Jeremiah 3:8

Juda ist schlimmer als Israel

Hier beginnt eine neue Prophezeiung, die sich bis Jeremia 6,30 fortsetzt. Diese ist ausführlicher als die vorherige, Jeremia 2,1–3,5. Sie wird mitgeteilt „in den Tagen des Königs Josia“ (Jer 3:6). Zu diesem Zeitpunkt waren die zehn Stämme schon seit Jahrzehnten zerstreut oder weggeführt von den Assyrern. In welchem Zeitraum der Regierungszeit des Königs Josia wir uns befinden, wird uns hier nicht gesagt. Es wird hier näher eingegangen auf das Abweichen vom HERRN durch das nördliche Zehnstämmereich als auch durch das südliche Zweistämmereich. Doch dazwischen finden wir wunderbare Verheißungen der Wiederherstellung und des Segens nach ihrer Umkehr und dass die Güte des HERRN sie immer noch führen wird, selbst wenn sie durch die tiefste Trübsal gehen.

Der HERR fragt Jeremia, ob er gesehen hat, „was die abtrünnige Israel“ getan hat. Ein Prophet muss ein scharfer Beobachter sein und sehen, was der HERR sieht. Der HERR sagt ihm, dass Er gesehen hat, was die abtrünnige Israel, die zehn Stämme, getan haben, wie sie überall Hurerei begangen haben. Er sagt Jeremia aber auch, was Er nach all ihrer Abtrünnigkeit zu ihr sagte (Jer 3:7). Er rief sie auf, zu Ihm zurückzukehren. Und tat sie das? Nein, sie tat es nicht.

Was Israel getan hat und was der HERR deshalb mit der abtrünnigen Israel getan hat, wurde von Juda wahrgenommen, die der HERR „ihre treulose Schwester Juda“ nennt. Ist das Verhalten Israels und das, was der HERR an ihr getan hat, eine Warnung für Juda gewesen (Jer 3:8)? Nein, Juda hat sich nicht warnen lassen durch Israels Schicksal. Der HERR musste feststellen, dass das Wegschicken Israels keinerlei Eindruck auf Juda gemacht hat. Juda wurde dadurch nicht erschreckt, sondern ging im Gegenteil hin und wurde ebenfalls eine Hure.

Sie sind zwei Schwestern. Mit beiden war der HERR gleichsam in einer ehelichen Beziehung. Die ältere Schwester, Israel, hat Er entlassen, mit einem „Scheidebrief“. Daraus hätte Juda eine Lehre ziehen müssen. Juda hätte es sehen und sich zu Herzen nehmen müssen, was mit Israel in dem Gericht geschah, das Gott über sie bringen musste.

Es ist wichtig, dass wir uns warnen lassen durch das, was wir im Leben anderer Gläubiger sehen (vgl. 1Kor 10:6; 11). Wenn wir nicht aus den Torheiten der anderen lernen, sind wir noch größere Toren als sie es sind. Wir sind nicht besser und sollten uns nicht einbilden, dass wir nicht so schlecht sind wie diese anderen. Lasst uns nicht denken, dass wir unsere Grenzen kennen.

Wir können im Hochmut sagen, dass wir wissen, wie viel wir trinken können, ohne betrunken zu werden, oder wie schnell wir fahren können, ohne leichtsinnig zu werden. Dann haben wir unsere Selbstbeherrschung zu einem Götzen gemacht. Es ist besser, davon überzeugt zu sein, dass wir schwach sind, und die Warnung zu beherzigen: „Daher, wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle“ (1Kor 10:12).

Durch das Verhalten Judas ist das Heilige Land, das Land Gottes, entweiht worden. Denn Juda betreibt „Ehebruch mit Stein und mit Holz“ (Jer 3:9). Juda betet Materie an und setzt sein Vertrauen in das Werk von Menschenhänden. Was sie mit ihrem Mund bekennt, ist Falschheit (Jer 3:10). Ihr Herz ist nicht aufrichtig vor Gott und das sieht der HERR natürlich. Er kennt das Herz (vgl. Ps 44:21; 22; Spr 17:3). Nichts ist vor Ihm verborgen, nicht einmal die tiefsten Beweggründe. „Alles ist bloß und aufgedeckt“ vor seinen Augen (Heb 4:13).

Juda gibt vor, Gott anzubeten, aber Gott beurteilt Juda noch schlimmer als Israel (Jer 3:11; Hes 23:11). Im Vergleich zu Juda scheint Israel sogar gerechter zu sein als Juda. Israel wird als „die abtrünnige Israel“ und Juda als „die treuloses Juda“ bezeichnet. Abzufallen ist schlimm. Es bedeutet, eine privilegierte Position aufzugeben. Treulosigkeit aber ist noch schlimmer. Es bedeutet, eine privilegierte Beziehung zu verachten. Als Israel abtrünnig wurde, wussten sie noch nicht, wie das Gericht aussehen würde. Sie hatten kein Beispiel dafür. Juda aber schon. Sie haben bei Israel gesehen, was Gericht bedeutet, aber sie haben trotzdem nicht Buße getan. Zu all den Sünden Israels kommt bei Juda noch die der Heuchelei hinzu.

Wie steht es um die Gemeinde? Ist sie treu geblieben? Paulus spricht zu den Korinthern, dass er sehr besorgt darüber ist, dass die Gemeinde „verdorben [und abgewandt] werde von der Einfalt gegenüber dem Christus“ (2Kor 11:3). Wir sehen in der Christenheit, wie viel Götzendienst Einzug gehalten hat. Christus ist schon lange nicht mehr der einzige Gegenstand des Glaubens. Verfall und Abtrünnigkeit nehmen immer gröbere Formen an. Unter Berufung auf die Bibel werden die abscheulichsten Sünden gerechtfertigt. Das Gericht wird in weite Ferne gerückt, wenn man überhaupt noch daran glaubt.

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