Job 1:6-12

Der HERR weist den Satan auf Hiob hin

Von der Erde in den Hiob 1:1-5 geht es nun in den Himmel (Hiob 1:6; vgl. 1Kön 22:19; Jes 6:1). In Hiob 1 und 2 finden wir mehrmals einen Szenenwechsel. Mal sind wir auf der Erde, mal sind wir im Himmel. Weil uns ein Blick in den Himmel vergönnt wird – das heißt, in den Teil des Himmels, zu dem der Satan noch Zugang hat –, erfahren wir, dass das Leiden Hiobs – und der Gläubigen im Allgemeinen – mit einem Kampf in den himmlischen Örtern zusammenhängt. Wir werden Teilhaber eines Gesprächs im Himmel zwischen dem HERRN und Satan über Hiob, in dem der HERR dem Satan erlaubt, Hiob zu prüfen. Hiob selbst weiß von diesem ganzen Gespräch nichts.

Wir Christen wissen aus dem Neuen Testament, dass wir seit der Himmelfahrt des Herrn Jesus einen geöffneten Himmel haben (siehe zum Beispiel den Hebräerbrief). Dieses Gespräch gibt uns Licht über Ereignisse auf der Erde, die uns sonst ein Geheimnis bleiben würden. Es macht uns deutlich, was der Hintergrund für alles ist, was auf der Erde geschieht, ob es nun das Leben eines Menschen betrifft oder ob es um Völker geht. Was auf der Erde geschieht, wird vom Himmel aus bestimmt. Im Himmel wird beschlossen, was auf der Erde geschieht. Die Freunde Hiobs und Hiob selbst irren, weil sie das Herz Gottes nicht kennen. Sie versuchen die Geschehnisse auf der Erde zu erklären, ohne Kenntnis über ihren himmlischen Ursprung zu haben.

„Eines Tages, da kamen die Söhne Gottes, um sich vor den HERRN zu stellen.“ Der Satan ist in ihrer Mitte. Wir sehen hier, dass der Satan Zugang zum Thronsaal Gottes hat. Satan ist „der Fürst der Gewalt der Luft“ (Eph 2:2), über die gefallenen Engel. Wenn er im Thronsaal ist, ist er immer da als „der Verkläger unserer Brüder“ (Off 12:10; Sach 3:1). Die Engel werden hier „Söhne Gottes“ genannt (so die Septuaginta, Hiob 38:7; 1Mo 6:1; 2), denn Gott ist „der Vater der Geister“ (Heb 12:9), was bedeutet, dass Er sie geschaffen hat, sie sind aus Ihm hervorgegangen. Diese Engel kommen, „um sich vor den HERRN zu stellen“. Sie kommen, weil sie von Ihm aufgefordert wurden, Ihm Rechenschaft über ihr Tun abzulegen. Sie sind als Untergebene da (vgl. 1Kön 22:19-22; Dan 7:9-14; Ps 89:8). Die Diener müssen stehen (1Kön 22:19), eine Haltung, die anzeigt, dass sie bereit stehen um zu dienen.

Es geht weiter um den HERRN und den Satan. Die Engel sind Kulisse. Sie stehen dabei und müssen zuhören. Der HERR beginnt zu sprechen, nicht der Satan. Wen Er zu sich ruft, muss respektvoll warten, bis Er das Wort ergreift. Der HERR fragt den Satan, woher er kommt (Hiob 1:7). Es ist klar, dass es sich nicht um eine Diskussion zwischen gleichberechtigten Personen handelt. Der Satan muss antworten, einfach weil der HERR ihn etwas fragt. Er ist Ihm völlig unterworfen, so wie das ganze Universum Ihm unterworfen ist und Ihm gehorchen muss. Und wie die Menschen können sie Ihn nicht vollständig sehen, denn niemand kann Gott jemals sehen (1Tim 6:16). Sogar die Seraphim bedecken ihr Gesicht, wenn sie den Namen des dreimal heiligen Gottes ausrufen (Jes 6:2; 3).

Der Satan hasst Gott, muss aber trotzdem tun, was Gott sagt, und antworten. Gott kennt die Antwort zwar, aber Er möchte dass wir sie auch kennen. Mit der Frage „Woher kommst du?“ fordert Gott Satan auf, Rechenschaft über sein Tun abzulegen. Die Antwort zeigt, dass Satan ein ruheloser Wanderer ist, was auch bedeutet, dass er nicht allgegenwärtig ist, was Gott hingegen sehr wohl ist. Sein Umherirren auf der Erde bedeutet nichts Gutes. Er wandert auf der Erde herum, um zu sehen, wem er Böses antun kann. Der Gläubige darf wissen, dass die Augen des HERRN auch über die Erde ziehen, dann aber, um ihn zu stärken (2Chr 16:9; Sach 4:10).

