Hebrews 6:4-6

Echt oder Schein?

Heb 6:1. Der Schreiber setzt im ersten Teil dieses Kapitels seine Ermahnungen aus den Schlussversen des vorigen Kapitels fort. Er möchte, dass seine Leser begreifen, dass sie nicht „hängen“-bleiben müssen bei dem „Wort von dem Anfang des Christus“. Damit meint er alles, was in Verbindung mit dem Kommen Christi auf die Erde über und von Ihm selbst gesagt worden ist. Du kannst an die Ankündigung durch Johannes den Täufer denken und auch an das Predigen von Christus selbst. Natürlich ist alles, was darüber in der Bibel steht, Gottes Wort und demnach wichtig. Aber es ist doch alles mit dem Alten Testament verbunden und mit der Regierung Christi über sein irdisches Volk.

Durch die Verwerfung Christi ist jedoch eine völlig andere Situation entstanden, und darauf will der Schreiber die Herzen der Gläubigen richten. Er will, dass sie „fortfahren zum vollen Wuchs“ oder, wie auch übersetzt werden kann, „zur Vollkommenheit“. Die „Vollkommenheit“ ist das Erkennen Christi in Verbindung mit der Stellung, die Er jetzt einnimmt: seine Verherrlichung im Himmel. Das „Fortfahren“ bezieht sich auf das geistliche Wachstum des Gläubigen hin zu dieser „Vollkommenheit“. Das heißt, dass du Ihn als den, der in der Herrlichkeit ist, zum Gegenstand deines Glaubens und zum Ziel deines Lebens machst. Dann willst du nicht zurück zu einer greifbaren Religion, sondern nach vorn, mit dem Verlangen, immer mehr von Ihm und über die herrlichen Folgen seines Werkes kennenzulernen.

Was du im zweiten Teil von Heb 6:1 und in Heb 6:2 liest, bezieht sich denn auch nicht auf das Christentum, sondern auf das Judentum. Der Schreiber will darüber nicht aufs Neue sprechen, denn das kannten sie aus ihrer Vergangenheit als Juden. Sie kannten die „Buße von toten Werken“. Dabei geht es um Reue über Werke, die aus Eigenwillen, in Unabhängigkeit von Gott getan wurden. Auch über den Glauben an Gott brauchten sie nicht erneut belehrt zu werden. Bekehrung und Glaube sind keine spezifisch christlichen Wahrheiten. Sie waren und sind zu allen Zeiten notwendig, wenn ein sündiger Mensch mit einem heiligen Gott in Verbindung kommen will.

Heb 6:2. Die „Lehre von Waschungen“ (und sicher nicht: Lehre vom Taufen!) weist auf Vorschriften hin, die Gott Israel bezüglich des Waschens mit Wasser gegeben hatte. Dabei ging es darum, Dinge oder Menschen, die durch Verbindung mit der Sünde verunreinigt waren, rein zu machen, so dass sie im Dienst für Gott wieder gebraucht werden konnten (z. B. 4Mo 19:18). Die Lehre vom „Hände-Auflegen“ bezieht sich auf das, was beispielsweise beim Opfern geschehen musste. Handauflegen bedeutet Einsmachung, in diesem Fall mit dem Opfer (z. B. 3Mo 1:4; 3Mo 4:15). Die Juden waren auch vertraut mit der Lehre der „Toten-Auferstehung“ (Joh 11:24), ebenso mit der Lehre vom „ewigen Gericht“ (vgl. Jes 14:9-11; Jes 38:18; Jes 66:24). Alle genannten Kennzeichen sind also nicht so sehr christlich, sondern gerade typisch jüdisch. Darum will der Schreiber das alles auf sich beruhen lassen.

Heb 6:3. Wenn er in diesem Vers sagt: „Dies werden wir tun“, will er damit nicht sagen, dass er später doch noch einmal darauf zurückkommen wird. Nein, „dies“ bezieht sich auf „fortfahren zum vollen Wuchs“ aus Heb 6:1. Wenn Gott es erlaubt, will er die Leser in Gedanken zum Himmel mitnehmen, zum Herrn Jesus in der Herrlichkeit.

Heb 6:4. Er drückt sich bewusst so aus, dass er dabei von der Kraft Gottes abhängig ist, weil der geistliche Zustand von einigen der Hebräer in diesem Augenblick nicht zuließ, das auszuführen, was er sich vorgenommen hatte. Das kommt daher, weil unter seinen Lesern einige waren (und noch immer sind), die nur äußerlich das Christentum angenommen hatten, während innerlich nichts verändert war. Sie üben einen falschen Einfluss auf die echten Gläubigen aus, die dadurch ebenfalls träge darin werden, dem verworfenen, aber verherrlichten Christus nachzufolgen. Darum spricht der Schreiber in allgemeinen Worten alle an. Aber die Unmöglichkeit, noch einmal zur Buße erneuert zu werden, betrifft nur die, die zwar äußerlich an den Vorrechten aus den Heb 6:4; 5 teilhaben, aber innerlich kein neues Leben besitzen.

Alle Kennzeichen, die in diesen Versen genannt werden, sind äußerliche Kennzeichen. Sie gelten für alle bekennenden Christen, also sowohl für echte Christen als auch für Namenschristen, also „Christen“, die es nur dem Namen nach und nicht in Wirklichkeit sind. Da sind Kenntnis, Freude, Erleuchtung, Vorrechte und Kraft vorhanden, aber kein geistliches Leben. Es sind Menschen, die Tränen haben wie Esau (Heb 12:17), die den Tod der Rechtschaffenen sterben wollen wie Bileam (4Mo 23:10b), die wollen, dass gottesfürchtige Menschen für sie beten wie der Pharao (2Mo 8:4) und Simon der Zauberer (Apg 8:24), die prophezeien wie Kajaphas (Joh 11:49-52), die gern das Wort Gottes hören wie Herodes (Mk 6:20) und die doch nicht mehr sind als ein tönendes Erz oder eine schallende Zimbel.

