Psalms 74:19

O Gott, führe deinen Rechtsstreit!

Nach dem Bekenntnis der Gewissheit, dass Gott regiert, in den vorhergehenden Versen, fährt der Überrest fort, erneut zu Gott zu beten (Ps 74:18). Sie rufen Gott zu, sich daran zu erinnern, dass der Feind den HERRN „verhöhnt“ hat. Gott wird dies nicht ungestraft durchgehen lassen. Sein Name wurde von „einem törichten Volk“, d. h. den Nationen, verachtet (5Mo 32:21). Die Völker sind töricht, weil sie Gott überhaupt nicht achten (Ps 14:1; Ps 53:2).

Der Überrest zeigt mit diesem Aufruf, dass es letztlich nicht um sie geht, sondern um den HERRN. Der HERR ist sein Bundesname. Die Aufforderung an Gott, sich daran zu erinnern, zeugt von ihrer Beziehung zu Ihm. Gott will, dass die Seinen Ihn anrufen mit dem Hinweis darauf, wer Er ist und was Er verheißen hat (vgl. Jes 62:6; 7; Hes 36:37).

Der Überrest sieht die Nationen als wilde Tiere, als Wölfe, in deren Mitte sie wie Schafe sind (Ps 74:19). Im Angesicht dieser reißenden Tiere sprechen sie zum HERRN von sich als „deine Turteltaube“ (vgl. Ps 68:14). Die Turteltaube ist ein verletzbarer und treuer Vogel. Der Überrest ist sich seiner Verletzlichkeit bewusst. Eine Turteltaube hat keine natürlichen Waffen zur Verteidigung gegen Raubtiere. Der Überrest ist sich auch seiner Treue zu Gott bewusst und weiß, dass Er sie wie eine wehrlose und treue Taube sieht (Hld 2:14). Deshalb bitten sie Ihn, sie doch „nicht für immer“ zu vergessen. Schließlich sind sie ja „deine Elende“. Sie befinden sich in erbärmlichen Verhältnissen, weil sie sein Eigentum sind. In ihrer Lage fühlen sie sich von Ihm vergessen (Jes 49:14).

Zunächst dachte der Psalmist an die Macht Gottes als Schöpfer und auch an seine Liebe und Fürsorge als Erlöser. Dann dachte er an die Ehre des Namens Gottes. Der Name Gottes wurde durch den Feind entehrt, während der Überrest nur schwach ist. Deshalb beruft sich der Psalmist nun auf den Bund (Ps 74:20) und bittet Gott, aufzustehen und zu handeln (Ps 74:22).

Der Überrest erinnert Gott durch den Psalmisten an „den Bund“ (Ps 74:20). Er soll ihn sehen und danach handeln. Wenn Er seinen Bund sieht und dann „die finsteren Orte der Erde [oder des Landes]“ betrachtet, muss Er sehen, wie sehr sie im Gegensatz zum Licht seines Bundes steht. Denn „er weiß, was in der Finsternis ist, und bei ihm wohnt das Licht“ (Dan 2:22b). In diesem alles erhellenden Licht sieht Er gewiss, dass diese finsteren Orte „voll von Wohnungen der Gewalt“ gegen Ihn und die Seinen sind.

Die Gottesfürchtigen bitten Gott außerdem, „die Unterdrückten“ nicht beschämt zurückkehren zu lassen (Ps 74:21). Das ist es, was passiert, wenn Gott das Gebet unerhört zurückschickt. Im Gegenteil: Gott soll „die Elenden und Armen“ erhören und sie von ihren Feinden befreien. Das Ergebnis wird sein, dass sie seinen Namen loben werden.

Der Überrest ruft zu Gott, dass Er aufsteht und seinen Rechtsstreit führt – nicht den ihren, sondern den seinen (Ps 74:22). Wenn Gott aufsteht, müssen die Feinde fliehen. Das macht den Weg frei für Gottes Volk, den Segen zu erben. Der Rechtsstreit betrifft die Verhöhnung, die die Toren Gott „den ganzen Tag“ zufügen, d. h. die Zeit, in der die Assyrer, der König des Nordens, in das Land eindringen und mit noch nie dagewesener Gewalt gegen Menschen und Gebäude wüten.

Der Psalm endet nicht mit Lobpreis, denn die Drangsal ist noch nicht vorbei (Ps 74:23). Gott hat sein Ziel mit seinem Volk noch nicht erreicht. Der Gottesfürchtige ruft Gott noch einmal auf, „die Stimme deiner Widersacher“ nicht zu vergessen (vgl. Ps 74:19). Sicherlich hat Er das Getöse derer, die sich gegen Ihn erheben, nicht vergessen, oder? Schließlich steigt es „beständig auf“.

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