Judges 15:13

Die Philister und die Männer von Juda

Nach dem großen Schlag, den Simson den Philistern beigebracht hat, sind sie nun wieder an der Reihe, um Rache zu nehmen. Es ist Juda, das als Vergeltung für das, was Simson ihnen angetan hat, büßen muss. Neben dem direkten Anlass für das Heraufziehen der Philister kann auch diese Aktion geistlich angewandt werden. Als Simson seinen Platz der Absonderung auf dem Felsen Etam eingenommen hat, werden die Feinde aktiv. Ein treuer Christ ist vielmehr eine Zielscheibe der Angriffe des Feindes als jemand, der es mit seinem Christenleben nicht so genau nimmt.

Die Männer von Juda erkundigen sich nach den Plänen der Philister. Sie bekommen zu hören, dass sie gekommen sind, um Simson zu binden. Die Philister sind immer darauf aus, den Nasir zu binden. In ihrer geistlichen Anwendung ist dies immer eine der wichtigsten Zielsetzungen des Feindes. In der Christenheit ist es sogar mit dem Heiligen Geist geschehen: Er ist an Bande gelegt worden.

Noch schlimmer als das, was die Philister beabsichtigen, ist die Haltung Judas. Sie leiden offensichtlich nicht mehr unter der Herrschaft der Philister. Das Joch drückt nicht mehr, weil sie sich damit versöhnt und es angenommen haben. Sie nehmen es Simson übel, dass er sie in solch einen Konflikt mit dem Feind bringt, der gerade so freundlich zu ihnen ist. „Weißt du nicht, dass die Philister über uns herrschen?“ So tief war Juda gesunken. Juda bedeutet „Lobpreis“, „Gottlober“. Ist es nicht zum Himmel schreiend, dass gerade der Stamm mit solch einem Namen sich so auslässt?

Dies spricht von einer völligen Akzeptanz des Klerikalismus und des Traditionalismus. Der Gottesdienst, bei dem das Fleisch in größerem oder geringerem Maß die Weisungsbefugnis hat, ist allgemein geworden. Das ist in der Christenheit überall der Fall, wo der Unterschied zwischen Geistlichen und Laien zu einer feststehenden Tatsache geworden ist; wo der Dienst von einem Mann oder von einer ausgewählten Gruppe bestimmt wird; wo Vorschläge auf demokratische Weise behandelt werden; wo Musik einen untrennbaren Bestandteil des Gottesdienstes bildet; wo der Gottesdienst, der Dienst des Lobpreises, nach von vornherein festgelegten Linien verläuft.

Wer richtig liest, sieht, dass es nicht nur über bestimmte kirchliche Richtungen geht, sondern dass dies genauso gut für allerlei andere Glaubensgemeinschaften gilt. Es liegt nicht allein an der offiziellen Struktur, obgleich die Kennzeichen dort eher auf der Hand liegen. Es gilt auch für diejenigen Orte, wo zwar offiziell keine Strukturen bestehen, wo aber bestimmte Strukturen als Folge eingeschliffener Gewohnheiten durchaus vorhanden sind.

Der Deutlichkeit halber: Es betrifft die Merkmale eines Systems, offiziell oder inoffiziell, und nicht die Menschen, die ihm angehören. Es gibt glücklicherweise eine Menge aufrichtiger Christen, die Gott hingegeben dienen, sich jedoch des Bösen nicht bewusst sind, das an solchen Systemen klebt.

Es ist Gottes Gnade, wenn Er einen Befreier sendet, wie hier Simson. Doch Simson wird als ein Ruhestörer empfunden. Jemand, der allerlei fleischliche Dinge an den Pranger stellt, die einen Platz im persönlichen oder gemeinsamen Dienst für Gott bekommen haben, wird zu hören bekommen, dass er den herrschenden Regeln und Formen entgegentreten würde. Ihm wird beispielsweise vorgehalten, dass er nicht extrem sein solle. Die Lauheit wird gerechtfertigt.

Anstatt sich mit ihrem Helden eins zu machen und sich ihres gemeinsamen Feindes zu entledigen, stellen die Männer von Juda sich auf eine Linie mit den Philistern und vereinigen sich mit ihrem Ziel. Eigentlich haben sie überhaupt keine Wertschätzung für den ihnen von Gott gegebenen Richter. Juda zeigt hier nicht die Würde des Segens, den Jakob über ihn ausspricht (1Mo 49:8-12). In Judas Geschichte sehen wir mehr von solchen Tiefpunkten (1Mo 37:23-28; 1Mo 38:1-26).

Simson will keinen Streit mit seinen Brüdern, wie tief sie auch gesunken sind und wie sehr sie sich eigentlich auf die Seite ihres Feindes stellen. So sollen auch wir nicht mit unseren Brüdern streiten, sondern gegen die Grundsätze, die sie gefangen halten und womit sie sich selbst versöhnt haben, kämpfen.

Simson bittet um die Beteuerung, dass sie ihn nicht angreifen werden, weil er andernfalls genötigt wäre, sich mit allen damit für die Judäer verbundenen Folgen zu verteidigen. Simson erhält die Garantie, dass dies nicht geschehen werde. Das Einzige, das sie tun wollen, ist, ihn mit neuen Stricken zu binden und in die Hand der Philister zu überliefern. Stellen wir uns einmal vor, was das bedeutet! Die Männer von Juda stellen sich auf die Seite der Philister, um ihre Pläne auszuführen!

Simson musste, koste es, was es wolle, von seiner Berufung abgehalten werden. Neue Stricke sollen dafür das geeignete Mittel sein. Es sind vor allem neue, populäre Mittel, wodurch hingegebene Christen dazu bewegt werden, ihre Nasiräerschaft preiszugeben. Das Wort für Stricke kommt von „Flechten“ und gibt den Gedanken wieder, dass es sich um ein menschliches Produkt handelt.

Simson lässt sich binden und gibt ihren Wünschen nach, weil er seine Kraft nicht gebrauchen oder missbrauchen wollte, indem er gegen sein Volk gekämpft hätte.

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