Hebrews 9:6-8

Das irdische Heiligtum

In Hebräer 8 hast du gesehen, wie der neue Bund dem alten gegenübergestellt wurde. In diesem Kapitel wirst du sehen, wie das wahrhaftige, himmlische Heiligtum dem sinnbildlichen, irdischen Heiligtum gegenübergestellt wird. In den Heb 9:1-5 finden wir zunächst eine Beschreibung der Einrichtung des irdischen Heiligtums, und danach wird in den Heb 9:6-10 der Gottesdienst im irdischen Heiligtum beschrieben. Danach wirfst du einen Blick in das himmlische Heiligtum, in das Christus ein für alle Mal eingegangen ist, und siehst, was die herrlichen Folgen davon sind.

Was noch auffällt: Hier ist nicht vom Tempel, sondern von der Hütte die Rede, und zwar deshalb, weil die Beschreibung der Stiftshütte und der Dienst darin besser dazu passen, wie die Christen in diesem Brief gesehen werden. Sie werden hier nämlich als ein Volk von Pilgern auf der Erde gesehen, die auf dem Weg zum verheißenen Land sind. Das heißt nicht, dass es einen gewissen Unterschied gäbe zwischen der Einrichtung der Stiftshütte und dem Dienst, der darin stattfand, auf der einen Seite und dem Tempel mit seiner Einrichtung und seinem Dienst auf der anderen Seite. Auch ihrem Wesen nach waren die Dienste in der Stiftshütte und im Tempel gleich. Die Beschreibung ist zwar im Grunde die des aktuellen Tempelbetriebs, aber der Schreiber spricht auf diese Weise immer über die Hütte.

Heb 9:1. Er zeigt zuerst, wie die Satzungen für den Gottesdienst in dem irdischen Heiligtum, wo der Gottesdienst ja stattfand, mit dem ersten, dem alten Bund zusammenhingen. Er spricht über „das Heiligtum, ein weltliches“. Das bedeutet nicht, dass es dort weltlich zuging und dass es an den Geschmack der Welt angepasst gewesen wäre. Was der Schreiber sagen möchte, ist, dass es ein Heiligtum ist, das zu der greifbaren, sichtbaren, irdischen Welt gehört.

Heb 9:2. In seiner Beschreibung nimmt er seine Leser mit zur Stiftshütte und führt sie in Gedanken an den verschiedenen Gegenständen vorbei. Er bleibt zuerst bei der „vorderen [o. ersten] Hütte“ stehen, das heißt bei dem ersten Abschnitt der Stiftshütte. Dieser Teil wird „das Heilige“ genannt (2Mo 26:1-30). Dahin durften die Priester täglich kommen, um dort ihren Dienst zu verrichten. Im Heiligen standen der Leuchter (2Mo 25:31-40) und der Tisch mit den Schaubroten (2Mo 25:23-30).

Heb 9:3. Nach dem ersten Teil hinter einem ersten Vorhang befindet sich noch ein zweiter Teil hinter einem „zweiten Vorhang“, wie er hier genannt wird. Dieser Bereich heißt „das Allerheiligste“ (oder „das Heilige der Heiligen“) und war der eigentliche Wohnort Gottes. Er war nur dem Hohenpriester zugänglich, und das nur einmal im Jahr.

Heb 9:4. Im Allerheiligsten standen auch einige Gegenstände, und zwar die Bundeslade (2Mo 25:10-16) und der Räucheraltar (2Mo 30:1-6), jedenfalls wird er hier so gesehen. Die Bundeslade wird hier „die Lade des Bundes“ genannt, um noch einmal zu zeigen, dass es um einen alten und einen neuen Bund geht. Unter dem alten Bund trafen bei der Bundeslade Gott und das Volk zusammen. Diesem Zentrum des alten Bundes steht Christus gegenüber als der Mittelpunkt, das Herz des neuen Bundes. Es wird erwähnt, dass die Bundeslade „überall mit Gold überzogen“ war. Dadurch wird ihre Herrlichkeit angedeutet. Und es gab noch mehr herrliche Dinge, die mit der Bundeslade verbunden waren. In der Lade befand sich ein goldener Krug mit Manna (2Mo 16:33) und der Stab Aarons (4Mo 17:23-25).

