Hebrews 7:6

Melchisedek

In diesem Kapitel erfährst du endlich mehr über die Person Melchisedeks. Damit kommt der Schreiber auf sein Hauptthema zurück, mit dem er in Hebräer 5 begonnen hatte. In Hebräer 5 sagt er allerdings auch, dass das schwierig zu erklären ist, wenn wir im Hören träge geworden sind (Heb 5:11). Doch will er es nun erläutern, denn er ist, was seine Leser betrifft, „von besseren … Dingen überzeugt“ (Heb 6:9). Er nimmt an, dass sie ihr Bestes tun werden, um ihn zu verstehen. Das willst du zweifellos auch. Das ist auch nötig, denn wirklich einfach ist es nicht. Demgegenüber steht, dass, wenn du etwas davon verstehst, die Freude umso größer ist.

Heb 7:1. Bei seiner Erklärung über Melchisedek geht es um zwei Dinge: die Würde seiner Person und die Bedeutung seines Priestertums. In diesem Brief wird Melchisedek achtmal erwähnt. Wenn du das Priestertum des Herrn Jesus betrachtest, musst du das mit den Augen eines hebräischen Gläubigen tun. Da du (höchstwahrscheinlich) ursprünglich aus den Heiden kommst, warst du nie unter einem Priestertum, das von Gott eingesetzt war. Doch auch du wirst hier vieles finden, was dich ermutigt und erbaut.

Das Einzige, was wir von Melchisedek wissen, steht in 1. Mose 14 und in Psalm 110. Um sein besonderes Priestertum zu erklären, geht der Schreiber zunächst auf die Geschichte Melchisedeks ein, wie du sie in 1. Mose 14 findest (1Mo 14:17-20). Nachdem Abraham mit seinen Knechten die fünf ausländischen Könige geschlagen und Lot befreit hat, kommt er mit einer noch gefährlicheren Erscheinung der Welt in Berührung: In der Person des Königs von Sodom kommt die Welt nicht mit ihrer Feindschaft, sondern mit ihren Verführungen auf ihn zu (1Mo 14:21). Doch Gott führt es so, dass Abraham zuvor eine Begegnung mit Melchisedek hat, dem König von Salem und Priester Gottes, des Höchsten (1Mo 14:18-20). Nach dieser Begegnung hat Abraham Kraft für die Begegnung mit dem König von Sodom.

Darin liegt eine große Ermutigung. Es gibt nichts, was dir in dieser feindlichen und verführerischen Welt so die Kraft gibt wie eine „Begegnung“ mit dem, der als wahrer König-Priester zur Rechten Gottes ist. Wenn du diese Begegnung hast, segnet Er dich, armen Kämpfer, mit einem herrlichen Segen, mit dem Er bald die ganze Schöpfung segnen wird.

Melchisedek, wie er im ersten Buch Mose erwähnt wird, war ein gewöhnlicher Fürst, so wie die übrigen Fürsten in jenem Gebiet, in dem Gott kurz darauf einige Städte vernichten würde. Dazu war er auch Priester, aber nicht so, wie die übrigen Priester in jenem Gebiet. Das waren Götzenpriester, während er gerade Priester Gottes des Höchsten war. Der Name „Gott der Höchste“ ist auch bedeutsam. Es ist der Name Gottes in Verbindung mit dem tausendjährigen Friedensreich. Er ist immer der oberste Herrscher über alle Dinge, Er besitzt Himmel und Erde (1Mo 14:19; vgl. Eph 1:21; Kol 1:16). Für den Unglauben ist das jetzt noch verborgen, aber im Friedensreich wird Er auf diese Weise für alle sichtbar sein und von jedem anerkannt werden. So anerkannte auch Nebukadnezar Ihn nach seiner Erniedrigung (Dan 4:31; 32).

