Acts 23:6

Paulus spaltet das Synedrium

Paulus sieht, dass es keinerlei Bereitschaft gibt, ihm zuzuhören. Dann macht er von seiner Kenntnis über beide Parteien Gebrauch und spielt sie gegeneinander aus. Wenn sie sich gegenseitig in die Haare kriegen, rückt eine einstimmige Verurteilung seinerseits in weite Ferne. Er weiß, dass der eine Teil des Synedriums aus Pharisäern besteht und der andere aus Sadduzäern. Mit lauter Stimme spricht er das Synedrium wieder mit „Brüder“ an. Anschließend erläutert er, dass er ein Pharisäer ist, und zwar nicht, weil er dieser Zunft beigetreten ist, sondern weil sein Vater bereits einer war. Er macht also klar, mit welcher der beiden Gruppen des Synedriums er sich verbunden weiß. Das wird diese Gruppe zuerst einmal keineswegs als eine Ehre angesehen haben.

Dann sagt Paulus etwas, was das Synedrium entzweit. Er ist ein Pharisäer, der sich wegen der Hoffnung und der Auferstehung aus den Toten verantworten muss. Im Synedrium kamen die beiden Gruppen gut miteinander aus, wobei sie den Dingen, die sie trennten, gut aus dem Weg gingen. Da jedoch diese Lehrfrage nun in ihrer Mitte aufgeworfen wird, wird sie zur Streitsache.

Die Erklärung des Paulus, dass er ein Pharisäer war, war nicht falsch, jedoch unter dem Niveau seiner eigenen Worte in Philipper 3 (Phil 3:7). Dort nimmt er davon Abstand, denn im Licht Christi hat diese Tatsache keinerlei Bedeutung mehr für ihn. Paulus spricht auch nicht über die Auferstehung aus den Toten, der Wahrheit, die mit dem verherrlichten Christus verbunden ist, der für die Seinen zurückkommt, sondern über die Auferstehung der Toten. Jeder gottesfürchtige Jude bekannte sich zur Auferstehung der Toten, das taten sogar gottesfürchtige Heiden (Hiob 19:25-27).

Der Geist und die Atmosphäre der Gesellschaft, in der Paulus sich befindet, hat Einfluss auf sein Zeugnis. Paulus wollte seine Treue gegenüber dem Gesetz beweisen, und dazu gehörte auch, dass er ein Pharisäer war. Dazu gehörte ebenfalls die Auferstehung als die Hoffnung Israels. Als Pharisäer spricht er über die messianische Hoffnung Israels, denn die Hoffnung Israels ist der Messias. Er sucht das, was sie als Juden verbindet, und das ist ja die Erwartung des Messias.

Der Streit, der daraufhin zwischen den Pharisäern und Sadduzäern entbrennt, ist nicht ein Streit um Paulus oder um die Wahrheit, sondern um die Partei. Parteimenschen betrachten alles vom Standpunkt der Partei aus und nicht von der unabhängigen Quelle des Wortes Gottes. Sadduzäer sind die Freisinnigen. Was sie nicht beweisen können, glauben sie nicht. Deswegen sagen sie, dass es keine Auferstehung gebe und auch keine Engel oder Geister.

Das zeigte sich auch in ihrem Leben. Das Leben auf der Erde war für sie alles. Sie badeten im Luxus und gaben sich den gröbsten Formen der Genusssucht hin. Sie schwelgten nach dem Grundsatz: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sterben wir!“ (1Kor 15:32). Trotzdem betrachteten sie sich selbst als orthodox, denn sie glaubten den fünf Büchern Mose, den herausragenden Büchern der Juden. Sie behaupteten, sich strikt an das Gesetz Moses zu halten, das war für sie das Wort Gottes.

Im Gegensatz dazu glaubten die Pharisäer allen Büchern der Bibel, also dem gesamten Alten Testament. Damit glaubten sie auch an die Auferstehung, an Engel und Geister. Sie erwarteten den Messias. Sie hatten jedoch dem Wort Gottes vieles hinzugefügt. Deshalb waren sie in den Augen der Sadduzäer die Freisinnigen.

Wenn wir das Bekenntnis der Sadduzäer kennen, ist es nicht verwunderlich, dass vor allen Dingen sie sich in der Apostelgeschichte als Feinde des Evangeliums offenbaren. In der Apostelgeschichte wird ja die Auferstehung des Herrn Jesus mit großer Kraft gepredigt. Für die Pharisäer gilt, dass gerade sie sich während des Lebens des Herrn Jesus als seine Widersacher offenbarten, was uns im Licht ihres Bekenntnisses verbunden mit ihrem Unglauben ebenso wenig verwundert.

Das Ergebnis der Geschicklichkeit des Paulus lässt nicht lange auf sich warten. Sein Auftreten vor dem Synedrium gibt ein Minimum an Zeugnis und ein Maximum an Verwirrung. Es entsteht ein großes Geschrei, wobei der Ton von einigen Schriftgelehrten angegeben wird, die den Pharisäern angehören. Die Schriftgelehrten der Pharisäer werden durch die Worte des Paulus vorsichtig. Man stelle sich vor, dass dieser Mann eine Botschaft aus der unsichtbaren Welt erhalten hat?! Nun verklagen sie Paulus nicht länger, sondern erklären, dass sie auf seiner Seite stehen, um gemeinsam mit ihm eine Front gegen die Sadduzäer zu bilden.

Der Oberste, der bis dahin alles beobachtet hat, fürchtet erneut um das Leben des Paulus. Er greift zum zweiten Mal ein, um zu verhindern, dass Paulus von seinem eigenen Volk ermordet wird.

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