‏ Acts 11

Petrus wird angeklagt

Im ersten Teil dieses Kapitels berichtet Petrus noch einmal ausführlich, was im Haus des Kornelius alles geschehen ist und was dem vorausging. Wir haben zu Beginn von Kapitel 10 den Bericht des Lukas über alles, was Kornelius und Petrus erleben. Später in diesem Kapitel, während der Begegnung zwischen Petrus und Kornelius, werden einige Dinge aus diesem Bericht noch einmal wiederholt in dem, was Petrus zu Kornelius sagt.

Wir haben zwei ausführliche Berichte; einige Einzelheiten werden sogar dreimal erwähnt. Das hat seinen Grund. Der Heilige Geist legt offensichtlich besonderen Nachdruck auf diese Geschichte, so wie auch der Bericht von der Bekehrung des Saulus dreimal in diesem Buch erwähnt wird. Das sind Ereignisse, die in diesem Buch eine Schlüsselrolle spielen. Sie haben alle mit dem großen Werk Gottes unter den Nationen zu tun. Wie bereits erwähnt, gebraucht Petrus hier zum dritten Mal die Schlüssel, die der Herr ihm für das Reich der Himmel gegeben hat.

Wir sehen bei Kornelius, dass die Heiden als Gruppe zur Gemeinde Gottes hinzugefügt werden. Dadurch, dass Gott diese Zulassung in die Hände des Führers der Gläubigen aus der Beschneidung gelegt hat, sorgt Gott dafür, dass die Einheit zwischen den Gläubigen aus der Beschneidung und den Gläubigen aus den Heiden bewahrt und untermauert wird. Um das zu erreichen, gibt Petrus einen Bericht vor den Aposteln und der Gemeinde in Jerusalem. Sie hatten nämlich davon gehört, dass auch die Nationen das Wort Gottes angenommen hatten.

Das bewirkte zuerst einmal bei diesen Gläubigen einen großen Schock, genauso wie auch Petrus zunächst nichts davon wissen wollte. In ihrem Denken gab es noch immer keinen Raum für einen separaten Platz für Christen. Für sie war das Christentum eine neue jüdische Bewegung. Für sie stand alles im Christentum noch in Verbindung mit dem Judentum. Doch was in Cäsarea geschehen war, war außerhalb des Judentums geschehen. Es war für sie allerdings zunächst noch unmöglich, dies als eine Sache Gottes zu akzeptieren.

Um diese neue Entwicklung zu erläutern, geht Petrus nach Jerusalem. Dort kommt er in Konflikt mit denen „aus der Beschneidung“, also Christen aus dem Judentum, die noch immer in ihrer jüdischen Denkweise gefangen waren. So glaubten sie zum Beispiel, dass ein Heide beschnitten werden musste, um den vollen Segen empfangen zu können. Wir werden das in Kapitel 15 ausführlich betrachten.

Statt sich zu freuen, kritisieren sie, was Petrus getan hat. Sie haben gehört, was er getan hat und ihre Schlussfolgerungen daraus gezogen. Petrus wird beurteilt und verurteilt wegen seines Einkehrens bei einem Heiden, und sie gehen davon aus, dass er auch mit ihnen gegessen hat.

Das ist eine Warnung für uns, darauf zu achten, dass wir jemand nicht nur nach seinem Äußeren beurteilen. Lasst uns erst um eine Erklärung bitten. Der Herr kann jemanden senden und handeln lassen, so wie Er es für richtig hält. Allerdings ist ihre Reaktion verständlich, denn wir erinnern uns, wie schwer es für Petrus war, diese Schwelle zu übertreten. Er war genau wie sie gewesen.

Ihre Bemerkung hinsichtlich des Essens bei Kornelius geht jedoch weiter als die Wahrnehmung, dass Petrus bei Kornelius eingekehrt war. So geht es mit Gerüchten. Sie haben vom Einkehren gehört und fügen hinzu, dass er dort auch gegessen hat. Sie gehen von dem aus, was sie für eine Tatsache halten. Für sie kann es nicht anders sein, als dass er auch mit diesen Heiden gegessen hat. Das bedeutet wiederum, dass er Dinge gegessen hat, die einem Juden verboten sind oder dass er Dinge gegessen hat, die auf eine verkehrte Weise zubereitet wurden.