Der Satan wird hier ausnahmsweise sprechend erwähnt. Das kommt in der Bibel nicht sehr oft vor, obwohl wir viel über ihn lesen. Dreimal lesen wir, dass er etwas sagt: hier in Hiob zum HERRN, in 1. Mose 3 zu Eva im Paradies (1Mo 3:1-5) und in Matthäus 4 und in der Parallelstelle in Lukas 4 zu dem Herrn Jesus in der Wüste (Mt 4:1-3; 5; 9; Lk 4:1-3; 6; 9-11).

Indem wir den Satan im Paradies zu Eva und in der Wüste zu dem Herrn Jesus reden hören, sehen wir, dass es sich um außerordentlich wichtige Situationen handelt. Bei Eva war er erfolgreich, wodurch die Sünde in die Welt kam. Bei dem Herrn Jesus hatte er keinen Erfolg, wodurch das Werk der Erlösung vollbracht werden konnte. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, welche enormen Interessen auf dem Spiel stehen, wenn er auch in der Geschichte von Hiob als Redender vorgestellt wird. Wird es ihm gelingen, Hiob dazu zu bringen, sich von Gott zu loszusagen, d. h. Ihn zu verfluchen, oder nicht?

Nicht Satan, sondern der HERR lenkt dann die Aufmerksamkeit Satans auf Hiob: „Hast du Acht gehabt auf meinen Knecht Hiob?“ (Hiob 1:8). Die Initiative für alles, was Hiob widerfährt, kommt von Gott und nicht vom Satan. Gott weiß, was sein Diener Hiob braucht. Wenn Er Satan fragt, ob er Acht auf Hiob gehabt hat, dann deshalb, weil Er selbst auf Hiob Acht gegeben hat. Und sein Zeugnis ist noch größer als das, was in Hiob 1:1 geschrieben steht. Gott sagt hier von Hiob: „Seinesgleichen ist kein Mann auf der Erde.“ Dies geschieht nicht, um Hiob zu loben, sondern ist das Ergebnis seiner Verbindung mit Gott. Sicherlich muss gerade das Hiob zu einem besonderen Ziel des Satans gemacht haben.

Satan kann nichts gegen das Zeugnis Gottes über Hiob vorbringen. Gott gibt dieses Zeugnis für einen bestimmten Zweck. Zu diesem Zweck will Er auch Satan benutzen. Der Satan – der zwar sehr listig ist, aber nichts von den Absichten Gottes weiß – ist nur ein Instrument, um die Absichten der Gnade Gottes zu erfüllen. Gott hält alles unter seiner Kontrolle, nichts entgleitet seiner Hand. Alles läuft nach seinem Plan. Das kann uns ein Trost sein in allen Situationen, in denen wir uns als Spielball des Bösen fühlen. Am Anfang steht Gott, nicht der Böse. Er bestimmt auch das Ende und nicht der Böse. Zwischen dem Anfang und dem Ende liegt ein Weg, der ebenfalls von Gott und nicht vom Bösen bestimmt wird.

Hiob ist ein Diener des HERRN. Er gehört nicht zum Bundesvolk Gottes, sondern er hat seinen eigenen, einzigartigen „Bund“, seine eigene Beziehung, mit dem HERRN und der HERR mit ihm. Zweimal nennt der HERR Hiob „mein Knecht“ (Hiob 1:8; Hiob 2:3). Und am Ende des Buches nennt Er ihn immer noch so (Hiob 42:7; 8). Was immer auch zwischen dem Anfang und dem Ende geschieht, Hiob kommt am Ende als ein treuer Knecht zum Vorschein.

Der Satan fordert den HERRN heraus

Der Satan muss antworten. Er tut dies mit der ganzen unverbesserlichen Verkommenheit seiner bösen Natur. Er hasst nicht nur Gott, sondern alle, die nach dem Willen Gottes leben. Er kann es nicht ertragen, wenn jemand von Gott gelobt wird, weil er selbst gelobt werden möchte. Wir sehen das bei Saul in seinem Verhalten gegenüber David. Saul ist auch eifersüchtig auf die Ehre, die David vom Volk erhält, während er selbst nicht so viel Ehre bekommt (1Sam 18:6-9).

