Acts 9

Text: Apostelgeschichte 9,1-9 Dem schnaubenden Saulus widerfährt auf dem Weg nach Damaskus eine himmlische Erscheinung, worin ihn der HErr JEsus selbst zum Gehorsam der Wahrheit, und Ablegung seines bitteren Eifers wider Ihn nachdrücklich auffordert. Paulus erklärt selbst nachmals seine Bekehrung und Begnadigung für ein - an dem größten Sünder erwiesenes Exempel der Geduld GOttes, der ihn mitten unter seinem Schnauben zu Boden geworfen. Das Gewissen ist sonst noch das Beste und Brauchbarste am Menschen, daher macht es bei der Erkenntnis unserer selbst einen bedenklichen Umstand aus, daß auch dieses - durch Unwissenheit und Unreinigkeit zu solchen mißlichen Schritten veranlassen kann, wenn es nicht durch GOttes Wahrheit gereinigt, und durch das Wort GOttes in Schranken gehalten wird. - Durch Briefe, und durch die dadurch auch in die Ferne möglich gemachte Handreichung untereinander, hat das Reich GOttes schon manche gesegnete Förderung erlangt. Aber der Teufel hat auch den Vorteil ersehen, auf dem nämlichen Weg auch seinen Samen und Geist auszubringen. - Der Anfang, wie dem schnaubenden Saulus sein Weg mit Dornen vermacht, und er einen anderen Weg unterwiesen wurde, führte freilich viel Außerordentliches mit sich. Nicht nur, weil es zur Unterbrechung eines solchen Laufs nötig war, sondern auch weil dieses Exempel gleich damals und auf alle Zeiten hinein einen großen Beweis für die Wahrheit der christlichen Religion abgeben sollte. Wie es denn auch in dieser Absicht mehrmals in der Heiligen Schrift umständlich erzählt wird, und Paulus selbst in seinen Briefen sich oft darauf bezieht. Gleichwohl hat GOtt durch den Unterricht des Ananias bald wieder in die gewöhnlichen Wege eingelenkt. Doch sieht der Apostel ohne Zweifel mit dem - von seiner Bekehrung mehrmals gebrauchten Ausdruck, daß er ergriffen worden sei , auf dieses ihn plötzlich umleuchtende Licht. Der durchdringende Schrecken, den es verursachte, hat in der Kürze auch diejenigen Erfahrungen erstatten müssen, welche die übrigen Apostel von dem etlich = jährigen Beharren bei JEsu in seinen Anfechtungen erlangten. - So süß sonst der Name JEsus ist, und besonders aus seinem eigenen Mund zu hören wäre, so einen empfindlichen Stachel führet doch der Zusatz bei sich: den du verfolgst. Mit all der außerordentlich stark wirkenden Gnade wird ihm doch kein ganz unwiderstehlicher Zwang angelegt, sondern noch die Wahl gelassen, ob er im Verfolgen fortfahren wollte, nur angedeutet, daß ihm das schwer werden würde. Saulus hat vermutlich auf der Stelle eine völlige Unterweisung was er zu tun habe sich ausgebeten. Aber er mußte sich mit dem, was zunächst zu tun, begnügen lassen. Es half ihm auch schon aus der Ungewißheit, ob er vor sich oder hinter sich sollte. Die weitere Einleitung aber hatte er durch den nachmaligen Dienst des Ananias zu gewarten. Seinen apostolischen Staat und Ausrüstung zu seinem Amt empfing Paulus nachmals von dem HErrn selbst, ohne menschlichen Unterricht. Aber ein Christ sollte er auf dem gemeinen Weg durch Anderer Dienst werden. - Die drei Tage, die er ohne aufzusehen, und ohne Essen und Trinken zubrachte, waren eine gesegnete Zeit zum Sammeln in seinem Innern. Was nimmt man sich oft zu einer Kur, zu einem Besuch seiner Anverwandten für Tage und Wochen mit Beiseitsetzung seines Amtes und seiner Haushaltung heraus; wer hat auch einmal drei Tage auf seines Sinnes gründliche Untersuchung und Änderung verwendet? Text: Apostelgeschichte 9,10-22 Wie Ananias berufen worden, dem Willen GOttes an der Bekehrung Pauli zu dienen, Paulus selber durch eine damit übereinstimmende Erscheinung bereitet, und damit zum Glauben, ja zum baldigen kräftigen Zeugnis