So könnte es zum Beispiel gewesen sein, dass er Fleisch gegessen hat, das in Milch gekocht wurde, was bei den Heiden üblich war. Im Gesetz war das Kochen von Fleisch in Milch in bestimmten Fällen verboten, wie das Kochen eines Böckchens in der Milch seiner Mutter (5Mo 14:21). Um zu verhindern, dass das geschah, wurden die Zubereitung von Milch und die Zubereitung von Fleisch streng getrennt. Hier haben wir ein weiteres Beispiel dafür, wie ein Zaun um das Gesetz errichtet wurde. Es ist wieder die Überspitztheit, um das Gesetz nur ja nicht zu brechen, wodurch aber das Gebot schwerer wird, als Gott es gemeint hat. Aber, wie gesagt, es war hier auch nur eine Unterstellung.

Petrus verantwortet sich

Petrus reagiert sehr ruhig auf die Beschuldigungen. Eine milde Antwort wendet ja den Grimm ab (Spr 15:1). Die Bemerkungen der Brüder aus der Beschneidung geben Petrus die Gelegenheit, darzulegen, welche besonderen Dinge Gott in dem Haus dieses Heiden getan hatte! Seine geordnete Erklärung zeigt, dass er sich beherrscht und nicht unter dem Druck der Vorwürfe eine zusammenhanglose Beschreibung gibt.

Lukas erwähnt den Bericht des Petrus in diesem Kapitel noch einmal, obwohl er ihn bereits unter der Leitung des Heiligen Geistes in Kapitel 10 erwähnt hat. Dadurch bekommt das, was im Haus des Kornelius geschehen ist, eine besondere Bedeutung. Es geht tatsächlich um ein Ereignis, das eine neue Zeit einläutet, wofür die geistigen Augen der Herzen der Juden geöffnet werden sollen, oder anders ausgedrückt, wodurch ihre Blindheit weggenommen werden soll.

Petrus will durch seinen Bericht klarmachen, dass es ein Werk Gottes ist und dass er sich nicht dagegen wehren durfte. Auch sie dürfen das jetzt nicht tun. Das Ergebnis dieses Berichtes ist dann auch, dass die Apostel und die Gläubigen Gott verherrlichen (Apg 11:18). Petrus kann seinen Bericht geben, ohne dass er unterbrochen wird. Er berichtet in Einzelheiten, was alles nötig war, um ihn so weit zu bringen. Sie sollen nicht meinen, dass er so ohne weiteres zu den Heiden eingekehrt war. Es hat den Herrn viel Mühe gekostet, ihn so weit zu bekommen.

Er berichtet zuerst, wo er sich befand und was er sah, als er in Verzückung geriet. Wo er war und was er sah, kennen wir aus dem vorigen Kapitel. Hier fügt er allerdings hinzu: „ein gewisses Gefäß ... kam bis zu mir“. Er hat das Gesicht als ein speziell für ihn bestimmtes Gesicht erfahren. Auch fügt er hier hinzu, dass er es „unverwandt anschaute“. Er nahm alles gut in sich auf. Dadurch kann er es nun berichten, als sei es in seine Erinnerung eingraviert. Es war kein flüchtiger Anblick.

Er kann auch die Worte, die aus dem Himmel zu ihm gesprochen wurden, wörtlich wiederholen. Er wiederholt seine Antwort, geht jedoch dabei etwas weiter als beim Geschehen. Damals sagte er, dass er noch nie etwas Unheiliges oder Unreines gegessen hatte. Hier sagt er, dass etwas Unheiliges oder Unreines noch nie in seinen Mund gekommen ist. Er erklärt, dass das dreimal hintereinander geschah. Dadurch unterstreicht er nochmals die Bedeutung dieses Ereignisses. Jeder Zweifel an der Echtheit ist unbegründet.

Danach berichtet Petrus, wie sich unmittelbar im Anschluss an das Gesicht die drei Männer bei ihm melden, die Kornelius gesandt hat. Ohne weiter etwas über das Gespräch mit diesen Männern zu sagen, berichtet er, dass der Geist ihn aufforderte, ohne zu zweifeln mit ihnen zu gehen. Drei Ereignisse nacheinander überzeugten Petrus davon, dass Gott ihn gebrauchen wollte, um einen Heiden aufzusuchen: das Gesicht, die drei Männer, die ihn abholten, und der Geist, der ihm befahl mitzugehen. Diese Zeugnisse müssen auch seine Zuhörer überzeugen.

