Jude 11

Kennzeichen der Bosheit

Jud 1:10. Judas gebraucht wieder das geringschätzige „Diese“. Im Gegensatz zu Michael „lästern“ diese Abtrünnigen tollkühn und voller Eigensinn, „was sie nicht kennen“. Das ist nichts anderes als arroganter Hochmut. Von Natur aus verstehen sie Dinge, die auch die „unvernünftigen Tiere“ verstehen. Das betrifft die natürlichen Instinkte, Bedürfnisse, die sie haben, wie Essen und Trinken und Sexualität. Tiere handeln nach ihrer Art, ihrem Instinkt. Sie können nicht nachdenken, weil sie keinen Verstand haben. Diese Personen handeln auf die gleiche Weise wie die Tiere. Doch gerade weil sie bei dem, was sie tun, denken können, während sie doch zur Befriedigung ihrer Begierden wie Tiere handeln, erniedrigen sie sich und „verderben sie sich“ durch ihr Handeln. Mit dem Unverstand von Tieren geben sie sich sexueller Befriedigung hin.

Jud 1:11. Über sie wird das „Wehe“ ausgesprochen; das ist das einzige Mal, dass wir in den Briefen ein „Wehe“ hören. Es ist die Sprache des Buches der Endgerichte, des Buches der Offenbarung. Am Beispiel von einigen alttestamentlichen Gottlosen beschreibt Judas den Weg, der zu diesem „Wehe“ führt.

Sie sind „den Weg Kains gegangen“. Sie sind wie Kain und gehen seinen Weg, den Weg einer Religion, die nicht auf der Gerechtigkeit Gottes beruht, sondern auf ihrer eigenen Gerechtigkeit. Kain war der Erste, der diesen Weg ging, und dieser Weg ist immer noch außergewöhnlich beliebt. Er glaubte an Gott, meinte jedoch, Gott auf seine eigene Weise ehren zu können, nämlich mit seinen eigenen „guten Werken“ (1Mo 4:3-8). Damit sollte Gott doch zufrieden sein. Kain dachte nicht im Entferntesten daran, Gott ein blutiges Opfer darzubringen. Dabei war Gott selbst es gewesen, der das nach dem Sündenfall veranschaulicht hatte (1Mo 3:21), und Abel hatte es verstanden (1Mo 4:4). Diese Haltung Kains, Gott mit guten Werken zu dienen – für Heiden ist sie normal –, ist in das Christentum eingedrungen und zahllose Menschen haben sie nachgeahmt.

Der nächste Schritt ist der „Irrtum Bileams“ (4Mo 22:7; 4Mo 31:16). Dabei geht es darum, dass man sich im Dienst für Gott bereichert. Bileam nannte sich selbst einen Propheten Gottes, war aber habsüchtig und wollte seine „prophetischen Aussprüche“ zu Geld machen. Das bedeutete, dass er bereit war, für Geld das Volk Gottes zu verfluchen.

Wie Bileam, so können auch die Irrlehrer heutzutage sehr gut reden: Für Geld sagen sie das, was die Leute hören wollen. Sie verdrehen die Wahrheit, um finanziellen Gewinn daraus zu schlagen. Sie machen auf diese Weise das Haus Gottes zu einem Kaufhaus. Das Gute, das von Gott kommt, zu einer käuflichen Ware zu machen, findet sich auf vielfache Weise in der Christenheit, vor allem in der römischen Kirche, wo alle sogenannten Wohltaten von der Geburt bis zum Sterben Geld kosten. Sogar die Situation nach dem Tod wird zu einer Gewinnquelle, denn man kann die Zeit in dem erdichteten „Fegefeuer“ je nach Höhe des Betrages, der dafür bezahlt wird, verkürzen.

Der dritte und letzte Schritt zum Abfall ist die direkte Rebellion gegen Gott, wie man sie bei Korah, zusammen mit Dathan und Abiram, sehen kann (4Mo 16:19-35). Korah verwarf Gottes Erwählung Aarons und seiner Familie zum Priestertum und damit die Autorität Gottes. Er wollte selbst das Priesteramt ausüben und die Stelle eines Vermittlers einnehmen, um Herrschaft über das Volk Gottes ausüben zu können. Auch das sehen wir im römischen Katholizismus zur Genüge. Das Gericht Gottes wurde an ihm und an ihnen vollzogen. Sie fuhren lebendig in den Scheol (das Totenreich) hinab.

