Hebrews 10:26

Ins Heiligtum eintreten

Heb 10:22. Der Weg ins Heiligtum ist offen. Die Freimütigkeit, dort hineinzugehen, ist gegeben. Nun ermutigt der Schreiber dich, auch tatsächlich hinzuzutreten. Du hast aufgrund deiner christlichen Stellung Zugang ins Heiligtum. Mach daher von diesem Vorrecht auch wirklich Gebrauch. Damit du dich daran wirklich erfreuen kannst, weist der Schreiber dich noch auf ein paar Bedingungen hin, die mit dem Zutritt zu Gott im Heiligtum verbunden sind. Das tut er nicht, um dir doch noch die Freimütigkeit zu nehmen. Es geht eben nicht nur darum, dass du kommst, sondern auch wie du kommst.

Du wirst wohl zustimmen, dass man Gott im Allerheiligsten nicht in gleichgültiger Haltung nahen kann, ohne zu berücksichtigen, wer es ist, dem man naht. Zuerst einmal muss eine aufrichtige Gesinnung vorhanden sind, sowohl im Blick auf Gott als auch im Blick auf die Menschen. Um Gott auf eine Ihm wohlgefällige Weise zu nahen, musst du deine christliche Stellung kennen, sie im Herzen schätzen und dich daran erfreuen. Anders ausgedrückt: Du sollst dich über das freuen, was du in Christus geworden bist, und Ihm und Gott dafür dankbar sein. Du sollst „in voller Gewissheit des Glaubens“ kommen. Wenn du noch den geringsten Zweifel hast, ob dein Verhältnis zu Gott wohl in Ordnung ist, ist das für das Hinzutreten fatal.

Um Gott wirklich zu nahen, ist volle Gewissheit, völliges Vertrauen und Glaube notwendig. Volle Gewissheit des Glaubens ruht vollkommen in der Liebe Gottes. Bei dem Ausdruck „die Herzen besprengt und so gereinigt vom bösen Gewissen“ spielt der Schreiber auf die Einweihung der Priester an (2Mo 29:20; 3Mo 8:23.). Bei der Priesterweihe wurde vom Blut des Einweihungsopfers etwas auf das rechte Ohrläppchen, den rechten Daumen und die rechte große Zehe gestrichen. Dieses Bild zeigt, dass das Gehör (Ohr), das Handeln (Hand) und der Wandel (Fuß) gereinigt sein müssen, damit man vor Gott den Priesterdienst ausüben kann. Der Schreiber fasst hier Ohr, Hand und Fuß gleichsam im Herzen zusammen, weil das Herz das Zentrum des Menschen ist. Was du tust und wohin du gehst, kommt aus deinem Herzen hervor (Spr 4:23). Darum darf dein Herz nicht von einem bösen Gewissen geplagt sein, denn das zieht dich von Gott ab.

Durch das Besprengen mit dem Blut (Heb 12:24; 1Pet 1:2) ist dein Herz gereinigt und dein Gewissen vollkommen. Aber du musst immer wieder prüfen, ob das auch in der Praxis so ist. Und nicht nur das Herz ist gereinigt, sondern auch der Leib. Nicht nur dein Inneres muss mit Gott in Übereinstimmung sein, sondern auch deine äußere Beziehung zu Gott. Deshalb ist es nötig, dafür zu sorgen, dass das ständig so bleibt. Weil du ja durch die Welt gehst und dich dort aufhältst, wirst du immer wieder verunreinigt. Darum musst du täglich „mit Wasser durch das Wort“ gereinigt werden (Eph 5:26). Indem du in der Bibel liest, wirst du wieder rein.

Heb 10:23. Die eben besprochenen Bedingungen haben mit deinem Nahen zu Gott zu tun. Aber du hast es auch mit der Welt zu tun, in der du lebst. Der Welt gegenüber ist es wichtig, dass du „das Bekenntnis der Hoffnung unbeweglich“ festhältst. Die Kraft dazu bekommst du im Heiligtum. Dort siehst du, dass Gott alle seine Verheißungen erfüllen wird, während du augenblicklich in der Welt noch gar nichts davon siehst. Aber im Heiligtum siehst du Christus, in dem alles, was Gott verheißen hat, „Ja und Amen“ ist (2Kor 1:20). Darum bewirkt das Eintreten ins Heiligtum eine große Ermutigung für dein Zeugnis in der Welt.

Um zu verhindern, dass du wankend wirst, gibt es kein besseres Mittel, als dich an die Treue Gottes zu erinnern: „Treu ist er, der die Verheißung gegeben hat.“ Deine Hoffnung gründet sich nicht auf dich selbst, sondern auf die Treue Gottes. Das gibt noch einmal Festigkeit!

Heb 10:24. Es gibt noch einen weiteren Gesichtspunkt: Es geht nicht nur um dein eigenes Vertrauen auf Gott, du bist auch aufgerufen, auf andere zu achten, und andere werden aufgerufen, auf dich zu achten. Einander zu ermutigen, ist sehr wichtig. Um deine Geschwister schätzen und ermutigen zu können, musst du sie im Heiligtum sehen, in dem wahren Licht Christi. Das wird deinen Umgang mit ihnen bestimmen.

Ab und zu ein freundliches Wort ist wohl gut, aber nicht ausreichend. Da steht „zur Anreizung“. Darin klingen Einsatz und Anstrengung mit. Echte christliche Gemeinschaft im Heiligtum hat zur Folge, dass wir einander anreizen, Liebe füreinander zu empfinden und gute Werke zu tun, durch die der andere die Liebe auch tatsächlich erfährt (1Joh 3:18). Wir müssen uns gegenseitig zur Liebe ermutigen, denn Liebe ist die rechte christliche Gesinnung, und gute Werke sind ihre Früchte.