Wenn du die angeführten Verse liest, wird dir auffallen, dass sowohl von dem Krug als auch von dem Stab gesagt wird, dass sie vor der Lade niedergelegt wurden. Hier steht, dass sie in der Lade waren. Das muss bedeuten, dass sie später in die Lade gelegt wurden. Wie das geschah, wissen wir nicht. Der Inhalt der Lade wird vervollständigt durch die beiden steinernen Tafeln, hier „die Tafeln des Bundes“ genannt (vgl. „die Lade des Bundes“). Die Tafeln befanden sich von Anfang an in der Lade, und zwar deshalb, weil Gott es gesagt hatte (5Mo 10:5; 1Kön 8:9).

Heb 9:5. Bei seiner „Führung“ durch das irdische Heiligtum bleibt der Schreiber schließlich bei den „Cherubim der Herrlichkeit, den Sühndeckel überschattend“ stehen (2Mo 25:18-22). Die beiden beeindruckenden Engelgestalten bildeten ein Ganzes mit dem Sühndeckel. Zwischen den beiden Cherubim, die den Thron Gottes überschatteten, wohnte Gott. Sie schauten auf den Sühndeckel und die Gesetzestafeln herunter und waren die symbolischen Vertreter der Urteilskraft Gottes, um alles zu verurteilen, was nicht mit der Heiligkeit Gottes übereinstimmte.

Der Schreiber hätte gern im Einzelnen über die Bedeutung des Inneren oder des Äußeren der Stiftshütte gesprochen, das war aber nicht möglich. Es ist natürlich schön, in diesen Gegenständen eine geistliche Bedeutung zu sehen. Das kann man auch, und das sollte, wenn wir das zweite Buch Mose lesen und studieren, sogar unser Bestreben sein, aber darum geht es dem Schreiber hier nicht. Er will seine jüdischen Leser gerade frei machen von diesem ganzen irdischen Geschehen, weil der ganze Tempeldienst mit all seinen Gegenständen für Gott seine Bedeutung verloren hatte.

Für sie jedoch hatte der Tempel an sich mit all seinen Gegenständen und seinem damit verbundenen Gottesdienst noch immer eine starke Anziehungskraft. Daher zeigt der Schreiber die Hohlheit des irdischen Heiligtums und die Sinnlosigkeit, dem Ganzen noch irgendwelche Werte beizumessen. In den Symbolen mag zwar viel Belehrung liegen, doch dem Schreiber geht es um den scharfen Kontrast zwischen den Symbolen und dem Christentum. Immer wieder zeigt er den Gegensatz auf (Symbole/Wirklichkeit, irdisch/himmlisch, zeitlich/ewig, unvollkommen/vollkommen) und sagt, dass eine Vermischung unmöglich ist.

Heb 9:6. Nachdem der Schreiber gezeigt hat, wie alles eingerichtet ist, spricht er im Folgenden über den Dienst der Priester. Ihr Dienst im Heiligen („der vorderen Hütte“) bestand darin, zweimal am Tag die Lampen zuzurichten und Räucherwerk auf dem Altar zu opfern und einmal pro Woche die Schaubrote auszuwechseln. Dieser Dienst geschah sehr regelmäßig. Das wird durch das Wort „allezeit“ angedeutet.

Heb 9:7. Das steht im Gegensatz zum Dienst des Hohenpriesters, von dem du liest, dass er nur „einmal im Jahr“ in das Allerheiligste („die zweite [Hütte]“) hineingehen durfte. Dieses „einmal im Jahr“ geschah am zehnten Tag des siebten Monats, dem großen Versöhnungstag (3Mo 16:29; 30). Und wenn er hineinging, geschah das nicht ohne Blut. Zuerst ging er mit dem Blut des Stieres hinein, um es für sich selbst darzubringen (3Mo 16:6; 14). Danach ging er mit dem Blut des ersten Bockes hinein, um es für die Verirrungen des Volkes oder die Sünden, die sie aus Unwissenheit begangen hatten, darzubringen (3Mo 16:15).

