Ephesians 2:13-16

Die Nationen

Eph 2:11. Mit diesem Vers beginnt ein neuer Abschnitt. Paulus schaut zurück. Das tat er auch in Eph 2:1. Nur ging es da um unsere persönliche Vergangenheit, um in den Versen danach zu zeigen, welche persönlichen Segnungen wir in Christus besitzen. Ab Eph 2:11 geht es um die gemeinsame Vergangenheit, und im Folgenden sehen wir, welche Segnungen wir in Christus gemeinsam besitzen. In beiden Fällen geht es um die Zeit unseres Aufenthalts auf der Erde. Das ist ein Unterschied zu Kapitel 1. Dort ging es um die Ratschlüsse Gottes vor Grundlegung der Welt, also außerhalb der Zeit und unabhängig von der Erde. In Kapitel 2,1–10 hast du gesehen, was Gott in uns persönlich gewirkt hat, nachdem unser hoffnungsloser Zustand vorgestellt war. In den Eph 2:11-22 wirst du sehen, was Gott mit uns gemeinsam getan hat, nachdem ebenfalls zuerst unser hoffnungsloser Zustand vorgestellt ist. Mit „gemeinsam“ meine ich alle Gläubigen aus Juden und Heiden zusammen, denn davon handelt der Abschnitt. Die Einheit, die zwischen Juden und Heiden entstanden ist, ist ein Wunder der Gnade Gottes.

Wie groß dieses Wunder ist, zeigt Paulus, indem er einen Vergleich zieht zwischen dem, was die Völker früher waren und was sie nun geworden sind. Die Mehrzahl der Leser des Briefes, damals und auch jetzt, besteht aus solchen, die früher zu den Völkern gehörten. Sie werden dazu aufgefordert, sich zu erinnern, wie es früher um sie bestellt war, damit sie besser verstehen, was nun aus ihnen geworden ist. Um ihre einst hoffnungslose Lage zu beschreiben, vergleicht er sie mit der Lage Israels. Es ist wichtig, im Gedächtnis zu behalten, dass es bei diesem Vergleich um die frühere äußere Stellung geht, sowohl des Heiden als auch des Juden. Paulus legt in sieben Punkten die Stellung des Heiden dar. Es sind sozusagen sieben Hammerschläge. Jeder Schlag lässt den Heiden tiefer in sein aussichtsloses Elend versinken.

Der erste Schlag: Sie waren „die Nationen im Fleisch“. Der Ausdruck „im Fleisch“ zeigt, dass ihr gesamtes Leben von der Erfüllung der Begierden des Fleisches beherrscht war. In Römer 7 steht es so: „Denn als wir im Fleisch waren, wirkten die Leidenschaften der Sünden ... in unseren Gliedern, um dem Tod Frucht zu bringen“ (Röm 7:5). Gott hatte Israel sein Gesetz gegeben, damit es im Gehorsam diesem Gesetz gegenüber das Leben in Gemeinschaft mit Gott genießen könnte.

Der zweite Schlag: Der Jude schaute mit Verachtung auf den Heiden herab und beschimpfte ihn als „unbeschnitten“ (1Sam 14:6; 1Sam 17:26; 36). Wie bemerkt, geht es um einen Vergleich der äußeren Stellung. Deshalb heißt Israel hier die „so genannte Beschneidung“. Es geht lediglich um die äußere Form, unterstrichen durch die Zufügung, „die im Fleisch mit Händen geschieht“.

Eph 2:12. Der dritte Schlag: Die Völker waren früher „ohne Christus“. Christus, d. h. der Messias für Israel, war nicht den Heiden verheißen; Er war lediglich Israel verheißen. Als Er auf die Erde kam, kam Er für die „Kinder“ Israel, nicht für „die Hunde“, die Heiden (vgl. Mk 7:24-30).

Der vierte Schlag: Heiden fielen nicht unter das „Bürgerrecht Israels“. Dadurch waren sie ohne die vielen Vorrechte, die dieses Bürgerrecht enthielt. Man kann dabei an eine Reihe sozialer und religiöser Vorrechte denken, aber auch an die Satzungen und Rechte, die Gott seinem Volk gegeben hatte. Dadurch wurde das ganze Leben so geregelt, dass es optimal gelebt werden konnte, in Gesundheit, Frieden und Sicherheit (5Mo 4:8).

Der fünfte Schlag: Die Heiden hatten als „Fremdlinge“ keinen Anteil an den „Bündnissen der Verheißung“. Gott hatte mit Israel seit Abraham verschiedene Bündnisse geschlossen (1Mo 15:17-21; 3Mo 26:42; Ps 89:4-5). Diese hatten eine gemeinsame Verheißung: das Kommen des Messias. Er würde das erfüllen, was Gott in den Bündnissen zugesagt hatte.

