Jude 3

Einleitung

Der Brief des Judas ist ein kurzer und kraftvoller Brief. Wenn du den Brief liest, bemerkst du die Leidenschaft eines Propheten. Der Geist Gottes hat Judas gebraucht, um in der energischen Sprache der Propheten das Böse in der Christenheit und das entsprechende Gericht beim Kommen des Herrn Jesus zu beschreiben.

Das Bild, das hier von der Christenheit gemalt wird, ist nicht ein Bild, das dich froh macht, aber es ist die Realität. Wenn dir diese Realität vorenthalten würde, würden dir die erforderlichen Warnungen fehlen, die dir helfen sollen, die Angriffe zu erkennen, die auf die Wahrheit Gottes verübt werden. Zugleich ermutigt Judas dich dennoch. Er weist nämlich auf die unveränderliche Treue und Allmacht Gottes und des Herrn Jesus für diejenigen hin, die die überlieferte Wahrheit festhalten und gegen die Angriffe verteidigen wollen.

Wenn du diesen Brief liest und ihn mit dem zweiten Brief des Petrus, besonders Kapitel 2, vergleichst, stellst du fest, dass bestimmte Themen in beiden Briefen behandelt werden. Dennoch werden dieselben Themen aus unterschiedlichen Perspektiven vorgestellt. So richtet Petrus sich an Judenchristen und spricht über Sünde und Ungerechtigkeit, während Judas sich an alle Christen richtet und über den Abfall von der christlichen Wahrheit spricht, vom Aufgeben des allerheiligsten Glaubens.

Absender, Empfänger, Zweck des Briefes

Jud 1:1. Judas stellt sich als „Knecht Jesu Christi und Bruder des Jakobus“ vor. In dem Kommentar zum Brief des Jakobus habe ich darauf hingewiesen, dass Jakobus wohl ein Bruder des Herrn Jesus war (Jak 1:1; Gal 1:19). Außer einem Jakobus begegnen wir unter den Brüdern des Herrn nach dem Fleisch auch einem Judas (Mt 13:55). Er ist wohl der Schreiber dieses Briefes.

Genauso wie Jakobus, so nennt auch Judas sich nicht „Bruder“ Jesu Christi, sondern bezeichnet sich mit Freuden als „Knecht“. Er spricht auch nicht von „Jesus“, sondern von „Jesus Christus“. Obwohl er und Jakobus zusammen mit dem Herrn Jesus in demselben Elternhaus aufgewachsen sind, fehlt jegliche Vertraulichkeit. Das hat zweifellos damit zu tun, dass sie Ihn als den Auferstandenen kennengelernt hatten (1Kor 15:7). Es ist wichtiger, in einer geistlichen Beziehung zu Ihm zu stehen und das dadurch zu zeigen, dass man auf sein Wort hört, als in einer natürlichen Familienbeziehung zu Ihm zu stehen (Lk 11:27; 28).

Wie bereits gesagt, richtet Judas sich in seinem Brief unterschiedslos an alle Gläubigen. Er nennt sie „Berufene“. Er hat alle Gläubigen im Blick, alle, die zu der weltweiten Gemeinde gehören. Gleichzeitig ist der Brief auch sehr persönlich, denn die Berufung ist eine persönliche Sache jedes Gläubigen. Die Berufenen – und dazu gehörst auch du durch die Gnade Gottes – stellt er gleich zu Beginn seines Briefes in zweierlei Beziehung vor: zuerst zu „Gott, dem Vater“ und dann zu „Jesus Christus“. Die Beziehung zu Gott, dem Vater, ist mit Liebe und die Beziehung zu Jesus Christus mit Bewahrung verbunden.

Was Judas hier tut, liegt auf derselben Linie wie das, was der Herr Jesus in seinem Gebet zu seinem Vater tat, als Er für die Bewahrung der Seinen betete (Joh 17:11). Was Judas sagt und wofür der Herr Jesus betete, ist im Blick auf den Inhalt des Briefes außergewöhnlich ermutigend. Du darfst dir bewusst sein, dass du ein Gegenstand der göttlichen Liebe bist, wie viel Böses auch immer in die Christenheit eingedrungen ist. Du darfst auch wissen, dass Jesus Christus dich bis zum Ende bewahren wird und dass Er das eingedrungene Böse richten wird. Was für eine Ermutigung! Das gibt deinem Glauben Sicherheit und Stärke, und das in der Zeit des Abfalls, in der du lebst, wo dein Glaube hart auf die Probe gestellt wird.

Jud 1:2. Nach der Anrede äußert Judas einen dreifachen Wunsch für seine Leser: „Barmherzigkeit und Friede und Liebe“, und er fügt hinzu: „sei euch vermehrt“. Zu Beginn der Briefe des Paulus findet sich als Wunsch immer „Gnade und Friede“. Lediglich in den beiden Briefen an Timotheus fügt er den Wunsch nach „Barmherzigkeit“ hinzu. „Barmherzigkeit“ gilt also, wie daraus zu ersehen ist, vor allem für einzelne Personen; das unterstreicht den persönlichen Charakter des Judasbriefes.