Heb 9:8. Die Beschreibung der Stiftshütte hat sich der Schreiber nicht ausgedacht. Er folgt einfach dem, was der Heilige Geist darüber im Alten Testament mitgeteilt hat. Er versteht von der Beschreibung der Stiftshütte her auch die Belehrung des Heiligen Geistes, dass es keinen freien Zugang zu Gott gibt, solange die erste Hütte mit ihrem geschlossenen Vorhang besteht. Seine Leser mussten gut verstehen, dass eine Rückkehr zum irdischen Gottesdienst bedeutete, dass sie den Weg zu Gott für sich wieder versperrten.

War denn durch das Werk des Herrn Jesus der Vorhang nicht zerrissen und der Weg zum Heiligtum frei gemacht (Mt 27:51)? Jeder Gläubige wird aufgrund dessen, was der Herr Jesus getan hat, in die Gegenwart Gottes zugelassen. Auch du hast fortwährend Zutritt zu Gott, geradewegs Zugang zu dem Ort, wo Er ist, im Licht. Möchtest du dieses Vorrecht gegen einen Gottesdienst eintauschen, der vielleicht deinem Auge und Ohr schmeichelt, aber der außerhalb der Gegenwart Gottes stattfindet?

Heb 9:9. Der ganze irdische Dienst in der Stiftshütte oder im Tempel ist ein Gleichnis auf die gegenwärtige Zeit, damit man alle Teile des Dienstes mit der himmlischen Hütte vergleichen kann. Das Wort „Gleichnis“ heißt wörtlich „danebenwerfen“. Es bedeutet, einen Gegenstand neben einen anderen Gegenstand zu werfen, damit man beide miteinander vergleichen kann. Es ist so gedacht, dass du sowohl das Gebäude als auch das, was darin Platz hat, mit dem himmlischen Heiligtum und dem Dienst, der darin stattfindet, vergleichst. Wie das zu einem irdischen Heiligtum gehört, wurden dort – auch noch zu der Zeit, als der Brief geschrieben wurde – greifbare, buchstäbliche Gaben und Schlachtopfer dargebracht.

Die Leser mussten sich dessen bewusst sein, dass kein einziges Opfer in der ersten Hütte dem Opfernden jemals ein vollkommenes Gewissen gab. Wer zum alten Gottesdienst zurückkehrte, würde sein vollkommenes Gewissen verlieren und ständig wieder durch sein Gewissen angeklagt werden. Wer ein vollkommenes Gewissen hat, weil er an das Werk des Herrn Jesus glaubt, kennt Gott und weiß sich von Ihm angenommen. Wer ein vollkommenes Gewissen hat, weiß, dass er durch das Werk und das Blut Christi ein für alle Mal von allem Bösen gereinigt ist.

Heb 9:10. Der ganze Dienst nach dem Gesetz mit seinen Opfern und Einrichtungen kann und konnte das niemals bewirken. Es waren alles Einrichtungen für das Äußere, das Fleisch, den Leib und nicht für das Innere oder das Gewissen oder den Geist. So haben „Speisen“ mit dem Unterschied zwischen reinen und unreinen Tieren zu tun (3Mo 11:2). „Getränke“ deuten zum Beispiel auf das Verbot für den Priester hin, starkes Getränk zu trinken (3Mo 10:9). Auch die „verschiedenen Waschungen“ haben nichts mit dem Inneren zu tun, sondern nur mit dem Äußeren. So war bei einer Geburt Reinigung nötig (3. Mose 12), ebenso nach Aussatz (3. Mose 13.14).

Alle diese äußeren Einrichtungen hatte Gott dem Volk auferlegt „bis auf die Zeit der Zurechtbringung“, das ist das tausendjährige Friedensreich. Wenn das Reich angebrochen ist, wird Gottes irdisches Volk durch Bekehrung und Wiedergeburt von allen Sünden gereinigt sein und innerlich mit Gott in Verbindung stehen. Der äußere Dienst ist dann keine hohle Form mehr, nicht mehr ein religiöser Vorgang ohne Inhalt. Es wird ein Gottesdienst sein, der aus einem erneuerten Herzen stattfinden und völlig mit den Gedanken Gottes in Übereinstimmung sein wird.

Lies noch einmal Hebräer 9,1–10.

Frage oder Aufgabe: Was will der Schreiber mit dieser Zusammenfassung des irdischen Gottesdienstes dem Leser deutlich machen?

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