Job 1:13-22

Hiob verliert seinen Besitz und seine Kinder

Aus dem Himmel kehren wir wieder auf die Erde zurück. Es kommt der Tag (Hiob 1:13), an dem Hiobs Leben von Katastrophen heimgesucht wird. Es ist ein „böser Tag“ (Eph 6:13), ein Tag, der in seinem Inhalt anschließt an den Tag, an dem die Söhne Gottes vor dem HERRN erschienen sind (Hiob 1:6). Satan hat es eilig, sein böses Werk auszuführen, aber er weiß auch, den richtigen Moment abzuwarten. Bei den Katastrophen, die in Hiobs Leben auftreten, hören oder sehen wir nichts von Satan selbst, und doch sind die Katastrophen sein Werk.

Der Tag, der anbricht, an dem Satan seine bösen Absichten ausführen wird, wurde von ihm sorgfältig ausgewählt. Es ist ein Tag, an dem Hiobs Kinder wieder einmal alle zusammen sind, um zu essen und zu trinken (vgl. Hiob 1:4). Hiob wird sich wieder reich gesegnet gefühlt haben, sie so beisammen zu wissen und sich auch die geistlichen Gefahren einer solchen Zusammenkunft realisiert haben (vgl. Hiob 1:5). Das führt wie immer dazu, dass er Fürbitte für seine Kinder tut. Er freut sich darauf, sie wieder zu heiligen und für jeden von ihnen ein Brandopfer zu bringen, wenn sie ihr Mahl beendet haben.

Hiob wird in seinen gottesfürchtigen Überlegungen in der Gegenwart Gottes grausam gestört durch einen Boten, der ihm eine Schreckensbotschaft überbringt (Hiob 1:14). Der Bote berichtet ihm von einem Unglück, das über ihn gekommen ist. Er erzählt von den Rindern, die pflügen – was uns sagt, dass es Herbst ist – und den Eseln, die friedlich neben ihnen grasen und nicht umherirren. Die Knechte haben sich um sie gekümmert. Alles spricht von Sorgfalt und Verantwortung für die Arbeiten.

Es gibt keine Unachtsamkeit oder Nachlässigkeit, doch in diese Szene der Ruhe und des Friedens dringt eine raue Räuberbande von Sabäern ein. Sie plündern Vieh und Esel und töten die Knechte (Hiob 1:15). Es zeigt, dass unsere Vorsicht und Wachsamkeit nicht verhindern kann, dass uns Katastrophen treffen (vgl. Ps 127:1). Das kann durchaus auch dann passieren, wenn wir verantwortungsvoll mit unserem Besitz umgehen.

Diese erste Katastrophe trifft Hiob in einem der Beweise seines Wohlstands (Hiob 1:3). Es sind die Mittel, mit denen er Wohlstand erlangt hat (Spr 14:4). Nur einer derjenigen, die treu über diese Mittel wachen, bleibt verschont. Das liegt nicht daran, dass er „Glück“ hatte, dass das Unglück ihn nicht getroffen hat. Er wird verschont, damit er als ein Augenzeuge Hiob detailliert berichten kann, was er gesehen hat. Dieser Diener erfuhr es nicht vom Hörensagen.

Während der Zeuge seinen Bericht über die Katastrophe noch nicht beendet hat, trifft ein zweiter Bote ein (Hiob 1:16). Die Geschwindigkeit, mit der Satan handelt, zeigt seinen bösen Wunsch, Hiob zu überwältigen und ihn mit Kummer zu überladen. Hiob hat keine Chance, den Schock über die Katastrophe, die ihn getroffen hat, zu verarbeiten und sich davon zu erholen. Katastrophen werden immer schwerer zu ertragen, je schneller sie aufeinander folgen.

Der Knecht, der kommt, um Hiob von der zweiten Katastrophe zu berichten, ist auch der Einzige, der ihr nur knapp entkommen ist, und auch mit der Absicht, Hiob als Augenzeuge davon zu berichten. Diese zweite Katastrophe wird nicht durch eine Räuberbande verursacht, wie die erste, sondern durch „Feuer Gottes … vom Himmel“.

Der entflohene Knecht spricht von „Feuer Gottes vom Himmel“. Er weiß genauso wenig wie Hiob, dass der Satan dahinter steckt. Satan ist der Herrscher über die Macht der Luft und hat von Gott die Erlaubnis erhalten, dieses Feuer gegen Hiob einzusetzen. Das Feuer hat Hiobs Schafe getroffen und damit einen weiteren Beleg für seinen Wohlstand vernichtet (Hiob 1:3), ebenso wie die Knechte, die sich um sie kümmerten, bis auf diesen einen.