Dann bezieht er die sechs Brüder in seinen Bericht mit ein, die mit ihm zu Kornelius gegangen und auch dort eingekehrt sind. Er nennt sie „diese sechs Brüder“, während er auf sie zeigt. Sie sind also auch mit ihm nach Jerusalem gekommen, um sein Zeugnis über die Ereignisse bei Kornelius zu bestätigen. Die Apostel und die Brüder in Jerusalem haben also insgesamt sieben Zeugen vor sich.

Petrus berichtet weiterhin, wie Kornelius darlegte, was er gesehen hatte und dass er den Auftrag bekommen hatte, nach Joppe zu senden, um Petrus einzuladen. Von ihm würde er nämlich Worte hören, durch die er errettet werden würde. Diese Worte sind nicht in Kapitel 10 aufgezeichnet. Sie sind jedoch von großer Bedeutung. Sie zeigen, dass Kornelius die Errettung noch nicht kannte, obwohl er bereits bekehrt war.

Die Errettung geschieht durch Glauben an das vollbrachte Werk des Heilands. Siehe auch das Gleichnis vom verlorenen Sohn, der in dem Augenblick bekehrt war, als er aufstand und zu seinem Vater ging. Doch erst als sein Vater ihn umarmte, wusste er, dass er errettet war, Vergebung seiner Sünden hatte und angenommen war (Lk 15:17-20). Das alles erwartete ihn, doch er besaß es noch nicht, als er aufstand. Gott führt sein Werk zu Ende, das Er in einer Seele begonnen hat.

Als Kornelius und die Seinen das Evangelium ihrer Errettung hörten und glaubten, kam der Heilige Geist auf sie. Petrus fügt ausdrücklich hinzu: „so wie auch auf uns im Anfang“. Er macht seinen Zuhörern klar, dass die Gabe des Heiligen Geistes nicht auf die Gläubigen aus der Beschneidung beschränkt blieb, sondern dass Gott diese Gabe auf dieselbe Weise den Gläubigen aus den Nationen gegeben hat.

In seinem Bericht erwähnt Petrus nicht das Reden in Sprachen. Er spricht von der Gabe des Geistes als einem Ereignis, auf das er keinerlei Einfluss ausgeübt hat. Es geschah plötzlich als eine Tat Gottes. Um das zu unterstreichen erwähnt er, dass er sich eines Wortes des Herrn erinnerte (Apg 1:5). Petrus bewertet das Ereignis anhand des Wortes des Herrn; das ist sein Leitfaden und Prüfstein.

An dieser Stelle seiner Darlegung legt er ihnen eine Frage vor, auf die sie nur eine Antwort geben können: Wenn Gott wirkt, konnte er das dann verhindern? Petrus spricht von ihrem Glauben an den Herrn Jesus Christus als etwas, das erst am Pfingsttag begann. Sie glaubten zwar schon länger an Ihn, doch seit Pfingsten glaubten sie auch an seine Verherrlichung. Das ist der Grund, warum sie von Gott die Gabe des Heiligen Geistes empfangen haben. Wer kann nun andere davon ausschließen, denen Gott diese Gabe auch gegeben hat?

Der Bericht des Petrus überzeugt sie. Sie haben nichts mehr dagegen zu sagen, im Gegenteil, sie verherrlichen Gott. Die Gabe des Heiligen Geistes war der Beweis, dass Gott selbst wirkte (Apg 11:17). Das überzeugt die Zuhörer, so dass sie Gott verherrlichen. Ihre Schlussfolgerung ist einleuchtend und herrlich. Sie anerkennen und stimmen zu, dass Gott sich nicht mehr auf sie beschränkt, sondern dass auch die Nationen teilhaben an dem Leben, das ihnen durch die Bekehrung geschenkt wird. Damit ist die drohende Gefahr einer Scheidung der Geister in der jungen Gemeinde abgewendet.

