Galatians 4:21-31

Abermals Geburtswehen

Gal 4:16. Paulus ist dabei, mit einem emotionalen Plädoyer den Galatern klarzumachen, auf was für einem falschen Weg sie sich befanden. Er hatte ihnen die Wahrheit des Evangeliums gebracht, nicht, um sie an sich zu binden, sondern an den Herrn Jesus. Sie hatten sich zum Evangelium bekannt, hatten es in ihr Herz aufgenommen. Wie dankbar sind sie ihm damals gewesen! Doch nun waren andere gekommen. Die hatten ihnen erzählt, dass Paulus sie mit seinem Evangelium hinters Licht geführt hätte. Die anderen wussten bestens über das Gesetz und die Gebote Gottes im Alten Testament Bescheid. Sie sagten, dass Paulus ihnen das verschwiegen hätte. Paulus hätte nicht ihr Bestes im Auge gehabt. Er wäre nicht ihr Freund, sondern ihr Feind. Ja, ja, sagt Paulus, ich sage euch die Wahrheit, durch die ihr errettet worden seid, und dann soll ich euer Feind sein? Was Paulus hier begegnet, wird jeder erfahren, der mit der Wahrheit dienen will. Solange du die Belehrungen des Paulus bringst und damit an die Not anknüpfst, worin jemand sich befindet, wird diese Lehre dankbar als ein Gebot Gottes angenommen werden. Doch wenn jemand diese Lehre unglaubhaft vorkommt, wie z. B. das, was Paulus über das Schweigen der Frau in der Gemeinde lehrt, dann kann er ohne weiteres ein Frauenhasser genannt werden, obwohl es auch dabei um ein Gebot des Herrn geht (1Kor 14:34; 37).

Gal 4:17. Dann weist Paulus die Galater auf die falschen Lehrer hin und auf die Weise, wie sie sich betragen. Sie kommen und bringen ein anderes Evangelium, das Paulus und die Seinen nicht verkündigt haben (Gal 1:8; 9; vgl. 2Kor 11:4). Und darauf hören sie gern. Man lässt sie gewähren, ihre Ansichten von sich zu geben. Und wie eifrig die Leute waren! Doch beachtet gut, sagt Paulus, dass sie eine Trennung zwischen uns bringen. Sie beabsichtigen nur, dass ihr euch für sie einsetzt. Paulus versucht den Galatern zu zeigen, dass dort, wo er ihr geistliches Wohl gesucht hatte, die falschen Lehrer darauf aus waren, sie als Nachfolger für sich selbst zu vereinnahmen. Sie waren wie die Pharisäer, die Stadt und Land bereisten, um Menschen für ihre Überzeugung zu gewinnen. Dann konnten sie sich vieler Nachfolger rühmen. Der Herr Jesus spricht über sie das „Wehe“ aus (Mt 23:15).

Gal 4:18. Nun gibt es sicherlich auch eine gute Art von Eifer. Den hat beispielsweise der Herr Jesus gezeigt. Er eiferte für die Ehre des Hauses Gottes (Joh 2:17). Es scheint so, dass die Galater diesen guten Eifer an den Tag gelegt hatten, als Paulus bei ihnen war. Wie schön wäre es gewesen, wenn sie auch während seiner Abwesenheit damit fortgefahren wären.

Gal 4:19. Aber nein, Paulus fühlte, wie die Galater von der Einfalt gegenüber dem Christus abgewichen waren (2Kor 11:3). Das bereitete ihm erneut den Schmerz und die Mühe, die er erfahren hatte, als er ihnen das Evangelium verkündigt hatte. Im Geist erlebte er noch einmal die Schmerzen, die er durchmachte, als er darum rang, die Seelen der Galater zu gewinnen. Damals ging es darum, sie von der Knechtschaft der Götzen zu befreien, nun, sie vom gesetzlichen und äußeren Gottesdienst der Juden zu befreien. Paulus vergleicht sich hier mit einer Mutter. Wie wichtig sind mütterliche Gefühle, wenn du siehst, dass ein Gläubiger abzuweichen droht. Nur mit solchen Gefühlen ist es möglich, den anderen zu gewinnen. Was für ein zu Herzen gehender Beweis seiner Liebe zu ihnen ist das: Er war noch einmal bereit, die Schmerzen „der Geburt“ zu ertragen. Er will alles tun, um sie zurückzugewinnen und sie zum unvermengten Evangelium zurückzubringen. Er spricht sie an als „meine Kinder“. Wie muss das ihre Herzen berührt haben.

Sein einziges Ziel war, dass Christus in ihnen Gestalt bekam. Durch den Einfluss, den die Gesetzlichkeit bekommen hatte, verschwand das Bild Christi immer mehr bei den Galatern. Alles, was der Mensch aus eigener Kraft tun will, um Gott zu dienen, geht auf Kosten des Bildes Christi in seinem Leben.

