1 Corinthians 13:5

Die Liebe

Es sieht so aus, als hätte sich dieses Kapitel verirrt. Es steht so mitten zwischen den Kapiteln 12 und 14, wo Paulus über den einen Leib und die Gaben spricht. Aber es gibt nichts in der Bibel, was nicht an der richtigen Stelle steht. Das ist auch gar nicht möglich, weil der eigentliche Autor der Bibel der Heilige Geist ist. Und wenn du dich dann fragst, warum ein solcher Abschnitt, der auf den ersten Blick an der falschen Stelle zu stehen scheint, trotzdem an dieser Stelle steht, wird dein Glaube an die Inspiration der Bibel nur noch größer. So ist das auch hier. In Kapitel 12 hat Paulus die Verschiedenheit der Gaben gezeigt. In Kapitel 14 zeigt er, wie diese Gaben in der Praxis wirken müssen. In Kapitel 13 sehen wir sozusagen die Achse, um die sich diese beiden Kapitel drehen. Du kannst deine Gabe nämlich nur dann in der richtigen Weise und mit der richtigen Wirkung ausüben, wenn die Liebe das Motiv ist. Die Liebe übersteigt jede Gabe. Deshalb ist sie der „vortrefflichere Weg“, wie es im letzten Vers des vorigen Kapitels hieß (1Kor 12:31b). Die Liebe, von der hier die Rede ist, ist nicht irgendein Gefühl der Zuneigung. Noch weniger ist es die billige Liebe, die man in der Welt findet, wo Liebe in Wirklichkeit Eigenliebe ist. Nein, es geht hier um die Natur Gottes selbst. Gott ist Liebe (1Joh 4:6; 18).

Das große Kennzeichen der göttlichen Liebe – woran du also göttliche Liebe erkennen kannst – ist, dass sie völlig uneigennützig ist. Es ist eine gebende Liebe, die sich dem anderen zuwendet. War das nicht auch das Ziel der Gabe? Ist die Gabe nicht darauf ausgerichtet, dem anderen nützlich zu sein? Die Liebe gibt dir dazu die Kraft, denn du hast die göttliche Natur empfangen (2Pet 1:4).

Im Leben des Herrn Jesus, der selbst Gott ist, ist alles, was in unserem Kapitel über die Liebe gesagt wird, auf vollkommene Weise zu finden. Du kannst dieses Kapitel sozusagen neben die Evangelien legen und wirst der Auswirkung auf jeder Seite begegnen. Dann wirst du auch feststellen, dass die göttliche Liebe viel weiter geht als Sympathie oder menschliche Zuneigung. Geschwistern gegenüber, die dir liegen, wird es dir wohl nicht schwer fallen, deine Gabe auszuüben. Aber die Liebe geht viel weiter. Die Liebe, wie sie hier gezeigt wird, wird auch dann tätig, wenn an dem anderen nichts Liebenswürdiges zu finden ist. Vielleicht ärgerst du dich sehr über einen Bruder oder eine Schwester. Weißt du, der göttlichen, uneigennützigen Liebe macht das nichts aus.

Liebe wird tätig, weil sie Liebe ist. Wer der andere ist oder wie er darauf reagiert, spielt für die Liebe keine Rolle.

Das große Vorbild ist Gott selbst. Wie ich schon sagte: Gott ist Liebe. Nun, in 1. Johannes 4 steht, wie Gott das gezeigt hat (1Joh 4:9-10). Er hat seinen eingeborenen Sohn gegeben. Gott wusste zwar, dass die Menschen Ihn nicht wollten. Er wusste, was sie mit seinem Sohn tun würden. Und dennoch gab Er Ihn! Das ist Liebe. Es ist die gleiche Liebe, die nötig ist, um eine Gabe auszuüben. Ohne diese Liebe ist alles wertlos. Dinge, mit denen du andere beeindrucken kannst, haben ohne die Liebe keinerlei Bedeutung.

1Kor 13:1. Paulus wendet vieles in diesem Kapitel auf sich selbst an; er benutzt oft das Wort „ich“. Wenn du diesen Abschnitt liest, musst du ihn auch auf dich anwenden. Er beginnt mit dem Sprachenreden. Das stand bei den Korinthern in hohem Ansehen, sie waren stolz auf diese Gabe. Stell dir einmal vor, du würdest alle Sprachen der ganzen Welt beherrschen, ohne sie gelernt zu haben, und sogar die Sprache der Engel. Das wäre doch was! Aber wenn du dich beim Gebrauch dieser Gabe nicht von der Liebe leiten lassen würdest, wären es hohle Klänge, die nach kurzer Zeit verhallen würden und kein bleibendes Ergebnis hätten.

1Kor 13:2. Mit den anderen Gaben ist es genauso. Wenn du anhand der Bibel alles über die Zukunft erzählen könntest und in die Geheimnisse Gottes eingeweiht wärest und die gesamte Bibel auswendig könntest und großartige Glaubenstaten vollbringen würdest – du wärest nichts, absolut nichts, wenn die Liebe nicht deine innere Triebfeder wäre, diese Gaben auszuüben.