Die Predigt der Zerstreuten

Mit Apg 11:19 kehren wir kurz zu der Situation zurück, die Lukas in Kapitel 8 beschrieben hat (Apg 8:1-4). Dort hat er über eine große Verfolgung gesprochen. Lukas nimmt hier den Faden wieder auf, um uns zu berichten, was den Zerstreuten geschehen ist. Sie befanden sich in Kapitel 8 in Judäa und Samaria. Inzwischen sind sie weitergezogen. Sie sind durch das Land gezogen bis nach Phönizien im Norden, dem heutigen Libanon. Danach sind sie zur Insel Zypern im Mittelmeer gelangt und von dort nach Antiochien in Syrien.

Antiochien tritt jetzt als das große Zentrum der Gemeinde unter den Heiden in den Vordergrund. Das ist nun möglich, nachdem die Tür für die Heiden in der Person von Kornelius geöffnet ist. Von Antiochien aus wird Paulus seine Missionsreisen beginnen. Dorthin kehrt er am Ende der ersten beiden Reisen auch zurück. Die Zerstreuten predigten nicht das Wort, sondern redeten das Wort. Das weist darauf hin, dass es durch persönliche Kontakte geschah.

Sie beschränkten sich dabei allerdings auf die Juden, die schon viel früher durch die Wegführung der zehn Stämme zerstreut wurden. Sie richteten sich nur an ihre Landsleute, an die verlorenen Schafe des Hauses Israel (Mt 10:6), möglicherweise aus Angst vor Kontakten mit den unreinen Nationen. Auch sie mussten davon noch befreit werden. Von Wundern ist hier keine Rede. Wunder geschahen nur im Land Israel unter den Juden und Samaritern.

Doch nicht alle Juden hatten Furcht vor Verunreinigung durch Kontakte mit den Nationen. Unter denen, die zerstreut wurden, waren einige zyprische und kyrenische Männer. Das waren Juden, die nicht im Land Israel aufgewachsen waren, sondern in der Griechisch sprechenden Welt. Sie waren jüdischer Herkunft, sprachen aber Griechisch und redeten in dieser Sprache zu Menschen, die Griechisch sprachen. Das sind nicht die Griechisch sprechenden Juden in Kapitel 6, sondern die Griechisch sprechenden Heiden, mit denen sie durch die Zerstreuung in Kontakt kamen.

Diese ursprünglich ausländischen Juden hatten nicht die innere Barriere im Blick auf Kontakte mit den Heiden. Das führte sie dazu, den Heiden spontan das Evangelium zu verkündigen. Zugleich brachte dies die Gefahr mit sich, dass sie sich leichtfertig den heidnischen Gewohnheiten anpassten. Sie sprachen zu ihnen über den Herrn Jesus, sie verkündigten Ihn und stellten Ihn als die frohe Botschaft vor.

Es ist auffallend, wie wenig Offizielles mit diesem Werk verbunden ist. Es ist keine Rede von irgendeiner Anstellung zum Predigen. Es gibt keine einzige Rücksprache mit den Aposteln in Jerusalem. Hier wird kein einziger Name dieser Menschen erwähnt, die am Werk des Herrn teilnahmen. Der Herr Jesus wurde verkündigt. Auffallend ist, wie in diesen Versen die Tatsache betont wird, dass Er „Herr“ ist. Das bestätigt, dass Er alle Macht empfangen hat. Der Herr segnet ihre Predigt mit einer großen Zahl, die gläubig wird. Immer wieder ist die Rede von „dem Herrn“. Er geht mit den Verkündigern, und die Menschen bekehren sich zu Ihm.

Barnabas und die Gemeinde in Antiochien

Noch befindet sich in Jerusalem das Zentrum der neuen Bewegung, die auch von dort gesteuert wird. Durch die Verfolgung sind viele aus Jerusalem geflohen, doch die Gemeinde in Jerusalem hat dadurch nicht aufgehört, zu bestehen (siehe auch Apg 11:1). Die Gemeinde scheint „Ohren“ zu haben, denn es kommt der Gemeinde „zu Ohren“, dass woanders ein Werk des Herrn entstanden ist. Das Werk geschieht nicht durch sie, sondern durch andere. Dieses Mal ist auch Petrus nicht beteiligt wie im Fall von Kornelius, sondern das Werk geschieht durch Gläubige, deren Namen nicht genannt werden.