Gal 4:20. Ihr Abweichen von der Wahrheit hatte ihm ein Gefühl der Ratlosigkeit gegeben. Wie gern wäre er doch bei ihnen! Wie gern wollte er in einem liebevolleren Ton mit ihnen sprechen (obwohl er seinen Brief gerade deshalb schreibt, weil sein Herz bis zum Rand mit Liebe zu ihnen voll war).

Gal 4:21. Nach diesem emotionalen Plädoyer, mit dem er ihre Herzen zu gewinnen suchte, beginnt er in Gal 4:21 einen erneuten Versuch, sie zur Einsicht zu bringen, dass sie sich mit dem Verkehrten beschäftigten. Nun spricht er ihren Verstand oder ihre Einsicht an. In Gal 4:21 wird zweimal das Wort „Gesetz“ gebraucht. Das erste Mal bedeutet das Wort einen gesetzlichen Grundsatz, etwas, was du dir selbst als Gesetz auferlegst. Du kannst es dir selbst auferlegen, dich an das Gesetz der zehn Gebote zu halten. Das zweite Mal, beim Hören auf das Gesetz, hat „das Gesetz“ eine umfassendere Bedeutung. Hier bezeichnet das Wort die fünf Bücher Mose. Du siehst das an dem Beispiel, das Paulus aus dem Gesetz anführt.

Gal 4:22. Er stellt Abraham vor, dessen Geschichte im ersten Buch Mose geschrieben steht. Paulus erwähnt Abraham, weil die Irrlehrer ihn auch erwähnten, um ihre Forderung, dass die Galater sich beschneiden lassen sollten, zu unterstreichen.

Paulus leitet sein Beispiel mit den Worten ein: „Es steht geschrieben.“ Damit richtet er die Aufmerksamkeit auf die Autorität der Schrift (siehe auch Mt 4:4; 7; 10). Er weist auf Isaak und Ismael und deren Mütter hin, deren Namen er nicht nennt. Es geht nämlich nicht um ihre Namen, sondern um ihre Stellungen, denn diese übertragen die Mütter auf ihre Kinder.

Gal 4:23. Nachdem er die Stellung erläutert hat, weist er auf den Ursprung der beiden Söhne hin. Ismael wurde durch das eigenwillige Handeln Abrahams geboren, doch Isaak empfing er durch eine Verheißung Gottes. Welche geistlichen Belehrungen daraus von den Galatern und auch von uns gezogen werden müssen, kommt in den nächsten Versen zur Sprache.

Lies noch einmal Galater 4,16–23.

Frage oder Aufgabe: Bist du schon einmal um die Entwicklung des Glaubens bei jemand anders besorgt? Wie kannst du dann helfen?

Hinaus mit den falschen Lehrern

Gal 4:24. Was Paulus in den Gal 4:21; 22 gesagt hat, hat eine sinnbildliche Bedeutung; das heißt, dass diese Geschichte eine tiefere Bedeutung hat, als du so auf den ersten Blick denkst. Der Heilige Geist hat, als Er Mose inspirierte, diese Geschichte aufzuschreiben, das eben deswegen getan, weil sie diese tiefe Bedeutung hat (1Kor 10:6; 11; Röm 15:4). Übrigens nimmt die Tatsache, dass in den alttestamentlichen Begebenheiten oft ein tieferer Sinn steckt, nichts von der historischen Richtigkeit der Geschichte selbst weg. Was ist nun die tiefere Bedeutung dessen, was Paulus hier anführt? Die beiden Söhne Abrahams „sind zwei Bündnisse“, d. h. sie stellen zwei Bündnisse dar. Dasselbe siehst du, als der Herr Jesus das Abendmahl einsetzte und von dem Brot sagte: Dies ist mein Leib (Mt 26:26). Das bedeutet dort auch: „Dies stellt meinen Leib dar“.

Gal 4:25. Der eine Bund, der erste, ist der Bund, der am Sinai geschlossen wurde. Daran erinnert Hagar. Hagar war die Sklavin Abrahams. Von ihr wurde Ismael geboren. Weil sie eine Sklavin war, war Ismael automatisch auch ein Sklave. Kinder bekommen die Stellung der Mutter. Am Sinai wurde das Gesetz gegeben. Da-durch ist das Volk Israel in Knechtschaft gekommen. Wer sich unter das Gesetz stellt, begibt sich in die Stellung eines Knechtes. Das „jetzige [oder irdische] Jerusalem“ ist das Zentrum des Gesetzes und dadurch „mit ihren Kindern“ – das sind die, die sich unter das Gesetz stellen – „in Knechtschaft“. Wenn sich die Galater daher – oder so viele Christen heute – mit dem Gesetz einlassen, bedeutet das, dass sie Hagar als Mutter akzeptieren und sich an den Bund vom Sinai halten wollen und sich zu Einwohnern des irdischen Jerusalem erklären. Vom Berg Sinai heißt es kennzeichnenderweise noch, dass er in Arabien liegt. Das stellt noch einmal ausdrücklich fest, dass der, der sich damit verbindet, sich mit einem Platz verbindet, der außerhalb des Landes des Segens liegt, also außerhalb Kanaans. Wer sich mit dem Gesetz verbindet, ist aller Segnungen in Christus beraubt (Gal 5:4).