Die Vertilgung der Schafe trifft Hiob in seiner Quelle für Kleidung und Nahrung. Das Feuer Gottes spricht von seinem Gericht. Es erinnert an das, was mit Sodom und Gomorra geschieht (1Mo 19:24) und mit den Männern von König Ahasja, die Elia gefangen nehmen müssen (2Kön 1:9-12).

Der entkommene Knecht hat seinen Bericht von den Schrecken die das Feuer Gottes verursacht hat noch nicht beendet, da kommt ein anderer Bote herbeigeeilt (Hiob 1:17). Er fällt seinem Vorgänger ins Wort, um Hiob über eine weitere Katastrophe zu informieren, die ihn heimgesucht hat. Bei dieser Katastrophe, der dritten, spielt der Mensch wieder eine Rolle. Dieses Mal sind es Chaldäer. Sie haben die 3000 Kamele, die Hiob besitzt, geraubt (Hiob 1:3) und die Knechte mit dem Schwert getötet. Um diese riesige Menge an Kamelen zu rauben, hatten sich die Chaldäer in drei Gruppen aufgeteilt. Mit diesem Verlust wird Hiob in seinem Handelswohlstand getroffen. Wieder wird einer der Diener verschont, um Hiob berichten zu können.

Hiob bekommt auch jetzt keine Gelegenheit, über das Geschehene nachzudenken, denn ohne eine Pause, noch während der dritte Bote berichtet, meldet sich ein vierter Bote. Auch dieser beginnt sofort zu erzählen, was passiert ist. Er erzählt Hiob von seinen Söhnen und Töchtern, die „im Haus ihres erstgeborenen Bruders“, aßen und tranken, und wie plötzlich ein heftiger Sturmwind von Osten heraufkam – „von jenseits der Wüste her“ –, der von allen Seiten an das Haus stieß und es zum Einsturz brachte, was den Tod aller seiner Kinder zur Folge hatte (Hiob 1:18; 19).

Die vierte und letzte Katastrophe ist, wie die zweite, wieder eine Naturkatastrophe, die von Satan verursacht wird. Wieder sehen wir, dass der Oberste über die Macht der Luft – obwohl unter der Erlaubnis Gottes – natürliche Elemente gegen einen der Diener Gottes einsetzt. Wir sehen dies auch im Fall des Sturms auf dem See, der vom Herrn Jesus gescholten wird (Mk 4:39). Der Herr schilt diesen Sturm, weil er von Satan entfesselt wurde mit der Absicht, Ihn und die Seinen zu zerstören. Der Herr schilt keine Taten Gottes.

Diese letzte Katastrophe ist auch die schlimmste. Alle Kinder Hiobs kommen um. Der Einzige, der entkommen ist, ist ein Diener, um Hiob die Unheilsbotschaft zu überbringen. Hiob betete immer für seine Kinder, sie hatten auch ein gutes Verhältnis zueinander, und doch sterben sie alle – „die jungen Leute“ – einen vorzeitigen Tod, plötzlich und gleichzeitig.

Es ist hart, dass Bildad in seiner ersten Rede andeutet, dass ihr Tod die Folge von begangenen Sünden ist (Hiob 8:4). Dieses harte Urteil beweist, dass er wenig Gefühl hat. Wer hat schon jemals, wie Hiob, zehn Kinder an ein und demselben Tag begraben und stand an den Gräbern seiner zehn Kinder? Ein für uns unergründliches Leid muss sein Herz geplagt haben.

Die Nachrichten von den Katastrophen erreichen Hiob in einer nie dagewesenen Schlagzahl. Das Elend türmt sich in kürzester Zeit zu beispiellosen Höhen auf. Die Katastrophen folgen nicht nur pausenlos aufeinander, sondern sie greifen ineinander, denn der eine hat noch nicht ausgesprochen da beginnt der andere bereits zu erzählen. Während Hiob dem letzten Teil des Berichts über eine Katastrophe zuhört, dringt eine andere Katastrophe in den noch laufenden Bericht ein. Die Katastrophen verstärken sich gegenseitig. Die Last ist unerträglich.

Hiobs Reaktion auf seinen Verlust

Hiobs Reaktion zeigt seine tiefe Trauer und seinen intensiven Kummer, aber auch seine Hingabe (Hiob 1:20). Er erhebt sich, um sein äußeres Gewand zu zerreißen und sein Haupt zu scheren als Zeichen seiner Trauer und seines Kummers (vgl. 1Mo 37:34; Jes 7:6; Esra 9:3; 5). Dann fällt er zu Boden, nicht um zu verzweifeln, sondern um sich in Anbetung vor dem HERRN niederzuwerfen. Von einem Moment auf den anderen ist Hiob von Glück und Wohlstand in Kummer und Armut gestürzt. Aber er kippt nicht von der Liebe zu Gott in die Verfluchung Gottes um.

