Judges 16:1

Einleitung

Das Geheimnis der Kraft kann niemals Menschen mitgeteilt werden, die diese Kraft selbst nicht besitzen. Niemand hat je die Quelle der Kraft und der Autorität des Herrn Jesus begriffen. Maria von Bethanien ist das einzige Beispiel eines Herzens, das Ihn begriff. Sein Herz war voller Mitgefühl für jeden Schmerz, doch es gab niemanden, der seinen Schmerz je gefühlt, geschweige denn begriffen hat.

Simson war völlig anders als der Herr. Er hat allein sich selbst befriedigen wollen und gab dafür sein Geheimnis preis, und damit die Kraft, um länger Nasir zu sein. Zwischen dem Herrn Jesus und Simson gibt es mehr Gegensätze als Übereinstimmungen, wie uns vor allem dieses letzte Kapitel über Simson erkennen lässt. Die letzten Geschehnisse im Leben Simsons bestätigen seine große körperliche Kraft und seine große Schwäche für Frauen.

Simson in Gaza

Aus der Geschichte wird nicht deutlich, warum Simson nach Gaza ging. Gaza war eine Festung der Philister. Er muss dort von jedem erkannt worden sein, als er mit seinem langen Haar durch die Straßen geht. Furcht vor seiner großen Kraft sorgt dafür, dass niemand ihm, dem gefürchteten Feind, etwas anzutun wagt. Sein Besuch in dieser Stadt geschieht nicht im Auftrag Gottes. Nichts zeigt, dass er in Gaza ist, um diese Brutstätte der Aktivität der Philister auszurotten.

Es scheint so, als ob er einen Ausflug machte und am „bummeln“ war. Möglicherweise liegt darin der Grund für seinen Besuch bei einer Hure. Auch David kam zum Ehebruch, weil er seine Zeit im Müßiggang verbrachte, während er an der Spitze des Heeres hätte stehen müssen, um es im Krieg anzuführen (2Sam 11:1-5). Simson hat immer noch nicht gelernt, seine Leidenschaft zu beherrschen; er lässt ihr freien Lauf. Ging er in Richter 14 noch „anständig“ zu Werke, indem er die normalen Umgangsformen beachtete, hier folgt er ausschließlich seinen Lüsten, deren Opfer er selbst wird.

Die Hure ist eine philistäische Hure und damit ein Bild der großen Stadt Babylon oder der römisch-katholischen Kirche, die „die große Hure“ genannt wird (Off 17:1). Dass die bekennende Kirche als eine Hure vorgestellt wird, zeigt sehr gut an, wie weit sie von ihrem ursprünglichen Zustand abgewichen ist. Paulus weist auf den Beginn dieser Abweichung hin, als er die Gemeinde mit einer reinen Jungfrau vergleicht, die er dem Christus verlobt hat, die jedoch durch die Verführung des Teufels Ihm untreu geworden ist (2Kor 11:2; 3). Das Endergebnis dieser Untreue sehen wir in Offenbarung 17 und 18.

Jeder Gläubige, der vergisst, dass er ein Nasir ist und denkt, dass er sich ungestraft, ohne einen Auftrag von Gott, in das System hineinbegeben kann, das Gott richten wird, läuft Gefahr, mit diesem System umzukommen. Das ist schließlich mit Simson geschehen. Er kommt mit dem System um, gegen das er kämpfen sollte, indem er sich damit eins machte. Obwohl er hier noch die Kraft hat, um sich selbst zu befreien, hat er, indem er sich mit dieser philistäischen Hure vereinigte, den Keim seines Untergangs gelegt.

Es scheint möglich zu sein, dass jemand überhaupt noch eine gewisse Kraft haben kann, wenn er sein Gewissen so geopfert hat. Er verliert seine Kraft noch nicht, weil er das Geheimnis davon noch nicht preisgegeben hat. Allein Gott und Simson wissen davon. Es ist in der Tat möglich, dass jemand, der in der Sünde lebt, noch einige Zeit in seinem Dienst für Gott Erfolg hat. Leider werden diese Erfolge als ein Deckmantel für die Sünde gebraucht und nicht dazu, selbst zu einem gründlichen und umfassenden Bekenntnis dieser Sünde zu kommen.

Simson gebraucht seine Kraft hier allein, um sich selbst zu befreien, und er vergisst das Ziel, wofür Gott ihm diese Kraft gegeben hat. Es wird kein Feind geschlagen, und sein Volk hat keinen Nutzen davon. Simson benimmt sich hier wie ein ordinärer Kraftprotz. Er gebraucht seine Kraft, weil er gezwungen wird, selbst zu flüchten, und nicht, um die Philister in die Flucht zu jagen.

Er wird später nach Gaza zurückkommen, nicht um seine Kraft zu zeigen, sondern als ein blinder Gefangener (Ri 16:21). Das kommt, weil er Hebron nicht erreicht. Er läuft zwar mit den Toren auf seinen Schultern in die Richtung von Hebron, aber er kommt nicht dort an. Hebron bedeutet „Gemeinschaft“. Simson versagt sozusagen in seiner Rückkehr zur Gemeinschaft mit Gott. Er kommt nicht zu einem vollständigen Schuldbekenntnis, denn er gibt seine verkehrten Verbindungen nicht auf. Seine äußerliche Befreiung ist keine Folge eines innerlichen Selbstgerichts vor Gott. Seine Gemeinschaft mit Gott ist nicht wiederhergestellt, und es ist kein Selbstgericht der begangenen Sünden wegen vorhanden.

Rückkehr zu Gott bedeutet eine Verurteilung dessen, was ihn zu der Sünde brachte, ihrer Wurzel. In seinem Herzen hat er die begangene Sünde nicht gerichtet und hat sie in seinem Herzen weiter gehegt. Das kann auf nichts anderes als auf Kosten der Gemeinschaft mit Gott gehen. An jeden, der der großen Babylon, der im Namen christlichen Kirche, angehört, ergeht der Aufruf: „Geht aus ihr hinaus, mein Volk, damit ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet und damit ihr nicht empfangt von ihren Plagen“ (Off 18:4). Absonderung vom Bösen muss sowohl äußerlich als auch innerlich stattfinden. Bei Simson war sie in diesem Fall allein äußerlich. Innerlich blieb er mit dem Bösen verbunden.

Copyright information for GerKingComments