Galatians 5:16-26

Der Geist und das Fleisch

In Gal 5:1 dieses Kapitels hat Paulus die Freiheit der Knechtschaft gegenübergestellt. In Gal 5:13 stellte er die Freiheit der Zügellosigkeit gegenüber. Nun zeigt er, wie echte Freiheit erlebt und sichtbar wird, nämlich in einem Leben, das durch den Geist geleitet wird.

Gal 5:16. Der Abschnitt von Gal 5:16-26 bildet eine Einheit. Der Geist wird darin nicht weniger als siebenmal genannt. Gal 5:16 bildet einen direkten Gegensatz zu Gal 5:15. Im letztgenannten Vers ist davon die Rede, dass man einander beißt und frisst. Doch wenn du durch den Geist wandelst, können solche Dinge nicht geschehen. Durch den Geist wandeln bedeutet, dass du die Absichten des Geistes ausführst und dass du deine Entschlüsse im Licht seiner Heiligkeit fasst. Das bedeutet, dass dein Verhalten darauf ausgerichtet ist, Christus in deinem Leben zu verherrlichen, denn dazu ist der Heilige Geist auf die Erde gekommen (Joh 16:14). Wenn du durch den Geist wandelst, ist die Folge, dass du das Fleisch für tot hältst. Es ist nämlich nicht möglich, Christus vor Augen zu haben und gleichzeitig zu sündigen.

Gal 5:17. Nun hat der Christ zwei Naturen in sich: das neue Leben und das alte Leben. Das neue Leben will sich durch den Geist leiten lassen, das alte Leben will gern die Begierden des Fleisches erfüllen. Der Geist und das Fleisch stehen einander als Feinde gegenüber. Das Fleisch strengt sich an, um zu verhindern, dass du nach dem Geist wandelst, und der Geist widersteht dem Wirken des Fleisches, um zu verhindern, dass es seinen Willen ausführt. Das Fleisch ist also immer noch im Christen vorhanden; es ist nicht tot oder ausgerottet. Das Fleisch „begehrt“ immer noch. Doch du brauchst nicht mehr darauf zu hören. Gott hätte dir bei der Bekehrung das sündige Fleisch wegnehmen können. Doch Gott hat es uns gelassen, und zwar, um uns beständig an unsere eigene Schwachheit zu erinnern und uns dadurch beständig von Christus abhängig zu halten.

Wer gewinnt nun diesen Kampf, der sich in dir und mir abspielt? Hier geht es um deine und meine Verantwortung. Jemand hat diese beiden Naturen einmal mit zwei Hunden verglichen, einem weißen und einem schwarzen, die beständig miteinander kämpfen. „Weißt du“, so sagte er, „wer nun gewinnt? Das ist der Hund, dem ich zu fressen gebe!“ Dir ist sehr wohl bewusst, dass der Geist keine Gelegenheit bekommt, dein Leben zu leiten, wenn du dir beispielsweise schlechte Filme im Fernsehen ansiehst oder schmutzige Lektüre liest oder wenn du im Unfrieden mit deiner Umgebung lebst. Dann gibst du dem schwarzen Hund zu fressen. Wenn du jedoch die Dinge suchst, die droben sind, wo der Christus ist (Kol 3:1), wenn dir daran liegt, Ihn besser kennen zu lernen, indem du die Bibel liest und gute Bücher, die von Christus handeln, wenn du deiner Umgebung gern von der Freude erzählen möchtest, die du dadurch hast, dass du den Herrn Jesus kennst, ja, dann gibst du dem weißen Hund Futter.

Eigentlich ist das ein Kampf, den du nicht selbst zu kämpfen brauchst. Es ist deine Sache, dich durch den Heiligen Geist leiten zu lassen. Die Leitung durch den Heiligen Geist ist keine Sache, die nur für bestimmte Gelegenheiten gilt, beispielsweise in den Zusammenkünften der Gemeinde. Nein, es ist eine Sache für das tagtägliche Leben. Es ist auch nicht eine Sache für „fortgeschrittene“ Christen. Nein, es ist eine Sache für jeden Christen, denn jeder Christ hat den Heiligen Geist empfangen, als er dem Evangelium des Heils glaubte (1Kor 15:1-4; Eph 1:13).

Gal 5:18. Wer sich durch den Geist leiten lässt, wird befreit von der Beschäftigung mit sich selbst, mit dem Gesetz und dem Fleisch und beschäftigt sich mit Christus. Wer sich durch den Geist leiten lässt, hat das Gesetz nicht als Lebensregel oder als Mittel, dadurch gerechtfertigt zu werden.

Es ist beachtenswert zu sehen, dass es scheint, als würde Paulus das Gesetz und das Fleisch stets durcheinander gebrauchen. Paulus hat in diesem Brief auch deutlich gezeigt, dass das Gesetz einem Volk im Fleisch gegeben wurde, das meinte, das Gesetz Gottes erfüllen zu können. Das Gesetz wurde gegeben, um zu beweisen, dass das Fleisch „dem Gesetz Gottes nicht untertan“ ist (Röm 8:7).