Gal 4:26. Nach dieser Positionsbestimmung für jeden, der dem Gesetz wieder einen Platz im Leben des Christen geben will, geht Paulus über zur echten „Mutter“ der Christen, dem freien, himmlischen Jerusalem. Das ist der Ort, von wo aus Gott seine Verheißungen in Gnade gegeben hat und wo der Christ sich zu Hause weiß. Das ist seine „Mutterstadt“. Da bekommt er seine Erziehung, und dort wird sein christlicher Charakter gebildet. Es schließt an das an, was im Brief an die Philipper steht: „Unser Bürgertum ist in den Himmeln“ (Phil 3:20). Die große Frage – auch in der Christenheit heutzutage – ist: Von welcher Mutter wirst du auferzogen, was ist deine Mutterstadt?

Gal 4:27. Paulus führt den ersten Vers aus Jesaja 54 an, um zu zeigen, was es bedeutet, dem „Jerusalem droben“ anzugehören (Jes 54:1). Dieser Vers ist ursprünglich als Trost für Israel nach einer Zeit unter fremder Herrschaft gedacht. Er besingt die Freude zu Beginn des Friedensreiches, wenn Gott sein Volk, d. h. den Überrest, der sich in Reue über seine Sünden zu Gott bekehrt hat, in seiner Gunst wieder angenommen hat. Dann sind sie frei, alles zu genießen, was Gott ihnen zugedacht hat. Die Bedeutung dieses Ereignisses und die Zeit, in der es stattfinden wird, wendet Paulus auf diese Zeit an und auf das, was jetzt mit den Christen geschehen ist. Wo überhaupt kein Heil durch eigene Anstrengung zu erwarten war und nur Unfruchtbarkeit gefunden wurde, dort hat Gott in Gnaden ein Wunder vollbracht und Menschen zur Bekehrung geführt. Ebenso wie Isaak waren die Galater – und sind alle Christen – auf übernatürliche Weise geboren. Für den Christen gilt, dass er „nicht ... aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren“ ist (Joh 1:13).

Das Wunderbare an diesem aus Jesaja zitierten Vers ist auch noch, dass alle Christen dem Jerusalem zugerechnet werden, das bald das Zentrum des Friedensreiches sein wird. Jerusalem ist jetzt nicht mit Gott in Verbindung. Es ist eine wegen ihrer Untreue verstoßene Frau (Jes 54:6; vgl. Hos 1:2-9). Wie bereits gesagt, wird diese Situation ein Ende haben. Jerusalem wird dann auf eine Zeit zurückblicken, wo sie keine Frucht für Gott brachte. Doch dann wird sie sehen, dass in dieser fruchtlosen Zeit Gott selbst eine zahlreiche Nachkommenschaft erweckt hat, die Er ihr zurechnet. Die Gnade hat in dieser Zeit aus Jerusalem das gemacht, was Gott immer vor Augen hatte: eine Stadt, durch die Er in Freiheit allen Menschen Segen zukommen lassen kann. Es ist dieselbe Gnade, durch die Er in dieser Zeit so viele vom Joch der Sünde erlöst und in die Freiheit gestellt hat.

Gal 4:28. In diesem Vers geht Paulus davon aus, dass die Galater nur äußerlich zur falschen Seite übergegangen waren und die falschen Lehren innerlich noch nicht angenommen hatten. Er spricht sie in der Überzeugung an, dass sie in ihrem Herzen echte Kinder Gottes waren.

Gal 4:29. Dazu gehört ein Leben allein aus der Gnade. Danach auch konsequent zu leben, bedeutet Verfolgung seitens der Menschen, die Gott in eigener Kraft dienen wollen. Verfolgung ist unvermeidlich, weil ein Leben aus Glauben eine einzige große Anklage für jede Form der Religion ist, die die eigene Leistung in den Vordergrund stellt.

Gal 4:30. Doch den Segen Gottes erlangt man nicht durch ein Art Zusammenwirken von Gesetz und Gnade. Alles, was mit dem Gesetz zu tun hat, muss aus dem Leben und Denken eines Christen verschwinden. Diesem Aufruf hat ein großer Teil der Christenheit kein Gehör geschenkt. Viele sind in den Händen der „falschen Mutter“, wodurch sie ständig im Zweifel über ihr Verhältnis zu Gott sind. Und wie sichtbar ist der Einfluss des Judaismus in der Christenheit: Überall siehst du geweihte Gebäude, und es wird auch ein geistlicher Stand aufrechterhalten.

Gal 4:31. Das passt durchaus zu „Kindern einer Sklavin“, aber nicht zu Kindern „der Freien“. Und das sind wir!

Lies noch einmal Galater 4,24–31.

Frage oder Aufgabe: Von welcher „Mutter“ wirst du auferzogen?

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