Diesen drei Personen war gemeinsam, dass sie sich etwas anmaßten, was sie nicht waren. In Kain sehen wir einen falschen Anbeter, in Bileam einen falschen Propheten und in Korah einen falschen Priester. Der Abfall jeder dieser Personen hatte es mit Religion zu tun. Auch hier ist die Reihenfolge nicht chronologisch, sondern geistlich: Kain ging, Bileam gab sich hin und Korah kam um. Das ist eine Beschreibung des geistlichen Niedergangs und des Endes der Menschen, die das betrifft.

Jud 1:12. Es ist so, als würde Judas bei der Suche nach Beispielen alle Kraft anwenden, um deutlich zu machen, was für Leute diese Abtrünnigen sind. Um den Charakter und das Schicksal dieser Abtrünnigen noch deutlicher zu beschreiben, gebraucht er in den Jud 1:12; 13 einige Beispiele aus der Natur.

Als erstes Beispiel nennt er „Flecken“. „Flecken“ sind buchstäblich Klippen, also Felsen unter Wasser, an denen Boote zerschellen können, wenn der Steuermann sie nicht beachtet. Er nennt die Abtrünnigen „Flecken bei euren Liebesmahlen“. Liebesmahle sind Gemeinschaftsmahlzeiten, die die ersten Christen mit dem Abendmahl verbanden (vgl. 1Kor 11:20).

In diesen Abtrünnigen war jedoch nichts von christlicher Liebe und Gemeinschaft zu sehen. Während der Liebesmahlfeiern dachten sie nur an sich. Sie hielten „Festessen“, ohne zu befürchten, dass man sie für unanständig oder habgierig ansehen würde. Unverschämt weideten sie sich selbst und taten damit das genaue Gegenteil von dem, was der Herr tut, der auf das Wohlergehen der Schafe achtet. Über sie wird in Hesekiel 34 – das ist ein Kapitel, in dem es um die falschen Hirten geht – das „Wehe“ ausgesprochen (Hes 34:2).

Möglicherweise sprachen diese Menschen, während sie sich an all den schmackhaften Speisen labten, mit schönen Worten erbauliche Gedanken aus. Sie zogen eine eindrucksvolle Show ab, doch es war nichts dahinter, es waren nur prächtige Seifenblasen. Sie weckten Hoffnung auf Erquickung wie Wolken, von denen man Wasser erwartet, aber sie waren „Wolken ohne Wasser“. Sie bildeten einen großen Gegensatz zu Mose, der in Bezug auf seine Worte an das Volk den Wunsch hatte: „Wie Regen träufle meine Lehre, wie Tau fließe meine Rede, wie Regenschauer auf das Gras und wie Regengüsse auf das Kraut!“ (5Mo 32:2; vgl. Jes 55:10).

Das, was sie sagten, gab keinen Halt, denn sie wurden „von Winden hingetrieben“. Sie verhielten sich zunehmend unbeständig und sagten jedes Mal andere Dinge, an denen man nichts festmachen konnte. Sie hinterließen nur Ernüchterung und Hoffnungslosigkeit. Was für ein Unterschied zu dem Wunsch des Paulus für die Gläubigen: „... nicht mehr ... hin und her geworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre, die durch die Betrügerei der Menschen kommt, durch ihre Verschlagenheit zu listig ersonnenem Irrtum, sondern die Wahrheit festhaltend in Liebe“ (Eph 4:14; 15; siehe auch Heb 13:9)!

Sie waren wie „spätherbstliche Bäume, fruchtleer“, also Bäume, aus denen das Leben gewichen war und von denen daher auch keine Frucht zu erwarten war. Sie waren „zweimal erstorben“. Zuerst einmal waren sie „tot ... in ... Vergehungen und Sünden“ (Eph 2:1), und zweitens waren sie tot in ihrem Bekenntnis, weil darin jedes Leben fehlte.

Sie waren bis in die Wurzel tot, es gab keinerlei Verbindung mit dem Leben, das auch nicht kommen konnte, weil sie von der Wurzel abgeschnitten waren. Sie waren „entwurzelt“. So blieb die in Aussicht gestellte Frucht aus, so wie das in Aussicht gestellte Wasser aus den Wolken ausblieb. Solche Bäume müssen umgehauen werden (Lk 13:9). Diese Menschen sind wie entwurzelte Bäume, und das bedeutet, dass sie von dem Ort weggenommen sind, den sie ihrem Bekenntnis nach einnahmen. Das Einzige, was entwurzelte Bäume erwartet, ist das Feuer.