Abraham wird von Melchisedek in Verbindung mit dem Namen Gottes des Höchsten gesegnet. Das ist ein Ausblick auf die Königsherrschaft Christi, wenn Er als Priester auf seinem Thron im Segen regieren wird (Sach 6:13). Dieser Melchisedek segnete den durch Kampf ermüdeten Abraham, so wie Christus bald die ganze Schöpfung segnen wird. Melchisedek preist Gott und segnet Abraham von Gott. Er gibt Abraham Brot und Wein. Das ist etwas viel Besseres als das, was der König von Sodom ihm anbieten konnte. Brot und Wein sprechen von Christus selbst als Nahrung und Freude nach dem Kampf (und nicht vom Abendmahl, denn das ist nicht zur Stärkung, sondern zum Gedächtnis!).

Heb 7:2. Abraham bringt seine Wertschätzung für die Anerkennung Melchisedeks zum Ausdruck, indem er ihm den Zehnten gibt. Auf diesen Zehnten kommt der Schreiber in Heb 7:4 zurück. Zunächst geht er auf die Bedeutung des Namens Melchisedek ein. Dieser Name ist eine Zusammenfügung aus „Gerechtigkeit“ und „Frieden“. Genau das sind die Kennzeichen Christi, durch die Er im Friedensreich regiert. Dann wird vollkommen sichtbar, dass Gerechtigkeit und Frieden sich in Ihm küssen (Ps 85:11). Aber das sind auch jetzt die Kennzeichen seines Königreiches, wenn es auch bis jetzt nur im Verborgenen besteht (Röm 14:17). Was bald die Erde erfüllen wird, sollte jetzt schon in deinem Leben vorhanden sein. Du hast ja den Herrn Jesus als deinen Herrn angenommen, bist getauft und bist dadurch in einen Bereich gekommen, wo seine Herrschaft anerkannt wird. Die Reihenfolge ist erstens Gerechtigkeit (Jes 26:9) und dann Frieden (Jes 32:17), denn es kann keinen wahren Frieden geben, außer auf der Grundlage der Gerechtigkeit. Das gilt auch für dich persönlich (Röm 5:1).

Heb 7:3. Durch die Weise, wie die Schrift Melchisedek einführt, wird deutlich, dass er ein wunderschönes Vorbild auf Christus ist. Hier hast du übrigens einen sehr wichtigen Hinweis, dass du die Bedeutung von Namen, die im Alten Testament genannt werden, geistlich anwenden kannst (vgl. 1Kor 9:9; 1Kor 10:1-11; Gal 4:21-31), ohne aber dabei deiner Phantasie freien Lauf zu lassen. Wenn du in 1. Mose 14 von Melchisedek liest, kommt er dort gleichsam wie vom Himmel gefallen. Vorher hörst du nichts von ihm, und später in der Geschichte kommt er nicht mehr vor. Über seine Vorfahren, von denen er sein Priestertum herleiten würde, ist nichts bekannt. Es ist auch kein Geschlechtsregister von ihm bekannt, etwas, was für das Priestertum Aarons unentbehrlich war (vgl. Esra 2:62; Neh 7:64). Seinem Priestertum waren keine Grenzen gesetzt (vgl. 4Mo 4:3). Er ist ein Mann ohne Vorgeschichte, von dem auch weiter keine anderen Handlungen mitgeteilt werden. Er erscheint und verschwindet. Er hat etwas Zeitloses.

Als Mensch wurde Melchisedek, wie alle anderen Menschen, natürlich geboren, und ebenso starb er auch einmal. Er ist auch keine Erscheinung Christi. In Heb 7:3 steht zutreffend, dass er Ihm in seinem Verhalten ähnlich war. Daraus ist deutlich, dass er nicht der Sohn Gottes war. Aber in der Art und Weise, wie er in der Schrift vorkommt, will Gott uns etwas über seinen Sohn erzählen. Du hast das in der Bedeutung des Namens Melchisedek gesehen, und du siehst es nun in dem, was von ihm gesagt wird oder besser nicht gesagt wird. Dass seine Herkunft, seine Geburt und sein Tod nicht erwähnt werden, macht ihn zu einem eindrucksvollen Vorbild des Sohnes Gottes. Der Sohn Gottes ist der ewige Sohn und daher ohne Abstammung, ohne Beginn und ohne Ende. Im Blick auf sein Priestertum bedeutet das, dass es niemals endet und niemals auf einen anderen übergeht. Das bildet einen großen Gegensatz zum Priestertum Aarons, das vom Vater auf den Sohn überging.

