Luke 6:20

Glückselig

Diese Seligpreisungen gleichen sehr denen in Matthäus 5–7. Doch es geht wahrscheinlich um eine andere Gelegenheit und um eine andere Volksmenge. Der Herr wird bei unterschiedlichen Gelegenheiten Dinge gleichen Inhalts gesagt haben, aber in Worten, die für jede dieser Gelegenheiten passten. Das tun alle Prediger, die bei unterschiedlichen Gelegenheiten über dieselben Themen sprechen, aber das jedes Mal auf eine etwas andere Weise tun.

In dieser Ansprache weist der Herr auf den Charakter hin, den seine Belehrungen bei denen bewirken wird, die sie annehmen. Er spricht in erster Linie zu seinen Jüngern, aber die Volksmengen hören zu (Lk 7:1). Er erhebt seine Augen zu seinen Jüngern. Das heißt, dass Er als Meister einen niedrigeren Platz einnimmt. Die Belehrungen, die Er gibt, setzt Er selbst völlig in die Praxis um. Er vermittelt keinen Unterrichtsstoff, sondern einen Lebensstil, ein Verhalten, worin sichtbar wird, wer Gott ist, der in Christus in Niedrigkeit zum Menschen gekommen ist.

Der Unterschied zu der Bergpredigt im Evangelium nach Matthäus zeigt sich in der Form der Anrede, die der Herr gebraucht. Hier in Lukas wendet Er sich direkt an seine Jünger. Er spricht sie an und sagt im Blick auf das Reich Gottes: „… euer ist [es]“. In Matthäus spricht Er nicht zu einer bestimmten Gruppe, sondern über eine bestimmte Gruppe, und sagt, dass das Reich der Himmel „ihrer“ ist (Mt 5:3). Er spricht dort über die Kennzeichen derer, die Untertanen im Reich der Himmel sind, einem Reich, das durch die Verwerfung des Königs aufgeschoben ist, das aber aufgerichtet werden wird, wenn Er zurückkehrt. Inzwischen wird das Reich auf verborgene Weise aufgerichtet, wie Er in den Gleichnissen in Matthäus 13 deutlich macht. In der Bergpredigt stellt Er denen, die im Reich sind, gleichsam das Grundgesetz des Reiches vor, an das sie sich halten müssen. In Lukas weist Er auf ein besonderes Kennzeichen derer hin, die Ihm angehören, nämlich ihre Verbundenheit mit Ihm. In der Beschreibung, die Er hier von seinen Jüngern gibt, wird deutlich, dass Er von seiner Verwerfung als einer vollendeten Tatsache ausgeht. Sie teilen seine Verwerfung.

In den Ersten, die Er glückselig nennt, kommt der genannte Unterschied zu dem, was in Matthäus steht, deutlich zum Ausdruck. Lukas teilt mit, dass der Herr seine Jünger persönlich und direkt anspricht: „Glückselig ihr Armen.“ Matthäus tut das nicht. Er notiert aus dem Mund des Herrn: „Glückselig die Armen im Geist“, also allgemein und auf den Geist bezogen.

In Lukas spricht Er die Jünger auch nur als „Arme“ an. Das ist allgemeiner als „die Armen im Geist“ in Matthäus. Seine Nachfolger sind in jeder Hinsicht arm. Sie bilden sich nichts ein und haben auch keinen großen Reichtum. Sie gleichen Ihm, der um unsertwillen arm wurde (2Kor 8:9). Sie mögen dann jetzt zwar arm sein, aber bald bekommen sie das ganze Reich Gottes als ihren wahren Reichtum. Diese Aussicht ist der Grund dafür, dass der arme Jünger sich glückselig schätzen darf.

Der wahre Jünger hat auch Hunger, aber der Herr spricht darüber das „Glückselig“ aus. In Matthäus verbindet Er mit dem Hunger auch „Durst“ und „nach Gerechtigkeit“. In Lukas ist es wieder allgemein. Jünger haben Hunger nach allem, was von Gott ist und was sie in der sie umgebenden Welt nicht sehen. Die Welt hat keinen Hunger nach Gott, sondern lehnt Ihn ab. Die Welt jagt dem eigenen Interesse nach auf Kosten von allem und jedem. Mit Gott rechnet man überhaupt nicht. Der Jünger hungert nach der Zeit, in der Gott durch Christus auf der Erde regieren wird. Dann wird der Jünger gesättigt werden. All sein Verlangen nach dem, was von Gott ist, wird befriedigt werden. Die ganze Situation auf der Erde kann den Jünger nicht froh machen. Er leidet darunter, sie bereitet ihm Kummer. Diese Situation wird jedoch nicht immer bestehen. Wenn Gott durch Christus auf der Erde regieren wird, dann wird der Jünger lachen.

Weil Gott jetzt noch nicht in Christus auf der Erde regiert, sondern gegenwärtig verworfen ist, wird das auch das Teil der Jünger Christi sein. Die Menschen werden sie hassen und ausschließen und schmähen. Ihr Name wird mit Verachtung genannt werden. Und das alles deshalb, weil sie zu dem verworfenen Sohn des Menschen gehören. Der Herr nennt sie glückselig. Es ist ein glückseliges Los, die Schmach zu teilen, die sein Teil ist.

Über das, was Menschen ihnen um seinetwillen antun werden, brauchen sie nicht zu trauern. Darüber dürfen sie sich im Gegenteil freuen. Das haben sie auch getan (Apg 5:41) und viele nach ihnen. Durch das, was Menschen ihnen um seinetwillen antun, werden sie sich auf der Erde freuen, und der Gedanke an Lohn im Himmel kann sie zusätzlich erfreuen. In dem Leid, das ihnen zugefügt wird, werden sie Genossen der Propheten, die unter den Vätern dieser Verfolger gelitten haben. Menschen, die verfolgen, tun, was ihre Vorfahren bereits getan haben.

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