Jud 1:13. Ein weiteres Beispiel, das Judas benutzt, ist das des Meeres. Er vergleicht diese Menschen mit wilden „Meereswogen“. Sie sind völlig unbeherrscht, so wie das aufgewühlte Meer (vgl. Jes 57:20). Wenn du schon einmal am Meer gewesen bist, während es stürmte, hast du sicherlich gesehen, wie durch den Wind auf den Wellen Schaumkronen entstehen. Diese Schaumkronen werden vom Wind auf den Strand geblasen. Der Schaum fliegt in alle Richtungen und es bleibt nichts davon übrig.

So ergeht es diesen Menschen und ihren Lehren. Trotz allen Lärms, den sie verursachen, zeigen sie nichts anderes als ihre eigenen Schändlichkeiten, die auf den Spitzen der Wellen sichtbar sind und zum Strand geblasen werden. Das Weiß auf den Wellen scheint auf Reinheit hinzuweisen, doch es ist das Weiß von übertünchten Gräbern (Mt 23:27). Es bleibt nichts davon übrig, es bleibt nichts, was irgendeinen Wert hat.

Mit ihrem ganzen Verhalten vermitteln sie auch noch den Eindruck, dass du ihr Leben als Vorbild für dich nehmen kannst, wonach du dich ausrichten kannst, doch sie sind „Irrsterne“. Sie landen in dem, worin sie auch leben, und das ist „das Dunkel der Finsternis“, und zwar „in Ewigkeit“. Dort werden sie niemanden mehr irreführen können, und dort werden sie sich auch nie mehr etwas Gutes tun können.

Jud 1:14. Über sie ist bereits in frühester Zeit prophezeit worden, dass sie einmal gerichtet werden würden. Als Beweis dazu zitiert Judas Henoch. Um diesen Henoch nicht mit jemand anders gleichen Namens zu verwechseln, heißt es von ihm, dass er der „Siebte von Adam“ war. Er hat davon geweissagt, dass der Herr Jesus kommen würde, um die Gottlosen zu richten.

Diese Weissagung Henochs finden wir nur in diesem Brief. Im Alten Testament lesen wir nichts davon. Der Geist Gottes hat Judas auch dies offenbart. Henoch hat zu seiner Zeit über das Kommen Christi zum Gericht geweissagt, wenn Er von seinen „heiligen Tausenden“, all den Erlösten aller Zeiten, begleitet sein wird. Dieses Gericht hat in der Sintflut eine Vorerfüllung erfahren.

Es ist schön, daran zu denken, dass Henoch selbst vor die Flut von Gott weggenommen wurde, ohne dass er den Tod sah (Heb 11:5). Dadurch ist er ein Bild von der Gemeinde, die ebenfalls in den Himmel aufgenommen werden wird, bevor die Gerichte über die Erde hereinbrechen. Die Gläubigen kommen nicht ins Gericht (Joh 5:24).

Jud 1:15. Das Gericht wird alle Ungläubigen treffen. Christus wird sowohl alle Werke als auch alle Worte der gottlosen Sünder richten. Siehst du, wie der Heilige Geist den Charakter der Gottlosigkeit betont? Die Menschen sind so gottlos wie ihre Werke, ihre Methoden und die harten Worte, die sie „gegen ihn geredet“ haben. Er wird persönlich jede Seele dafür bestrafen. Weil das Gericht nicht sofort auf die Tat folgt, sieht es so aus, als würde Gott vergessen zu strafen, und so tut der Mensch weiterhin Böses (Pred 8:11). Doch der Tag der Abrechnung kommt.

Jud 1:16. Ihre gottlosen Worte gebrauchen sie bei ihrem Murren. Sie sind unzufrieden, sie wollen immer mehr oder etwas anderes haben und klagen über ihr Los. Beständig geben sie Gott an allem die Schuld. Warum lässt Er Kriege und all das Elend zu? Wenn Er so allmächtig ist, warum verändert Er die Welt dann nicht?

Es geht dabei um Menschen, die „nach ihren Begierden wandeln“. Sie sind beständig auf die Befriedigung ihrer Leidenschaften aus. Sie sprechen „stolze Worte“, arrogante, aufgeblasene Worte, hochmütig und heuchlerisch. Sie geben vor, mehr zu sein, als sie sind. Sie kriechen vor Personen, die über ihnen stehen, und schmeicheln Personen aus reinem Egoismus, damit sie Vorteile davon haben. Dabei verfolgen sie ihre eigenen Ziele, denn sie kümmern sich überhaupt nicht um andere. Ihnen ist nur ihr eigenes „Ich“ wichtig.

Lies noch einmal Judas 1,10–16.

Frage oder Aufgabe: Welche Beispiele für Gottlosigkeit zählt Judas in diesen Versen auf?

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