Ephesians 2:16

Er ist unser Friede

Im vorigen Vers hast du gesehen, dass wir „nahe geworden“ sind, und zwar „in Christus“ und auf der Grundlage seines Blutes. Dadurch ist es möglich, dass wir in die Gegenwart Gottes kommen können. Wenn das jedoch alles wäre, könnte dies bedeuten, dass die Gemeinde nicht mehr wäre als die Verbesserung des Judentums. Für den Juden war der Zugang zu Gott verschlossen, für die Gemeinde ist er offen. So groß dieses Vorrecht auch ist, so ist damit doch noch nicht alles gesagt, was die Gemeinde über Israel hinaus hat. Die Gemeinde besteht nicht aus einer willkürlichen Anzahl von Christen, die nun das Vorrecht haben, in der Gegenwart Gottes zu sein. Dieses Vorrecht beinhaltet nämlich nicht notwendigerweise, dass der Unterschied zwischen Juden und Heiden weggetan ist. Und eins der einzigartigen Kennzeichen der Gemeinde ist ja gerade, dass dieser Unterschied verschwunden ist. Das ist es, was diese Verse deutlich machen sollen.

Eph 2:14. Der Wegfall dieses Unterschiedes ist eine des Todes Christi am Kreuz. „Er ist unser Friede“, der Nachdruck liegt auf „Er“, auf seiner Person. Er hat Frieden zwischen Gott und dem Menschen bewirkt und – und darauf scheint hier der Nachdruck zu liegen – zwischen dem Juden und dem Heiden. Das ist etwas vollständig Neues. Im Alten Testament war die Trennung zwischen dem Juden und dem Heiden von Gott selbst eingeführt worden. Dort hatte Er das Gesetz als „die Zwischenwand der Umzäunung“ gegeben. Das Gesetz war eine Art Zaun. Innerhalb dieses Zaunes stand Gott in Beziehung mit seinem Volk Israel, einer Beziehung, die durch eine Menge Gebote und Satzungen geregelt war. Dieser Zaun fungierte zugleich als eine Trennungslinie zwischen Israel und den um sie herum wohnenden Völkern, die dieses Gesetz nicht hatten.

Mit dem Hinweis auf diese formelle Scheidung zwischen dem Juden und dem Heiden ist noch nicht alles gesagt. Dabei wäre es grundsätzlich möglich gewesen, dass sie sozusagen über den Zaun hinüber freundliche Kontakte miteinander unterhielten. Doch das ist nicht der Fall. Es gab außer einem Unterschied bezüglich der Stellung auch Feindschaft. Diese Feindschaft war ebenfalls die Folge des Gesetzes „der Gebote in Satzungen“. Der Heide stand außerhalb dessen, worauf der Jude stolz war (Röm 2:23). Die Heiden wollten mit Gott nichts zu tun haben. Sie hatten ihre eigenen Götter und unterwarfen sich den Regeln, die sie selbst festlegten. Im Alten Testament wurde der Jude aufgefordert, die Götzendiener keinesfalls zu tolerieren.

Diese Situation – die sowohl Bezug auf die Stellung beider hat als auch auf die feindliche Gesinnung, die sie gegeneinander hegten – hat sich radikal geändert. Zuerst wurde das Gesetz als Zwischenwand „abgebrochen“ oder aufgelöst, seiner Kraft beraubt.

Eph 2:15. Zugleich ist das Gesetz als Ausdruck des Willens Gottes „weggetan“ oder wirkungslos gemacht. Sowohl das Abbrechen als auch das Wegtun ist durch das geschehen, was Christus „in seinem Fleisch“ tat. Der Ausdruck „in seinem Fleisch“ bezieht sich auf seinen Leib, den Er am Kreuz in den Tod gab. Das Gesetz hat für jeden, der nahe gebracht ist, völlig ausgedient, und zwar nicht nur für den Heiden, sondern auch für den Juden. Auch der Gläubige, der ursprünglich Jude war, muss verstehen, dass für ihn das Gesetz ausgedient hat. Dasselbe Gesetz, das den Heiden von Gott trennte, hielt auch den Juden auf Abstand von Gott. Er hatte ja das Gesetz gebrochen! Das brachte ihn unter den Fluch. Sollte für den Juden Frieden kommen, so musste auch für ihn das Gesetz weggetan werden.

