Psalms 105:19

Joseph

Dann lesen wir, dass Gott eine Hungersnot über das Land kommen ließ, in dem Jakob und seine Söhne wohnten (Ps 105:16). Er war voll und ganz an ihrem Schutz, aber auch an ihrer Bedrängnis beteiligt, denn „jede Stütze des Brotes zerbrach er“. Das heißt, es gab keinen einzigen Bissen Nahrung, der ihnen Kraft zum Leben gegeben hätte. Der Vorrat an Brot wurde ihnen weggenommen (Jes 3:1).

Warum Gott das getan hat, wird hier nicht erwähnt. Wir lesen darüber in 1. Mose 41–44. Dort lesen wir, dass Gott Josephs Brüder zur Umkehr bringen wollte. Das ist es auch, was Er mit dem Überrest in der Zukunft tun will: ihn in Bedrängnis bringen, um ihn zu reinigen (Mal 3:2; 3). Es geht hier darum, dass Gott bereits jemanden bereitgestellt hatte, der sein Volk mit Nahrung versorgen konnte. Gott schickt Trübsal in das Leben des Gläubigen, weil Er Segenspläne in seinem Leben ausführen will (Röm 8:28).

Er hatte Joseph vor ihnen her gesandt (Ps 105:17), wie Joseph selbst später bezeugt (1Mo 45:7; 8; 1Mo 50:20). Der Psalmist beschreibt die Art und Weise, in der Gott dies tat. Es ist ein Weg der tiefen Demütigung. Es begann mit seinem Verkauf zum Knecht. Wir wissen aus dem Bericht in 1. Mose 37, dass seine Brüder ihn verkauften (1Mo 37:28). Das wird hier nicht erwähnt. Es geht um den Weg, den Gott für den Mann vorgesehen hatte, der sein Volk mit Brot versorgen sollte.

Nachdem Joseph von seinen Brüdern zum Knecht verkauft worden war, landete er in Ägypten und im Gefängnis. Hier wird uns gesagt, was das bedeutete: „Man presste seine Füße in den Stock, er kam in das Eisen“ (Ps 105:18). Das lesen wir nicht in 1. Mose 39. Dort lesen wir von seiner Treue zu Gott, die ihn ins Gefängnis brachte (1Mo 39:7-20). Sie legten ihm Fesseln an die Füße, als wäre er ein Schwerverbrecher, sodass er nicht gehen konnte. Dass er [wörtlich: seine Seele] in das Eisen kam, bedeutet, dass er innerlich litt wegen dem, was ihm angetan wurde.

Gott hatte für diese schwere Prüfung eine Grenze gesetzt. Als sich sein Wort erfüllte – hier können wir an die Erfüllung der Träume des Pharaos denken, deren Bedeutung Gott Joseph offenbarte (1Mo 41:14-44) – war Josephs Gefangenschaft zu Ende (Ps 105:19). Und wie hat Joseph diese Qualen ertragen? Gott hat ihn die ganze Zeit über mit seinem Wort der Verheißung begleitet. Durch diese Verheißung wurde Joseph „geläutert“ (vgl. Hiob 23:10). Jede Prüfung in unserem Leben will Gott nutzen, um uns zu läutern. Läutern heißt, uns bzw. unseren Glauben rein und sauber zu machen, sodass wir mehr und mehr nur noch Ihn im Sinn haben und nicht mehr uns selbst oder unsere Interessen (vgl. 1Pet 1:7).

Als das Werk Gottes an Joseph vollendet war, „sandte der König hin und ließ ihn los“ (Ps 105:20). Dieser Akt der Freilassung wird zusätzlich betont, indem dasselbe mit anderen Worten noch einmal gesagt wird: der Herrscher der Völker „befreite ihn“. Wir wissen, dass es Gottes Wirken im König war und dass Gott in der Tat der Herrscher der Völker ist. Er ließ den Pharao einen Traum träumen, den keiner der Weisen des Königs erklären konnte. Nur Joseph konnte das aufgrund der Einsicht, die Gott ihm gegeben hatte, tun. Deshalb rief der König Joseph zu sich (1Mo 41:8; 14-16).

Nach der Erklärung und dem Rat, den Joseph unaufgefordert gab, ernannte der Pharao – der im 1. Buch Mose ein Bild für Gott in seiner Position als Herrscher der Welt ist – Joseph „zum Herrscher über all sein Besitztum“ (Ps 105:21; 1Mo 41:38-40; Apg 7:10). Joseph wurde nach dem Pharao der mächtigste Mann im Land. Ihm wurde die Vollmacht erteilt, die Fürsten des Pharao „zu fesseln nach seiner Lust und dass er seine Ältesten [d. h. die Ältesten des Pharao] Weisheit lehre“ (Ps 105:22). In Joseph sehen wir die seltene Kombination von Macht und Weisheit. Das sehen wir in Vollkommenheit nur bei dem Herrn Jesus, von dem Joseph ein schönes Bild ist.

In Gottes Umgang mit Joseph zur Erfüllung seiner Verheißung liegt eine ermutigende Lektion für uns. Wir können darauf vertrauen, dass Gott alle unsere Schwierigkeiten kennt und dass Er bereits im Voraus eine Lösung für sie vorbereitet hat. Er überblickt alles und lenkt alles zum Wohl der Seinen. Die Art und Weise, wie Er das tut, können wir oft erst im Nachhinein erkennen. In diesem Moment fragen wir uns, wie sich die Dinge zum Besseren wenden werden.

Wir sehen das auch bei Joseph. Wer könnte sich vorstellen, dass Gott Joseph auf diese Weise nach Ägypten sandte, um seinem Vater und seinen Brüdern in ihrer Not ein Segen zu sein? Für Jakob und seine Söhne ist dieser Segen in erster Linie geistlicher Natur: Ihre Beziehung zu Joseph wird wiederhergestellt. Der Segen ist aber auch materiell: Sie erhalten Nahrung und dürfen sogar zu Joseph nach Ägypten kommen und dort wohnen.

Der tiefere Sinn dieses Abschnitts über Joseph ist, dass er ein Typus des Herrn Jesus ist, der als Erlöser einen Weg der Ablehnung und des Leidens gehen musste, bevor Er tatsächlich der Erlöser sein konnte. Der Herr Jesus selbst hat es so ausgedrückt: „Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ (Lk 24:26). Die Gnade Gottes kommt in diesem Psalm zum Ausdruck, weil Gott selbst seinen Sohn in die Welt gesandt hat, um uns zu retten.

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