Galatians 2:10

Paulus mit und gegen Petrus

Gal 2:6. Paulus ist noch immer damit beschäftigt, die Anschuldigung seitens der falschen Brüder, dass zwischen ihm und den zwölf Aposteln keine Übereinstimmung sei, zu entkräften. Ein Bruch zwischen ihm und den Aposteln wäre natürlich Wasser auf die Mühlen dieser Menschen. Bevor Paulus zeigt, wie einmütig sie waren und dass von einem Bruch überhaupt keine Rede sein konnte, betont er noch einmal, dass er von den Zwölfen nichts bekommen hat, was für sein Predigen nötig gewesen wäre. Darum sagt er auch: „denn mir haben die Angesehenen nichts hinzugefügt“. Er will damit sagen, dass die Zwölf oder auch andere am Inhalt des Evangeliums, das er verkündigte, nichts auszusetzen hatten. Sie konnten seiner Botschaft nichts hinzufügen.

Gal 2:7. Die Autorität zu seinem Predigen leitete Paulus allein von Christus ab und nicht von der herausragenden Stellung, die die Zwölf einnahmen. Damit setzte er sie nicht herab. Er anerkennt sie an dem Platz, den sie von Gott bekommen haben, und sie anerkennen die Stellung, die er von Gott bekommen hat. Paulus und die Zwölf predigten kein unterschiedliches Evangelium, sondern jeder hat für die Verkündigung des Evangeliums ein eigenes Arbeitsfeld, ein eigenes Publikum von Gott bekommen.

Gal 2:8. Gott gab Paulus eine Aufgabe unter den Nationen, den Unbeschnittenen, und Petrus und den anderen gab er eine Aufgabe unter den Juden, den Beschnittenen (vgl. 2Kor 10:13). Auch du hast von Ihm eine Aufgabe mit einem eigenen Gebiet bekommen, das ist die Umgebung, wo du dich befindest.

Gal 2:9. Es muss eine prächtige Szene gewesen sein, die fünf Männer dort beieinander. Du siehst sie dort stehen, sie geben einander die Hand und verpflichten sich, zusammen der Welt der Juden und der Nationen das Evangelium zu predigen. Das ist eine echte „Verbrüderung“. Keine Eifersucht, kein Konkurrenzkampf, sondern zusammen dasselbe Ziel anstreben, gemeinsam von der Notwendigkeit überzeugt, das Evangelium zu predigen. (Nebenbei bemerkt: Vier dieser fünf Männer haben zusammen 22 von den insgesamt 27 neutestamentlichen Bibelbüchern geschrieben.) Indem sie sich die rechte Hand reichen, bringen sie die Gemeinschaft im Werk für den Herrn zum Ausdruck. Seitens der Jerusalemer Brüder bedeutet das auch die Anerkennung der speziellen Sendung des Paulus zu den Nationen. Der Unterschied bezüglich des Arbeitsgebietes von Paulus und Petrus ist auch wichtig im Blick auf die Kirchengeschichte. Wie oft wird von Petrus gesagt, dass er das Haupt der Kirche sei, wobei Gott doch durch Paulus seine Kirche (die Gemeinde) unter den Nationen errichtet hat. Der Anspruch der römisch-katholischen Kirche auf Petrus als den ersten Papst ist daher völlig unberechtigt.

Gal 2:10. Nachdem die „Arbeitsteilung“ bestätigt ist, gehen die Fünf auseinander. Die einzige Bitte, die Paulus mitbekommt, hat mit der Fürsorge für die Armen zu tun. Über die Verkündigung des Wortes wird ihm also nichts gesagt. Hier siehst du, wie der große Apostel nicht nur für die Seele, sondern auch für den Leib des Mitgläubigen besorgt war. In Hebräer 13 und 1. Korinther 16 werden auch wir da-zu angehalten (Heb 13:16; 1Kor 16:2).