Heb 10:25. Neben den persönlichen Kontakten – wobei du auf den anderen achtgibst und der andere auf dich – gibt es auch die Zusammenkünfte der Gemeinde. Dort ist Christus in der Mitte, um den Lobgesang anzustimmen. Der Schreiber ruft dazu auf, im Besuchen der Zusammenkünfte nicht säumig zu sein. Dort wird öffentlich und gemeinsam der Glaube bekannt. Wenn du das Zusammenkommen versäumst, kannst du zwar so tun, als würdest du das Bekenntnis persönlich festhalten, aber du vermeidest es, dich mit dem Volk Gottes öffentlich einszumachen in den Schwierigkeiten, die mit dem Bekennen des Glaubens vor der Welt verbunden sind.

Der Schreiber nennt noch einen zusätzlichen Beweggrund dafür, die Zusammenkünfte der Gemeinde nicht zu versäumen: Der Tag – das ist der Tag des Gerichts – kommt näher. Wird das Zusammenkommen versäumt, so ist das ein deutliches Zeichen, dass die Zuneigung zueinander abnimmt. Oft läuft das Versäumen darauf hinaus, dass man in die Welt oder zu einem weltlichen Gottesdienst zurückkehrt. Der Gedanke an den Tag des Gerichts muss auf dein Gewissen einwirken. Dieser Gedanke muss verhindern, dass Christen zur Welt zurückkehren, und bewirken, dass sie vor menschlichen Einflüssen oder der Menschenfurcht bewahrt werden.

Das Zusammenkommen als Gemeinde ist ganz besonders der Platz, wo wir erleben, wie wir einander unterstützen. Der Nachdruck liegt hier nicht auf dem, was wir in der Zusammenkunft empfangen, sondern auf dem, was wir dazu beitragen können. Die Leser werden an die Zusammenkünfte in der Anfangszeit der Gemeinde erinnert, worin sie früher verharrt hatten (Apg 2:42), nun aber in der Gefahr waren, nachlässig zu werden. Bei einigen war es zur Gewohnheit geworden, die Zusammenkünfte nicht mehr zu besuchen, ohne einen triftigen Grund dafür zu haben.

Heb 10:26. Wenn das bewusst geschieht, aus Angst vor Schmach und Spott, bedeutet das, mit Willen zu sündigen. Das „Denn“ zu Beginn von Heb 10:26 zeigt die Verbindung zu den beiden vorausgehenden Kapiteln 9–10 und zu dem vorhergehenden Vers. Das unterstreicht die Bedeutung des Zusammenkommens. Wenn ein Christ die Zusammenkünfte versäumt, ist das nicht nur ein unwürdiges Verhalten, es ist auch gefährlich. Es bedeutet, eins der bedeutendsten Mittel der Auferbauung und des Trostes abzulehnen, wenn nicht gar zu verachten. Zugleich ist es Gleichgültigkeit gegenüber der Gemeinschaft der Heiligen.

Rückgang und schließlich Abfall beginnen oft mit dem Aufgeben des christlichen Zusammenkommens. Wer die Zusammenkunft der Gemeinde versäumt, ist nicht wirklich vom Herrn Jesus beeindruckt, der dort in der Mitte ist (Mt 18:20). Wenn du dazu bedenkst, dass Er auch gern in der Mitte seiner Erlösten ist, wirst du nicht ohne triftigen Grund eine Zusammenkunft versäumen. Wo Er zugegen ist, da schenkt Er immer neu seinen Segen und Wachstum.

Wenn jemand bekannt hatte, den Wert des einen Opfers zu kennen, und dieses Bekenntnis anschließend preisgab, gab es kein anderes Schlachtopfer mehr, zu dem er seine Zuflucht hätte nehmen können. „Mit Willen“ bedeutet freiwillig, eigenwillig und bewusst. Das steht im Gegensatz zur Unwissenheit. Es geht um bekennende Christen, die bewusst und willentlich in offener Rebellion gegen Gott sündigen. Es geht um Menschen, die „die Erkenntnis der Wahrheit“ empfangen haben, die also nicht nur einen flüchtigen Eindruck vom Christentum gewonnen hatten.

Solche Menschen hatten die Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Bund gut begriffen. Sie hatten den neuen Bund angenommen, waren aber doch wieder zu dem alten Bund zurückgekehrt, zu den Opfern, die keine Sünden wegnehmen konnten, wie wir zu Beginn dieses Kapitels gesehen haben. Solche Menschen offenbaren immer einen heftigeren Widerstand als Menschen, die unwissend sind. Sie fallen von dem einzigen wirksamen Werk Christi ab, geben mutwillig wieder der Sünde nach und sündigen aufs Neue gewohnheitsmäßig.

Heb 10:27. Das Einzige, womit sie noch zu rechnen haben, ist ein „furchtvolles“ oder furchteinflößendes Gericht, das sich in einem heftigen Feuer offenbaren wird. Statt das Bekenntnis der Wahrheit unter Druck festzuhalten, sind sie zu Widersachern geworden. Wer die Erkenntnis der Wahrheit empfangen hat, sie aber aufgibt, nimmt den Charakter eines Widersachers an. So jemand ist kein Irrender. Ein Irrender ist jemand, der wiederhergestellt werden kann. Für einen erklärten Widersacher gibt es keine Hoffnung auf Wiederherstellung.

Lies noch einmal Hebräer 10,22–27.

Frage oder Aufgabe: In diesem Abschnitt steht eine Anzahl von Ermahnungen und Anreizen. Welche sind das? Sind solche dabei, die du besonders zu Herzen nehmen solltest?

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