von Christo gebracht worden ist. In der Anzeige: siehe, er betet , faßt der HErr alle mit dem Saulo inzwischen vorgegangene Veränderung kurz zusammen. Man kann auch wirklich den ganzen Weg der Bekehrung nicht kürzer und vollständiger beschreiben, als so: siehe, er betet. Denn darin fließt es zusammen, daß die Bekehrung zwar GOttes Werk ist, aber doch mit eines Jeden guten Willen geschehen muß. Im Gebet ergreift man den guten Willen GOttes, von dem man zuvor ergriffen worden ist, und hängt sich an die mächtigen Züge GOttes an. Im Gebet gibt aber auch der Mensch seinen Willen her. Und darunter geht nicht nur Abbitte und Gesuch der Vergebungsgnade vor, sondern es entzündet sich der ganze Ernst, den man auf GOtt und seine Wahrheit faßt, und worunter man alle weitere Gewißheit, Überzeugung und Leitung von Schritt zu Schritt erlangt. Diesen niedrigen Weg, sich unter Gebet zu bekehren, schlagen Viele aus, möchten lieber schnell durch unhintertreibliche Überzeugungen Alles in das Licht gesetzt haben. Aber bei von Schritt zu Schritt bewiesenem Gehorsam gegen GOttes Züge im Gebet anhalten, ist der richtige Weg, wovon es schon Jer. 31:9 heißt: Sie werden weinend kommen und betend, so will ich sie leiten. Und Sach. 12:10 wird auch der Geist der Gnaden und des Gebets so geschäftig zu Israels Bekehrung beschrieben. - Hier half GOtt dem Glauben und der Gewißheit durch zusammentreffende Erscheinungen auf. Und so haben bei GOtt suchenden Herzen ihre zusammentreffenden Erfahrungen noch gleiche Kraft. Gegen den Ruf GOttes löst sich leicht noch so ein Aber auf, wie bei Ananias; doch wenn es nur nicht die Absicht hat, den Gehorsam zu versagen, sondern nur näheren Unterricht zu suchen, so kann es schon noch einen guten Gang geben. Welche Veränderung! Von einem, der meinte, er müsse nur viel dem Namen JEsu zuwider tun, ein Rüstzeug werden, diesen Namen mit vollem Segen des Evangeliums vorzutragen. HErr JEsu! Dein Name werde auch kund durch meinen geringen Dienst verherrlicht, wo ich auch nur vor eines Kindes Herz würdiglich tragen kann! - Daß, und was er um des Namens Christi willen zu leiden bekommen werde, das wird nicht Paulo, sondern dem Ananias zuvor angedeutet, als er es dem Paulus zum Nachteil anzog, wie dieser bisher die Heiligen des HErrn verfolgt habe. Dagegen nimmt es nun der HErr auf sich: Ich will ihm zeigen . Wir möchten oft gern einander Manches zeigen und zur Last legen. Aber das steht uns nicht an. Dem HErrn kommt es zu: Ich will ihm zeigen. Paulus hat nachmals das Geheimnis wohl verstehen gelernt, warum er als ein vormaliger Verfolger, so ein großes Maß der Leiden zugeteilt erhalten hat (Kol. 1:24) . In dem Gericht das der HErr noch bis zum Sieg ausführt, kommen die Leiden der Gläubigen in besondere Betrachtung. Weil der Feind immer die Anklage treibt: Sie suchen nur das Ihre, so muß er unter den Leiden der Gläubigen überwunden und überzeugt werden, daß sie ihr Leben nicht geliebt haben bis in den Tod. Daher tragen oft auch die Leiden eines einzigen Gliedes viel aus für den ganzen Leib Christi, nicht nur in der Welt, die Wahrheit des Evangeliums zu bestätigen, sondern auch im Unsichtbaren, die Anklage des Feindes abzutreiben. - Doch behielt Ananias das Meiste, was ihm wegen Paulus kund wurde, für diesmal noch zurück, und betrieb nur das Nötigste, daß er mit dem Heiligen Geist erfüllt würde, zur Versiegelung dessen, was durch die Erscheinung auf dem Weg angefangen war. Alles Weitere ging schnell, ohne Besprechen mit Fleisch und Blut, vor sich. Aber seine jetzige Freudigkeit im Predigen von Christo unterschied sich weit von seinem vormaligen Schnauben im Verfolgen; hier war trunkener Eifer mit Ungestüm; dort aber