John 16:16

Eine kleine Zeit

Nach diesen Erklärungen über das Kommen des Heiligen Geistes und die herrlichen Folgen, die sich daraus für sie ergeben, spricht der Herr wieder über seine eigene Lage in Bezug auf sie. Seine Verwerfung und sein Tod stehen kurz bevor. Er sagt ihnen, dass es nur noch eine kurze Zeit dauern wird, dass sie Ihn nicht mehr schauen werden. Jetzt schauen sie Ihn noch, das heißt, dass sie Ihm, seinen Werken und seinem Wandel zuschauen. Doch in Kürze können sie Ihn nicht mehr anschauen. Er fügt jedoch sofort hinzu, dass die Zeit, in der sie Ihn nicht schauen, ebenfalls nur kurz ist. Nach dieser zweiten kurzen Zeit würden sie Ihn wieder sehen. Hier benutzt der Herr nicht das Wort schauen, sondern das Wort sehen. Sehen heißt wahrnehmen oder unterscheiden.

Was Er sagt, wirft bei einigen seiner Jünger Fragen auf. Als Juden, die wirklich an Ihn als den Messias glauben, sind sie davon überzeugt, dass der Messias bleiben wird. Doch gerade weil ihr Denken noch so vom Judentum geprägt ist, wissen sie nicht, wovon Er spricht. Was meint Er denn mit der kurzen Zeit, in der sie Ihn nicht schauen, und damit, dass sie Ihn kurze Zeit später doch wieder sehen werden? Sie verstehen auch nicht, was Er in Joh 16:10 über sein Hingehen zum Vater gesagt hat. Wie werden sie Ihn denn sehen können, wenn Er zum Vater hingeht?

Wir wissen, dass der Herr Jesus mit dem Hingehen zum Vater von seiner Himmelfahrt spricht und dass sie Ihn folglich für eine lange Zeit, nämlich bis zu seinem Wiederkommen, nicht sehen werden. „Eine kleine Zeit“ kann sich darauf also nicht beziehen. Die kleine Zeit, die es dauern würde, bis sie Ihn nicht mehr schauen würden, ist die Zeit, die vergehen wird zwischen dem Augenblick, wo Er das sagt, und dem Grab. Die kleine Zeit, die vergeht, bis sie Ihn danach wieder sehen, ist die Zeit, während der Er im Grab liegt. Danach, wenn Er auferstanden ist, werden sie Ihn sehen.

Das verstehen die Jünger nicht, und deshalb kommt der Herr ihnen in ihren Fragen entgegen. Er fasst ihr Problem noch einmal in Worte, um deutlich zu machen, dass Er gut versteht, was sie beschäftigt. Es ist auch für uns gut, wenn uns jemand etwas fragt, die Frage zu wiederholen, um sicherzugehen, dass wir den anderen richtig verstanden haben. Bei uns ist das nötig, weil bei unserer Wiederholung deutlich werden kann, dass wir die Frage vielleicht nicht richtig verstanden haben. In diesem Sinn brauchte der Herr die Frage natürlich nicht zu wiederholen. Er wiederholt die Frage, um sie zu trösten und seine Antwort daran anzuschließen.

Dass es um ein wichtiges Thema geht, sieht man wieder an dem zweifachen „Wahrlich“ und dem nachdrücklichen „Ich sage euch“, womit der Herr seine Antwort einleitet. Mit „eine kleine Zeit, und ihr schaut mich nicht mehr“ macht Er klar, dass die Welt Ihn töten wird. Dann wird Er nicht mehr als der lebendige Messias bei ihnen sein. Das wird für sie der Anlass sein, dass sie weinen und wehklagen.

Die Welt hingegen wird sich darüber freuen. Sie meinen, dass sie mit Ihm abgerechnet haben, und darüber werden sie sich freuen (vgl. Off 11:7-11). Doch die Welt hat nicht das letzte Wort. Er wird auferstehen, und während die Jünger traurig sind, wird Er zu ihnen kommen, und sie werden sich wieder freuen.

Der Herr vergleicht ihre Traurigkeit mit der einer Frau, die ein Kind zur Welt bringt. Wenn die Wehen sie überfallen, hat sie Schmerzen und Traurigkeit. Doch die Traurigkeit ist von kurzer Dauer. Wenn das Kind erst einmal da ist, ist alle Not vergessen. Das Kind, das sie in den Armen hält, ist die Quelle ihrer Freude.

Der Herr wendet das, was bei der Geburt eines Kindes geschieht, auf seinen Tod und seine Auferstehung an. Sein Tod und das, was Er darüber gesagt hat, machte seine Jüngern traurig. Aber nachdem Er durch die Wehen des Todes hindurchgegangen ist, wird Er sie als der Lebendige wiedersehen. Dann werden sie sich freuen (Joh 20:20), und diese Freude wird ihnen nichts und niemand wegnehmen können, selbst dann nicht, wenn sie gefoltert werden (Apg 5:40; 41). Der Wechsel von Traurigkeit zu Freude ist auch die Erfahrung der Emmausjünger (Lk 24:17; 32). Etwas später erfahren alle Jünger diesen Wechsel, als der Herr Jesus seine Jünger verlässt und zum Himmel auffährt. Dann sind sie voller Freude (Lk 24:52).

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