James 2:11

Das königliche Gesetz

Jak 2:8. Es ist verwerflich, in der Zusammenkunft einen Unterschied zwischen Armen und Reichen zu machen. Jakobus zieht da ziemlich vom Leder. Er verurteilt das mit scharfen, unmissverständlichen Worten. Wenn sie die Armen verachten, handeln sie im Gegensatz zu dem königlichen Gesetz. In diesem Gesetz werden alle Israeliten als Empfänger der Gunst Gottes betrachtet. Das Volk wird darin als ein Ganzes angesprochen. Jakobus stellt es positiv dar. Er hält ihnen vor, dass sie gut daran tun, wenn sie das königliche Gesetz nach der Schrift halten, also so, wie es im Wort Gottes aufgezeichnet ist. Das königliche Gesetz ist das Gesetz der zehn Gebote. Jakobus nennt es „das königliche Gesetz“, um seinen hohen Wert zu betonen. Das soll sie besonders ermutigen, diesem Gesetz zu gehorchen. In dem zukünftigen Friedensreich, über das der Herr Jesus als König regieren wird, wird dieses Gesetz in seiner Fülle und Erhabenheit gelten. Es wird dann auf die Herzen der Glieder des Volkes Gottes geschrieben sein (Heb 8:10). Und weil das dann so ist, werden sie auch danach leben können.

Wir halten das königliche Gesetz, wenn wir unseren Nächsten lieben wie uns selbst. Dann machen wir es gut, dann leben wir gut, dann leben wir so, wie Gott es beabsichtigt hat. Dieses Gebot macht deutlich, dass im Alten Testament jedes Glied des Volkes Gottes seinen eigenen Platz vor Gott hatte und dass vor Gott jeder gleich war. Jedes Glied des Volkes war der Nächste des anderen, und der andere musste mit derselben Liebe behandelt werden, mit der man sich selbst behandelte. Indem man so miteinander umging, gab es keine Vorzugsbehandlung des einen oder eine Benachteiligung des anderen. In der Liebe zum Nächsten wird das ganze Gesetz erfüllt (Gal 5:14; Röm 13:8-10).

Nun könntest du sagen: „Aber wir leben doch nicht mehr unter Gesetz.“ Das stimmt, wir leben nicht mehr unter Gesetz. Jakobus bringt uns auch nicht wieder unter das Gesetz. Er zeigt, dass du das tust, was das Gesetz fordert, wenn du den anderen liebst. Erinnerst du dich noch, dass Jakobus seinen Brief zu einer Zeit schrieb, als Gott es noch duldete, dass sein zerstreutes Volk sich an das Gesetz hielt? Darum weist Jakobus darauf hin. Er spricht sie auf ihr Bekenntnis an. Dieses Wort muss auch dich ansprechen. Nicht in der Weise, wie Jakobus zu seinen Lesern spricht, denn du gehörst (höchstwahrscheinlich) nicht zu Israel. Wenn du den anderen liebst, wirst du nichts tun, was dem anderen Nachteile bringt oder ihm wehtut. Lieben ist nicht eine Leistung, die du erbringst, weil das Gesetz das von dir fordert. Im Lieben äußert sich das neue Leben, und das sucht das Gute des anderen. Wenn du das Gute und nicht das Schlechte des anderen suchst, ist klar, dass du damit sozusagen automatisch das Gesetz erfüllst.

Jak 2:9. Das Gesetz stellt jeden in die gleiche Verantwortung vor Gott. Das Gesetz sagt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Wenn wir dann doch einen Unterschied machen, handeln wir nicht nach dem königlichen Gebot. Der Nächste ist mein Bruder oder meine Schwester im Glauben, jemand, der zur Gemeinde Gottes gehört, zu der auch ich durch Gnade gehöre. Alle Israeliten gehörten zu dem einen Volk, und jeder Israelit war ein Nächster jedes anderen Volksgenossen. So sind auch wir miteinander verbunden. Wenn du für deinen Bruder betest, dass es ihm gut gehen möge, betest du das zugleich für dich selbst, denn wenn es deinem Bruder gut geht, geht es auch dir gut. Wenn die Liebe echt ist, wird die Bevorzugung verschwinden. Gott hat mit dir auch nicht nach Sympathie gehandelt. Verhältst du dich doch so, dass du die Person ansiehst, dann sündigst du ganz klar. Das ist doch eindeutig im Widerspruch zum Gesetz, das sagt, dass jedes Glied seines Volkes dem anderen gleich ist und dass du jedem Glied des Volkes Gottes mit derselben Liebe begegnen musst. Die Übertretung ist offensichtlich.

Jak 2:10. Wenn du in diesem einen Gebot strauchelst, bist du des ganzen Gesetzes schuldig, obwohl du nicht jedes Gebot tatsächlich übertreten hast. Das kommt daher, dass Gott dir im Gesetz seinen Willen mitteilt. Die Autorität des Gesetzgebers steht hinter dem Gesetz. Als Mose von dem Berg herabkam, kratzte er nicht nur ein einziges Gebot von den Tafeln, sondern zerbrach beide Gesetzestafeln in Stücke (2Mo 32:19). Das Brechen des einen Gebotes machte das Volk aller Gebote schuldig. Wenn du ein Gebot übertrittst, hast du es mit Gott zu tun, der sowohl das eine Gebot, das du übertreten hast, als auch alle anderen Gebote gegeben hat.