Doch auch das Abbrechen der Zwischenwand zwischen dem Juden und dem Heiden ist nicht das, was die Gemeinde zu etwas derart Besonderem macht. Das war zwar nötig, reichte jedoch nicht aus. Das wichtigste Kennzeichen der Gemeinde besteht nicht darin, dass es nun einen freien Verkehr zwischen dem Juden und dem Heiden gibt. Dann wäre der Zaun wieder errichtet, wenn auch ein Stück weiter, wodurch nun auch die Heiden innerhalb des Zaunes säßen. Der Unterschied zwischen dem Juden und dem Heiden wäre dann dadurch aufgehoben, dass der Heide auf das Niveau des Juden gebracht worden wäre. Es wäre völlig undenkbar, den Juden nach dem Wegfall der Mauer auf das Niveau des Heiden hinuntersteigen zu lassen. Doch keine dieser Möglichkeiten beschreibt die Weise, wie Gott die Gemeinde gebildet hat. Nach dem Abbruch (negativ) kommt etwas Neues (positiv) in Sicht, und zwar „ein neuer Mensch“ und „ein Leib“. Zu diesem Neuen sind Jude und Heide zusammengebracht.

Zuerst etwas über den neuen Menschen. Christus ist auf die innigste Weise mit dem neuen Menschen verbunden. Er hat ihn „in sich selbst“ geschaffen. Das Wort „schaffen“ gibt an, dass es um etwas geht, das niemals bestanden hat, aber das durch Christus zustande gebracht worden ist. Er tat das nicht, wie bei der ersten Schöpfung in 1. Mose 1, als Er ein Machtwort sprach: „Es werde Friede.“ Nein, durch sein Werk auf dem Kreuz hat Er „Frieden gestiftet“ zwischen dem Juden und dem Heiden. Jude und Heide als ein neuer Mensch führt ein neues Wesen mit völlig neuen Kennzeichen oder Charakterzügen ein. Kurz gesagt, ist dies der neue Mensch: Christus, wie Er in allen Gläubigen wohnt und sichtbar wird. Den neuen Menschen zu zeigen, ist nur zusammen mit allen Gläubigen möglich, denn jeder einzelne zeigt wieder einen anderen Aspekt. Für jeden einzelnen Gläubigen gilt, dass er in Christus und dadurch eine neue Schöpfung ist (2Kor 5:17).

Eph 2:16. So erhaben es auch ist, was wir in dem neuen Menschen sehen, so ist doch damit auch noch nicht alles über die Nähe gesagt, in die die Gemeinde zu Gott gebracht ist. Auf die Einheit im Wesen, die in dem neuen Menschen zu sehen ist, folgt noch die größtmögliche Einheit, die es gibt: ein Leib. Ein Leib ist nicht eine Anzahl Menschen, die gemeinsam den neuen Menschen bilden, sondern sie alle zeigen einen unterschiedlichen Aspekt des neuen Menschen. Ein Leib geht noch einen Schritt weiter. Das bedeutet, dass diese Menschen zusammen eine unverbrüchliche Einheit bilden. Sie sind miteinander verbunden, wie die Glieder eines Leibes miteinander verbunden sind. Auch das ist etwas völlig Neues. Im Bild des einen Leibes kommt aufs deutlichste zum Ausdruck, wie vollkommen neu die Stellung sowohl für den Juden als auch für den Heiden ist. Die alte Stellung ist endgültig vorbei.

Ein anderes Bild kann dies noch verdeutlichen. In Johannes 10 spricht der Herr Jesus über Schafe, die Er aus dem Hof nach draußen bringt (Joh 10:3; 4). Das sind die jüdischen Schafe, Gläubige aus den Juden. Es geht Ihm auch um „andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind“ (Joh 10:16a). Das sind die Gläubigen aus den Heiden. Dann fährt Er fort: „... auch diese muss ich bringen, ... und es [Schafe aus Juden und Heiden] wird eine Herde, ein Hirte sein“. Die Heiden werden nicht in den Hof der Juden gebracht. Juden und Heiden werden auch nicht in einen neuen Hof gebracht, sozusagen in ein neues System mit neuen Regeln. Nein, sie bilden zusammen eine neue Herde, unter einem Hirten. Jude und Heide können zusammen in einem Leib als mit Gott versöhnt in seiner Nähe sein.

Auch das ist die Folge des Werkes des Herrn Jesus am Kreuz. Wenn eine Situation der Harmonie zwischen Gott und „diesen beiden“ entstehen sollte, so konnte das nur dadurch geschehen, dass Versöhnung geschah. Versöhnung ist dort nötig, wo Feindschaft herrscht. Auf dem Kreuz wurde Christus „zur Sünde gemacht“ (2Kor 5:20; 21). Dort hat Gott in Christus alles gerichtet und weggetan, was vor Ihm nicht bestehen konnte, damit Er uns in seine Nähe bringen könnte. Zugleich bedeutet das Kreuz das Ende des alten Streites, der zwischen dem Juden und dem Heiden bestand: Dadurch ist „die Feindschaft getötet“. So bewirkt das Kreuz Versöhnung zwischen Gott und Menschen und zwischen Menschen gegenseitig.

Lies noch einmal Epheser 2,14–16.

Was hat Gott in Christus getan, um uns nahe zu bringen?

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