Der sechste Schlag: „keine Hoffnung“. Die Situation wird immer hoffnungsloser. Nach allem Vorhergehenden kannst du doch hoffen, dass einmal eine Änderung zum Guten eintreten wird. Doch auch darauf besteht keinerlei Aussicht. Es gibt keinen einzigen Grund, etwas Gutes von der Zukunft zu erwarten.

Schließlich der siebte und größte Schlag: „ohne Gott in der Welt“. Die Nationen hatten Gott massenhaft den Rücken zugekehrt (Röm 1:20; 21). Deshalb hat Er „in den vergangenen Geschlechtern alle Nationen auf ihren eigenen Wegen gehen“ lassen (Apg 14:16). Sie waren völlig auf sich selbst angewiesen, ohne irgendeine Verbindung mit Gott. Inmitten aller Nationen hatte Gott Israel auserwählt. Mittels dieses Volkes machte Er sich allen anderen Völkern bekannt.

Was ist nun der Zweck dieses Vergleichs? Um das deutlich zu machen, will ich zuerst auf das eingehen, was der Zweck nicht ist. Er dient jedenfalls nicht dazu, zu beweisen, dass die Heiden nun doch teil an den Segnungen Israels bekommen haben. Ein großes Missverständnis in der Auslegung dieser Verse ist nämlich, der Heide sei nahe gebracht, indem er Jude wurde. Das kann nicht die richtige Auslegung sein, denn auch im Alten Testament bestand die Möglichkeit, ein Judengenosse, ein so genannter Proselyt zu werden. Außerdem hielt Gott auch im Alten Testament Segnungen für die Heiden bereit. Allerdings müssen wir dabei Folgendes bedenken: Zuerst einmal wurden die im Alten Testament genannten Segnungen für die Nationen diesen Nationen nicht gegeben, sondern Abraham, Isaak und Jakob und später Israel und den Propheten. Zweitens sehen wir, dass die Nationen Segnungen nur mittels Israels empfangen können. Wenn Israel in Zukunft wieder das Volk Gottes sein wird, werden die Nationen ebenfalls von der Wiederherstellung Israels profitieren. Das wird geschehen, wenn der Herr Jesus das Friedensreich errichtet hat. Was wird uns denn nun in Epheser 2 deutlich gemacht? Dass es Segen für die Nationen außerhalb von Israel gibt!

Eph 2:13. Dieser Vers, mit dem wir uns jetzt beschäftigen, erklärt das näher. Die Heiden waren in doppelter Hinsicht weit von Gott entfernt. In erster Linie dadurch, dass sie außerhalb Israels standen. Was das bedeutet, hast du soeben gesehen. Doch sie waren auch in geistlicher Hinsicht weit von Gott entfernt. Doch auch die Juden waren in geistlicher Hinsicht weit von Gott entfernt. Und da beide geistlich weit von Gott entfernt waren, mussten beide, Juden und Heiden, nahe zu Gott gebracht werden, und zwar durch das Blut Christi. Der Heide wird kein Jude, und noch weniger wird der Jude ein Heide. Beide werden in eine völlig neue Stellung gebracht: „in Christus Jesus“. Dabei ist nicht mehr die Rede von „Nationen im Fleisch“ und auch nicht von „Israel nach dem Fleisch“. Zusammen bilden sie eine neue Einheit, von der gesagt wird, dass Er aus „beiden eins gemacht“ hat (Eph 2:14), dass sie „zu einem neuen Menschen“ geschaffen sind (Eph 2:15) und dass sie „beide in einem Leib“ mit Gott versöhnt sind (Eph 2:16).

Juden und Heiden werden aus ihrer natürlichen Umgebung herausgeholt und in eine völlig neue Einheit gestellt: die Gemeinde. Für den Heiden (und auch für den Juden) ist das eine gewaltige Veränderung. Früher waren sie in doppelter Hinsicht weit weg. Nun sind sie „durch das Blut des Christus“ so nahe zu Gott, sogar an sein Herz gebracht. „Das Blut des Christus“ lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das Opfer Christi. Durch sein Blut sind wir mit Gott versöhnt. Dadurch hat Gott alles weggetan, was Ihm im Weg stand, um uns in seine Gegenwart zu lassen und uns mit allen geistlichen Segnungen zu segnen. Über den Wert des Blutes Christi können wir niemals genug nachdenken.

Lies noch einmal Epheser 2,11–13.

Wie kommt es, dass der Unterschied bezüglich der Stellung zwischen dem Juden und dem Heiden nun aufgehoben ist?