Die Reaktion eines Menschen auf ein Unglück, das ihn trifft, offenbart, welcher Geist oder welche Gesinnung in ihm ist (Hiob 1:21). Hiob vergaß nicht, Gott zu ehren, als er in Wohlstand lebte. Jetzt, wo er im Elend ist, prägt ihn diese Gesinnung weiterhin. Hiob erkennt an, dass er alles, was er besaß, von Gott erhalten hat. Er erkennt auch das Recht Gottes an, zurückzunehmen, was er gegeben hat (vgl. Spr 5:14; 1Tim 6:7).

Hiob sagt nicht: „Der HERR hat gegeben, die Sabäer haben genommen“, oder: „Der HERR hat mich reich gemacht und der Teufel hat mich arm gemacht.“ Wir neigen dazu, bei den äußeren Ursachen unserer Schwierigkeiten stehen zu bleiben. Hiob tut das nicht. Er schaut weder auf die Sabäer noch auf den Sturm. Er erkennt, dass die Hand Gottes dies alles regiert – nur erkennt er noch nicht, dass es eine liebevolle Hand ist.

Die Art und Weise, wie Hiob diesen Verlust akzeptiert, bringt Satan ins Unrecht. Hiobs Reaktion macht deutlich, dass seine Frömmigkeit nicht selbstsüchtig war. Seine Frömmigkeit bleibt bestehen, auch jetzt, wo ihm alles genommen wurde, und er gibt sein Vertrauen auf Gott nicht auf. Satan wollte einen Keil zwischen Hiob und Gott treiben. Die Folge ist, dass Hiob näher zu Gott getrieben wird. Anstatt sich von Gott loszusagen, preist Hiob Ihn.

Das Böse aus der Hand des Herrn anzunehmen ist etwas anderes als zu sagen, dass der Herr das Böse verursacht hat. Was Hiob sagt, gibt keinen Grund für die Annahme, dass Gott der Urheber des Bösen, sein Ursprung ist, was suggeriert, dass das Böse von Ihm kommt. In Ihm ist „keine Finsternis“ (1Joh 1:5) und er verführt niemanden zum Bösen (Jak 1:13). Es bedeutet aber doch, dass der HERR in seiner unergründlichen Weisheit es erlaubt hat, weil es in seinen Plan passt.

Die Aussage von Hiob „der HERR hat gegeben, und der HERR hat genommen, der Name des HERRN sei gepriesen!“, ist seit jeher ein Trostwort für viele Gläubige geworden, die liebe Angehörige entbehren mussten. Es bedarf jedoch der Gnade, es im Glauben nachzusprechen. Es darf nicht zu einer inhaltsleeren Worthülse werden, zu einem Wort, das man rein rational oder aus dumpfer Resignation nachspricht.

Dass Gott den Menschen mit der Möglichkeit zu sündigen geschaffen hat, bedeutet nicht, dass Er das Prinzip der Sünde von sich aus in den Menschen gelegt hat. Wenn es heißt, dass er Unglück schafft (Jes 45:7), hat das mit der Bestrafung der Sünde zu tun. In diesem Zusammenhang ist es auch gut, ein Wort aus Amos zu zitieren: „Oder geschieht ein Unglück in der Stadt, und der HERR hätte es nicht bewirkt?“ (Amos 3:6b). Es ist immer, und besonders hier, notwendig, den Zusammenhang mit den umgebenden Versen zu sehen. Dann wird klar, dass Gott nicht der Urheber, der Autor der Sünde ist. Das Übel hat hier einen strafenden Charakter. Die Vorstellung, Gott würde Sünde wirken, ist in jeder Hinsicht völlig fehl am Platze.

Der Schlussvers (Hiob 1:22) bezeugt, dass Hiob nicht mit seinen Lippen sündigt. Er ist nicht sündlos, wie er selbst auch sehr wohl weiß (Hiob 9:20), aber er begeht nicht die Sünde, Gott Ungereimtes zuzuschreiben. Wenn wir Dinge nicht in Einklang bringen können, bedeutet das nicht, dass sie unvereinbar sind. Hiob versteht Gottes Handeln nicht, aber er zieht Gott auch nicht dafür zur Verantwortung. Später wird er dies aber tun.

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