Gal 2:11. Hier liest du von der dritten Begegnung von Paulus und Petrus. Die erste Begegnung ist in Kapitel 1 und die zweite in Kapitel 2 (Gal 1:18; Gal 2:1-10). Diese Begegnung verläuft nicht so freundlich wie die beiden vorigen. Man kann sich fragen, wie es möglich war, dass Petrus so handelte, sodass Paulus ihm öffentlich widerstehen musste. Nach alledem, was Gott ihm in Apostelgeschichte 10 gezeigt hatte, nach seiner eigenen Erklärung in Apostelgeschichte 15 und dem, was er in Galater 2 anerkannt hat, ist es kaum zu verstehen, dass er sich von denen aus den Nationen zurückzieht und Partei für die Judaisten ergreift. Er tut das, so steht es dort, „da er sich vor denen aus der Beschneidung fürchtete“. In Sprüche 29 liest du: „Menschenfurcht legt einen Fallstrick“ (Spr 29:25).

Ich hoffe, dass du dich selbst ein bisschen kennst. Wie oft tun wir etwas gerade oder auch gerade nicht aus Furcht vor dem, was andere dazu sagen werden? Wir dürfen Petrus nur nicht zu hart verurteilen und sollten zugleich für die deutliche Korrektur dankbar sein, die Paulus hier anbringt. Paulus durchschaut, was los ist. Ebenso, wie er keinen Augenblick vor den falschen Brüdern zurückwich, weicht er hier nicht vor einem echten Bruder zurück, wenn dieser denselben Fehler macht.

Gal 2:12-14. Dass Petrus einen Fehler machte, ist deutlich. Zuerst freut er sich, dass er mit den Gläubigen aus den Nationen essen kann, womit er akzeptiert, dass der Unterschied weg ist, wie er selbst in Apostelgeschichte 15 gesagt hat: „Er [d.i. Gott] machte keinen Unterschied zwischen uns und ihnen“ (Apg 15:9). Doch jetzt macht er diesen Unterschied sehr wohl wieder, indem er sich absondert.

Damit passiert das, was in Jerusalem verhindert worden war: Es entsteht eine Spaltung. Nun gibt es tatsächlich zwei Gemeinden in Antiochien: eine für Christen aus den Nationen und eine für jüdische Christen. Mit der Uneinigkeit, die wir heutzutage in der Christenheit sehen, ist es nicht anders. Man will eine Gemeinde nach eigenem Geschmack. Über diese Uneinigkeit sollten wir ebenso entrüstet sein, wie Paulus es hier ist. Sie lässt der Wahrheit des Evangeliums kein Recht widerfahren, sondern fällt ihr in den Rücken.

Zu der Haltung, die Petrus hier einnimmt, kommt noch etwas hinzu, nämlich dass du den Weg von Gott weg niemals allein gehst. Petrus zieht eine stattliche Anzahl Menschen hinter sich her. Je größer das Ansehen ist, das jemand hat, umso verhängnisvoller sind die Folgen, wenn er fehlgeht. Petrus ist ein warnendes Beispiel. Paulus ist ein ermutigendes Beispiel in seinem festentschlossenen Auftreten gegen den Fehler, der begangen wird, selbst wenn es jemand wie Petrus ist. Dass die öffentliche Zurechtweisung durch Paulus bei Petrus kein böses Blut erzeugt hat, geht aus dem zweiten Brief hervor, den Petrus geschrieben hat. Da sagt er: „unser geliebter Bruder Paulus“ (2Pet 3:15), und richtet die Aufmerksamkeit seiner Leser auf alle Briefe des Paulus, zu denen auch der an die Galater gehört. Das ist sehr löblich an Petrus, und für uns ist es wichtig, dem nachzueifern.

Lies noch einmal Galater 2,6–14.

Frage oder Aufgabe: Welchen Auftrag und welches Arbeitsfeld hast du von Gott bekommen?

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