Matthew 18:19

Gemeindezucht

Bis Mt 18:15 ging es um einen Geringen und das Reich der Himmel. Der folgende Abschnitt (Mt 18:15-20) handelt von einem Bruder und der christlichen Gemeinde. Ebenso wie ein Geringer kann auch ein Bruder vom rechten Weg abkommen. Und ebenso wie ein abgeirrter Geringer zur Herde zurückgebracht werden muss, soll auch ein abgeirrter Bruder wieder gewonnen werden. Wenn ein Bruder abweicht, indem er gegen einen anderen Bruder sündigt, soll der Bruder, gegen den er gesündigt hat, den gleichen Geist der Sanftmut offenbaren, den der Herr bei einem Kleinen voraussetzt. Er soll nicht einfach nur abwarten, bis der andere mit einem Bekenntnis seiner Sünde zu ihm kommt. Er soll selbst hingehen und den anderen von der Verkehrtheit seiner Tat überzeugen und ihn so zu gewinnen versuchen. Und er soll dies allein tun, ohne dass ein Dritter davon erfährt.

Wenn der Bruder ihm zuhört und seine Sünde bekennt, dann ist er gewonnen worden. Niemand hat davon Kenntnis bekommen, und das ist auch gar nicht nötig, denn er hat seine Sünde bekannt und damit ist sie zugedeckt. Es kann aber auch geschehen, dass der Bruder nicht hört. Dann soll der Geschädigte noch einen oder zwei Brüder mitnehmen und den anderen aufsuchen. Bei dem erneuten Gespräch gibt es dann also zwei oder drei Zeugen, damit der Bruder durch deren Beisein doch noch von seiner Sünde überführt wird. Wenn das gelingt und er die Sünde bekennt, ist der Bruder ebenfalls gewonnen.

Wenn er aber auch auf diese nicht hört, muss die Sache der Gemeinde vorgetragen werden. Dabei ist es durchaus erforderlich, dass zwei oder drei Zeugen vorhanden sind, denn nur dann ist die Berichterstattung für die Gemeinde annehmbar. Aufgrund dieses Berichts muss der Bruder ein drittes Mal besucht werden, nun aber durch eine Gesandtschaft der Gemeinde. Wenn er auch auf diese nicht hört, ist die Angelegenheit für den Bruder, gegen den gesündigt worden ist, erledigt. Für ihn ist der Bruder jetzt kein Bruder mehr, sondern er ist wie eine Heide oder Zöllner, mit dem er keinen Umgang haben kann.

Es ist klar, dass die Gemeinde diese Sache jetzt nicht einfach auf sich beruhen lassen kann. Vielleicht können noch einige Versuche unternommen werden, den irrenden Bruder zur Einsicht zu bringen. Wenn dieser aber trotz aller liebevollen Bemühungen, eine Umkehr zu bewirken, weiterhin in seiner Sünde verharrt, hat die Gemeinde die Verantwortung und auch die Befugnis, die Sünde auf ihn zu binden. Er muss dann als ein Böser betrachtet und aus der Mitte der Gemeinde weggetan werden (1Kor 5:13). Diese allerletzte Handlung der Gemeinde besiegelt, dass jeder Versuch, den in Sünde geratenen Bruder zu gewinnen, fehlgeschlagen ist.

Mit dem Binden der Sünde auf die Person wird diese Person unter Gebet dem Herrn übergeben, dass der Herr doch noch eine Umkehr bewirken möge. Der Herr weist darauf auch hin, indem Er anschließend sagt, dass die Gemeinde auch entbinden, d. h. die Person von der Sünde lösen kann. Das geschieht, wenn die Person ihre Sünde bekennt, die Gemeinde Vergebung erklärt und die Person wieder in ihre Mitte aufnimmt. Diese Zuchthandlungen der Gemeinde, das Binden und Lösen, werden im Himmel anerkannt. Die Gemeinde muss deshalb ganz sicher sein, dass ihre diesbezüglichen Handlungen die Zustimmung des Himmels haben. Zu dieser Überzeugung kann sie nur gelangen, wenn sie genau nach dem Wort Gottes handelt.

Um sicher zu sein, dass eine Handlung des Bindens oder Lösens vom Himmel anerkannt wird, muss jede Zuchthandlung durch einmütiges Gebet der Gemeinde zustande kommen. Die ganze Gemeinde muss den Herrn nach seinem Willen fragen. Dann wird der Vater seinen Willen durch sein Wort bekanntmachen. Darum muss eine Gemeinde jede Zuchthandlung auf das Wort Gottes gründen können.

Hierbei geht es allein um Zuchthandlungen der Gemeinde, nicht von irgendwelchen einzelnen Gläubigen. Natürlich gehören alle Gläubigen zusammen; hier aber geht es nicht nur um das Zusammengehören, sondern um tatsächliches Zusammensein. Die Kraft des Gebetes und die Autorität des Handelns einer Gemeinde hängen nicht von der Anzahl der Versammelten ab, sondern allein vom Namen des Herrn Jesus.