überzeugende und sich am Gewissen wohl beweisende Kraft. Text: Apostelgeschichte 9,23-31 Der Anfang, worin Paulus gezeigt worden ist, was er um des Namens Christi willen zu leiden habe. Wenn wir die - von Lukas ins Kurze gefaßte Geschichte aus Pauli eigener Erzählung ergänzen (Gal. 1:17 -18) , so hat man sich die ganze Sache so vorzustellen. Zwischen Pauli Bekehrung und seiner ersten Reise nach Jerusalem sind drei Jahre verflossen. Diese hat er anfänglich in Damaskus, und dann größtenteils in Arabien, zuletzt aber wieder in Damaskus zugebracht. Die hier gemeldete Verfolgung ist ihm vermutlich erst bei seinem letzten Aufenthalt zu Damaskus begegnet, und er ist von dort an gerade nach Jerusalem gezogen, in der guten Hoffnung, sie würden daselbst sein Zeugnis annehmen (Apg. 22, 19 ff.) . Mithin wäre zwischen diese Zeit sein bedenklicher Aufenthalt in Arabien einzurücken, von dem die Schrift zwar am wenigsten meldet, der aber doch wichtige Schuljahre Pauli ausmacht, in welche Manches von denjenigen Erfahrungen gefallen ist, die er je und je in seinen Briefen blicken läßt. - Zur Erhaltung Pauli brauchte der Wächter Israels mehrmals auch die Entdeckung heimlicher Anschläge. Um so weniger durfte man Anstand nehmen, auch zu seiner Flucht das Mittel des Herniederlassens im Korbe zu gebrauchen. Das völlig leidsame Verhalten und Abstehen von allen Mitteln kann oft vor Menschen einen größeren Schein des Glaubens und der Geduld haben. Aber ein Anderer kann das Ergreifen eines tauglichen Mittels eben so wohl mit Glauben und Gebet heiligen. Vermutlich wäre es Manchem zu Damaskus leichter angekommen, bloß GOttes Hilfe an Paulus abzuwarten, als seine Hand auch an diesen Korb zu legen. Inzwischen hat doch GOtt dieses Mittel gesegnet, und Jedem wird auch die Angst, das Mitleiden und Gebet, worunter er zur Ergreifung dieses Mittels geschritten, wohl gekommen sein. Nur überall ungefärbter Glaube! Nur seinem Glauben, um der Menschen willen, nicht ein Fünklein mehr Freudigkeit oder Verleugnungskraft angestrichen, als sich wirklich findet! - Bei Paulus war es Bescheidenheit , daß er sich zu Jerusalem nicht gerade zu den Aposteln , sondern nur zu den Jüngern zu machen suchte. Nachgehends aber diente ihm dieser geringscheinende Umstand zur Verteidigung, daß er sein Evangelium nicht bei den Aposteln erlernt habe. Daß ihm die Jünger aber anfangs nicht trauten, gehörte freilich auch unter Pauli Leiden. Gut, wenn am Ende immer mehr an einem erfunden wird, als man einem zugetraut hat. Barnabas aber legte durch sein baldiges gutes Vertrauen einen Grund zu ihrer beiden künftigen gesegneten Gemeinschaft. Nach dem ersten Kampf aber gab es doch nicht nur eine anfängliche Freude über dieses gesunde Schaf, sondern eine dauerhafte Freude auch über die - nachmals an ihm kundgewordene Gnade und Apostelamt. Bekanntschaft, die vorher durch keine sonderliche Probe gelaufen, tut hintennach oft nicht so lange gut. - Die der Gemeinde auf einige Zeit vergönnte Erholung wurde wohl angelegt. Daß Friede von Außen, und der Trost des Heiligen Geistes von Innen, Freiheit von der Furcht vor den Feinden, und reine Furcht des HErrn wohl neben einander her liefen. Text: Apostelgeschichte 9,32-43 Petrus heilt zu Lydda einen lahmen Mann, und erweckt zu Joppen die Tabea vom Tode; Beides hat gute Frucht zu Vieler Bekehrung. Die Weise ihres HErrn und Meisters, sich nicht zu lange an einem Ort aufzuhalten, sondern eher nach einiger Zeit wieder dahin zu kommen, behielten auch die Apostel bei. Wer sich jetziger Zeit auch auf das Umherziehen bei der Predigt des Evangelium legen wollte, hätte sorgfältig zuzusehen, ob er auch in dem Maß der Gnade und der Gaben denen nahe