Heb 7:4. Du darfst all das, was du soeben von Melchisedek gesehen hast, nicht einfach wieder vergessen. Der Schreiber ruft mit einem „Schaut aber“ dazu auf, sich ganz aufmerksam und mit großem Interesse mit allen Besonderheiten seiner Größe zu befassen. Du kannst, wie alle hebräischen Leser, zwar groß von Abraham denken, doch Melchisedek ist noch viel größer! Abraham wird nachdrücklich „Patriarch“ genannt, und das betont seine Würde. Aber die Tatsache, dass Melchisedek den Zehnten von Abraham empfing, beweist die höhere und vortrefflichere Würde dieser Person. Wer den Zehnten nimmt, ist nämlich größer als wer den Zehnten gibt.

Heb 7:5. Dann bezieht der Schreiber den Stamm Levi in seine Darlegung ein. Er hat gezeigt, dass die Person, die er in den vorhergehenden Versen beschrieben hat, größer ist als Abraham. Das bedeutet, dass diese Person also auch größer ist als dessen Nachkommen Levi und Aaron und dass also auch das Priestertum Melchisedeks größer ist als das von Levi und Aaron. Das zeigt sich auch in dem Geben und Nehmen des Zehnten. Die Leviten nahmen als Gesamtheit den Zehnten vom Volk (4Mo 18:21; 24), von dem sie wiederum den Zehnten den Priestern gaben (4Mo 18:26; 28). Die Übereinstimmung zwischen Levi und Melchisedek ist, dass sie beide den Zehnten von anderen annahmen. Aber es gibt auch einen großen Unterschied. Die Israeliten gaben den Leviten den Zehnten nicht aus Respekt, weil sie höher als das Volk gestanden hätten, sondern weil Gott es geboten hatte: Sie sollten den Leviten den Zehnten geben als Vergütung für den Dienst, den sie verrichteten, und als Ersatz für ein Erbteil. Das war auch der Grund, weshalb die Leviten den Zehnten vom Volk annehmen durften. Das Recht auf den Zehnten hatten sie, weil Gott das so für sie geregelt hatte. Die Zehnten gehörten Gott (3Mo 27:30; Spr 3:9; Mal 3:8; 9). Die Israeliten gaben sie den Leviten, weil diese den HERRN vertraten.

Heb 7:6. Im Fall von Melchisedek war das anders. Melchisedek hatte das Recht auf den Zehnten nicht deshalb, weil Gott es durch ein Gebot so geregelt hätte. Er gehörte gar nicht zum Geschlecht Levis und auch nicht zu einem anderen Geschlecht, für das etwas geregelt gewesen wäre. Er nahm den Zehnten von Abraham aufgrund seiner eigenen Person und seines Amtes. Also ist er größer als Abraham und folglich auch größer als Levi. Nach dem Empfang des Zehnten segnete er Abraham als den, der die Verheißungen hatte. Abraham besaß und bewahrte göttliche Verheißungen. Er würde der Vater einer Menge Nationen werden, in ihm würde Gott alle Nationen der Erde segnen! Die Person, durch die Abraham gesegnet wird, ist also wirklich jemand, der groß genannt werden kann. Aller wahre Segen ist auch für den Christen mit der Person und dem Amt Christi im Himmel verbunden.

Heb 7:7. Wer segnet, ist „ohne allen Widerspruch“ größer als der, der gesegnet wird. Dass das Bessere das Geringere segnet, ist in der Christenheit in Vergessenheit geraten. Das siehst du beispielsweise an dem Prediger, der die Gemeinde segnet, als sei er mehr als die, denen er dient. Im Christentum ist der eine Gläubige jedoch nicht besser als der andere Gläubige (Mt 23:8).

Lies noch einmal Hebräer 7,1–7.

Frage oder Aufgabe: Was sind die Übereinstimmungen zwischen Melchisedek und dem Herrn Jesus?

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