Dennoch macht sich kein Apostel auf den Weg, um sich mit seiner Autorität nach der Lage der Dinge zu erkundigen, sondern in ihrer Weisheit senden sie Barnabas, einen Menschen mit besonderen Fähigkeiten, andere zu trösten. Es ging nicht um die Ausübung von Autorität, sondern um Fürsorge für eine junge Gemeinde. Dafür ist Barnabas hervorragend geeignet. Er war ein selbstloser Mann, der auf sein Eigentum verzichtet hatte. Der Trend in der Welt und auch unter Christen ist Egoismus und Selbstliebe, doch Barnabas ist auf andere bedacht (Apg 4:36; Apg 9:27). Er ist geeignet, bei Problemen zu helfen.

Barnabas gehörte nicht zu den exklusiv denkenden inländischen Juden, sondern war ein ausländischer Jude (er kam von Zypern); er wusste, dass Gott nicht nur auf eine bestimmte, sondern auf unterschiedliche Weise wirken kann. Er war nicht von dem Gedanken beseelt, dass er der Beste war. Wer keinen Kontakt mit anderen hat, hat schnell für sich den Eindruck, der Beste zu sein.

Barnabas ist der richtige Mann, auch um zu beurteilen, ob etwas vom Herrn war oder nicht. Was er bei seiner Ankunft sieht, ist genau das, was er in seinem Umgang mit Gott erlebt: Gnade. Er sieht nicht zuerst einmal Probleme, sondern die Gnade Gottes. Er erkennt, dass das, was Gott unter den Nationen wirkt, ein Werk seiner Gnade ist.

Das erfreut ihn. Bei ihm merkt man nichts von Neid, keinerlei Kritik am Werk Gottes, im Gegenteil, er erfreut sich daran. Es gibt keinerlei Vorwurf, dass sie mit Jerusalem als „Mutterkirche“ oder mit den Aposteln als Gottes besondere Diener hätten Kontakt aufnehmen müssen.

Er erkennt das Werk Gottes, anerkennt es und schließt sich ihm an. Er nimmt seinen Platz in diesem Werk ein mit dem Beitrag, den der Herr ihm gegeben hat. Dieser Beitrag besteht darin, sie anzuspornen, mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren. Barnabas hält ihnen keine Regeln vor, die sie einzuhalten haben, sondern er verbindet ihre Herzen mit dem Herrn. Er ermutigt sie, sich in ihren Herzen vorzunehmen, bei dem Herrn zu verharren, so dass sie im Glauben wachsen können.

Das tut er im Hinblick auf die Gefahren, die da sind, Kräfte, die es darauf anlegen, die Gläubigen von dem Herrn zu lösen. Das kann vor allen Dingen durch Uneinigkeit unter den Gläubigen geschehen, indem man die Unterschiede betont und die eigene Sichtweise anderen aufzwingt.

Das ganze Auftreten des Barnabas und sein Dienst an diesen Gläubigen ist völlig losgelöst von Jerusalem. Die Gläubigen dort müssen sich gegenüber Jerusalem nicht verantworten. Jerusalem ist nicht mehr die Zentrale, wie das im Alten Testament und auch im Anfang der Apostelgeschichte war (vgl. Joh 4:20-24).

Die Kennzeichen des Barnabas sind besonders geeignet für einen Dienst unter jungen Gläubigen. Er war ein guter Mann; von ihm ging Güte aus. Es war keine süßliche Güte, sondern ein Güte, die vom Heiligen Geist kam. Er war auch voll Glaubens, voller Vertrauen auf den Herrn. Seine Anwesenheit wird sicher dazu beigetragen haben, dass eine ansehnliche Menge dem Herrn hinzugefügt wurde.

Barnabas und Saulus in Antiochien

Als Barnabas in Antiochien ist, erinnert er sich an Saulus. Möglicherweise sucht er ihn auf, weil er die Arbeit allein nicht schafft. Es geht um eine Gemeinde aus den Heiden, und er weiß von dem Willen des Herrn bezüglich Saulus (Apg 9:15). Er wird auch seine besonderen Qualitäten erkannt haben.

