Hebrews 7:18

Das levitische Priestertum und das Priestertum Melchisedeks

Heb 7:8. Der Schreiber stellt deutlich den großen Unterschied zwischen Abraham und Levi einerseits („hier“) und Melchisedek andererseits („dort“) heraus. Dabei musst du bedenken, dass die hebräischen Christen eine außergewöhnliche Wertschätzung für den großen Patriarchen hatten. Auch für den Stamm Levi hatten sie eine große Wertschätzung. Dieser stand ja – als Bindeglied zwischen dem Volk und Gott – auf besondere Weise mit Ihm in Verbindung. Dieser Stamm musste dafür sorgen, dass die Verbindung zwischen dem Volk und Gott aufrechterhalten blieb. Aber sie alle waren „sterbliche Menschen“, während von Melchisedek gerade bezeugt wird, dass er lebe. Levi hatte die Zehnten nötig, um am Leben zu bleiben, während doch der Augenblick kam, wo er sterben musste, denn er war ein sterblicher Mensch. Melchisedek hatte diesen Zehnten nicht nötig, um am Leben zu bleiben. Er nahm den Zehnten als Ehrenerweisung. So kannst du auch Christus nichts schenken, als ob Er ohne das nicht auskäme. Was auch immer du Ihm von deinen Gütern gibst – deine Zeit, deine Fähigkeiten und Anbetung –, das gibt du Ihm aus Ehrerbietung und als Ehrenerweisung.

Melchisedek war, im Vorbild, als Hinweis auf Christus, auch der Lebende. Christus ist auf ewig Priester, der Tod hat keine Macht mehr über Ihn. Von Ihm, der Priester nach der Ordnung Melchisedeks geworden ist, wird bezeugt, dass Er lebe. Über den Tod Melchisedeks vernehmen wir nichts.

Heb 7:9-10. Die Argumente reihen sich aneinander, um die Person Melchisedeks in den Augen der hebräischen Christen immer noch größer zu machen. Das gilt auch für die Feststellung, dass Levi, der selbst die Zehnten empfing, doch geringer war als Melchisedek, weil Levi gleichsam durch Abraham Melchisedek den Zehnten gab. Als Melchisedek den Zehnten von Abraham nahm, nahm er ihn eigentlich auch von Levi, weil dieser, obwohl noch nicht geboren, als in Abraham vorhanden gesehen wird, da er aus Abraham hervorkommen würde. Dieser Formulierung begegnest du auch in 1. Mose 25, wo zu Rebekka nicht gesagt wird, dass zwei „Kinder“ in ihrem Leib sind, sondern zwei „Völkerschaften“ (1Mo 25:23). Dadurch wird darauf hingewiesen, dass diese beiden Kinder zwei Nationen darstellen (vgl. 1Kor 15:22).

Heb 7:11. Der Schreiber hat versucht deutlich zu machen, dass Melchisedek größer ist als Aaron. Doch ab Heb 7:11 geht er noch einen Schritt weiter. Melchisedek ist nicht nur größer als Aaron, sondern er ist an die Stelle Aarons getreten, er hat ihn ersetzt. Der Schreiber wird dazu wieder die notwendigen Argumente beibringen. Dann bist du davon überzeugt, dass das Verschwinden der Ordnung Aarons nicht nur kein Verlust ist, sondern dass der Ersatz durch die Ordnung Melchisedeks reiner Gewinn ist. Es geht nicht darum, dass etwas Gutes durch etwas Besseres ersetzt wird. Es geschieht deshalb, weil das Priestertum Levis den Anforderungen nicht entsprach, es brachte nichts zur Vollkommenheit.

Das heißt nicht, dass am levitischen Priestertum an sich etwas fehlte, genauso wenig wie am Gesetz etwas falsch war. Das Priestertum war von Gott gegeben, und zwar in Verbindung mit dem Gesetz. Dass jedoch sowohl das Gesetz als auch das Priestertum den Menschen nicht zur Vollkommenheit gebracht haben, lag am Menschen selbst. Mit Vollkommenheit ist gemeint, dass das Gewissen von jeder Last befreit ist und es einen freien Zugang zum Heiligtum in die Gegenwart Gottes gibt. Wenn das levitische Priestertum das hätte bewirken können, hätte kein anderer Priester in Verbindung mit einer anderen Ordnung aufzustehen brauchen, völlig getrennt von der Ordnung Aarons. Aber dieses Ziel konnte nicht erreicht werden. Darum musste das levitische Priestertum verschwinden und ein anderes an seine Stelle treten.

Heb 7:12. Wenn jedoch das Priestertum geändert wird, machte das auch eine Änderung des Gesetzes notwendig. Beachte, dass im Text vor dem Wort „Gesetz“ der Artikel fehlt. „Gesetz“ weist auf einen bestimmten Grundsatz hin, eine Gesetzmäßigkeit. Das levitische Priestertum stand in Verbindung mit dem Gesetz vom Sinai. Darin wurden allerlei Regeln für das Priestertum in Israel vorgeschrieben, wie in Bezug auf die Nachfolge, die Kleidung, wann Opfer gebracht werden und welche Opfer das sein mussten. Diese Gesetze galten für das Priestertum Aarons. Aber sie konnten nicht auf das Priestertum Melchisedeks übertragen werden, weil dieses nach ganz anderen Regeln ausgeübt wurde.

