John 8:3-11

Eine Ehebrecherin wird zum Herrn gebracht

Die Führer bemühen sind unermüdlich, den Herrn Jesus zum Schweigen zu bringen. Sie kommen geradeso wie das Volk zu Ihm, aber nicht, um von Ihm zu lernen, sondern um Ihm einen Fallstrick zu legen. So wie bei anderen Gelegenheiten zeigt sich auch jetzt wieder ihre völlige Blindheit für die Herrlichkeit des Sohnes und seine Allwissenheit. Sie haben eine Frau bei sich und führen sie zu Ihm. Die Frau wurde beim Ehebruch ertappt, und sie wollen, dass Er als Richter auftritt. Johannes erwähnt, dass sie sie in die Mitte stellen. Sie stellen gleichsam die Sünde in die Mitte.

Ihre Verdorbenheit zeigt sich außer in ihrer bösen Absicht auch in der Weise, wie sie die Frau anklagen. Sie sprechen ohne den geringsten Abscheu über die Sünde. Für sie ist es nur „ein Fall“, mit dem sie Christus in Verlegenheit bringen wollen. Sie ersparen Ihm die Mühe, herauszufinden, ob ihre Anklage richtig ist, denn die Frau wurde auf frischer Tat ertappt. Möglicherweise ist ihr Mann nach Hause gekommen, als sie mit einem anderen Mann im Bett lag. Es kann auch sein, dass die Spione der Führer sie angezeigt haben.

Die Ankläger kennen das Gesetz. Sie wissen, was das Gesetz Moses in solchen Fällen sagt (3Mo 20:10; 5Mo 17:7). Sie können den richtigen Artikel des Gesetzes anwenden. Warum wollen sie dann noch Christus fragen? Weil sie zwar die Gnade und Wahrheit in Jesus Christus sehen und hören, sich jedoch weigern, sie anzunehmen, weil sie nicht einsehen wollen, dass sie Sünder sind. Die Reden des Herrn Jesus wollen sie nicht mehr hören, und sein Einfluss auf die Volksmenge ist ihnen ein Dorn im Auge. Sie wollen Ihn loswerden.

Jetzt meinen sie, sie hätten Ihn mit ihrer Frage in eine Lage gebracht, wo jede Antwort, ganz gleich, wie die lauten würde, ihnen die Gelegenheit gäbe, Ihn als Verführer zu entlarven. Wenn Er sie verurteilte, wäre Er kein Heiland. Verurteilen konnte das Gesetz ja auch. Wenn Er sie freiließe, verachtete und verwarf Er das Gesetz. Der Fallstrick ist schlau überlegt und listig eingefädelt. Doch was bedeutet die Schlauheit des Menschen in der Gegenwart Gottes, der das Herz ergründet?

Der Herr antwortet nicht sofort auf ihren Versuch, Ihn auf die Probe zu stellen. Das tut Er nicht, um etwa Zeit zu gewinnen, sondern weil Er will, dass sie die ganze Tragweite der Situation begreifen. Dadurch würden sie, wenn Er dann antwortet, keinerlei Möglichkeit mehr haben, dem auszuweichen, was Er ihnen vorstellt. Er ist vollkommen Meister der Lage.

Er bückt sich nieder und schreibt mit seinem Finger auf die Erde. Es ist derselbe Finger, der die Gebote auf die Gesetzestafeln schrieb und damit auch das Urteil über Israel (2Mo 31:18). Es ist auch derselbe Finger, der das Urteil über Belsazar an die Wand schrieb (Dan 5:5). In beiden Fällen schrieb der Finger Gottes ‒ denn dieser war es ‒ auf unauslöschliche Weise das unbeugsame Recht auf einen steinernen Untergrund. Was der Herr hier auf die Erde schreibt, wissen wir nicht. Manche haben angenommen, dass Er möglicherweise die Namen derer aufschrieb, die Ihn nicht wollten (Jer 17:13).

In Bezug auf seine gebückte Haltung können wir wohl eine zweifache Anwendung machen. Die Obersten will Er lehren, dass ein solcher Vorfall nur in der rechten Weise behandelt werden kann, wenn man bereit ist, sich in einer demütigen Gesinnung mit solchem Bösen einszumachen. Die Frau will Er lehren, dass Er nicht stehen blieb, um Steine auf sie zu werfen, sondern dass Er sich als der Demütige niederbückte, um ihr zu dienen, indem Er sie von ihrer Sünde überzeugte.

