Ecclesiastes 12:6

Der Mensch geht hin zu seinem ewigen Haus

Pred 12:1 schließt direkt an den vorherigen Vers an. Da die jungen Jahre vorbei sind, bevor er es bemerkt hat (Pred 11:10), sagt der Prediger dem jungen Mann: „Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugendzeit.“ Der Jugendliche soll nicht nur an sein Wohlergehen denken, sondern vor allem auch an seinen Schöpfer, der ihn gemacht hat. „Gedenke“ ist nicht nur eine Erinnerung, die nicht vergessen werden darf, sondern ein Gebot, das eine volle Hingabe an Gott beinhaltet, Ihn zu lieben, zu fürchten und Ihm zu dienen. Gott möchte, dass dieses „Gedenken“ in die Praxis des Lebens umgesetzt wird. Es geht darum, dass wir als Verwalter leben, die ihrem Schöpfer gegenüber Rechenschaft ablegen müssen über das, was wir mit unserem Leben getan haben.

Die Einsicht, dass die Jugend an sich eine inhaltslose Angelegenheit ist, lehrt die Jugendlichen, nach etwas Höherem und Dauerhaftem zu suchen, nämlich nach ihrem Schöpfer. Wenn wir dem Schöpfer das Leben verdanken, dann ist es nur richtig, dass wir Ihm dafür danken und unser Leben Ihm widmen. Wenn man Ihn vergisst, führt das zu schlechten Entscheidungen, deren Folgen ein Leben lang anhalten können.

Der Aufruf an den Jugendlichen, in den Tagen seiner Jugend über seinen Schöpfer nachzudenken, wird von dem Prediger ausgesprochen, weil die Tage der Jugend dafür besonders geeignet sind, mit Ihm und seinem Wort vertraut zu werden. Nur die Gemeinschaft mit Ihm und die Kenntnis seines Willens über das Leben geben dem Leben die Grundlage. Diese Tage sind schnell vorbei. Nicht nur das, auch „Tage des Unglücks“ rücken näher und „Jahre“ nahen heran, von denen der junge Mensch sagen wird, dass er „keinen Gefallen“ an ihnen hat.

„Ehe“ das geschieht, muss er damit vertraut sein, über seinen Schöpfer nachzudenken. Das Wort „ehe“ markiert eine Veränderung der Lebensbedingungen, eine Veränderung, auf die du dich vorbereiten musst (Pred 12:2; 6). Dieser Wandel – von jung zu alt bis zum Sterben – ist unabänderlich.

Die folgenden Verse weisen auf, wie schnell die Tage der Jugend vergehen. Der Prediger zeigt nun, dass dort, wo Gott ignoriert wird, die Gelegenheit zur Freude verloren geht. In den kommenden Jahren wird der wenig aufmerksame Leser zu dem verzweifelten Geständnis gelangen, dass es für ihn keine Aussicht mehr gibt. Das ist der Sinn der Formulierung „von denen du sagen wirst“.

Dass Sonne, Licht, Mond und Sterne durch die Wolken verdunkelt werden (Pred 12:2), deutet auf den allgemeinen Gedanken hin, dass mit zunehmendem Alter die Fähigkeit des Glücklichseins verschwindet. Ebenso verweisen wiederkehrende Wolken auf eine wiederkehrende Abfolge von Traurigkeit. Es ist wie ein Sturm mit Wolkenbrüchen, der kaum vorbei ist, während sich bereits ein weiterer Sturm mit Wolkenbrüchen ankündigt.

In den Pred 12:3-7 beschreibt der Prediger den Zerfall des Menschen durch das Alter. Hier sehen wir die Wahrheit des Spruchs: Das Alter kommt in der Regel mit Defiziten einher. Auch die Einsamkeit durch das Alter macht unter anderem deutlich, dass die Rolle beendet ist. Die Kinder gehen ihren eigenen Aktivitäten nach, und Gleichaltrige sind kaum noch da. Wenn es noch Gleichaltrige gibt, haben sie jedoch mit den gleichen Problemen zu kämpfen.

Es ist mit dem Leib wie mit einem vornehmen Haus mit Wächtern, vitalen Bewohnern, willigen und beschäftigten Mitarbeitern und Menschen, die für die Zerstreuung sorgen, die Unterhaltungskünstler. Es muss dem jungen Menschen gut bewusst werden, dass ein Haus wie dieses in Verfall geraten kann, und dass es ebenso mit dem menschlichen Leib geschieht, der zunächst noch so gut und kraftvoll aussieht.

1. Pred 12:3. „Die Hüter des Hauses“ sind die Hände und Arme. Die einst so kräftigen Hände und Arme zittern jetzt. Das sieht man, wenn sie eine Tasse Tee halten oder ihre Gabel und ihr Essen zum Mund führen wollen.