Heb 7:13. Weil das levitische Priestertum durch ein Priestertum ersetzt wurde, das nach anderen Regeln ausgeübt wird, war es auch nicht mehr zwingend, dass der neue Priester aus dem Stamm Levi kam. Christus entstammt daher auch nicht aus Levi, dem Priesterstamm, sondern aus Juda, dem Königsstamm (Off 5:5). Juda war niemals mit dem Altar verbunden. Auch hat Mose niemals die geringste Andeutung gemacht, dass jemand vom Stamm Juda zum Priester geweiht werden würde, um Dienst am Altar zu tun. „Der, von dem dies gesagt wird“, ist Christus. In der Schrift geht es immer um Ihn, und hier besonders in Verbindung mit seinem Priestertum.

Heb 7:14. Der Schreiber ist in seiner Beweisführung überdeutlich. Für seine Leser bestand überhaupt kein Zweifel, dass „unser Herr“ aus Juda entstammte. Sehr feinfühlig nennt er Ihn, der König ist, „unser Herr“. Er zeigt damit, dass der Herr Jesus Autorität hat über das Leben seines Volkes wie über sein eigenes. Juda ist der Königsstamm. Daraus ist der Herr Jesus „aufgegangen“, wie „entsprossen“ auch übersetzt werden kann. Er ist der Schilo, der Friedefürst aus Juda (1Mo 49:10). Der neue Priester kommt also aus dem Königsstamm. Das macht Ihn zu diesem einmaligen König-Priester. Diese beiden Funktionen werden auf wunderschöne Weise zusammen mit seinem Namen „Spross“ in Sacharja 6 vorgestellt (Sach 6:12; 13).

Heb 7:15-16. In seiner ganzen vorhergehenden Belehrung hat der Apostel gezeigt, dass das levitische Priestertum nichts zur Vollkommenheit gebracht hat und dass eine neue Art von Priestertum erforderlich ist. Das wird besonders dadurch deutlich, dass dieser andere Priester nach der Gleichheit Melchisedeks aufsteht. Dieser andere Priester, der Herr Jesus, ist nicht Priester nach einem Gebot, das Gott Menschen auferlegt hatte, ohne dass Er dabei nach dem Inneren, dem Zustand des Herzens gefragt hatte. Jeder, der die vorgeschriebenen Bedingungen erfüllte, bekam Teil an dem Priestertum. So ist es bei dem Herrn Jesus nicht. Er ist Priester geworden „nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens“.

Sein Priestertum wurde nicht durch ein neues fleischliches Gebot bestimmt, beispielsweise ein Gebot, dass der Priester nicht mehr aus Levi, sondern aus Juda kommen müsse. Christus ist nicht Priester, weil Er aus Juda kommt, sondern weil Er ein unvergängliches Leben besitzt.

Heb 7:17. Die Unvergänglichkeit hat sich in seiner Auferstehung erwiesen, und die Folge davon ist, dass Er keinen Nachfolger hat. In Ihm siehst du, dass neues Leben aus dem Tod das Kennzeichen des wahren Hohenpriesters ist, wie Gott in dem Stab Aarons zeigte, den Er zum Blühen brachte (4Mo 17:1-10). Er hat nicht nur keinen Nachfolger, sondern als Mensch ist Er auch Priester bis in Ewigkeit. Dazu wird wieder Psalm 110 angeführt (Ps 110:4; Heb 5:6; Heb 6:20).

Heb 7:18. Der Schreiber stellt noch einmal das Alte und das Neue einander gegenüber. Das Alte nennt er „das vorhergehende Gebot“, das Neue „eine bessere Hoffnung“. Er macht auch deutlich, dass das vorhergehende Gebot „seiner Schwachheit und Nutzlosigkeit wegen“ verschwinden musste. Es war schwach, weil es dem Menschen keinerlei Kraft gab, die Gebote Gottes zu erfüllen (Röm 8:3-8). Es war nutzlos, weil es nicht das geforderte Resultat brachte: Das Gewissen wurde nicht befreit, und ein freier Zugang zu Gott wurde nicht erlangt.

Heb 7:19. Das ganze alte System des Gesetzes hat darum auch nichts zur Vollendung gebracht. Gott gab am Berg Sinai seinem Volk das Gesetz, weil durch das Gesetz deutlich werden sollte, wie sündig der Mensch ist. Das Gesetz wird daher auch „die Kraft der Sünde“ genannt (1Kor 15:56; Röm 7:7) und „der Dienst des Todes“ (2Kor 3:7). Darum wurde das Gesetz abgeschafft, ebenso wie die Sünde (Heb 9:26). Was den Gläubigen betrifft, so ist das dadurch geschehen, dass er durch das Gesetz dem Gesetz gestorben ist (Gal 2:19).

Das Gesetz wies dem Menschen den guten Weg, aber es gab ihm nicht die Kraft, diesen Weg auch zu gehen. Es schrieb vor, was im Fall von Sünde zu geschehen hatte, aber das vorgeschriebene Opfer konnte keine Sünde wegnehmen und musste im Fall neuer Sünden immer wiederholt werden. An seine Stelle ist durch das neue Priestertum – mit dem andere Gesetze verbunden sind – eine bessere Hoffnung gekommen, und der Zugang zu Gott ist möglich. Die bessere Hoffnung garantiert dir, dass du durch alle Versuchungen und Prüfungen hindurch das Ziel erreichen wirst. Inzwischen darfst du frei zu Gott hintreten und Ihm nahe kommen.

Lies noch einmal Hebräer 7,8–19.

Frage oder Aufgabe: Was sind die Unterschiede zwischen dem levitischen Priestertum und dem Melchisedeks (das heißt dem des Herrn Jesus)?

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