John 18:8

Der Herr fragt, wen sie suchen

In der Ihm eigenen vollkommenen Kenntnis weiß der Sohn, was geschehen wird. Er ist der Allmächtige und der Allwissende. Alles Licht fällt auf seine göttliche Herrlichkeit. Nicht Judas kommt auf Ihn zu, um Ihm den Kuss des Verräters zu geben, sondern Er selbst geht erneut hinaus, seinen Feinden entgegen. Hier ist nur einer, der die Hauptrolle spielt; alle anderen sind lediglich Statisten. Bevor sie ein Wort sagen können, fragt Er sie, wen sie suchen. Er kennt ihre Absicht und weiß, wen sie suchen. Doch Er stellt diese Frage, um ihnen ihr eigenes Inneres aufzudecken und auch, um seine Jünger zu schützen.

Sie spüren die Autorität, mit der diese Frage gestellt wird, und müssen Ihm darauf eine Antwort geben. Möglicherweise haben sie Ihn im Dunkel der Nacht nicht sofort erkannt. Der Herr Jesus war ja nicht jemand, der besonders auffiel. Er war nicht von einem Heiligenschein umgeben, der Ihm eine besondere Ausstrahlung verliehen hätte und von jedem wahrgenommen worden wäre. Auf seine Frage antworten sie, dass sie „Jesus, den Nazaräer“ suchen, den geringen Mann aus dem verachteten Nazareth (Mt 2:23). Dennoch spricht göttliche Herrlichkeit aus seiner Antwort. Er spricht einfach seinen Namen aus: „Ich bin“ (siehe 2Mo 3:13; 14). Damit offenbart Er sich als Jahwe.

Um den Gegensatz zu betonen, teilt der Evangelist Johannes uns mit, dass Judas, von dem er noch einmal erwähnt, dass der „ihn überlieferte“, jetzt bei den Feinden Christi steht. Nur wenige Stunden zuvor hatte Johannes beim Passahmahl zusammen mit Judas zu Tisch gelegen. Nun aber steht Judas bei den Feinden des Herrn. Die ganze Truppe, angeführt von Judas, steht in der Gegenwart des allmächtigen Gottes, des „Ich bin“, ohne von Ihm verzehrt zu werden.

Es geschieht etwas ganz anderes. Die Antwort, die ihnen deutlich macht, wer es ist, den sie suchen, beraubt sie aller Kraft, Ihn zu greifen. Sie weichen zurück, wie von einer mächtigen Hand zurückgehalten. Sie fallen sogar zu Boden. Es steht nicht dabei, ob sie vornüber oder rücklings gefallen sind, aber ich setze voraus, dass sie alle, Judas eingeschlossen, vornüber gefallen sind, in erzwungener Anerkennung seiner Majestät nach dem Aussprechen seines Namens (vgl. Phil 2:10). Ebenso leicht hätte Er sie, wie gesagt, verzehren können, aber die Stunde seiner Übergabe war jetzt gekommen.

Er fragt sie noch einmal, wen sie suchen. Dabei hat man den Eindruck, Er wolle ihnen eine letzte Chance geben, zur Besinnung zu kommen. Trotz der Offenbarung seines Namens und der darin zum Ausdruck gekommenen Macht, durch die sie gezwungen waren, vor Ihm niederzufallen, bleiben sie bei ihrem Plan. Ihre Antwort lautet wieder: „Jesus, den Nazaräer.“ Darauf antwortet Er, dass sie, wenn sie Ihn suchen, seinen Jüngern freien Abzug gewähren müssen. Er musste, so wie die Bundeslade am Jordan, allein in die Wasser des Todes hineingehen, damit das Volk verschont bliebe. Der Hirte stellt hier sein Leben vor die Schafe.

Sein Wunsch nach freiem Abzug für seine Jünger ist zugleich ein Befehl, dem nicht widersprochen werden kann und dem Folge geleistet wird. Hiermit wird das Wort erfüllt, das Er in seinem Gebet an den Vater gerichtet hat (Joh 17:12). Schon früher hatte Er in Bezug auf seine Schafe gesagt, dass niemand sie aus seiner Hand rauben kann (Joh 10:28).

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