komme, welchen er es hierin gleichtun will. Außerdem ist es wohl ratsamer, man schicke sich mit Geduld in seine Zeit, und warte dessen, was man aus längerer Bekanntschaft und Erfahrung eher nach des HErrn Rat zu behandeln weiß. - Großer Verfall, daß der Name eines Heiligen mitten in der Christenheit zum Spottnamen geworden ist; große Blindheit, daß man es für Selbstruhm und Erhebung achtete, wenn man sich dessen anmaßte! - Nach der Schrift kann er mit ganz demütigem Sinn geführt werden. Ein Sünder, der Buße tut, ist ein Heiliger, der sich GOtt in Christo JEsu zum Eigentum und Dienst ergibt. Unter den Heiligen trifft man auch Kranke an. Die Gemeinschaft der Heiligen behält nach allem Betracht etwas lazarettmäßiges, wobei immer Einer an dem Anderen den Krankenwärter abgeben muß. Wie viel Lebenskraft ist schon von JEsu Christo ausgegangen! Auch Alles, was an mir kränkelt, wird durch ihn noch herrlich dereinst dargestellt werden. - Ein Kennzeichen wahrer Wunder ist auch dies, wenn ihre Absicht und Erfolg ist, Alles zu JEsu Christo zu ziehen, und an Ihn zu verbinden. Falsche Wunder sind auf irgend einer Kreatur Ansehen oder Emporbringung menschlicher Anstalten eingerichtet. Das Einemal heißt es: Bekehrten sich zu dem HErrn ; das Anderemal, wurden gläubig an den HErrn . Unter dem Ernst und Arbeit der Bekehrung kommt der Glaube zu Stande; und wo man über seinem Glauben in das Gedränge kommt, so hilft am Besten, wenn man weiß, wie man in der Bekehrung dazu gekommen ist. - Wie gut es aber ist, wenn der Glaube an den HErrn JEsum Herz und Auge einmal in die Einfalt gebracht hat; und wie ein Jedes dem Anderen so vergnüglich mit der Gabe, die man empfangen hat, dienen kann, sieht man an dem Exempel der Tabea. Die hier vorgezeigten Röcke und Kleider werden noch weiter in das Licht kommen, wenn es vor dem Richterstuhl Christi heißen wird: Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich bekleidet (Matth. 25:36) . So himmlisch gesinnt das Evangelium zur Aussaat auf den Geist macht, so willig macht es auch, das mit in seinen Glaubensgrund hineinzurechnen, daß man auch auf dem Krankenbett, ja in das Grab hinunter werde gedemütigt werden. Aus Gelegenheit der Wiederauferweckten in der evangelischen und apostolischen Geschichte macht man mancherlei Fragen: Wo sich ihre Seelen inzwischen aufgehalten haben? Ob sie noch einmal sterben müssen? Was ihnen dann das für eine Wohltat habe sein können, in dieses Leben zurückgebracht zu werden? Allein einem Herzen, das den HErrn JEsus liebt, wird es nicht zuviel sein, noch einmal zu sterben, wenn es nur zu Seiner und Seines himmlischen Vaters Verherrlichung gereicht. Und eine Seele, die im Frieden GOttes lebt und arbeitet, wird sich es nicht verdrießen lassen, ob sie hier oder dort dem großen Tag des HErrn JEsu, als dem eigentlichen Ziel unserer Christen = Hoffnung entgegen geführt wird. Auch wird der kurze Stand zwischen ihrem Tod und baldiger Auferweckung schon so eingerichtet gewesen sein, wie es der - mit ihnen gehabten besonderen Bewandtnis gemäß war. - Um der offenen Türe willen, die GOtt verliehen hatte, hielt sich Petrus länger auf, in einem Hause, das von Außen nicht so ansehlich, aber im Himmel und vor den Engeln GOttes daselbst wohl bekannt und angeschrieben war (Kap. 10:6) . HErr JEsu! Laß dir auch mein Bleiben in der Welt, mein Amt und Dienst darin, mein Haus und die in demselben aus = und eingehen, Alles, was Du mir anvertraut hast, endlich auch mein Scheiden zur rechten Zeit daraus, so zu gnädiger Leitung empfohlen sein und bleiben, daß Alles zu Deiner Ehre und zu meinem Heil reichlich ausschlage in Zeit und Ewigkeit! Amen.
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