Gal 5:19-21. Das Gesetz macht deutlich, was die Werke des Fleisches sind. Es ist das gesamte Handeln des Menschen, der sich nicht durch den Geist Gottes leiten lässt. Das gilt selbstverständlich für Menschen, die nicht wiedergeboren sind, aber das gilt auch für Menschen, die das wohl sind, die sich jedoch statt durch den Geist durch das Fleisch leiten lassen. Paulus zählt eine Anzahl Werke des Fleisches auf. Diese Liste ist nicht vollständig. In Matthäus 15 und in Römer 1, um nur einige Stellen zu nennen, werden noch andere Werke des Fleisches genannt (Mt 15:19; Röm 1:29-31). Es ist durchaus möglich, dass Paulus diese Sünden hier nennt, weil gerade die unter den galatischen Christen vorkamen.

Nicht weniger als fünfzehn oder sechzehn Werke des Fleisches (das hängt davon ab, ob „Totschlag“ auch in den Text aufgenommen werden muss) lässt Paulus Revue passieren. Die ersten drei Sünden sind sexuelle Sünden. Hurerei ist verbotener sexueller Verkehr. Sie betrifft jeden Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe und vor der Ehe. Unreinheit bezeichnet den Umgang mit Sexualität auf eine schmutzige Weise, ob nun in Gedanken, Worten, Taten oder Begierden, und das kann auch in der Ehe geschehen. Ausschweifung ist schamloses Verhalten in sexuellen Dingen, ohne jede Hemmung und ohne etwas darum zu geben, was andere davon halten. Auch das kann in der Ehe geschehen. Götzendienst und Zauberei gehören zusammen und sind Sünden, die direkt gegen Gott begangen werden, indem man seine ausschließlichen Rechte missachtet. Die übrigen Werke des Fleisches sind Sünden, die meinen Mitmenschen oder Mitbruder betreffen. Wer solche Dinge als Lebenspraxis ausübt, also nicht aus Versehen hineinfällt, hat kein Teil an Christus und steht außerhalb des Reiches Gottes.

Lies noch einmal Galater 5,16–21.

Frage oder Aufgabe: Wie erlebst du den Kampf von Gal 5:17?

Die Frucht des Geistes

Gal 5:22. In Gal 5:19 ist die Rede von den Werken (Mehrzahl) des Fleisches. In Gal 5:22 nennt Paulus die Frucht (Einzahl) des Geistes. Wenn du an Werke des Fleisches denkst, siehst du vor allem die Werke selbst als Ergebnis dessen, was ein Mensch tut. Bei der Frucht des Geistes denkt man eher an die innere Gesinnung. Es ist eine Frucht, die nicht aus uns selbst kommt, wie es bei den Werken des Fleisches ist, sondern aus dem Geist. Du kannst das mit einer Fabrik und einem Garten vergleichen. In einer Fabrik arbeiten Menschen hart, um bestimmte Erzeugnisse herzustellen. In einem Garten wächst das, was gesät worden ist, ohne dass ein Mensch etwas daran tut (außer wahrscheinlich Unkraut zu jäten). Die Frucht des Geistes ist nicht dasselbe wie Gaben des Geistes. Jeder, der den Heiligen Geist empfangen hat, hat auch bestimmte Gaben des Geistes empfangen. Dabei hat jeder Gläubige andere Gaben. Bei der Frucht des Geistes gibt es diesen Unterschied nicht. Es ist eine Frucht, die bei jedem Gläubigen vorhanden sein muss.

Das Wort „Frucht“ steht, wie gesagt, in der Einzahl. Es ist eine Frucht, doch sie besteht aus neun einzelnen Teilen. Dabei kannst du an einen Diamanten denken. Das ist ein Stein, doch mit unterschiedlichem Glanz, anhängig davon, wie das Licht darauf fällt. Du kannst auch an eine Blume mit neun Blättern denken. Wenn du ein Blatt abreißt, hat die Blume ihre Schönheit verloren. So sind auch die neun Teile der Frucht des Geistes nicht einzeln zu haben. Der Heilige Geist will jeden Bestandteil der Frucht im Zusammenhang mit dem Ganzen voll zur Geltung kommen lassen.

1. Der erste Bestandteil, der genannt wird, ist „Liebe“. Das kann man verstehen. Sie ist die Natur Gottes. Gott ist Liebe (1Joh 4:8; 16), und seine Liebe ist durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen (Röm 5:5).

2. Der zweite Bestandteil ist „Freude“. Das ist die Freude, die der Heilige Geist wirkt, wenn wir an Gott denken und an das, was Er für uns in seinem Sohn getan hat, ungeachtet der mitunter schwierigen Umstände, in denen wir uns befinden mögen. Es ist die Freude „im Herrn“ (Phil 3:1), und die ist unsere Stärke (Neh 8:10).

3. „Friede“, das dritte Kennzeichen der Frucht, ist die innere Gelassenheit und Ruhe, die in Gott ist. Es ist der Friede Gottes, der durch den Heiligen Geist in uns bewirkt wird, wenn wir uns durch Ihn leiten lassen. Dieser Friede wird unser Teil sein, auch wieder unabhängig von den mitunter schwierigen Umständen, in denen wir uns befinden mögen. Von diesen dreien, Liebe, Freude und Friede, konnte der Herr Jesus in Johannes 14 und 15 sagen: „meine Liebe“, „meine Freude“ und „mein Friede“ (Joh 14:27; Joh 15:10-11). Zwischen Ihm und dem Geist ist eine völlige Übereinstimmung.