Die Herzen der Ankläger werden offenbar

Die hartnäckige Verstocktheit der verdorbenen Verkläger kann sich voll entfalten, da der Herr eine Zeitlang nicht antwortet. Sie fahren fort, Ihn zu fragen, und wollen sein Urteil hören. Dann kommt seine Zeit, wo Er eine Antwort gibt. Er richtet sich auf. Das ist ein eindrucksvolles Ereignis. Wir sehen hier seine Macht und seine Rechte, von denen Er aber jetzt keinen Gebrauch macht. Wenn Gott aufsteht, ist das eindrucksvoll. Mehrere Male lesen wir davon, dass Gott aufsteht, um seine Feinde zu richten (Ps 68:2; Jes 14:22; Jes 33:10).

Ebenso so beeindruckend wie sein Aufstehen sind seine Worte. Er gibt keine juristische Antwort, sondern eine moralische Antwort, die mehr eine Frage ist. Durch diese Antwort wird jeder Anwesende in das Licht Gottes gestellt. In diesem Licht wird jede Sünde offenbar, nicht nur die Sünde des Ehebruchs. Mit seiner Frage richtet Er den Scheinwerfer der Wahrheit auf die Heuchler. Sein Licht scheint und macht jedes Herz offenbar. Er ist der Einzige der Anwesenden, der ohne Sünde ist, und daher auch der Einzige, der einen Stein auf sie werfen könnte. Aber Er tut das nicht, denn es ist nicht die Stunde des Gerichts, sondern der Gnade.

Nachdem Er aufgestanden ist und Recht gesprochen hat, bückt Er sich wieder nieder und schreibt weiter auf die Erde. Er nimmt den untersten Platz ein, obwohl Er der Größte und Herrlichste von allen ist. Damit gibt Er seinen Widersachern erneut Gelegenheit, ihre Schlüsse zu ziehen, jetzt aber, nachdem Er ihnen eine einfühlsame und tiefgreifende Belehrung erteilt hat. Seine Antwort bringt sie in Verlegenheit, während sie doch darauf aus waren, den Herrn in Verlegenheit zu bringen. Das wird durch die Macht seines Wortes bewirkt, das sie in das Licht stellt. Wer kann in seiner Gegenwart bestehen, ohne von seiner Schuld überzeugt zu werden?

Es fällt auf, dass die Ältesten als Erste nach Hause gehen. Sie haben am meisten gesündigt, und das können sie in seiner Gegenwart nicht verbergen. Doch auch die, die weniger schwer oder nicht so viel gesündigt haben, gehen fort. Vor dem, der sie klar durchschaut, können sie ihre bösen Motive nicht aufrechterhalten, Ihn zu versuchen. Sie ziehen allesamt ab. So bleibt niemand übrig als nur der Herr mit der Frau, die in der Mitte stand.

Der Herr und die Ehebrecherin

Wieder richtet der Herr sich auf, doch dieses Mal, um der Frau zwei Fragen zu stellen. Er fragt sie, wo ihre Verkläger sind und ob niemand sie verurteilt hat. Die Frau gibt keine Antwort auf die Frage, wo ihre Verkläger sind. Sie sind zwar alle weggegangen, doch sie ist nicht allein. Sie steht noch vor dem, der alles weiß. Mit einem „Niemand, Herr“, beantwortet sie allerdings die zweite Frage. Das ist das einzige Wort, das wir von der Frau hören, aber es reicht aus, um erkennen zu lassen, dass sie an Ihn glaubt.

Dann spricht der Herr das befreiende Wort, dass auch Er sie nicht verurteilt. Durch die Zufügung: „Geh hin und sündige nicht mehr“, macht der Herr deutlich, dass Er die Sünde nicht leichtnimmt. Er tut nicht so, als habe sie nicht gesündigt. Sie hat eine schwere Sünde begangen, wofür sie zu Recht angeklagt wurde. Sie hat nichts zu ihrer Verteidigung vorgebracht. Das konnte sie auch nicht, denn sie war auf frischer Tat ertappt worden. Der Herr kann sagen, dass Er sie nicht verurteilt, weil Er das Gericht über die Sünde der Frau tragen würde. Sein Auftrag an sie ist, dass sie jetzt ein neues Leben beginnt.

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