Judges 9:8

Der Olivenbaum

Es geht Jotham mit seiner Parabel oder seinem Gleichnis darum, deutlich zu machen, dass das Herrschen über andere das Verderben des Segens Gottes bedeutet, den Gott geben will. Wo Menschen die Chance zu herrschen bekommen, werden der Gebrauch und der Segen des Heiligen Geistes (vorgestellt in dem Olivenbaum), die Freude (vorgestellt in dem Weinstock) und die Gerechtigkeit (vorgestellt in dem Feigenbaum), die alle Gaben Gottes sind, verdorben. Das Endergebnis des Herrschens ist in dem Dornstrauch zu sehen – mit dem die Einwohner von Sukkot eine empfindliche Lektion beigebracht bekommen hatten (Ri 8:16) –, der nichts anderes als Pein verursachen wird. Hier wird angezeigt, worauf menschliche Regierung im Haus Gottes immer hinausläuft.

Der Baum ist hier ein Bild einer regierenden Macht. Wir können das beispielsweise auch bei Nebukadnezar sehen (Dan 4:20-22). Bei den Bäumen geht es immer um das Fruchttragen und die Preisgabe davon, wenn zu herrschen angefangen wird. Von Natur wollen Menschen gern von jemandem regiert werden, in dessen Leben Frucht gesehen wird. Der wahre Geist des Regierens ist der Geist des Dienens (Lk 22:27). Autorität in einem herrschenden Sinn auszuüben, ist von viel geringerem Wert als fruchtbares Dienen.

In der Geschichte von den Bäumen legt Jotham Abimelechs Charakter bloß und auch das unrechte und unehrliche Handeln der Bürger Sichems hinsichtlich der Erinnerung an seinen Vater Gideon. Wir werden sehen, dass wir Jothams Geschichte auf die Führerschaft durch Personen anwenden können, aber auch auf die Überbetonung einer bestimmten Lehre. Das Ziel des Gleichnisses ist, dass wir die Führung Gottes erkennen und davor wachsam sind, uns selbst in einer solchen Position bestätigen oder uns von anderen bestätigen zu lassen, die uns einen Ehrenplatz geben wollen.

Der Olivenbaum ist der erste Baum, der zu Wort kommt. Er ist ein Bild der Energie und Erleuchtung, Kraft und Frucht des Heiligen Geistes. Olivenöl sorgt dafür, dass der Leuchter im Heiligtum am Brennen blieb, so dass dort Licht war (2Mo 27:20). Wir lesen auch, dass im Alten Testament Priester, Propheten und Könige mit Öl gesalbt wurden. Im Neuen Testament werden die Gläubigen als Priester und Könige gesehen (Off 1:6), und es wird über die Gläubigen als Menschen gesprochen, die gesalbt sind, nicht mit buchstäblichem Öl, sondern mit dem Heiligen Geist (1Joh 2:20; 27). Öl ist also ein Bild des Heiligen Geistes.

Wenn nun im Leben eines Menschen das Werk des Heiligen Geistes deutlich sichtbar wird, ist die Chance groß, dass man ihn bitten wird, die Leitung zu übernehmen. Es kann in einer Glaubensgemeinschaft auch vorkommen, dass man die Wirkung und Äußerung des Heiligen Geistes so sehr überbetont, dass damit sein wahrer Platz verloren geht. Dann werden die Geistesgaben zum Maßstab für die Beurteilung von jemandes geistlichem Leben. Jemand, der eine bestimmte Geistesgabe hat, genießt dann ein höheres Ansehen als jemand, der die betreffende Gabe nicht hat.

Wer in dieser Hinsicht die Bibel untersucht, wird entdecken, dass der Heilige Geist nicht gekommen ist, um sich selbst darzustellen, sondern dass Er gekommen ist, um den Herrn Jesus zu verherrlichen. Der Herr Jesus sagt von dem Heiligen Geist: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht von sich selbst aus reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen“ (Joh 16:13; 14).

Dies tut nichts von der Herrlichkeit und Gottheit der Person des Heiligen Geistes weg. Es geht darum festzustellen, welchen Platz der Heilige Geist innerhalb der Gottheit einnimmt und was Er auf der Erde tut. Nebenbei bemerkt: Darum sind auch das Ansprechen und die Anbetung des Heiligen Geistes in Wort und Lied und das Gebet zu Ihm unangemessen; dies findet keinen einzigen Grund in der Bibel.

Was wohl im Leben eines Christen sichtbar werden kann, ist die Frucht des Heiligen Geistes (Gal 5:22; 23a). Jemanden, bei dem diese Frucht gefunden wird, wird man ziemlich schnell bitten, die Leitung zu übernehmen. Lautet dann die Antwort: „Ich bin zu sehr mit den Dingen Gottes beschäftigt, um die Leitung zu übernehmen?“

Der Olivenbaum hat auch mit den Verheißungen zu tun, die Gott seinem Volk gegeben hat (Röm 11:16-24). Auch stellt er die Gläubigen als diejenigen vor, die alles von Gott herleiten (Ps 52:10).

Zusammenfassend können wir sagen, dass ein „Olivenbaum-Bruder“ jemand ist, der sich durch den Heiligen Geist leiten lässt und bei dem die Frucht des Geistes sichtbar wird. Er ist jemand, der die Verheißungen Gottes berücksichtigt und in allem auf Ihn vertraut. Wenn es in der örtlichen Gemeinde einen „Olivenbaum-Bruder“ gibt, könnte zu ihm gesagt werden: „Wir wollen dich als Führer anstellen, wie es in den Kirchen um uns her geschieht.“ Es ist zu hoffen, dass seine Antwort wie die des Ölbaums ist, so dass er weiterhin zur Ehre Gottes Frucht tragen kann.

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