Luke 22:61

Die Verleugnung durch Petrus

Dann greifen sie den Herrn und bringen Ihn aus dem Garten weg. Ihr Ziel ist das Haus des Hohenpriesters. Dort wohnt der Mann, der die Verbindung zwischen Gott und seinem Volk aufrechterhalten soll. Doch dieser Mann ist das große Instrument in der Hand Satans, der auf diese Weise die Trennung zwischen Gott und seinem Volk radikal zustandebringen kann.

Petrus folgt der Menge, seinen Herrn in der Mitte, von weitem. Er macht sich die Dunkelheit zunutze, um unauffällig zu folgen. Er liebt den Herrn, und darum folgt er. Er hat Angst vor den Menschen, und darum folgt er von weitem. Wenn wir vor Menschen zittern, dann deshalb, weil wir nicht mit Gott gewesen sind.

Die Feinde des Herrn, die Ihn gefangen genommen haben, liefern ihren Gefangenen ab. Sie müssen jedoch in Bereitschaft bleiben. Weil es kalt geworden ist, zünden sie ein Feuer an. Die Kälte draußen gibt zugleich die Temperatur ihrer kalten Herzen wider. Petrus setzt sich mitten unter sie und sitzt damit im Kreis der Spötter (Ps 1:1). Nachdem er dem Herrn auf Entfernung gefolgt ist, kann es nicht ausbleiben, dass er sich am Feuer der Feinde des Herrn zusammen mit diesen wärmt. Wer zum Herrn auf Abstand geht, rückt automatisch vor in Richtung Welt. Petrus ist kein Feind des Herrn, aber in diesem Augenblick wohl ein Feind seines Kreuzes (Phil 3:18).

Das Feuer gibt nicht nur Wärme, sondern auch Licht. Es ist kein helles Licht, und Petrus wähnt sich ziemlich sicher. Doch dann erkennt ihn eine Magd, die ihn unverwandt anblickt. Sie entdeckt in ihm jemanden, der auch „mit ihm“ war, und sagt das laut zu anderen. Petrus erschrickt, als er entdeckt wird. Eine Magd jagt dem Apostel einen Schrecken ein. Statt für den Herrn einzutreten, reagiert er, indem er leugnet, den Herrn zu kennen. Später wird er in seinem Brief schreiben, dass wir jederzeit zur Verantwortung bereit sein sollen (1Pet 3:15). Das schreibt er, nachdem er die demütigende Lektion verstanden hat, die er hier gerade lernt.

Petrus ist zu dieser Verantwortung nicht bereit, weil er im Blick auf die Versuchung, in der er sich jetzt befindet, nicht gebetet hat. Dieser erste falsche Schritt führt zu den folgenden Schritten, die noch schlimmer sind und weiter von Gott wegführen. Kurz danach sieht ihn ein anderer und macht die Bemerkung, dieses Mal an Petrus persönlich gewandt, dass er einer von ihnen sei. Die Frau hatte gesagt, dass er mit dem Herrn gewesen sei, dieser sagt, dass er zu den Jüngern des Herrn gehöre. Nach seiner Leugnung, mit dem Herrn gewesen zu sein, leugnet er nun ganz entschieden, zu den Jüngern des Herrn zu gehören.

Nachdem er den Herrn zum zweiten Mal verleugnet hat, vergeht eine Stunde. Eine Stunde lang hat Petrus sich schon zwischen den Feinden des Herrn aufgehalten und Ihn zweimal verleugnet. Sein Gewissen kann nicht ruhig sein, doch er bleibt, wo er ist, und wärmt sich zusammen mit den Feinden des Herrn an dem Feuer, das sie angezündet haben.

Dann kommt die dritte Konfrontation. Er wird aufs Neue erkannt. Diesmal verrät er seine Herkunft durch seinen Dialekt. Petrus wird sich nicht nur gewärmt, sondern auch mitgeredet haben. Er kann nur bei ihren hohlen Gesprächen mitgemacht haben. Zu einem Zeugnis für seinen Herrn war er durch seine falsche Stellung und seine zweifache Verleugnung nicht in der Lage. Als er zum dritten Mal entdeckt wird, leugnet Petrus wieder, den Herrn Jesus zu kennen. Diesmal tut er so, als begreife er den anderen nicht. Er sagt so viel wie: „Worum geht es eigentlich? Du erzählst mir etwas, wovon ich noch nie gehört habe.“

Nach dieser weitgehenden Leugnung ‒ sogar während er noch redet ‒ kräht der Hahn, wie der Herr gesagt hat. So wie Er Herzen von Menschen lenkt, damit sie Ihm geben, was Er benötigt, so lenkt Er das Tier, das Er benötigt. Er lässt den Hahn zu dieser ungewöhnlichen Zeit krähen, um seinen fehlenden Jünger an sein Wort zu erinnern.

Ein Hahn, der kräht, gibt das Zeichen zum Aufwachen. Der Herr lässt den Hahn krähen, um das Gewissen von Petrus aufzuwecken. Aber da ist nicht nur ein erwachtes Gewissen, auch der Herr ist da. Ohne Ihn führt ein erwachtes Gewissen wie bei Judas zu Verzweiflung und Selbstmord. Wahre Jünger blickt Er an. Er versagt nie, und wie Er zuvor nicht darin versäumt hat, zu warnen, so wendet Er sein Gesicht nicht von Petrus ab, nachdem dieser Ihn verleugnet hat.

Inmitten allen Spottes und aller Misshandlung wendet Er sich um und blickt Petrus an. Die Leiden bemächtigen sich seiner nicht so sehr, dass Er Petrus vergessen hätte. Als Er Petrus anblickt, erinnert dieser sich an das Wort, das der Herr über seine Verleugnung gesagt hat. Die Erinnerung daran bringt Petrus zur Reue. Er geht hinaus und weint bitterlich. Es sind Tränen echter Reue darüber, wer er selbst ist und wozu er gekommen ist. Auch jetzt noch bringt Gott durch sein Wort Menschen zu Reue und Bekehrung. Gottes Wort ist ein Spiegel, der dem Menschen zeigt, wer er in seiner Sündhaftigkeit ist.

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