Er ist unser Friede

Im vorigen Vers hast du gesehen, dass wir „nahe geworden“ sind, und zwar „in Christus“ und auf der Grundlage seines Blutes. Dadurch ist es möglich, dass wir in die Gegenwart Gottes kommen können. Wenn das jedoch alles wäre, könnte dies bedeuten, dass die Gemeinde nicht mehr wäre als die Verbesserung des Judentums. Für den Juden war der Zugang zu Gott verschlossen, für die Gemeinde ist er offen. So groß dieses Vorrecht auch ist, so ist damit doch noch nicht alles gesagt, was die Gemeinde über Israel hinaus hat. Die Gemeinde besteht nicht aus einer willkürlichen Anzahl von Christen, die nun das Vorrecht haben, in der Gegenwart Gottes zu sein. Dieses Vorrecht beinhaltet nämlich nicht notwendigerweise, dass der Unterschied zwischen Juden und Heiden weggetan ist. Und eins der einzigartigen Kennzeichen der Gemeinde ist ja gerade, dass dieser Unterschied verschwunden ist. Das ist es, was diese Verse deutlich machen sollen.

Eph 2:14. Der Wegfall dieses Unterschiedes ist eine des Todes Christi am Kreuz. „Er ist unser Friede“, der Nachdruck liegt auf „Er“, auf seiner Person. Er hat Frieden zwischen Gott und dem Menschen bewirkt und – und darauf scheint hier der Nachdruck zu liegen – zwischen dem Juden und dem Heiden. Das ist etwas vollständig Neues. Im Alten Testament war die Trennung zwischen dem Juden und dem Heiden von Gott selbst eingeführt worden. Dort hatte Er das Gesetz als „die Zwischenwand der Umzäunung“ gegeben. Das Gesetz war eine Art Zaun. Innerhalb dieses Zaunes stand Gott in Beziehung mit seinem Volk Israel, einer Beziehung, die durch eine Menge Gebote und Satzungen geregelt war. Dieser Zaun fungierte zugleich als eine Trennungslinie zwischen Israel und den um sie herum wohnenden Völkern, die dieses Gesetz nicht hatten.

Mit dem Hinweis auf diese formelle Scheidung zwischen dem Juden und dem Heiden ist noch nicht alles gesagt. Dabei wäre es grundsätzlich möglich gewesen, dass sie sozusagen über den Zaun hinüber freundliche Kontakte miteinander unterhielten. Doch das ist nicht der Fall. Es gab außer einem Unterschied bezüglich der Stellung auch Feindschaft. Diese Feindschaft war ebenfalls die Folge des Gesetzes „der Gebote in Satzungen“. Der Heide stand außerhalb dessen, worauf der Jude stolz war (Röm 2:23). Die Heiden wollten mit Gott nichts zu tun haben. Sie hatten ihre eigenen Götter und unterwarfen sich den Regeln, die sie selbst festlegten. Im Alten Testament wurde der Jude aufgefordert, die Götzendiener keinesfalls zu tolerieren.

Diese Situation – die sowohl Bezug auf die Stellung beider hat als auch auf die feindliche Gesinnung, die sie gegeneinander hegten – hat sich radikal geändert. Zuerst wurde das Gesetz als Zwischenwand „abgebrochen“ oder aufgelöst, seiner Kraft beraubt.

Eph 2:15. Zugleich ist das Gesetz als Ausdruck des Willens Gottes „weggetan“ oder wirkungslos gemacht. Sowohl das Abbrechen als auch das Wegtun ist durch das geschehen, was Christus „in seinem Fleisch“ tat. Der Ausdruck „in seinem Fleisch“ bezieht sich auf seinen Leib, den Er am Kreuz in den Tod gab. Das Gesetz hat für jeden, der nahe gebracht ist, völlig ausgedient, und zwar nicht nur für den Heiden, sondern auch für den Juden. Auch der Gläubige, der ursprünglich Jude war, muss verstehen, dass für ihn das Gesetz ausgedient hat. Dasselbe Gesetz, das den Heiden von Gott trennte, hielt auch den Juden auf Abstand von Gott. Er hatte ja das Gesetz gebrochen! Das brachte ihn unter den Fluch. Sollte für den Juden Frieden kommen, so musste auch für ihn das Gesetz weggetan werden.

