Ezekiel 17:9

Einleitung

Dieses Kapitel ist ein Übergangskapitel. Das vorherige Kapitel handelt von der gemeinschaftlichen Verantwortung Jerusalems. Im nächsten Kapitel geht es um die persönliche Verantwortung. In diesem Kapitel geht es um Zedekia, den König von Juda. Er ist der Vertreter des Volkes, während er auch persönlich vor Gott verantwortlich ist.

Zedekia, der damalige Führer in Jerusalem, wird dem zukünftigen Sohn Davids gegenübergestellt, der Gottes Volk führen wird. Ersterer wird mit einem niedrigen Weinstock verglichen (Hes 17:2-21), letzterer mit einer stattlichen Zeder (Hes 17:22-24).

Gleichnis von den zwei Adlern

Das Wort des HERRN ergeht an Hesekiel (Hes 17:1), wobei der HERR ihn wieder als „Menschensohn“ anspricht (Hes 17:2). Hesekiel soll dem Volk ein Rätsel aufgeben und ein Gleichnis sprechen. Ein Rätsel ist eine geheimnisvolle Aussage, die indirekt ausgesprochen wird und eine Erklärung erfordert. Wie ein Gleichnis stellt ein Rätsel eine geistliche Wahrheit durch greifbare Bilder dar. In den Hes 17:11-21 erklärt es der HERR selbst. Gleichnisse und Rätsel werden verwendet, um die Aufmerksamkeit zu erregen und die Zuhörer zum Nachdenken anzuregen.

Der große, schöne Adler (Hes 17:3) steht für Nebukadnezar (Hes 17:12), der König der Könige ist, wie der Adler König der Vögel ist. Seine großen Flügel und langen Federn weisen auf große Macht und Herrschaft über ein riesiges Gebiet hin. Die Vielfarbigkeit verweist auf die Vielfalt der Völker, die er sich unterworfen hat. Der Libanon, zu dem der Adler kommt, steht für Jerusalem, denn der Palast und der Tempel sind aus Zedernholz vom Libanon gebaut. David und Salomo verwendeten viel Zedernholz für ihre Gebäude; Salomo hat Zedernholz in Jerusalem übermäßig verwendet (1Kön 10:27; 2Chr 1:15).

Die „Zeder“ ist ein Bild für das Haus Davids. Der „Wipfel einer Zeder“ steht für Jojakin, den Enkel Josias, den letzten Nachkommen der königlichen Linie. Er ist „der Oberste“ (Hes 17:4). Zusammen mit ihren „Schösslingen“, d. h. mit einigen weiteren angesehenen Personen, wird Jojakin in „ein Händlerland“ – das ist das Land der Chaldäer – gebracht und „in eine Stadt der Kaufleute“ – das ist Babel – gesetzt (Hes 16:29; 2Kön 24:8-16).

Dann nimmt der Adler von „dem Samen des Landes“ und setzt ihn ins „Saatfeld“, das heißt, er setzt Zedekia als König über das fruchtbare Juda ein (Hes 17:5a; 2Kön 24:17). Durch die Güte des babylonischen Königs kann sich das Reich unter Zedekia eine Zeit lang gut entwickeln (Hes 17:5b; 6). Es wächst zwar in die Breite, aber ist „von niedrigem Wuchs“, d. h. untergeordnet.

Anstatt sich der Herrschaft Babels zu unterwerfen, will Zedekia das Joch Babels abschütteln (2Kön 24:20b). Zu diesem Zweck wendet er sich an „einen anderen großen Adler“, nämlich an Ägypten (Hes 17:7; Hes 17:15). Von ihm erwartet er seine Hilfe, durch ihn will er groß und stark werden und nicht durch den König von Babel, durch den er doch „zu einem herrlichen Weinstock“ geworden ist (Hes 17:8).

Der HERR spricht sein Urteil über ihn aus (Hes 17:9). Zedekias Bemühungen, seine Wurzeln zu benutzen, um dem anderen großen Adler seine Lebenskraft zu entziehen, werden nichts bringen. Im Gegenteil, man wird ihm seine Wurzeln ausreißen, d. h., er wird seine Unabhängigkeit und seine Nachkommenschaft verlieren. Auch alles, was noch schön ist, alle seine Fürsten, werden mit Zedekia verdorren. Es wird nicht viel Kraft oder ein zahlreiches Volk nötig sein, um ihn seiner ganzen Herrlichkeit zu berauben. Der Ostwind (Hes 17:10), d. h. der König von Babel, wird ihn richten, während Ägypten ihm keine Hilfe geben kann (Jer 37:5-10). Jerusalem wird zerstört und Zedekia entthront werden.

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