2. „Die starken Männer“ sind die Beine (vgl. Ps 147:10). Die Beine, die einst wie Säulen standen (vgl. Hld 5:15), sind gebogen. Das Stolze, Aufrechte ist aus ihnen verschwunden.

3. „Die Müllerinnen“, die Frauen, die das Korn zu feinem Mehl mahlen, sind die Zähne. Immer mehr Zähne fallen aus dem Gebiss. Das schmackhafte Kauen des Essens, insbesondere der härteren, leckeren Stücke, ist vorüber. Die Nahrung muss immer flüssiger sein, und schließlich mit einem Löffel oder Strohhalm eingenommen werden.

4. „Die aus den Fenster Sehenden“ sind die Augen. Scharfes Sehen nimmt ab. Oft beginnt es damit, dass deine Arme nicht lang genug sind, um ein Buch zu lesen. Es muss eine Lesebrille verwendet werden.

5. Pred 12:4. „Die Türen zur Straße“ sind die Ohren oder die Lippen. Bei den Ohren gilt, dass das Gehör schlechter wird. Du wirst immer schwerhöriger, du musst immer öfter fragen: „Was sagst du?“ Bei den Lippen gilt, dass es immer schwieriger wird, deine Worte zu finden, vielleicht sogar wegen Demenz. Für eine gute Kommunikation werden Ohren und Lippen benötigt, und das wird im Alter immer schwieriger.

6. „Das Geräusch der Mühle wird dumpf“ können wir auf das abnehmende Interesse an dem, was im Alltag geschieht, anwenden.

7. Dass „er aufsteht bei der Stimme des Vogels“, kann bedeuten, dass man früh wach ist, weil keine Rede mehr von einem gesunden, langen Schlaf ist, den man nach einem harten Arbeitstag haben kann.

8. Dass „gedämpft werden alle Töchter des Gesangs“, weist auf die Stimmbänder hin. Das Singen mit voller, kräftiger Stimme ist zu einem vibrierenden, kratzenden Klang geworden, der es anderen schwer macht, uns zu verstehen.

9. Pred 12:5. „Auch fürchten sie sich vor der Höhe“, genau das sehen wir oft bei einem Älteren. Er wird unsicher auf der Treppe oder der Leiter und wagt es nicht mehr hinaufzusteigen.

10. Die „Schrecknisse … auf dem Weg“ verweisen auf die Straße mit ihrem vielen Verkehr. Man hat im Alter immer mehr Angst, die Straße zu überqueren. Ein schneller Sprung bei einer sich nähernden Gefahr geht nicht mehr.

11. „Der Mandelbaum steht in Blüte“ ist ein Hinweis auf das grau-weiße Haar.

12. Sein Gang wird auch langsam, schwierig und schleppend wie der einer alten „Heuschrecke“, die nicht mehr springen kann, sondern sich zu ihrem Ziel hinschleppt. Das geringe Gewicht seines alten Körpers wird zu einer schweren Last.

13. Die „Kaper“, die als Appetitanreger dient, hilft nicht mehr, den Appetit zu stimulieren. Man ist nicht mehr hungrig, es gibt nichts mehr, was einem Altgewordenen das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

14. Die Beschreibung des Verfalls und der Verschlechterung des Körpers sowie der körperlichen Fähigkeiten führt zum Tod, „seinem ewigen Haus“. Hier ist es nicht die Hoffnung des Gläubigen (2Kor 5:1), sondern die Endstation des Menschen, seine ewige Bestimmung. „Der Mensch geht hin“, ist auf dem Weg dorthin. Der Prozess, der mit dem Tod endet, kann manchmal viele Jahre dauern. Es ist der Weg „unseres Leibes der Niedrigkeit“ (Phil 3:21).

15. Der Tod ist auch mit Kummer und Trauer verbunden. Die „Klagenden“ berichten über das unvermeidliche Ende, das gekommen ist. Jeder hört davon, es wird überall verkündet.

16. Pred 12:6. Das Wort „ehe“, mit dem dieser Vers beginnt, entspricht dem „ehe“ von Pred 12:2. Dort steht es als Einleitung zur Phase des Alters, hier geht es um ihren Abschluss, den Tod. Die Tatsache, dass von „Silber“ und „Gold“ die Rede ist, zeigt den hohen Wert des menschlichen Lebens. Die letzten Aktionen, die zum Tod führen, werden bildlich in vier Ausdrücken beschrieben, die in zwei Paare unterteilt sind. Die vier Verben – „zerrissen“, „zerschlagen“, „zerbrochen“, „zerschlagen“ – unterstreichen die Endlichkeit des irdischen Lebens.

Im ersten Verben-Paar wird der Körper mit seinem hohen Wert im Bild der „goldenen Schale“ dargestellt, die an „der silbernen Schnur“ hängt. Die silberne Schnur stellt die Verbindung mit dem Himmel dar. Unser Leben ist mit Gott verbunden, auch wenn wir mit Ihm nichts zu tun haben wollen. Er hat uns unseren Lebenshauch gegeben. Wenn jedoch die silberne Schnur zerrissen wird, wenn sie bricht, fällt die goldene Schale auf den Boden und wird irreparabel zerschlagen. Das Licht des Lebens ist vollständig erloschen. Das Zerreißen hat auch die Bedeutung des Abkoppelns.