„Einmal erleuchtet“ heißt, dass sie Licht über die Person Christi empfangen hatten, über sein Werk, seine Verherrlichung. Aber sie waren nur verstandesmäßig erleuchtet, das Licht hatte nicht ihre Gewissen beschienen. „Die himmlische Gabe geschmeckt“ bedeutet, dass sie einen gewissen Geschmack an dem gefunden hatten, was Gott in Christus geschenkt hatte, vielleicht auch an der himmlischen Stellung, die Christus, der Messias, nun einnahm. Aber sie hatten nicht davon gegessen, sich nicht damit einsgemacht. „Des Heiligen Geistes teilhaftig geworden“ sind solche, die sich in dem Bereich befinden, wo der Heilige Geist wirkt. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass der Heilige Geist auch in der Person wohnt.

Heb 6:5. „Das gute Wort Gottes … geschmeckt“ bedeutet, dass man verstanden hat, wie kostbar das Wort ist, aber es braucht nicht zu bedeuten, dass man mittels dieses Wortes lebendig gemacht ist. „Die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“ sind die Wunder, die im zukünftigen Zeitalter stattfinden werden, wenn der triumphierende Messias, der Sohn Gottes, alle Macht des Feindes vernichten wird. Die Hebräer hatten solche Wunder gesehen, als der Herr Jesus auf der Erde war und auch während der Anfangszeit des Christentums.

Heb 6:6. An all diesen Kennzeichen hatte jeder Christ teil, weil er in dem Kreis lebte, wo diese Dinge gefunden wurden. Selbst wenn kein geistliches Leben vorhanden war, hatte jeder mit diesen Einflüssen zu tun. Doch nur für jemanden, der kein geistliches Leben hat, gilt, dass er von dem Kreis abfallen wird, wo es die beschriebenen Segnungen gibt. Er konnte von diesem Kreis weggehen und zu seinem früheren Bekenntniskreis zurückkehren. Die Menschen, um die es hier geht, gehörten zuerst zu dem Volk Gottes, das den Sohn Gottes gekreuzigt hatte. Dann hatten sie das als Sünde erkannt und angefangen, den Herrn Jesus als Messias zu bekennen. Aber nun begingen sie selbst wissentlich dasselbe Verbrechen, indem sie zu diesem Volk zurückkehrten, während sie dem Christentum mit seinem verherrlichten Herrn den Rücken kehrten. Das betrifft nicht Menschen, die in Unwissenheit handelten. Für diese betete der Herr Jesus ja: „Sie wissen nicht, was sie tun.“

Abgefallene sind solche, die schon erleuchtet waren und Christus als den Sohn Gottes erkannt hatten, die seine Kreuzigung als Sünde bekannt hatten, aber ihr Bekenntnis widerriefen und Ihn doch für einen Verräter hielten, der zu Recht gekreuzigt wurde. Das sind keine Unwissenden. Viele in der Christenheit befinden sich in derselben Stellung. Sie sind mit den Wahrheiten bekanntgemacht, die Christus betreffen, aber sie kommen wider besseres Wissen dahin, seine Geburt durch eine Jungfrau zu leugnen, ebenso sein vollkommenes Leben, seine Gottheit, sein sühnendes Sterben und seine leibliche Auferstehung. Für solche Menschen ist es unmöglich, dass sie noch einmal zur Buße erneuert werden, das heißt, dass sie aufs Neue zur Besinnung kommen von ihrem derzeitigen Irrtum. Sie haben die Wahrheit gekannt, sie bekannt, danach jedoch wieder verworfen und widerstehen ihr nun. Diese Rebellion offenbart ein verhärtetes Herz, das niemals mehr zur Bekehrung kommen kann.

Heb 6:7. Der Schreiber verdeutlicht mit einem Beispiel aus der Natur, wie es sich mit dem Besitz des Lebens aus Gott oder dessen Fehlen verhält. Das Leben des Bekenners wird mit einem Land verglichen, das den Regen trinkt. Im Regen siehst du den Dienst des Wortes (das mit Wasser verglichen wird; Eph 5:26). Der Zustand des Bodens wird durch den häufig darauf fallenden Regen offenbar. Der „Regen“, das heißt der Segen aus dem Himmel, fällt auf die Seele des Bekenners herab in der Form göttlichen Lichts, der himmlischen Gabe, des Heiligen Geistes, des guten Wortes Gottes und der Wunder des zukünftigen Zeitalters. Bei dem wahren Christen wird die Folge dieses „Regens“ Frucht für Gott sein, indem er Lob opfert und dem Herrn Jesus nachfolgt.

Aber bei dem, der nur dem Namen nach ein Bekenner ist, dem Abgefallenen, zeigt sich, dass der Regen keine Frucht aus seinem Leben hervorbringt. Das rührt daher, dass im Boden selbst nichts vorhanden ist, das Frucht hervorbringen kann: Es ist kein neues Leben da, kein innewohnender Heiliger Geist.

Heb 6:8. Der Namenschrist bringt niemals nützliches Gewächs hervor, denn das Land taugt nicht. Daraus wachsen nur Dornen und Disteln, die Folgen des Sündenfalls (1Mo 3:17; 18). Was in Verbindung mit der Sünde steht, steht unter dem Fluch und wird schließlich in einem ewigen Fluch verbrennen.

Lies noch einmal Hebräer 6,1–8.

Frage oder Aufgabe: Welche Übereinstimmungen und welche Unterschiede gibt es zwischen den echten und den falschen Christen?

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