Der Satan kann Hiobs Frömmigkeit nicht leugnen. Was er jedoch tun kann, ist, als „der Verkläger unserer Brüder“ (Off 12:10) zu unterstellen, dass Hiobs Frömmigkeit nicht echt, sondern vorgetäuscht ist. Mit seiner Frage „Ist es umsonst, dass Hiob Gott fürchtet?“ (Hiob 1:9), drückt er die Behauptung aus, dass Hiob gute Gründe hat, Gott zu fürchten. Hiob fürchtet Gott, nicht aufgrund dessen, wer Gott ist, sondern nur wegen der Vorteile, die sich daraus ergeben (Hiob 1:10). „Guck doch mal“, sagt er zu Gott, „was Du Hiob alles gegeben hast: Schutz für seine Familie und alles, was er hat; Gedeihen in allem, was er tut; sein Gebiet vergrößert sich ständig. Es ist doch ganz logisch, dass er dich fürchtet.“

Dann kommt der Satan mit einem Vorschlag (Hiob 1:11), der ebenfalls sein durch und durch verdorbenes Wesen und seine schlaue Hinterlist zeigt (2Kor 11:3; 14; Eph 6:11). Er fordert Gott heraus, seine Hand gegen Hiob auszustrecken und ihm alles wegzunehmen, womit Er ihn gesegnet hat. Es ist bemerkenswert, dass der Satan Gott nicht fragt, ob Gott ihm erlauben will, alles von Hiob zu nehmen. Auch der Satan weiß, dass alles in Gottes Hand liegt. Gott muss seine Hand gegen Hiob wenden, um ihm alles wegzunehmen. Hiob sagt später zu Recht: „Der HERR hat gegeben, und der HERR hat genommen“ (Hiob 1:21b).

Der Satan sagt sozusagen: „Nimm all diese Vorteile einfach mal weg, dann werden wir schon sehen, was dabei herauskommt!“ Er unterstellt, dass Hiob sich von Gott lossagt und Ihn direkt ins Gesicht verflucht, wenn er alles verliert. Der Satan unterstellt, dass Hiobs Hingabe das Resultat von Gottes Segen ist. Dies zeigt, dass er nicht allwissend ist, was Gott allerdings ist. Der Satan stellt sowohl die Aufrichtigkeit Hiobs als auch die Gerechtigkeit Gottes, die Er zeigt, indem Er ihn segnet, in Frage.

Wir sehen dies in den Hauptfiguren des Buches widergespiegelt:

1. Die Freunde Hiobs stellen seine Aufrichtigkeit in Frage. Sie sind sich sicher, dass er im Geheimen gesündigt hat, es aber nicht zugeben will.

2. Hiob kann, weil er unschuldig leidet, nicht verstehen, wie Gott ihn so leiden lassen kann. Er zweifelt daher an der Gerechtigkeit Gottes.

Die große Frage im Buch Hiob ist, ob Hiob Gott verfluchen wird oder nicht. Der Satan will all das Leid in unserem Leben benutzen, um uns von Gott zu trennen, während Gott das Leid benutzen will, damit wir Ihn und uns selbst besser kennen lernen. Der Satan will, dass es uns durch Leid schlechter geht, während Gott will, dass es uns dadurch besser geht. Wenn Hiob sich von Gott lossagen würde, – so denkt der Satan – dann wäre nicht Hiob der Verlierer, sondern Gott. Doch Gott sieht in Hiob, was Satan nicht sieht: Ausharren.

Gott erlaubt dem Satan, Hiob heimzusuchen (Hiob 1:12). Er gibt alles was Hiob hat in die Hand des Satans, was zeigt, dass Satan nicht allmächtig ist, Gott hingegen schon. Es ist bemerkenswert, dass der Satan in Hiob 1:11 davon spricht, dass Gott seine Hand gegen Hiob ausstreckt, und dass Gott nun dem Satan erlaubt, seine Hand gegen Hiob auszustrecken. Dies zeigt, dass die Hand Gottes über der Hand des Satans steht. Wir nehmen also das Leid nicht aus „zweiter Hand“ an, nämlich von Satan, sondern aus „erster Hand“, nämlich von Gott.

Gleichzeitig bestimmt Gott die Grenze für die Handlungen des Satans. Er sagt auch, dass er seine Hand nicht gegen Hiob selbst ausstrecken darf. Der Satan wird diese Grenze daher auch nicht um einen Millimeter überschreiten. Ohne Gott, den Vater, fällt kein Sperling auf die Erde, und selbst die Haare auf unserem Haupt sind alle gezählt (Mt 10:29-31).

Der Satan geht „vom Angesicht des HERRN weg“, wie es von Kain heißt (1Mo 4:16), zufrieden mit dem, was er tun kann und was er schnell tun wird (vgl. Lk 22:31; 32). Wir sehen hier, dass im Himmel Entscheidungen getroffen werden, deren Folgen im Geschehen auf der Erde sichtbar werden.

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