Er wendet viel Mühe auf, ihn in Tarsus (heutige Türkei) aufzusuchen, wo er aufgewachsen war. Vor einigen Jahren wurde Saulus von den Brüdern wieder dorthin gesandt (Apg 9:30), um dort Zeugnis abzulegen und weiter vom Herrn unterwiesen zu werden. Früher war Saulus von seinen Eltern nach Jerusalem gesandt, um dort eine religiöse Ausbildung zu erhalten, die ihn außergewöhnlich religiös machte. Saulus war also sowohl ein in den Schriften bewanderter Hebräer als auch ein Hellenist, so war er auch dadurch die geeignete Person für Antiochien. Was Barnabas mit Saulus macht, ist ein Vorbild dafür, wie junge Gläubige von älteren Gläubigen in die Gemeinde eingeführt und belehrt werden, ihre Aufgabe auszuführen.

Barnabas kümmerte es nicht, den zweiten Platz einzunehmen. Selbstlos und mit Blick auf das Wohlergehen der Gemeinde suchte er Saulus auf, den er acht oder neun Jahre zuvor in die Gemeinde in Jerusalem eingeführt hatte. Eine solch junge Gemeinde in Antiochien hatte noch keinen eigenen Lehrer in ihrer Mitte. Für die Unterweisung der Gemeinde in Antiochien wandte sich Barnabas nicht an die Apostel in Jerusalem. Selbst sah er sich wohl dazu nicht in der Lage.

Barnabas kannte seine Grenzen. Er verstand, dass Tröstung und Ermahnung nicht ausreichend sind, und dass es auch Belehrung geben muss. Er war sich bewusst, dass das geeignete Werkzeug dazu Saulus war. Es wird also evangelisiert (Apg 11:20), ermahnt und getröstet (Apg 11:23) und jetzt gelehrt (Apg 11:26). Wir sehen Evangelisten, Hirten und Lehrer, die alle ihren Dienst tun, ohne dass sie dazu von den Aposteln angestellt wurden. Der Herr gibt die Gaben. In Apg 11:27 wird auch noch prophezeit. So wirken die verschiedenen Gaben zusammen und ergänzen einander.

Saulus hat den Auftrag, den Dienst der Unterweisung im Wort Gottes auszuüben, damit sie in der Lehre des Wortes Gottes befestigt werden. Dies hat diese junge Gemeinde nötig, während sie gleichzeitig als Gemeinde funktioniert. Sie hat keine Belehrung nötig, um zu einem bestimmten Zeitpunkt nach ausreichender Belehrung als Gemeinde funktionieren zu können. Für Saulus war dieser Dienst der Belehrung eine Vorbereitung für seinen Dienst, durch den viele Gemeinden gegründet werden sollten.

Zum ersten Mal wird hier die Gesamtheit der Gläubigen an einem Ort „die Gemeinde“ genannt, wodurch sie von der Gemeinde in Jerusalem unterschieden wird. Es ist eine Gemeinde, die hauptsächlich aus Gläubigen aus den Nationen bestand, zu der allerdings auch gläubige Juden gehörten. Auch der Name „Christen“ wird hier zum ersten Mal als Bezeichnung für die Gläubigen gebraucht (weiterhin nur noch in Apg 26:28 und 1Pet 4:16). Die Bezeichnung Christ ist von Christus abgeleitet, was Gesalbter bedeutet. Ein Christ ist ein Anhänger des verherrlichten Christus.

Der Name Christ wurde den Gläubigen von der Welt um sie herum gegeben. Sie nannten sie nach dem Mann, den sie verkündigten. Das geschieht, wenn Christen in ihrem Leben ihre Verbindung mit dem Herrn Jesus als Herrn zeigen. Dieser Name wird immer noch gebraucht, doch leider versteht man darunter nicht mehr nur wahre Gläubige. Die Welt weiß nicht mehr, wer ein echter und wer ein unechter Christ ist. Leider bekommt die Welt durch das falsche Verhalten von Namenschristen und leider noch mehr auch von wahren Christen einen falschen Eindruck von dem Herrn Jesus. Aber das war damals noch nicht so.