Die Kombination von drei Wünschen, die Judas hier ausspricht, kommt nur bei ihm vor. Er beginnt mit „Barmherzigkeit“. Das hat mit Not und mit Erbarmen zu tun. Judas weiß, dass die Gläubigen Barmherzigkeit besonders im Blick auf die Zeit brauchen, die er noch beschreiben wird. Auch „Friede“ ist in einer solchen Zeit sehr wichtig. Alles Böse, das in vollem Maß in die Gemeinde eingedrungen ist, kann dazu führen, dass man ganz friedelos wird. Wenn alles hoffnungslos und ohne Ausweg zu sein scheint, kann leicht Unfriede eindringen. Schließlich ist „Liebe“ nötig. Wie böse die Zeiten auch sind – der Gläubige kann sich immer der Liebe Gottes bewusst sein.

Judas nennt diese Dinge ganz allgemein. Natürlich wünscht er, dass Gott sie dir geben möge. Zugleich sollte es so sein, dass du in einer Zeit des Verfalls diese Dinge auch anderen gegenüber zum Ausdruck bringst. Du hast ja das neue Leben, du bist aus Gott geboren und hast seine Natur. Wenn der Verfall sich immer deutlicher offenbart, ist es umso wünschenswerter, dass unter den Gläubigen diese Äußerungen der Fürsorge Gottes auch zueinander gefunden werden. Und Judas wünscht nicht nur, dass sie da sind und zunehmen, sondern dass sie durch Vermehrung überreichlich vorhanden sind, das heißt, dass sie immer mehr zunehmen.

Jud 1:3. Judas nennt seine Leser „Geliebte“ und schließt sich damit Gott, dem Vater, an, von dem er in Jud 1:1 gesagt hat, dass Gott die Seinen liebt. Judas hatte dieselben Empfindungen für sie wie Gott, der Vater. Es ist wichtig, dass du deine Geschwister so siehst, wie Gott, der Vater, sie sieht, und dass du das für sie empfindest, was Er für sie empfindet.

Judas sagt, dass er vorgehabt hatte, ihnen einen Brief zu schreiben, und das tut er ja auch. Er sagt auch, worüber er hatte schreiben wollen und dass sich daran etwas geändert hat. Er hatte gern mit ihnen über das sprechen wollen, was er und sie gemeinsam besaßen in dem Heil, das sie bekommen hatten (vgl. 2Pet 1:1). Der Wunsch, über das „gemeinsame Heil“ zu schreiben, war jedoch von einer Last, die der Geist Gottes ihm aufs Herz gelegt hatte, verdrängt worden. Er gehorchte und erkannte die Notwendigkeit, eine Ermahnung zu schreiben statt über erfreuliche und gesegnete Wahrheiten.

Er spricht über diese Änderung seiner Absichten, weil du dadurch den Ernst des Inhalts seines Briefes umso mehr empfinden sollst. Das zeigt, dass man manchmal seine Pläne ändern muss und dass man für Glaubenswahrheiten kämpfen muss, statt sich daran zu erfreuen.

Der Glaube – damit ist die Glaubenswahrheit gemeint und nicht so sehr der persönliche Glaube – ist außerordentlich kostbar. Er schließt alles ein, was du von Gott in Christus weißt, so wie du das in dem inspirierten, unfehlbaren, maßgeblichen und vollständigen Wort Gottes hast, das auch als solches bewahrt und verteidigt werden muss. Alles, was von Gott kommt, wird immer angegriffen und muss deshalb verteidigt werden. Du musst daran festhalten, dass es nur den Aposteln gegeben war, den Glauben maßgeblich in inspirierten Schriften darzulegen.

Den Glauben zu erklären und zu unterweisen, ist nicht die Aufgabe aller, sondern ist die Aufgabe der vom Herrn Jesus gegebenen Gaben (Eph 4:11). Jeder Gläubige – und dazu gehörst auch du – hat den Auftrag, den Glauben zu verteidigen und dafür zu kämpfen. Das ist nicht die Sache nur einiger weniger. Es ist ja der Glaube, der „den Heiligen“ überliefert worden ist, das sind alle Heiligen, alle Gläubigen, und nicht eine kleine Gruppe bevorrechtigter Menschen. Das bedeutet, dass alle Heiligen ihn verteidigen müssen. Der Ausdruck „Heilige“ macht auch den Gegensatz zur „Unheiligkeit“ der Gottlosen deutlich, über die Judas in den folgenden Versen schreibt.

Was du verteidigen musst, ist der Glaube, der „einmal“, das heißt „ein für alle Mal“, überliefert worden ist. Es geht also nicht um einen neu entdeckten Glauben oder einen Glauben, der sich weiterentwickelt und mit neuen Dingen angereichert wird. Gott hat ihn einmal und vollständig offenbart. Menschen haben nichts dazu beigetragen, auch wenn sie die Werkzeuge waren, durch die der Glaube weitergegeben wurde. Es kommen keine neuen Offenbarungen mehr hinzu. Jemand hat das einmal so ausgedrückt: Was neu ist, kann nicht wahr sein, und was wahr ist, ist nicht neu.

Lies noch einmal Judas 1,1–3.

Frage oder Aufgabe: Welche Ermutigungen findest du in diesen Versen?

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