigende Flut „überfluten“ (vgl. Jes 8:7; 8; Jes 10:22; Jes 28:17; Dan 9:27).

(Dan 11:41-43) In seinem Kriegsgebaren als Reaktion auf den Angriff Ägyptens wird Syrien, neben vielen Ländern, auch das Land Israel betreten, das hier „das Land der Zierde“ genannt wird (vgl. Dan 8:9; Dan 11:16; Hes 20:6). Einige Länder und Personen werden jedoch der Eroberung des Königs des Nordens entkommen: Edom, Moab und die Vornehmsten der Kinder Ammon. Diese Länder liegen auf dem Gebiet des heutigen Jordaniens.

Ein Grund, warum diese Länder nicht unter die Macht des Königs des Nordens geraten, könnte sein, dass Gott diese alten Feinde selbst richten wird, und zwar durch die Gottesfürchtigen seines Volkes, die dann im Land sind (Jes 11:13; 14). Auf diese Weise wird Gott sicherstellen, dass die ehemaligen Feinde Israels ihre gerechte Strafe genau durch das Volk empfangen, dem sie sich zu widersetzen und das sie zu benachteiligen suchten.

Der König des Nordens zieht dann weiter nach Süden, um Ägypten anzugreifen. Im Gegensatz zu den drei gerade erwähnten Ländern, wird Ägypten dem Griff des Königs des Nordens nicht entkommen. Aufgrund seiner natürlichen Ressourcen genießt Ägypten großen materiellen Wohlstand, zumal es auch zum großen Zentrum des West-Ost-Handels in diesem Teil der Welt geworden ist. All diesen Reichtum nimmt der König des Nordens in Besitz. Libyen und Kusch (oder Äthiopien), die südlichen Verbündeten Ägyptens, werden ebenfalls das Schicksal Ägyptens teilen und vom König des Nordens unterjocht werden.

(Dan 11:44; 45) Während der König des Nordens Krieg führt, hört er Gerüchte aus dem Osten und dem Norden. Was es damit auf sich hat, ist nicht ganz klar. Es gibt jedoch einige Hinweise auf eine mögliche Bedeutung dieser Gerüchte. An anderer Stelle lesen wir über „Könige ..., die von Sonnenaufgang her kommen“ (Off 16:12). Es könnte auch sein, dass die Gerüchte aus dem Osten durch die Rückkehr des geflohenen Überrestes in das Land verursacht werden, der die Besatzungstruppen zurücktreibt (Sach 12:4-6; Joel 4:11; Mich 5:4-8; Sach 10:3; 5; 6a).

Die Gerüchte aus dem Norden sind auf die Ankunft von Verbündeten zurückzuführen, die Israel zu Hilfe eilen. Dabei können wir an die Armeen des wiederhergestellten weströmischen Reiches denken, an das vereinte Europa, das seinem Verbündeten Israel zu Hilfe eilt und von Norden her in dem Land intervenieren wird. Die Armeen des vereinten Europas werden nach Harmagedon vordringen (Off 16:16).

Sie glauben, aus ihrer eigenen Macht heraus zu handeln; dabei ist es jedoch die geheimnisvolle Kraft Gottes, die sie dorthin führt, um sie dort zu richten. Harmagedon ist eine Ebene im Norden Israels, die sich sehr gut für einen großen Truppenaufmarsch eignet. Was von den Medien – wahrscheinlich – als Hilfsaktion für das bedrohte Israel dargestellt wird, ist in Wirklichkeit eine Kriegsoffensive gegen das Lamm (Off 19:19).

Durch diese Gerüchte wird der König des Nordens seinen Siegeszug im Süden unterbrechen. Er wird vor Wut kochen und nach Israel zurückkehren, um den Aufstand, der dort stattfindet, niederzuschlagen. Dabei wird er nichts und niemanden verschonen. Sein Ziel ist es, viele zu vernichten und zu vertilgen.

Dann lesen wir, dass er „seine Palastzelte“, also sein Hauptquartier, „zwischen dem Meer und dem Berg der heiligen Zierde“ aufschlagen wird (Dan 11:45). „Das Meer“ ist das Mittelmeer, und „der Berg der heiligen Zierde“ ist der Tempelberg in Jerusalem.

Wenn er Jerusalem zum zweiten Mal auf diese Weise belagert, wird die Not des treuen Überrests einen Höhepunkt Erreichen. Sie leiden schon enorm unter dem Antichrist im Land und werden nun auch noch vom König des Nordens bedroht. Diese letzte Bedrohung von außen und die daraus resultierende Not teilen sie mit der gottlosen Masse. Der treue Überrest muss eine doppelte Feindschaft ertragen: von innen, durch den Antichrist, und von außen, durch den König des Nordens.

Doch in der größten Not naht die Erlösung für den Überrest, wie auch das endgültige Gericht über die gottlose Masse. Die Erlösung kommt aus der Luft, denn dies ist der Moment, in dem der Herr Jesus auf die Erde kommt und seine Füße auf den Ölberg stellt (Sach 14:3; 4a). Dann tötet er den König des Nordens. Hier wird dies nicht so wortreich gesagt. Es heißt einfach, aber um so durchdringender: „Er wird zu seinem Ende kommen, und niemand wird ihm helfen.“ Er, der sich so seiner Stärke rühmte und glaubte, tun zu können, was er will, wird getötet, ohne dass ihm jemand hilft. Niemand ist in der Lage, sein Gericht abzuwenden.

Dass der zukünftige König des Nordens bei Jerusalem getötet wird, ist ein weiterer Beweis dafür, dass es sich nicht um den historischen Antiochus Epiphanes handeln kann. Nach außerbiblischer Geschichtsschreibung wurde diese historische Figur nicht in Jerusalem getötet, sondern starb in Persien an einer Krankheit.

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