Im zweiten Paar wird der Körper mit seiner Schwäche und Zerbrechlichkeit im Bild des „Eimers“ oder „Krugs“ dargestellt. Wir sehen jemanden, der mit einem Eimer oder Krug, den er über ein Rad an einem Seil in einen Brunnen senkt, Wasser schöpft. Der Tod ist das Zerbrechen des Eimers oder Kruges. Auch das, was den Eimer senken ließ, „das Rad“, wird zerschlagen. Die Tatsache, dass es „am Quell“ und „an der Zisterne“ geschieht, beides Symbole des Lebens, macht die Dinge noch dramatischer. Es gibt keine Möglichkeit mehr, von der Quelle des Lebens zu trinken.

Es gibt eine alte Fabel über einen Mann, der eine seltsame Abmachung mit dem Tod machte. Er sagte zum Sensenmann, dass er ihn begleiten dürfe, wenn die Zeit des Sterbens gekommen sei, aber unter einer Bedingung: Der Tod sollte lange im Voraus einen Boten schicken, um ihn zu warnen. Wochen vergingen und wurden zu Monaten, und Monate wurden zu Jahren.

Dann, an einem bitteren Winterabend, während der Mann an all seinen Besitz dachte, betrat der Tod plötzlich den Raum und klopfte ihm auf die Schulter. Erschrocken schrie der Mann auf: „Du bist so schnell und ohne Vorwarnung hier! Ich dachte, wir hätten uns auf etwas geeinigt.“ Der Tod antwortete: „Ich habe mehr getan, als meinen Teil der Abmachung einzuhalten. Ich habe dir eine Menge Boten geschickt. Schau in den Spiegel und du wirst einige von ihnen sehen.“

Während der Mann es tat, flüsterte der Tod: „Schau dir dein Haar an. Früher war es voll und schwarz, jetzt ist es dünn und weiß. Schau dir an, wie du deinen Kopf hältst, um mir zuzuhören, weil dein Gehör nicht mehr gut ist. Sieh, wie nah du vor dem Spiegel stehen musst, um dich selbst klar zu sehen. Ja, ich habe im Laufe der Jahre viele Boten geschickt. Es tut mir leid, dass du noch nicht bereit bist, aber die Zeit ist gekommen, um zu gehen.“

Die Lektion ist klar: Wir sollen lernen, auf „die Boten“ zu achten, die uns zeigen, dass wir älter werden, und uns auf unseren Tod vorbereiten.

17. Pred 12:7. Hier ist der Tod endgültig eingetreten. Die beiden Aspekte des Menschseins rücken in den Vordergrund. Sein Körper, der aus dem „Staub“ der Erde gemacht ist, kehrt zu der Erde zurück, aus der er auch gemacht ist (1Mo 2:7; 1Mo 3:19; Hiob 10:9; Ps 90:3; Ps 103:14). Was seinen Geist betrifft: Dieser kehrt zu Gott zurück, der ihn auch gegeben hat (Hiob 34:14; 15). Die Trennung zwischen Körper und Geist beweist, dass der Körper tot ist, denn der Körper ohne Geist ist tot (Jak 2:26a).

Hier sehen wir den Kontrast zwischen Körper und Geist (vgl. Pred 3:20). Dies deutet darauf hin, was dem Prediger ein Geheimnis war, ein Weiterleben des Menschen. Dass es ein Weiterleben gibt, wird erst im Licht des Neuen Testaments deutlich (vgl. 2Tim 1:10).

Wir alle werden uns mit den oben genannten Realitäten des Alters auseinandersetzen müssen, es sei denn, wir sterben jung oder Christus kommt, um uns abzuholen. Der Punkt des Predigers in seinen Bildern ist kristallklar: Im hohen Alter ist die Zeit des anstrengenden Dienstes für den Herrn vorbei. Bedeutet das, dass das Alter nicht schön sein kann? Sicherlich nicht. Ein älterer an Jesus Christus Gläubiger auf dem Weg zu seinem „ewigen Haus“ kann noch ein großartiges Leben in Fülle vor Christus führen.

Wir können den Rest unseres Lebens „jung im Herzen“ leben. Wir sind erst dann wirklich alt, wenn wir unser Ziel und unsere Mission nicht mehr im Leben sehen. Ein schönes Beispiel ist Kaleb (Jos 14:10; 11). Lasst uns, wie er es getan hat, Gott um ein Gebirge bitten. Wir sind nicht bereit zu leben, bevor wir bereit sind zu sterben. Regle deine ewigen Angelegenheiten und gib dich dem wahren Leben hin.

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