Acts 20:23

Das Evangelium der Gnade Gottes

Dann lässt Paulus die Ältesten an seinem Reiseziel teilnehmen und dem Drang, den er dahin fühlt. Er fühlt sich schon seit geraumer Zeit innerlich stark gedrängt, nach Jerusalem zu gehen. Er sagt, dass er gebunden ist in seinem Geist (gemeint ist sein eigener menschlicher Geist und nicht der Heilige Geist); das könnte darauf hinweisen, dass es eine Verpflichtung aus Liebe zu seinem Volk war, die ihren Ursprung nicht direkt in einem Auftrag Gottes hatte, obwohl das auch nicht zwangsläufig gegen den Willen Gottes sein musste. Es ist ähnlich wie mit dem Wunsch, den er geäußert hat, wegen seiner Brüder nach dem Fleisch durch einen Fluch von Christus entfernt sein zu wollen (Röm 9:3).

Diese Wünsche des Paulus haben nichts mit dem sündigen Fleisch zu tun; sie könnten höchstens ein Eifer sein aus den erhabensten Motiven. Sollte dies wie eine Schwachheit erscheinen, dann fehlt dabei doch jede Selbstsucht. Das einzige Motiv ist seine brennende Liebe für sein eigenes Volk. Das treibt ihn sozusagen in die Höhle des Löwen.

Paulus ist eigentlich ein Sklave (was in dem Wort „gebunden“ enthalten ist) seines eigenen Gemüts. Er wird so gedrängt, dass für ihn kein anderer Weg offensteht. Obwohl es möglich ist, dass Paulus nicht unter der direkten Leitung des Heiligen Geistes handelt, sondern aus der Schwachheit seines eigenen Geistes heraus im Hinblick auf seine Liebe für seine Verwandten nach dem Fleisch, wird der Herr das dennoch zur Ehre seines Namens gebrauchen. Paulus unterliegt keinem Selbstbetrug.

Das erkennen wir auch an dem, was der Heilige Geist ihm bezeugt. Das Zeugnis des Geistes hätte für Paulus ein Anlass sein können, einen Ausweg zu suchen, doch das tut er nicht. Er wusste, was der Heilige Geist ihm sagte, und das konnte bedeuten, dass er nicht zu gehen brauchte. Der Geist sagte nicht direkt, dass er nicht gehen sollte, sondern sagte ihm nur, was ihn erwartete.

Paulus wählte bewusst das, was ihn erwartete, aus Liebe zum Herrn Jesus und zu seinem irdischen Volk, um einige aus seinem Volk zu erretten. Er wusste, dass die Hand Gottes darin war. Und wir wissen, dass Gott seine Gefangenschaft gebrauchte, dass er Briefe schreiben konnte mit den höchsten christlichen Wahrheiten.

Alle Leiden konnten Paulus nicht daran hindern, sich nach dem Willen Gottes zu richten. Er hatte von seinem Meister gelernt, wie Leiden in einer Welt voller Sünde und Elend zur Verherrlichung Gottes dienen. Paulus trug die Kennzeichen dieser Leiden an seinem Körper (Gal 6:17).

Paulus konnte rechnen. Er berechnete einerseits den Wert seines Lebens, wenn er es für sich selbst lebte, und andererseits den Wert seines Lebens im Dienst für seinen Herrn. Diese Rechnung stellt alles in den Schatten vor dem Herrn Jesus und dem Auftrag, den Er ihm gegeben hatte (vgl Phil 3:8; 11). Er sah sein Leben als Geschenk Gottes an ihn, mit dem Gott einen Plan hatte: einen Dienst, den er völlig erfüllen wollte. Er würde seinen Lauf vollenden (2Tim 4:6; 7). Für Paulus bedeutet das: Bei der Erfüllung seines Laufs muss er das Evangelium der Gnade Gottes auch seinem eigenen Volk bezeugen.

Das Evangelium der Gnade Gottes ist das volle Evangelium. Die Gnade Gottes umfasst mehr als Bekehrung und Glaube. Bei Bekehrung und Glaube liegt die Betonung mehr auf der Not des Sünders. Beim Evangelium der Gnade Gottes liegt die Betonung auf der Seite Gottes, auf allem, was Er getan hat, um seine Gnade bekanntzumachen. Wir finden dieses Evangelium im Brief an die Römer. Wir lernen dort unter anderem, dass der Gläubige in der Gnade Gottes steht und dass er allein durch Glauben gerechtfertigt wird, aufgrund des Todes und der Auferstehung des Herrn Jesus (Röm 5:1; 2).

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