1Kor 13:3. Und was hältst du vom Austeilen deines Besitzes, um den Armen zu essen zu geben? Wäre das nicht ein edles Bestreben? Und doch würde es dir nichts bringen, wenn die Liebe dich nicht dazu bewegen würde. Es hat Menschen gegeben, die all ihre Besitztümer weggegeben haben, um ihr Gewissen zu beruhigen. Sie hatten ihren Besitz auf unehrliche Weise erworben und meinten, wenn sie alles weggeben würden, bekämen sie ein gutes Gewissen. Aber es wird ihnen nichts nützen, weil die Liebe fehlte. Auch hat es Menschen gegeben, die ihren Körper hingegeben haben, damit er verbrannt würde. Sie haben sich mit Benzin übergossen und angezündet, um die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Sache zu lenken, für die sie sich aufopferten. Vielleicht ist es ihnen gelungen, die Presse auf sich aufmerksam zu machen, aber ihnen selbst hat es nichts genützt, weil bei ihrer Dahingabe die göttliche Liebe fehlte. Für Gott hat es keinen Wert gehabt.

1Kor 13:4. Dann folgt in den 1Kor 13:4-7 eine Beschreibung, wie die Liebe sich offenbart. Oder eigentlich steht dort mehr, was die Liebe nicht ist. Es ist genauso wie bei der Beschreibung des neuen Himmels und der neuen Erde in Offenbarung 21, wo du von Dingen liest, die dort nicht mehr sein werden (Off 21:4). Du lebst in einer Welt, wo du auf alle möglichen Arten und Weisen mit den Folgen der Sünde zu tun hast. Die göttliche Liebe lässt sich dadurch nicht abhalten, sondern sieht das gerade als Gelegenheit, sich zu betätigen. Im Leben des Herrn Jesus war das vollkommen zu sehen. Dieses Kapitel ist daher eigentlich eine Beschreibung seiner Person.

Weil auch du die Sünde noch in dir hast, kannst du diese Liebe am besten beweisen, indem du bestimmte Dinge nicht tust. Aber die beiden zuerst genannten haben eine positive Ausstrahlung. Langmut ist in dieser Welt keine häufig anzutreffende Eigenschaft. Gemeint ist, dass du dich selbst beherrschen kannst, wenn du Dinge siehst, die nicht gut sind, oder wenn du selbst benachteiligt wirst. Statt deine Rechte einzufordern, hast du mit dem anderen Geduld. Du gehst sogar noch weiter: Du erweist den Menschen, die dich umgeben, Güte. Hat der Herr Jesus nicht genau das getan?

Dann kommen die Eigenschaften, die bei Vorhandensein der göttlichen Liebe fehlen. Bist du hin und wieder neidisch (gewesen)? „Großtun“ kann man am besten mit „eine Schau machen“ vergleichen, oder zeigen, wie hübsch du bist, oder mit den neuesten Sachen, die es gerade zu kaufen gibt (was es auch sein mag), auffallen. Aufgebläht bist du, wenn du mehr scheinen willst, als du bist. Ist dir das nicht schon einmal passiert?

1Kor 13:5. Hast du nicht schon einmal unanständig gehandelt? Das bedeutet: Hast du nicht schon einmal die Gefühle eines anderen verletzt? Hast du immer versucht, das Gute für den anderen zu suchen, ohne dabei an dich selbst zu denken? Bist du manchmal verbittert über jemand oder über etwas, das andere dir angetan haben? Dass man über jemand etwas Böses denkt, kann so leicht geschehen. Manchmal ist man über seine eigenen Gedanken erschrocken.

1Kor 13:6. Kannst du dich an Situationen erinnern, wo du es gut fandest, dass andere einen Fehler machten? Das geschah natürlich, um dein eigenes Gewissen zu beruhigen. Du fandest es damals nicht angenehm, die Wahrheit zu hören.

Alle diese Dinge waren beim Herrn Jesus niemals zu finden. Sie sind auch in der Liebe nicht zu finden, in der göttlichen Natur, in dem neuen Leben, das du bekommen hast, denn das ist das Leben des Herrn Jesus. Wenn du der Liebe den Vorrang gibst, wirst du feststellen, dass bei dir dieselben falschen Dinge fehlen und dieselben guten Dinge vorhanden sind wie beim Herrn Jesus.

1Kor 13:7. Einige dieser guten Dinge folgen in diesem Vers. „Sie erträgt alles“. Das geht weit! Alles über dich ergehen lassen, auf dir herumtrampeln lassen? Wenn die Liebe das erfordert: Ja! „Sie glaubt alles“. Damit ist keine blinde Gutgläubigkeit gemeint, die alles, was gesagt wird, als wahr annimmt. Es bedeutet, dass die Liebe nicht argwöhnisch ist. Man kann es auch so ausdrücken: dem anderen vertrauen, bis das Gegenteil bewiesen ist. „Sie hofft alles“. Die Liebe weiß, dass das Böse niemals das letzte Wort haben wird, und hofft weiter auf den Sieg des Guten. „Sie erduldet alles“. Die Liebe erträgt einen Stoß. Sie bleibt weiter wirksam, trotz aller Prüfungen.

Lies noch einmal 1. Korinther 13,1–7.

Frage oder Aufgabe: Welche positiven Eigenschaften der Liebe findest du hier und welche negativen? Was sind bei dir die schwachen Stellen? Wie kannst du das ändern?

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