Jak 2:11. Jakobus nennt ein Beispiel. Es ist möglich, dass du ein bestimmtes Gebot hältst, aber ein anderes übertrittst. Dann bist du per Definition der Übertretung dieses Gebotes schuldig, und du bist vor dem Gesetz schuldig, in dem auch die anderen Gebote festgelegt sind. Das Gesetz bildet ein Ganzes, weil Gott der Gesetzgeber ist. Wenn du ein Gebot übertrittst, heißt das, dass du deinem eigenen Willen gefolgt bist und den Willen Gottes, den Er im ganzen Gesetz mitgeteilt hat, verachtet hast.

Jak 2:12. Wie schon gesagt, ist es nicht die Absicht von Jakobus, uns unter das Gesetz der zehn Gebote zu bringen. Durch seine Darlegung will er anhand des Gesetzes klarmachen, wie die gegenseitigen Beziehungen in der Gemeinde sein sollen. Das Gesetz ist das Wort Gottes, und es enthält nützliche Belehrungen für sie. Jakobus gibt diese Belehrungen für die jüdisch-christliche Gemeinde, aber auch wir können viel davon lernen. Die wirkliche Bedeutung, die das Gesetz für ihn bekommen hat, seit er an den Herrn der Herrlichkeit glaubt, ist die der Freiheit. Darüber hat er schon in Kapitel 1 gesprochen (Jak 1:25), und hier kommt er darauf zurück. Freiheit ist keine Zügellosigkeit. Freiheit kennt Grenzen. Die Grenzen sind nicht da, um unsere Freiheit einzuschränken, sondern um zu verhindern, dass wir sie auf verkehrte Weise gebrauchen. Es ist wahre Freiheit, den Willen Gottes zu tun und zu zeigen, wer Er ist. Das hat der Herr Jesus in vollkommener Weise getan. Das Gesetz der Freiheit sehen wir daher auch in seinem Leben in vollkommener Weise zum Ausdruck kommen. Er war völlig frei, weil nichts an Eigenwillen oder Sünde in Ihm war. Dadurch konnte Er völlig an den Willen Gottes gebunden sein. Es gab nichts, was Ihn davon trennte, nichts, was sich zwischen Ihn und seinen Gott und Vater zwängen konnte.

Jak 2:13. Dieses Gesetz der Freiheit ist der Prüfungsmaßstab, den wir in unseren Kontakten mit anderen anwenden sollten. Wenn wir wie der Herr Jesus in ungestörter Gemeinschaft mit dem Vater leben, wird das an unserem Reden und Tun zu hören und zu sehen sein. Ob wir uns bewusst sind, dass wir durch das Gesetz der Freiheit beurteilt werden, wird sich vor allem darin zeigen, dass wir Barmherzigkeit erweisen. So ist Gottes Liebe auch zu uns gekommen. Er ist mit seiner Barmherzigkeit in unsere elenden Umstände gekommen. Wenn wir die Barmherzigkeit, die wir empfangen haben, in unserem Reden und Handeln anderen gegenüber nicht erweisen, zeigen wir, dass wir das neue Leben nicht haben und nicht nach dem Gesetz der Freiheit handeln können. Darüber kommt Gottes Gericht, und das wird genauso ohne Barmherzigkeit sein, wie wir anderen ohne Barmherzigkeit begegnet sind. Wenn wir Barmherzigkeit erweisen, handeln wir, wie Gott auch mit uns gehandelt hat. Wir verurteilen den anderen dann nicht, sondern erweisen ihm Gottes Barmherzigkeit. Dadurch triumphiert die Barmherzigkeit über das Gericht. Die Barmherzigkeit rühmt sich gegen das Gericht.

Jak 2:14. Wenn du barmherzig bist, zeigst du, dass du selbst die Barmherzigkeit Gottes erfahren hast. Du kannst zwar behaupten, dass du Glauben hast, aber wenn du das nicht aus deinen Werken zeigst, indem du zum Beispiel Barmherzigkeit erweist, ist das nichts als Schönrederei. Reden ist billig, beweist aber nichts von innerem Leben. Zu sagen, dass du Glauben hast, ist hohl, wenn keine Werke vorhanden sind. Glauben kann man nicht sehen, aber er wird durch Werke sichtbar. Darum gehören Glaube und Werke untrennbar zusammen. Der Glaube, den jemand zu haben behauptet, kann ihn nicht retten. Bei einer Pflanze sieht man die Wurzeln nicht, aber wenn sie wächst und blüht, ist das der Beweis, dass Wurzeln vorhanden sind. Elektrizität siehst du nicht, aber wenn eine Lampe leuchtet, ist das der Beweis, dass Elektrizität da ist. Der Herr Jesus spricht in dieser Weise auch über die neue Geburt. Man weiß nicht, wie sie vor sich geht, aber man hört ihr Sausen (Joh 3:8).

Werke beweisen, dass Glaube vorhanden ist. In den folgenden Versen gibt Jakobus ein Beispiel. Der Reformator Luther hatte mit diesem Ausspruch von Jakobus solche Mühe, dass er diesen Brief „eine stroherne Epistel“ nannte, das heißt einen Brief ohne Nährwert. Das sagte er, weil er den Irrtum in der Lehre der römischen Kirche entdeckt hatte, die sagt, dass Werke notwendig seien, um errettet zu werden. Aber Luther hat dadurch das Kind mit dem Bad ausgeschüttet. Jakobus lehrt gar nicht, dass ein Mensch durch Werke errettet werden muss. Er dringt im Gegenteil darauf, dass sich der Glaube durch Werke erweist, die aus diesem Glauben hervorkommen und die beweisen, dass Glaube vorhanden ist. Andernfalls ist gar kein Glaube vorhanden und also auch keine Errettung. Ein „eingeredeter Glaube“ errettet nicht.

Lies noch einmal Jakobus 2,8–14.

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