4. Wie wichtig ist „Langmut“ (das vierte Kennzeichen). Wie wird deine Geduld mitunter auf die Probe gestellt, wenn du dich in einer schwierigen, aussichtslosen Lage befindest oder wenn du es mit schwierigen Menschen zu tun hast.

5. „Freundlichkeit“ ist ein Kennzeichen (das fünfte), das sich daran anschließt. In Titus 3 wird dieses Kennzeichen für Gott gebraucht (Tit 3:4, im Griechischen dasselbe Wort wie in Galater 5,22), und es weist auf seine freundliche Gesinnung und wohlwollende Haltung gegenüber Sündern hin. Sind diese Gesinnung und Haltung auch bei dir und mir zu finden? Bestimmt, wenn du dich durch den Geist leiten lässt.

6. „Gütigkeit“ ist ein Kennzeichen (das sechste), worin zum Ausdruck kommt, dass du das suchst, was für den anderen gut ist, und darin herzlich bist. In Epheser 5 (Eph 5:9) ist Gütigkeit (o. Güte; im Griech. wieder dasselbe Wort wie in Galater 5,22) mit der Frucht des Lichts verbunden.

7. „Treue“ (das siebte Kennzeichen): Treu bist du, wenn man dir vertrauen kann, wenn du zuverlässig bist.

8. „Sanftmut“, das achte Kennzeichen, bedeutet, dass du bereit bist, einen niedrigen Platz einzunehmen. Es ist nicht charakterlose Weichlichkeit, sondern eine Haltung, die du bewusst einnimmst und wozu viel geistliche Kraft nötig ist.

9. Die Reihe schließt mit dem neunten Kennzeichen, „Enthaltsamkeit [o. Selbstbeherrschung]“. Der Heilige Geist führt zu einem disziplinierten Leben, wobei man den Impulsen der Leidenschaften und Begierden nicht nachgibt. Er gibt dir die Fähigkeit, dich unter Kontrolle zu halten.

Diese neunfache Frucht wird nicht dadurch bewirkt, dass du dich unter das Gesetz stellst. Nur dann, wenn du dich durch den Heiligen Geist leiten lässt, kommt diese Frucht in ihrer Frische zum Wachsen und Blühen. Beim Herrn Jesus wird diese Frucht in ihrer vollen Reife gefunden. (Ich finde es allerdings etwas schwierig, in Beug auf Ihn von Enthaltsamkeit zu reden. Für mich liegt in diesem Wort der Gedanke an falsche Impulse, die bezwungen werden müssen. Die waren bei dem Herrn Jesus natürlich nicht vorhanden.)

Gal 5:23. Die Frucht des Geistes liegt außerhalb des Bereiches des Gesetzes. Doch wenn das Gesetz auch etwas damit zu tun gehabt hätte, so gibt es bei der Frucht des Geistes nichts, was unter das Gericht des Gesetzes fiele. Alle Kennzeichen oder einzelnen Teile der Frucht des Geistes sind ein Wohlgefallen für Gott, sind nützlich für unseren Mitmenschen und haben eine wohltuende Wirkung auf unser eigenes Glaubensleben.

Gal 5:24. Diese Frucht wird bei denen gefunden, die „des Christus sind“. Sie haben radikal mit dem Fleisch abgerechnet und mit den dazu gehörenden Leidenschaften und Begierden. Für dich bedeutet das, dass du das in die Praxis umsetzen musst, was du bei deiner Bekehrung anerkannt hast. Du hast dich damals mit dem Gericht einsgemacht, das Gott am Kreuz über das Fleisch vollzogen hat. Paulus ruft hier nicht dazu auf, das Fleisch zu kreuzigen, sondern es für gekreuzigt zu halten. Es geht also nicht um einen schmerzhaften und langsamen Prozess der Selbstkasteiung, sondern um die gläubige Annahme dessen, was Gott sagt. Es bezieht sich auf das, was auf dem Kreuz geschehen ist.

Gal 5:25. Bei deiner Bekehrung hast du durch den Geist Leben empfangen. Nun kommt es darauf an, auch durch diesen Geist zu wandeln. Das betrifft das Heute, das Hier und das Jetzt. Das bedeutet, dass eine bestimmte Stellung (Leben durch den Geist) in der Praxis sichtbar werden muss (wandeln durch den Geist).

Gal 5:26. Das Gesetz konnte kein Leben geben und gibt auch keine Kraft für einen Wandel, worin Frucht für Gott hervorkommt. Der letzte Vers zeigt noch einmal, wohin es führt, wenn man das Gesetz halten will: zum Stolz auf das eigene Fleisch und zur Verachtung anderer.

Lies noch einmal Galater 5,22–26.

Frage oder Aufgabe: Lerne die Frucht des Geistes von Herzen auswendig!

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