Agabus prophezeit eine Hungersnot

Nach Barnabas kommen aus Jerusalem noch einige Propheten nach Antiochien. Propheten sind Gaben für die ganze Gemeinde. Sie können in Jerusalem aktiv sein, aber genauso gut nach Antiochien kommen, um dort ihren Dienst auszuüben. Jerusalem ist kein Zentrum, doch es gibt eine Verbindung. Hier werden zum ersten Mal im Neuen Testament Propheten genannt. Wir lesen in 1. Korinther 14 ein ganzes Kapitel über ihren Dienst. Sie geben das Wort Gottes aus der Gegenwart Gottes weiter. Sie reden zur Erbauung, Ermahnung und Tröstung der Gemeinde (1Kor 14:3). Sie machen hier also keine Voraussagen über zukünftige Ereignisse, sondern wenden das Wort Gottes auf Herz und Gewissen an.

Doch es gibt einen Propheten unter ihnen, der ausnahmsweise doch eine Vorhersage macht: Agabus. Wir lesen von ihm, dass er aufstand und durch den Geist bekanntgab, dass eine große Hungersnot über den ganzen Erdkreis kommen würde. Hier ergreift also nicht jemand das Wort, der sich anmaßt, ein Prophet zu sein. Dass seine Prophetie echt war, zeigte sich an ihrer Erfüllung unter Klaudius, der ab dem Jahr 41 regierte. Die Hungersnot würde über die ganze Erde kommen, also auch über sie.

Obwohl die Prophezeiung erst später unter einem späteren Kaiser in Erfüllung gehen würde, führte die Prophezeiung dazu, dass die Gläubigen in Antiochien ihre Verbundenheit mit den Gläubigen in Jerusalem durch eine Hilfeleistung zum Ausdruck brachten. Die Gläubigen konnten die Hungersnot nicht verhindern, doch sie konnten das Nötige tun, um die Not zu lindern. Die Prophezeiung hatte also eine Auswirkung auf die Zuhörer, und das ist die Absicht jedes prophetischen Dienstes. Indem sie die Prophezeiung zu Herzen nahmen, konnten die Gläubigen gleichzeitig ihre Dankbarkeit für die geistlichen Segnungen äußern, die sie von den Gläubigen aus der Beschneidung erfahren hatten. Nachdem die Nationen von Jerusalem an den geistlichen Segnungen Anteil bekommen hatten, wollten sie ihnen nun mit ihren materiellen Gütern dienen (Gal 6:6; Röm 15:23-28).

Was hier steht, ist das Muster für das christliche Geben und nicht so sehr das, was wir in den Kapiteln 2 und 4 gefunden haben, wo es um die Beziehungen der Juden untereinander ging (Apg 2:44; 45; Apg 4:32-37). Das Geben geschah gemäß der jeweiligen Möglichkeiten (2Kor 8:12-15; 2Kor 9:7). Es wurde aus dem Bewusstsein heraus gegeben, ein Leib zu sein. Prophezeiung fordert zum direkten Handeln auf, noch bevor es Beweise dafür gibt, dass es gut ist. Das ist ein Werk des Geistes Gottes in den Herzen. Die Propheten in den Tagen Esras forderten zum Wiederaufbau des Tempels auf, bevor der König sie dazu in die Lage versetzte und dem Widerstand Einhalt gebot (Esra 5:1; 2). Es ist gesegnet, in irdischen Dingen aufgrund himmlischer Motive zu handeln.

Das Handeln der Gläubigen in Antiochien muss für die Gläubigen in Jerusalem eine große Ermutigung im Erleben der Einheit gewesen sein. Das Geld ging an die Ältesten (hier erstmalig in Verbindung mit der Gemeinde genannt; wie sie benannt wurden, wird hier nicht erwähnt), also die verantwortlichen Brüder der Gemeinde, die es dann weiterverteilen konnten. Hiermit wird die Verbundenheit auf praktische Weise zum Ausdruck gebracht, wie früher schon auf geistliche Weise (Apg 11:22).

Barnabas und Saulus nahmen die Gabe mit. Sie hielten sich dafür nicht zu fein; sie meinten auch nicht, dass geistliche Arbeit wichtiger sei. Es war ihr Verlangen, jeder Not zu begegnen. Wir sehen hier wieder, dass Barnabas eingeschaltet wird, denn ein Auftrag mit Geld erfordert verlässliche Brüder. Barnabas hatte schon gezeigt, dass er keinen Wert auf irdischen Besitz legte (Apg 4:36; 37).

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