Doch auch das Abbrechen der Zwischenwand zwischen dem Juden und dem Heiden ist nicht das, was die Gemeinde zu etwas derart Besonderem macht. Das war zwar nötig, reichte jedoch nicht aus. Das wichtigste Kennzeichen der Gemeinde besteht nicht darin, dass es nun einen freien Verkehr zwischen dem Juden und dem Heiden gibt. Dann wäre der Zaun wieder errichtet, wenn auch ein Stück weiter, wodurch nun auch die Heiden innerhalb des Zaunes säßen. Der Unterschied zwischen dem Juden und dem Heiden wäre dann dadurch aufgehoben, dass der Heide auf das Niveau des Juden gebracht worden wäre. Es wäre völlig undenkbar, den Juden nach dem Wegfall der Mauer auf das Niveau des Heiden hinuntersteigen zu lassen. Doch keine dieser Möglichkeiten beschreibt die Weise, wie Gott die Gemeinde gebildet hat. Nach dem Abbruch (negativ) kommt etwas Neues (positiv) in Sicht, und zwar „ein neuer Mensch“ und „ein Leib“. Zu diesem Neuen sind Jude und Heide zusammengebracht.

Zuerst etwas über den neuen Menschen. Christus ist auf die innigste Weise mit dem neuen Menschen verbunden. Er hat ihn „in sich selbst“ geschaffen. Das Wort „schaffen“ gibt an, dass es um etwas geht, das niemals bestanden hat, aber das durch Christus zustande gebracht worden ist. Er tat das nicht, wie bei der ersten Schöpfung in 1. Mose 1, als Er ein Machtwort sprach: „Es werde Friede.“ Nein, durch sein Werk auf dem Kreuz hat Er „Frieden gestiftet“ zwischen dem Juden und dem Heiden. Jude und Heide als ein neuer Mensch führt ein neues Wesen mit völlig neuen Kennzeichen oder Charakterzügen ein. Kurz gesagt, ist dies der neue Mensch: Christus, wie Er in allen Gläubigen wohnt und sichtbar wird. Den neuen Menschen zu zeigen, ist nur zusammen mit allen Gläubigen möglich, denn jeder einzelne zeigt wieder einen anderen Aspekt. Für jeden einzelnen Gläubigen gilt, dass er in Christus und dadurch eine neue Schöpfung ist (2Kor 5:17).

Eph 2:16. So erhaben es auch ist, was wir in dem neuen Menschen sehen, so ist doch damit auch noch nicht alles über die Nähe gesagt, in die die Gemeinde zu Gott gebracht ist. Auf die Einheit im Wesen, die in dem neuen Menschen zu sehen ist, folgt noch die größtmögliche Einheit, die es gibt: ein Leib. Ein Leib ist nicht eine Anzahl Menschen, die gemeinsam den neuen Menschen bilden, sondern sie alle zeigen einen unterschiedlichen Aspekt des neuen Menschen. Ein Leib geht noch einen Schritt weiter. Das bedeutet, dass diese Menschen zusammen eine unverbrüchliche Einheit bilden. Sie sind miteinander verbunden, wie die Glieder eines Leibes miteinander verbunden sind. Auch das ist etwas völlig Neues. Im Bild des einen Leibes kommt aufs deutlichste zum Ausdruck, wie vollkommen neu die Stellung sowohl für den Juden als auch für den Heiden ist. Die alte Stellung ist endgültig vorbei.

Ein anderes Bild kann dies noch verdeutlichen. In Johannes 10 spricht der Herr Jesus über Schafe, die Er aus dem Hof nach draußen bringt (Joh 10:3; 4). Das sind die jüdischen Schafe, Gläubige aus den Juden. Es geht Ihm auch um „andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind“ (Joh 10:16a). Das sind die Gläubigen aus den Heiden. Dann fährt Er fort: „... auch diese muss ich bringen, ... und es [Schafe aus Juden und Heiden] wird eine Herde, ein Hirte sein“. Die Heiden werden nicht in den Hof der Juden gebracht. Juden und Heiden werden auch nicht in einen neuen Hof gebracht, sozusagen in ein neues System mit neuen Regeln. Nein, sie bilden zusammen eine neue Herde, unter einem Hirten. Jude und Heide können zusammen in einem Leib als mit Gott versöhnt in seiner Nähe sein.

Auch das ist die Folge des Werkes des Herrn Jesus am Kreuz. Wenn eine Situation der Harmonie zwischen Gott und „diesen beiden“ entstehen sollte, so konnte das nur dadurch geschehen, dass Versöhnung geschah. Versöhnung ist dort nötig, wo Feindschaft herrscht. Auf dem Kreuz wurde Christus „zur Sünde gemacht“ (2Kor 5:20; 21). Dort hat Gott in Christus alles gerichtet und weggetan, was vor Ihm nicht bestehen konnte, damit Er uns in seine Nähe bringen könnte. Zugleich bedeutet das Kreuz das Ende des alten Streites, der zwischen dem Juden und dem Heiden bestand: Dadurch ist „die Feindschaft getötet“. So bewirkt das Kreuz Versöhnung zwischen Gott und Menschen und zwischen Menschen gegenseitig.

Lies noch einmal Epheser 2,14–16.

Was hat Gott in Christus getan, um uns nahe zu bringen?

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