Es ist wichtig, die Worte des Herrn über seine Anwesenheit in der Mitte der Zwei oder Drei in ihrem Zusammenhang zu lesen. Ab Mt 18:15 geht es um Sünde innerhalb der Gemeinde und wie damit umzugehen ist. Am Ende der verschiedenen Schritte muss die Sünde der Gemeinde bekanntgemacht werden. Dabei kann hier nicht die Gemeinde auf der ganzen Erde gemeint sein, sondern die Gemeinde an einem bestimmten Ort. So spricht die Bibel z. B. über die Gemeinde Gottes, die in Korinth ist (1Kor 1:1). Damit ist gesagt, dass auch die Gläubigen dort die Gemeinde Gottes darstellen. So kamen sie auch als Gemeinde zusammen (1Kor 11:18; 20), um das Abendmahl zu feiern, einander zu ermuntern und im Glauben aufzubauen (Mt 14:23; 26). Mit dem Zusammenkommen der Gemeinde sind also viele Vorrechte verbunden.

Wie schon gesagt, ist aber auch in mehrfacher Hinsicht Verantwortung damit verbunden. Eine davon finden wir in diesem Abschnitt: das Ausüben von Zucht. Aus dem Zusammenhang geht also hervor, dass es hier um die Gemeinde geht, und in eben diesem Zusammenhang spricht der Herr Jesus über das Versammen in seinem Namen. Daraus können wir entnehmen, dass der Herr Jesus in einer besonderen Weise seine Gegenwart damit verbindet, wenn die Gläubigen als Gemeinde zusammenkommen. Auf jeden Fall ist Er zu jeder Zeit bei jedem der Seinen. Das wird nach seiner Verheißung bis zum Ende dieses Zeitalters so sein (Mt 28:20). Hier aber steht, dass Er in der Mitte der Zwei oder Drei ist, die zu seinem Namen hin versammelt sind. Das ist etwas anderes als seine Nähe, die jeder Gläubige immer und überall erfahren darf (und was für eine gewaltige Ermutigung ist dies!).

Bevor der Herr sagt: „Da bin ich in ihrer Mitte“, spricht Er also zuerst über das Versammeln zu seinem Namen. Der Herr verbindet seine persönliche Anwesenheit also mit der Bedingung des Versammelns zu seinem Namen. Dabei spricht Er von der kleinsten möglichen Anzahl („zwei oder drei“), um sich als Gläubige versammeln zu können. Aber der Herr sagt noch mehr. Es geht nicht nur um eine Zusammenkunft von zwei oder drei Gläubigen. Gläubige können ja überall und mit unterschiedlichster Absicht zusammenkommen, aber das heißt nicht, dass überall, wo Gläubige sich versammeln, es ein Zusammenkommen ist, von dem der Herr sagt, dass sie „versammelt sind in meinem Namen“. Was bedeutet es denn nun, versammelt zu sein im Namen des Herrn Jesus? Es bedeutet, dass die Versammelten alle gekommen sind, weil sie wissen, dass es in dieser Zusammenkunft allein um den Herrn Jesus geht. Sein Name ist Mittelpunkt.

In seinem Namen zusammenzukommen, bedeutet deshalb auch, Ihm in der Zusammenkunft die völlige Autorität zu geben. Diese Autorität übt Er durch sein Wort und seinen Geist aus. Alle, die so beisammen sind, wollen das anerkennen.

Niemand, der gern bei dem Herrn Jesus sein will, darf dort zurückgewiesen werden. Jeder hat dort Zugang, der zur Gemeinde des Herrn gehört, in Lehre und Lebenswandel rein ist und jede Verbindung mit Bösem ablehnt. Das heißt nicht, dass jeder, der von sich sagt, dass er ein Gläubiger ist, in die Gemeinschaft aufgenommen werden muss. Dieser Abschnitt zeigt ja gerade, wie groß die Sorgfalt sein muss, wenn in der Gemeinde Sünde offenbar wird. Deshalb ist es klar, dass bei jedem, der kommt, festgestellt werden muss, dass er keine Verbindung mit Sünde hat.

Ein wichtiger Gesichtspunkt hierbei ist, dass niemand in die Rechte des Herrn eingreifen und an Hinzukommende eigene Bedingungen stellen darf. Und auch jeder, der kommt, darf nicht verlangen, aufgrund eigener Bedingungen aufgenommen zu werden. Außerdem ist es noch wichtig, dass eine solche Gemeindezusammenkunft nicht nach selbst aufgestellten Regeln abläuft. Alles liegt in der Hand des Herrn und das Wort ist der unveränderliche Prüfstein. Wenn Gläubige auf diese Weise zusammenkommen und sich dabei ihrer Schwachheit bei der Verwirklichung all dieser Grundsätze bewusst sind, dann ist nach seiner Zusage der Herr dort in der Mitte.

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